Bei wichtigen Bauabschnitten muss derjenige, der die Bauüberwachung innehat, sich persönlich oder durch erprobte Erfüllungsgehilfen unmittelbar von der Ordnungsmäßigkeit der Ausführung der Arbeiten überzeugen.

Dabei muss er nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a.M. gerade bei gefahrträchtigen kritischen Bauabschnitten seine Verpflichtung besonders sorgfältig erfüllen. Dies habe der Architekt im vorliegenden Fall gerade nicht getan. Nachdem bei dem Altbau für längere Zeit das Dach abgedeckt war, hätte er für eine Abstützung der Giebelwände sorgen müssen. Dass eine Abstützung der Giebelwände notwendig war lag auf der Hand. Der Architekt hätte daher ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass die Giebelwände schon einer üblichen Windbelastung möglicherweise nicht standhalten würden. Er hätte auch gegenüber dem bauausführenden Unternehmen ausdrücklich darauf dringen müssen, dass entsprechende Sicherungsmaßnahmen unverzüglich getroffen werden. Schließlich hätte er zeitnah nach einem entsprechenden Hinweis überprüfen müssen, ob das bauausführende Unternehmen entsprechend tätig geworden war. Da er jedoch untätig geblieben war, verurteilte ihn das OLG zum Ersatz des Schadens, der dem Bauherrn durch den Einsturz der Giebelwand entstanden war (OLG Frankfurt a.M., 4 U 149/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einer gezielten Ampelüberwachung kann grundsätzlich die Feststellung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes aufgrund der Schätzung von Polizeibeamten festgestellt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Diese grundsätzliche Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Autofahrers, der wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße verurteilt und mit einem Fahrverbot belegt worden war. Das OLG bestätigte nun diese Entscheidung. Die Richter machten allerdings deutlich, dass für die Feststellung des Rotlichtverstoßes drei Voraussetzungen erfüllt sein müssten:

Der polizeiliche Zeuge müsse zumindest in Gedanken gezählt haben („einundzwanzig, zweiundzwanzig“). Die Rotlichtphase müsse nach der so gewonnenen Schätzung zumindest bereits zwei Sekunden angedauert haben. Die Schätzung müsse für das Rechtsbeschwerdegericht überprüfbar sein, nämlich durch Angaben im tatrichterlichen Urteil zur Messmethode, zum Ablauf des Rotlichtverstoßes sowie zur Entfernung des Fahrzeugs von der Lichtzeichenanlage bzw. gegebenenfalls von der Haltelinie.

Gegen eine mögliche Ungenauigkeit dieser Schätzung würden nach Ansicht des Gerichts zwei Gründe sprechen. Zum einen wüssten die Polizeibeamten bei einer gezielten Rotlichtüberwachung, worauf es ankomme. Ihre Wahrnehmung sei daher entsprechend geschärft. Seien die Polizisten zum anderen durch Sekundenzählen zum Ergebnis gekommen, dass das Rotlicht im Zeitpunkt des Überfahrens der Haltlinie bereits zwei Sekunden aufgeleuchtet habe, sei sicher, dass die Rotlichtphase jedenfalls mehr als eine Sekunde angedauert habe (OLG Hamm, 3 Ss OWi 55/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch der Fahrlehrer, der sich während einer Fahrschulübungsfahrt nur auf dem Beifahrersitz befindet, ist neben dem das Fahrzeug lenkenden Fahrschüler Fahrzeugführer im Sinne der Straßenverkehrsordnung. Daher begeht er eine Ordnungswidrigkeit, wenn er während der Fahrt ein Mobiltelefon benutzt.

Mit dieser Entscheidung hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg darauf hingewiesen, dass auch als Fahrzeugführer gelten könne, wer nicht selbst hinter dem Steuer sitze. Es sei Aufgabe des Fahrlehrers, den Fahrschüler ständig zu beobachten. Notfalls müsse er sofort eingreifen können. Damit unterliege er den gleichen straßenverkehrsrechtlichen Ge- und Verboten wie der das Fahrzeug steuernde Fahrschüler (OLG Bamberg, 2 Ss OWi 127/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Kosten eines Mietfahrzeugs nach einem Verkehrsunfall muss die gegnerische Haftpflichtversicherung nur in Höhe des ortsüblichen Normaltarifs erstatten. Wer teurer anmietet, läuft Gefahr, einen Teil der Kosten selbst tragen zu müssen. Der Autovermieter ist allerdings verpflichtet, den Kunden unmissverständlich darauf hinzuweisen, wenn sein Tarif deutlich über diesem Satz liegt. Versäumt er das, bleibt er (und nicht der Kunde) auf der Differenz sitzen.

Das zeigt eine jetzt veröffentlichte Entscheidung des Landgerichts (LG) Coburg, mit der der Anspruch eines Autovermieters auf den Normaltarif gekürzt wurde. Er hatte den Mieter nicht über die Gefahr aufgeklärt, dass die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners wegen der Höhe der vereinbarten Mietwagenkosten möglicherweise nicht den kompletten Betrag übernehmen würde. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass der Mietwagenunternehmer jedoch eine solche Hinweispflicht habe. Komme er dieser nicht nach, habe sein Kunde einen Schadenersatzanspruch, den er der Mietzinsforderung entgegenhalten könne. So habe der Fall hier gelegen: Der angebotene Tarif habe 41,5 Prozent über dem Ortsüblichen gelegen. Der Kunde musste daher nur den Normaltarif bezahlen.

Hinweis: Unabhängig von dieser Hinweispflicht sind dem Verbraucher Nachfragen und Preisvergleich gerade beim Anmieten von Unfallersatz-Fahrzeugen anzuraten (LG Coburg, 14 O 492/08, rkr.).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Vor der Verhängung einer Fahrtenbuchauflage darf sich die Bußgeldbehörde nicht immer darauf beschränken, den Halter des Kraftfahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen worden ist, als Betroffenen anzuhören. Sie kann auch verpflichtet sein, den Halter als Zeugen zu vernehmen.

Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) entschieden und damit auf den Antrag einer Kfz-Halterin (Antragstellerin) vorläufigen Rechtsschutz gewährt. Mit dem Pkw der Antragstellerin war die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträchtlich überschritten worden. Das hinreichend deutliche Geschwindigkeitsmessfoto zeigt einen Mann als Fahrer. Die Bußgeldstelle hörte die Antragstellerin gleichwohl ausschließlich als Betroffene (als mutmaßliche Täterin) an. Im Anhörungsschreiben war davon die Rede, dass ihr eine Ordnungswidrigkeit zur Last gelegt werde. Der Vordruck enthielt auch einen Hinweis auf das Aussageverweigerungsrecht des Betroffenen. Nachdem die Antragstellerin keine Angaben zum Fahrer gemacht hatte und dieser nicht ermittelt werden konnte, verpflichtete die Bußgeldstelle die Antragstellerin, für die Dauer von sechs Monaten ein Fahrtenbuch zu führen.

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz war in der Beschwerdeinstanz erfolgreich. Der VGH war der Ansicht, dass die Fahrtenbuchauflage voraussichtlich rechtswidrig sei. Die Verwaltungsbehörde könne gegenüber einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einem Verkehrsverstoß nicht möglich gewesen sei. Dies setze voraus, dass die für die Verfolgung des Verkehrsverstoßes zuständige Behörde sämtliche nötigen und möglichen, auch angemessenen und zumutbaren Schritte zur Ermittlung des Kraftfahrzeugführers unternommen habe, diese aber erfolglos geblieben seien. Hier hätte die Antragstellerin zum Zweck der Klärung der Täterschaft der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht als Betroffene, sondern als Zeugin angeschrieben und zur Aussage aufgefordert werden müssen. Aufgrund des Messfotos sei die Antragstellerin von vornherein als Täterin des Verkehrsverstoßes ausgeschieden. Damit sei sie lediglich Zeugin gewesen. Als solche sei sie grundsätzlich verpflichtet gewesen, bei der Behörde auf eine entsprechende Ladung hin zu erscheinen und zur Sache auszusagen. Diese generelle Aussagepflicht könne durch Zeugnisverweigerungsrechte, z. B. zugunsten von Angehörigen, eingeschränkt werden. Aus der rechtmäßigen Aussageverweigerung bei der förmlichen Anhörung als Betroffene könne auch nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass die Antragstellerin auch als Zeugin entgegen ihrer grundsätzlichen Auskunftspflicht keine Aussage zur Sache gemacht und damit nicht zur Klärung der Täterschaft beigetragen hätte (VGH Baden-Württemberg, 10 S 1499/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Wohnbedarf eines Schwagers des Vermieters kann Eigenbedarf zumindest begründen, wenn ein besonders enger Kontakt besteht.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die Beklagte war Mieterin einer Wohnung im Haus der dort auch selbst mit ihrer Familie wohnenden Klägerin. Diese kündigte das Mietverhältnis mit der Begründung, sie wolle die Wohnung dem Bruder ihres Ehemanns und dessen Ehefrau sowie zwei minderjährigen Kindern zur Verfügung stellen. Es bestehe zwischen den Familien ein besonders enger persönlicher Kontakt und deshalb ein Wunsch nach größerer Nähe. Dies lasse sich nur durch einen Einzug in die bislang von den Beklagten genutzte Wohnung verwirklichen. Die Räumungsklage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass nach dem Gesetz ein berechtigtes Interesse des Wohnraumvermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses vorliege, wenn er die Räume u.a. für seine Familienangehörigen benötige. Allerdings beschreibe der Gesetzeswortlaut den Begriff des Familienangehörigen nicht. Allgemein werde zwischen den engen Familienangehörigen und solchen Angehörigen differenziert, die mit dem Vermieter nur entfernt verwandt oder verschwägert sind. Letztere würden nur in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezogen, wenn zu ihnen ein besonderer sozialer Kontakt bestehe. So würden Geschwister kraft ihres nahen Verwandtschaftsverhältnisses zu den privilegierten Angehörigen gehören. Bei ihnen bedürfe es des zusätzlichen einschränkenden Tatbestandsmerkmals einer engen sozialen Bindung zum Vermieter nicht. Für einen Schwager treffe dies jedoch nicht ohne Weiteres zu. Nur wenn besondere Umstände vorlägen, die eine enge Bindung des Vermieters zu seinem Schwager ergeben würden, könne dessen Wohnbedarf eine Eigenbedarfskündigung begründen. Dies sei vorliegend der Fall gewesen (BGH, VIII ZR 247/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die weite Anreise der Vermieter – z.B. aus der Schweiz – rechtfertigt eine Besichtigung der Wohnung grundsätzlich auch an Samstagen.

Das machte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. deutlich. Stein des Anstoßes war der Mietvertrag, der in § 20 bestimmte: Die Besichtigung ist „während der üblichen Tageszeit“ und „Werktags bis 19 Uhr“ zu gewährleisten. Die Vermieter wohnten und arbeiteten in der Schweiz. Sie wollten das Objekt verkaufen. Hierzu wünschten Sie alle vier Wochen am Samstag zwischen 11 und 12 Uhr einen Besichtigungstermin mit Interessenten. Der Mieter verweigerte dagegen einen Zutritt am Samstag.

Das Amtsgericht hat die Mieter lediglich zur Besichtigung am Freitag zwischen 16 und 18 Uhr verurteilt. Die Berufung der Vermieter hatte Erfolg. Das OLG stellte klar, dass sich das Besichtigungsrecht eindeutig aus dem Mietvertrag ergebe. Auch der Samstag sei ein Werktag. Das Interesse der Mieter an einem erlebnisreichen Samstag müsse hinter dem Interesse der weit anreisenden Vermieter an einer möglichst geringen Beeinträchtigung ihrer beruflichen Tätigkeit und ihres Privatlebens zurücktreten (OLG Frankfurt a.M., 24 U 242/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die im Mietvertrag vereinbarte Verpflichtung des Mieters, bei Ende des Mietverhältnisses „Ein- und Ausbauten … zu entfernen“, wenn durch sie „eine weitere Vermietung erschwert sein (sollte)“ ist wirksam.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Rechtsstreit eines Vermieters, der seinen ehemaligen Mieter auf Schadenersatz in Anspruch genommen hatte. Dieser hatte die von ihm während der Miet­zeit vorgenommenen Einbauten nach seinem Auszug trotz Aufforderung nicht entfernt. Er hielt die im Mietvertrag enthaltene Rückbauklausel für unwirksam.

Das sahen die Richter jedoch anders. Sie machten deutlich, dass die Regelung im Mietvertrag für den Mieter sogar noch günstiger sei, als die gesetzliche Regelung. Während das Gesetz grundsätzlich eine Beseitigungspflicht für Ein- und Ausbauten vorsehe, sei dies nach der Vertragsklausel nur unter engeren Voraussetzungen der Fall. Die Klausel benachteilige den Mieter insofern nicht, sie sei daher wirksam (OLG Düsseldorf, I-24 U 56/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Wohnungseigentümer, der seine Eigentumswohnung in einer Zwangsversteigerung erworben hat, ist auch dann zur Zahlung der nach dem Eigentumserwerb fällig gewordenen Raten einer Sonderumlage verpflichtet, wenn die Sonderumlage bereits vor dem Eigentumserwerb beschlossen worden ist.

Das musste sich der Erwerber einer Eigentumswohnung vor dem Landgericht (LG) Saarbrücken sagen lassen. Nachdem Hausgeldrückstände aufgelaufen waren und Heizöl zu bestellen war, hatten die Wohnungseigentümer eine Sonderumlage beschlossen. Diese war in mehrmonatigen Raten zu zahlen. Wenige Monate nach dem Beschluss erfolgte die Zwangsversteigerung. Die Gemeinschaft verlangte vom Erwerber die nach Zuschlag fällig werdenden Raten.

Das LG gab der Gemeinschaft recht. Es schloss sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an. Danach ist gemäß der Fälligkeitstheorie für die Erwerberhaftung allein auf die Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung nach Beschluss der Eigentümerversammlung abzustellen, nicht auf Beschlussfassung oder auf den Zeitpunkt der Entstehung der materiellrechtlichen Ursache für die Sonderumlage (LG Saarbrücken, 5 S 26/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Unterschreitung der HOAI-Mindestsätze kann durch Umstände gerechtfertigt sein, die das Vertragsverhältnis deutlich von durchschnittlichen Vertragsverhältnissen unterscheiden.

Derartige Umstände können nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm in einer bereits bestehenden und auf Dauer angelegten engen sozialen und freundschaftlichen Beziehung liegen, wenn sie das Vertragsverhältnis geprägt hat. Allerdings machten die Richter auch deutlich, dass eine bloß über Dritte zum Zweck des Vertragsschlusses vermittelte Bekanntschaft, die sich erst im Lauf einer bereits bestehenden Geschäftsbeziehung entwickelt hat, hierfür nicht genügt (OLG Hamm, 17 U 1/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl