Auch ein Beinbruch im Bowlingcenter ist als Arbeitsunfall von der Unfallversicherung gedeckt, wenn sich der Unfall auf einer betrieblichen Weihnachtsfeier ereignet.

Diese Entscheidung zugunsten einer Arbeitnehmerin traf das Sozialgericht (SG) Berlin. Diese hatte sich mit ihrer Arbeitsgruppe zu einer Weihnachtsfeier in einem Bowlingcenter getroffen. 17 von 20 Kollegen machten mit, die Teamleiterin fiel wegen Erkrankung ihres Kindes überraschend aus. Als die Gruppe von der Bowlingbahn ins Restaurant wechseln wollte, stolperte die Frau über eine Stufe und brach sich das linke Bein. Sie war monatelang krankgeschrieben und musste drei Wochen zur Kur. Als sie von der zuständigen Unfallkasse die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall verlangte, lehnte diese ab. Es sei keine offizielle Weihnachtsfeier des Arbeitgebers gewesen, sondern nur die private, selbst organisierte Veranstaltung eines kleinen Teams. Zudem habe die Feier außerhalb der Dienstzeit stattgefunden.

Das SG sah das jedoch anders und wies die Auffassung der Unfallkasse zurück. Es liege ein Arbeitsunfall vor. Arbeitsunfälle seien alle Unfälle, die der versicherten Arbeit zuzurechnen seien, im Unterschied zu Unfällen im privaten Bereich. Unfälle im Zusammenhang mit Betriebsfeiern oder Betriebsausflügen seien versichert, wenn es sich um eine „betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung“ handele. Das sei vorliegend der Fall gewesen, die Voraussetzungen für eine Betriebsfeier hätten vorgelegen:

* Die Feier sollte die Betriebsverbundenheit unter Kollegen und mit den Chefs fördern.

* Der Chef habe die Feier gebilligt und gefördert, indem er z.B. die Organisation übernommen habe. Er oder sein Vertreter wollten selbst mitmachen (oder hatten dies – wie hier – zumindest fest vor).

* Alle Betriebsangehörigen (bei großen Betrieben – wie hier – wenigstens alle einer Abteilung) konnten teilnehmen, nicht nur einige Ausgewählte.

(SG Berlin, S 163 U 562/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Schriftformabrede für Änderungen und Ergänzungen eines Wohnraummietvertrags gilt nicht für ein Mieterhöhungsverlangen nach § 558a BGB.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mieters, der ein maschinell gefertigtes schriftliches Mieterhöhungsverlangen des Vermieters ohne eigenhändige Unterschrift erhalten hatte. Da im Mietvertrag eine Schriftformabrede für Änderungen und Ergänzungen vereinbart war, hielt er das Mieterhöhungsverlangen für formunwirksam.

Anders sah es dagegen der BGH. Die Richter machten deutlich, dass das Mieterhöhungsverlangen formgültig und damit wirksam sei. Dafür sprächen zwei Gründe: Zum einen sei das Mieterhöhungsverlangen dem Mieter nur in Textform zu erklären und zu begründen. Werde Textform verlangt, müssten lediglich folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Abgabe einer Erklärung in einer Urkunde oder auf andere, zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise, Kenntlichmachung der Person des Erklärenden, Abschluss der Erklärung muss durch Nachbildung der Namensunterschrift oder auf andere Weise erkennbar gemacht werden.

Eine eigenhändige Unterschrift sei dagegen nicht erforderlich. Zum anderen komme hinzu, dass das einseitige Mieterhöhungsverlangen keine Vertragsänderung oder -ergänzung darstelle. Schon daher greife die Schriftformabrede nicht (BGH, VIII ZR 300/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch ein ruhendes Arbeitsverhältnis (z.B. wegen Elternzeit) kann gekündigt werden.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Streit um eine entsprechende Kündigung hin. Voraussetzung ist nach der Entscheidung eine unternehmerische Organisationsentscheidung, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes führt und ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Kündigung bildet. Das sei z.B. der Fall, wenn bisher im Betrieb durchgeführte Arbeiten nunmehr an ein anderes Unternehmen vergeben würden. Bestehe ein solcher Kündigungsgrund, könne vom Arbeitgeber nicht verlangt werden, seinen Kündigungsentschluss so lange zu verschieben, bis das Arbeitsverhältnis nicht mehr ruht, der Kündigungsgrund aber möglicherweise wieder entfallen ist (BAG, 2 AZR 493/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird vertraglich eine nicht näher definierte „Klinkerfassade“ geschuldet, kann der Bauherr keine speziell gebrannten Tonziegel verlangen.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Rostock im Fall eines Bauherren, der das erstellte Einfamilienwohnhaus wegen der angeblich falschen Klinkerwahl des Bauunternehmers nicht abnehmen wollte. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass nicht ohne Weiteres angenommen werden könne, dass ein durchschnittlicher Bauherr, der ein Eigenheim errichten will, unter einer vertraglich geschuldeten Klinkerfassade speziell auch den Einsatz gebrannter Ziegel mit Tonanteil versteht. Vielmehr verliere der Begriff des Klinkers mit Blick auf die „Fassade“ hinsichtlich der Materialzusammensetzung an Bedeutung. Das folge daraus, dass eine Klinkerfassade im Wesentlichen das äußere Erscheinungsbild einer Stein auf Stein Bauweise beschreibe. Das gelte insbesondere, wenn vertraglich keine besondere Farbe vereinbart sei (OLG Rostock, 3 U 134/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Steht fest, dass sich der Auffahrunfall im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit einem Überholvorgang kurz vor der Ausfahrt einer Autobahn ereignet hat, an der beide Verkehrsteilnehmer die Autobahn verlassen haben, liegt eine Verkehrssituation vor, die sich von derjenigen, die den Schluss auf ein Verschulden des Auffahrenden zulässt, grundlegend unterscheidet. Der Beweis des ersten Anscheins für ein Auffahrverschulden greift schon mangels eines typischen Geschehensablaufs nicht ein.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Falle eines Autofahrers, der mit seinem Opel auf den Verzögerungsstreifen gewechselt war, um die A 4 zu verlassen. Das Fahrzeug des Klägers, ein VW-Bus, fuhr zunächst hinter dem Opel. Im weiteren Verlauf überholte der VW-Bus den Opel. Der konkrete zeitliche Ablauf des Überholens ist strittig. In der lang gezogenen Ausfahrt bremste der VW-Fahrer plötzlich bis zum Stillstand ab. Der Opel-Fahrer konnte, wie es im Tatbestand des Urteils heißt, nicht mehr rechtzeitig reagieren. Bei der Kollision wurde der VW-Bus hinten rechts und der Opel vorne links beschädigt. Der Kläger behauptet: Der Überholvorgang war bereits 300 m vor der Ausfahrt, es liege kein zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit dem Auffahren vor. Das abrupte Abbremsen sei verkehrsbedingt nötig gewesen. Anders schildert es dagegen der Opel-Fahrer: Der VW-Bus sei unvermittelt wieder auf die rechte Spur vor seinen Pkw gewechselt.

In den Vorinstanzen wurde die Haftung 50:50 verteilt. Das hat der BGH nun bestätigt. Er stellt in seiner Entscheidung fest, dass kein typischer Geschehensablauf als Basis für einen Anscheinsbeweis zulasten des Opel-Fahrers feststehe: Unstreitig sei dem Auffahren ein Überholen mit Wiedereinscheren auf die Fahrspur des Opel vorausgegangen. Offen sei jedoch geblieben, ob der Opel-Fahrer in der Lage gewesen sei, einen ausreichenden Sicherheitsabstand aufzubauen. Hierfür spreche kein Anscheinsbeweis. Abschließend geht der BGH auf den Umstand ein, dass zwischen Opel-Front und VW-Heck keine Vollüberdeckung bestanden hat, sondern ein „Schräganstoß“. In einer solchen Situation gelte nicht mehr der Erfahrungssatz, dass der Auffahrende schuld sei (BGH, VI ZR 15/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer seinen Hund ohne Leine laufen lässt, muss mit Schadenersatzforderungen rechnen – auch wenn der Hund des Geschädigten ebenfalls nicht angeleint war.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landgericht (LG) Coburg, bei dem ein Hundehalter einen anderen verklagt hatte. Beide waren mit ihren nicht angeleinten Hunden unterwegs. Der Hund der Beklagten rannte auf den Hund des Klägers zu und war weder durch Zurufe noch durch Pfeifen zum Stehenbleiben zu bewegen. Dabei prallte der Hund des Beklagten gegen das Knie des Klägers. Dieser kam dadurch zu Fall und erlitt eine schmerzhafte Prellung sowie eine Gesichtsverletzung. Hierfür verlangte er ein Schmerzensgeld. Der Beklagte hat sich damit verteidigt, dass der Kläger den Unfall schon dadurch mitverschuldet habe, dass auch sein Hund nicht angeleint gewesen sei.

Das LG hielt den Schadenersatzanspruch für gerechtfertigt. Die Richter machten deutlich, dass der Beklagte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zum Ersatz des Schadens verpflichtet sei, der durch sein Haustier entstanden sei. Eine Kürzung oder einen Ausschluss der Ansprüche des Klägers seien hier nicht schon deswegen gerechtfertigt, weil dieser seinen Hund zum Unfallzeitpunkt ebenfalls nicht angeleint hatte. Das Gericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass sich der Unfall nicht oder anders ereignet hätte, wenn der Geschädigte seinen Hund angeleint gehabt hätte. Der Hund des Beklagten war auf den Kläger zugerannt. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass er den Kläger nicht gerammt und zu Boden gestürzt hätte, wenn der Hund des Klägers zu diesem Zeitpunkt angeleint gewesen wäre und sich in unmittelbarer Nähe des Klägers aufgehalten hätte. Daher sprach das Gericht einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 2.000 EUR zu (LG Coburg, 13 O 37/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Grundsätzlich ist ein Unterhaltspflichtiger auch während einer Umschulung verpflichtet, sich auf dem Arbeitsmarkt um eine Anstellung zu bemühen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hin. Allerdings sei eine Umschulung nach Ansicht der Richter unterhaltsrechtlich nicht schon deshalb zu beanstanden, weil der Unterhaltspflichtige ein berechtigtes Interesse daran habe, sich beruflich neu zu orientieren. Das sei im vorliegenden Fall gegeben, da ihm die ständigen Entlassungen durch seinen bisherigen Arbeitgeber nicht länger zuzumuten waren. Zwar müsse er sich nach dem Verlust der Arbeitsstelle um eine neue Erwerbstätigkeit bemühen. Gleichwohl müsse ihm nach dem Verlust der bisherigen Beschäftigung eine Übergangszeit zugebilligt werden, in der er eine neue Beschäftigung erlangt habe. Diese Frist betrage regelmäßig zwischen drei und sechs Monaten (OLG Brandenburg, 10 UF 3/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Unternehmer eines Bauwerks kann seinen Anspruch auf Sicherheitsleistung für Werklohn auch noch geltend machen, nachdem der Besteller den Werkvertrag gekündigt hat.

Hierauf wies das Landgericht (LG) Stuttgart in einem Rechtsstreit hin. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit dem Willen des Gesetzgebers. Dieser wollte dem Unternehmer einen schnell durchzusetzenden Anspruch auf eine Sicherheit gewähren. So sollte er vor einer Insolvenz des Bestellers geschützt werden. Dieses Risiko vermindere sich durch eine Kündigung nicht. Daher könne eine Kündigung auch keinen Einfluss auf den Anspruch haben, mit dem dem Insolvenzrisiko des Bestellers begegnet werden solle (LG Stuttgart, 8 O 284/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer in seinem Betrieb Leiharbeitnehmer einstellen möchte, unterliegt umfangreichen Prüfungspflichten.

Das zeigt eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Danach muss der Arbeitgeber zunächst prüfen, ob der Arbeitsplatz mit einem Schwerbehinderten besetzt werden kann. Diese Prüf- und Konsultationspflicht hinsichtlich der Möglichkeit der Besetzung frei werdender oder neu geschaffener Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besteht nach Ansicht der Richter auch, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, einen frei werdenden oder neu geschaffenen Arbeitsplatz mit einem Leiharbeitnehmer zu besetzen. Verstößt er gegen diese Verpflichtung, kann der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers verweigern (BAG, 7 ABR 3/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Liegt eine Wohnflächenunterschreitung vor, sind der Berechnung der geminderten Miete nicht die höheren Quadratmetermieten zugrunde zu legen, die der örtliche Mietspiegel für entsprechend kleinere Wohnungen ausweist.

Diese mieterfreundliche Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer vermieteten Dachgeschosswohnung. Die Parteien gingen beim Abschluss des Mietvertrags von einer Größe von 76 m² aus. Bei richtiger Berechnungsweise wegen der schrägen Wände betrug die tatsächliche Größe jedoch nur ca. 51 m². Der Mieter verlangte daraufhin die überzahlte Miete zurück. Der Vermieter war mit einer Erstattung grundsätzlich einverstanden, ging aber nun von einem höheren Quadratmeterpreis aus. Seiner Ansicht nach müsse die Wohnung jetzt einer anderen Kategorie des örtlichen Mietspiegels zugeordnet werden.

Das sah der BGH jedoch nicht so. Die Richter entschieden, dass es bei dem bisherigen Quadratmeterpreis bleiben müsse. Es liege hier ein Sachmangel der Wohnung vor. Dieser sei nach den gesetzlichen Gewährleistungsbestimmungen auszugleichen. Die Änderung des Quadratmeterpreises sei dagegen eine zusätzliche Vertragsanpassung. Diese würde nicht nur die gesetzliche Gewährleistungsregelung mindestens teilweise beiseite schieben. Es würde auch die gesetzliche Risikoverteilung unterlaufen, die das Mängelrisiko grundsätzlich dem Vermieter zuweise. Bei Mängeln der Mietsache habe allein der Mieter bestimmte Rechte. Der Vertragsinhalt im Übrigen bleibe unberührt (BGH, VIII ZR 256/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl