Ende Mai hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten beschlossen. Darin werden folgende Punkte vorgesehen:

Der Behandlungsvertrag wird ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert. Die Regelung erfasst die Vertragsbeziehung zwischen Patienten und Ärzten, aber auch anderen Heilberufen wie Heilpraktikern, Hebammen, Psycho- oder Physiotherapeuten. Patienten müssen verständlich und umfassend informiert werden, etwa über erforderliche Untersuchungen, Diagnosen und beabsichtigte Therapien. Die Patienten sind gesondert auf Kosten für solche Leistungen hinzuweisen, die nicht von den Leistungsträgern übernommen werden.

Aufklärung muss umgehend erfolgen und ist verpflichtend. Vor jedem Eingriff müssen alle Patienten umfassend über die konkrete Behandlung und die sich daraus ergebenden Risiken aufgeklärt werden. Dazu muss rechtzeitig vorher ein persönliches Gespräch geführt werden, damit sich der Patient seine Entscheidung gut überlegen kann. Eine schriftliche Aufklärung reicht alleine nicht aus.

Auch die Dokumentationspflichten bei der Behandlung sollen im Gesetz festgelegt werden. Patientenakten sind vollständig und sorgfältig zu führen. Patienten bekommen nunmehr ein gesetzliches Recht auf Akteneinsicht. Fehlt die Dokumentation oder ist sie unvollständig, wird im Prozess zulasten des Behandelnden vermutet, dass die nicht dokumentierte Maßnahme auch nicht erfolgt ist.

In Haftungsfällen wird es mehr Transparenz geben. Die wichtigen Beweiserleichterungen berücksichtigen die Rechtsprechung und werden klar geregelt. Jeder kann jetzt im Gesetz nachlesen, wer im Prozess was beweisen muss. Bei sogenannten „einfachen“ Behandlungsfehlern muss wie bisher der Patient den Behandlungsfehler sowie die Ursächlichkeit dieses Fehlers für die eingetretene Gesundheitsschädigung nachweisen. Für bestimmte Fallgruppen, wie den „groben“ Behandlungsfehler, sind Beweiserleichterungen zugunsten des Patienten vorgesehen. Hierbei handelt es sich um gravierende Fälle, die aus objektiver medizinischer Sicht schlechterdings nicht mehr verständlich erscheinen. Dann muss sich der Behandelnde seinerseits entlasten und beweisen, dass der nachgewiesene Behandlungsfehler nicht generell geeignet war, eine Gesundheitsschädigung der eingetretenen Art herbeizuführen. Weitere Beweiserleichterungen betreffen etwa das sogenannte voll beherrschbare Risiko. So wird ein Behandlungsfehler vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht, das der Behandelnde voll beherrscht – führt z.B. ein defektes Narkosegerät während einer Operation des Patienten zu einer Sauerstoffunterversorgung und dadurch bedingt zu Hirnschädigungen, so wird die Verantwortlichkeit des Behandelnden für diesen Fehler vermutet.

Auch die Versichertenrechte in der gesetzlichen Krankenversicherung werden gestärkt:

Werden Verfahrensvorschriften, wie beispielsweise eine nicht fristgemäße Entscheidung bei Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, nicht eingehalten, können sich die Versicherten die Leistung jetzt selbst beschaffen und erhalten die entstandenen Kosten erstattet, wenn die Krankenkassen ohne hinreichenden Grund über einen Antrag auf eine Leistung nicht innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang bzw. innerhalb von fünf Wochen, wenn von der Krankenkasse ein medizinisches Gutachten eingeholt wird, entscheiden.

Bei Behandlungsfehlern sind die Kranken- und Pflegekassen künftig verpflichtet, ihre Versicherten bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen zu unterstützen. Dies kann etwa durch Unterstützungsleistungen, mit denen die Beweisführung der Versicherten erleichtert wird, z. B. medizinischen Gutachten, geschehen.

Im Gesetzentwurf ist die Förderung einer Fehlervermeidungskultur in der medizinischen Versorgung vorgesehen: Behandlungsfehlern möglichst vorzubeugen, hat höchste Priorität. Ein sachgerechtes Qualitätsmanagement im stationären Bereich umfasst zukünftig verpflichtend auch ein Beschwerdemanagement für die Belange insbesondere von Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen, das entsprechend patientenorientiert auszugestalten ist.

Die Patientenbeteiligung wird weiter ausgebaut. Patientenorganisationen werden insbesondere bei der Bedarfsplanung stärker einbezogen.

Um insgesamt mehr Transparenz über geltende Rechte von Patientinnen und Patienten herzustellen, erstellt der Patientenbeauftragte der Bundesregierung künftig eine umfassende Übersicht der Patientenrechte zur Information der Bevölkerung.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Bundesjustizministerium hat einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters vorgelegt. Das neue Umgangsrecht soll die Rechte leiblicher Väter stärken. Erstmals erhält der biologische, leibliche Vater ein Umgangsrecht mit seinem Kind, auch wenn er bislang keine enge soziale Bindung aufgebaut hat.

Die Neuregelung soll biologischen Vätern künftig den Umgang mit ihren Kindern erleichtern. In bestimmten Fällen kann der biologische Vater Auskunft über die persönlichen Verhältnisse seines Kindes erlangen. Das neue Umgangsrecht klingt nüchtern, bedeutet aber eine wesentliche Verbesserung zugunsten des biologischen Vaters im Verhältnis zu seinem Kind, das in einer Ehe mit Mutter und rechtlichem Vater aufwächst.

Bislang steht dem biologischen Vater eines Kindes ein Umgangsrecht nur zu, wenn ihn mit seinem Kind bereits eine enge persönliche Beziehung verbindet. In vielen Fällen ist das aber nicht so, etwa wenn das Kind mit den rechtlichen Eltern in einem engen sozialen Familienverbund lebt, die rechtlichen Eltern den Kontakt zum biologischen Vater nicht zulassen oder die Existenz des biologischen Vaters gar nicht bekannt ist. In diesen Fällen besteht für den leiblichen Vater bisher keine Möglichkeit, Umgang mit seinem Kind zu erlangen. Auch ein Auskunftsrecht über die persönlichen Verhältnisse des Kindes räumt das Gesetz bisher den rechtlichen Eltern ein, nicht aber dem außenstehenden leiblichen Vater.

Für das Umgangsrecht des leiblichen Vaters soll es künftig nicht mehr darauf ankommen, dass bereits eine enge Beziehung zum Kind besteht. Entscheidend soll vielmehr sein, ob der leibliche Vater durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er tatsächlich Verantwortung für sein Kind übernehmen will und ob der Umgang mit dem leiblichen Vater dem Kindeswohl dient.

Leibliche Väter erhalten künftig auch das Recht, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

Hintergrund:

Dem leiblichen Vater eines Kindes, der mit der Mutter des Kindes nicht verheiratet ist und auch nicht die Vaterschaft anerkannt hat, steht nach der geltenden Regelung ein Umgangsrecht nur zu, wenn er eine enge Bezugsperson des Kindes ist, für das Kind tatsächlich Verantwortung trägt oder getragen hat (sozial-familiäre Beziehung) und der Umgang dem Kindeswohl dient. Konnte der leibliche Vater zu seinem Kind keine Beziehung aufbauen, so bleibt ihm der Kontakt zum Kind bisher verwehrt. Dies gilt unabhängig davon, aus welchen Gründen keine Beziehung zum Kind aufgebaut wurde, also auch, wenn der Vater bereit war, für das Kind Verantwortung zu übernehmen, und ihm dies allein aufgrund der Weigerung der rechtlichen Eltern nicht möglich war. Zudem bleibt der Kontakt zum Kind ohne Rücksicht darauf verwehrt, ob der Umgang mit dem leiblichen Vater dem Wohl des Kindes dient.

Ein leiblicher, nicht rechtlicher Vater hat darüber hinaus derzeit auch kein Recht, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen. Nach dem Gesetz kann jeder Elternteil vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Dieser Auskunftsanspruch steht jedoch nur den Eltern im rechtlichen Sinne zu, nicht aber dem nur leiblichen Vater.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in zwei Entscheidungen beanstandet, dass dem biologischen Vater eines Kindes ein Umgangs- und Auskunftsrecht ohne Prüfung des Kindeswohlinteresses im Einzelfall vorenthalten wird. Die Rechtsposition der leiblichen, nicht rechtlichen Väter soll daher gestärkt werden. Der Entwurf sieht zu diesem Zweck Folgendes vor:

Hat der leibliche Vater durch sein Verhalten gezeigt, dass er für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen will, erhält er ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Das gilt unabhängig davon, ob zum Kind bereits eine sozial-familiäre Beziehung besteht.

Zudem wird dem leiblichen Vater bei berechtigtem Interesse ein Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes eingeräumt, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

Voraussetzung des Umgangs- und Auskunftsrechts ist, dass der Anspruchsteller auch wirklich der biologische Vater ist. Die leibliche Vaterschaft des Antragstellers ist dabei im Rahmen des Umgangs- oder Auskunftsverfahrens zu prüfen und gegebenenfalls im Rahmen einer Beweiserhebung zu klären. Um die Feststellung der biologischen Vaterschaft in streitigen Fällen zu ermöglichen, stellt der Gesetzentwurf eine verfahrensrechtliche Flankierung zur Verfügung. Danach müssen unter bestimmten Voraussetzungen Untersuchungen zur Klärung der Vorfrage nach der biologischen Abstammung geduldet werden. Das soll verhindern, dass die Mutter des Kindes oder eine sonstige Person den Anspruch des biologischen Vaters vereiteln kann, indem sie die erforderliche Untersuchung verweigert.

Der Referentenentwurf ist zwischenzeitlich an die Länder und Verbände zur Stellungnahme weitergeleitet worden.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat die Kompetenz, per Mehrheitsbeschluss den Einbau von Rauchwarnmeldern in allen Wohnungen zu verlangen.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landgericht (LG) Hamburg. Die Richter machten deutlich, dass Beschlüsse zwar wegen absoluter Beschlussunzuständigkeit unwirksam sein könnten. Das sei der Fall, wenn sie ausschließlich in die individuelle Rechtszuständigkeit einzelner Wohnungseigentümer eingreifen würden, ohne eine gemeinschaftliche Angelegenheit, insbesondere gemeinschaftsbezogene Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, zu regeln. Hiervon könnte z.B. ausgegangen werden, wenn der Mehrheitsbeschluss in das Sondereigentum eines einzelnen Wohnungseigentümers eingreife. Vorliegend sei dies jedoch nicht der Fall. Der Einbau von Rauchwarnmeldern diene der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherungspflicht auf dem gemeinschaftlichen Grundstück. Das sei eine gemeinschaftsbezogene Pflicht. Zudem bestehe eine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Installation und Wartung von Rauchmeldern (LG Hamburg, 318 S 245/10).


Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die zutreffende Kostenermittlung gehört zu den Grundleistungen eines Architekten. Wird ein Bauvorhaben als Renditeobjekt zur Finanzierung eines weiteren Vorhabens errichtet, und ist dem Architekten das Investitionskonzept des Auftraggebers bekannt, wird bei Auftragsvergabe ein verbindlicher Kostenrahmen vereinbart. Dann muss der Architekt den Kosten erhöhte Aufmerksamkeit widmen.

Dabei kommt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a.M. eine Toleranz bei einer Kostenüberschreitung nicht in Betracht, wenn der Architekt keine ausreichende Kostenkontrolle vornimmt. Die Richter machten deutlich, dass der Architekt bei Planungsaufträgen im Rahmen von Renditeobjekten besondere Sorgfalt walten lassen müsse. Es sei erforderlich, den Investor auf besondere Risiken hinzuweisen, die sich auf die Gesamtbaukosten, damit den Finanzierungsaufwand und letztlich die Rendite auswirken können. Der Architekt schulde dem Besteller eine zutreffende Beratung über die voraussichtlichen Baukosten. Seien Kostenschätzungen zu besonderen Zwecken, wie zur Unterstützung von Kreditanträgen oder Förderanträgen, unzutreffend, müsse der Architekt im Rahmen der Beratungspflicht darauf hinweisen, dass diese Kostenschätzungen keine Grundlage für die Investitionsentscheidung sein können (OLG Frankfurt a.M., 12 U 71/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Kündigung eines Arbeitnehmers mit HIV-Infektion während der Probezeit muss nicht in jedem Fall gegen Treu und Glauben verstoßen und unwirksam sein.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg. Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der bei einem Pharmaunternehmen als chemisch-technischer Assistent beschäftigt war. Er wurde bei der Herstellung von Medikamenten im „Reinbereich“ eingesetzt. Der Arbeitgeber hatte für diesen Fertigungsbereich allgemein festgelegt, dass Arbeitnehmer mit Erkrankungen jedweder Art – insbesondere auch Arbeitnehmer mit HIV-Infektion – nicht beschäftigt werden dürfen. Er kündigte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist während der Probezeit, nachdem er von der HIV-Infektion des Arbeitnehmers erfahren hatte.

Das LAG hielt die Kündigung des Arbeitnehmers für wirksam und wies auch die Klage auf Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ab. Die Kündigung sei nicht willkürlich und verstoße deshalb nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Dem Arbeitgeber könne nicht verwehrt werden, für die Medikamentenherstellung allgemein den Einsatz erkrankter Arbeitnehmer auszuschließen. Die Entscheidung, einen dauerhaft mit dem HI-Virus infizierten Arbeitnehmer zu entlassen, sei auf dieser Grundlage nicht zu beanstanden. Da auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde, komme es auf die soziale Rechtfertigung der Kündigung nicht an. Dem Arbeitnehmer stehe auch keine Entschädigung nach dem AGG zu. Dabei könne dahinstehen, ob die bloße HIV-Infektion eine Behinderung im Sinne des AGG darstelle, und ob der Arbeitnehmer im Vergleich zu anderen erkrankten Arbeitnehmern ungleich behandelt worden sei. Denn eine – einmal angenommene – Ungleichbehandlung des Arbeitnehmers sei wegen des Interesses des Arbeitgebers, jedwede Beeinträchtigung der Medikamentenherstellung durch erkrankte Arbeitnehmer auszuschließen, gerechtfertigt (LAG Berlin-Brandenburg, 6 Sa 2159/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Grundsätzlich ist Benzin oder Diesel im Tank des zum Restwert zu verkaufenden Unfallfahrzeugs für den Geschädigten verloren. Kann er aber Angaben zur im Fahrzeug verbliebenen Menge machen, wird der Schaden geschätzt, und der gegnerische Haftpflichtversicherer muss dafür aufkommen.

So entschied das Amtsgericht (AG) Germersheim. Der Geschädigte hatte ganz kurz vor dem Unfall vollgetankt. Den Beleg darüber konnte er vorweisen. Getankt hatte er für knapp über 70 EUR. Das AG hat den Betrag des verbliebenen Treibstoffs auf 70 EUR geschätzt und diesen Betrag zugesprochen (AG Germersheim, 1 C 473/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Blockwahl des Vorstands ist generell nur möglich, wenn die Satzung das ausdrücklich zulässt. Das gilt nach einer Entscheidung des KG Berlin selbst dann, wenn der amtierende Vorstand lediglich im Amt bestätigt werden soll.

Grundsätzlich gilt für die Bestellung des Vorstands die Einzelwahl. Für jeden Kandidaten müssen die Mitglieder also mit Ja oder Nein votieren bzw. sich für einen Alternativkandidaten entscheiden können. Eine Blockwahl, bei der nur für mehrere Kandidaten gleichzeitig gestimmt werden kann, setzt eine entsprechende Satzungsregelung voraus. Selbst wenn der gesamte Vorstand nur im Amt bestätigt werden soll (etwa weil die Amtszeit laut Satzung automatisch ablief) und es keine Gegenstimmen gibt, gilt keine Ausnahme. Auch hier muss über jeden Vorstandsposten einzeln abgestimmt werden. Das Registergericht hatte die Eintragung folglich zu Recht abgelehnt (KG Berlin, 25 W 78/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch von Abkömmlingen setzt nicht voraus, dass diese nicht nur im Zeitpunkt des Erbfalls, sondern schon im Zeitpunkt der Schenkung pflichtteilsberechtigt waren.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall von zwei 1976 und 1978 geborenen Klägern. Diese machten gegen die Beklagte, ihre Großmutter, im Wege der Stufenklage Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach ihrem 2006 verstorbenen Großvater geltend. Sie begehrten Auskunft über den Bestand des Nachlasses des Erblassers durch Vorlage eines notariell aufgenommenen Verzeichnisses, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Zahlung. Die Großeltern hatten vier Kinder, unter anderem die 1984 verstorbene Mutter der Kläger. Im Jahr 2002 errichteten die Beklagte und der Erblasser ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament, in dem sie sich u.a. gegenseitig zu Erben einsetzten. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob den Klägern ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht, wenn sie zwar im Zeitpunkt des Todes des Erblassers, nicht aber im Zeitpunkt der jeweiligen Schenkungen pflichtteilsberechtigt waren. Im Wesentlichen geht es darum, ob der Auskunftsanspruch auch Schenkungen erfasst, die der Erblasser vor der Geburt der Kläger zugunsten der Beklagten vorgenommen hatte. Die Vorinstanzen haben der Auskunftsklage überwiegend stattgegeben.

Mit seinem Urteil hat der BGH das Berufungsurteil bestätigt. Nach Ansicht der Richter setze der Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht voraus, dass die Pflichtteilsberechtigung bereits im Zeitpunkt der Schenkung bestand. Seine dem entgegenstehende frühere Rechtsprechung, die eine Pflichtteilsberechtigung sowohl im Zeitpunkt des Erbfalls als auch der Schenkung forderte (BGHZ 59, 212 und ZEV 97, 373), sog. Theorie der Doppelberechtigung, hat der Senat insoweit aufgegeben. Hierbei hat er neben dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift auf den Sinn und Zweck des Pflichtteilsrechts abgestellt, eine Mindestteilhabe naher Angehöriger am Vermögen des Erblassers sicherzustellen. Hierfür sei es unerheblich, ob der im Erbfall Pflichtteilsberechtigte schon im Zeitpunkt der Schenkung pflichtteilsberechtigt war oder nicht. Die bisherige Auffassung führe demgegenüber zu einer mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes nicht zu vereinbarenden Ungleichbehandlung von Abkömmlingen des Erblassers. Sie mache das Bestehen des Pflichtteilsergänzungsanspruchs von dem zufälligen Umstand abhängig, ob die Abkömmlinge vor oder erst nach der Schenkung geboren waren (BGH, IV ZR 250/11).


Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Erbengemeinschaft kann als solche mangels eigener Rechtsfähigkeit nicht Arbeitsvertragspartei sein.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm. Nach Ansicht der Richter seien die Grundsätze, die von der Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft entwickelt wurden, auf die Erbengemeinschaft nicht übertragbar. Mit dem Tod des Einzelfirmeninhabers würden die Miterben daher zur gesamten Hand Träger der Arbeitgeberrechte und -pflichten. Eine Klage müsse sich daher immer gegen alle Miterben gemeinsam richten, eine Klage gegen die Erbengemeinschaft als solche sei erfolglos (LAG Hamm, 2 Ta 337/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Eigentümer eines Wohnhauses hat in bestimmten Fällen keinen Anspruch auf ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen Aufschüttungen, die in der Nähe seines Grundstücks vorgenommen worden sind.

Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz im Fall eines Hauseigentümers. Als entlang des Wegs, an dem sein Haus liegt, erhebliche Aufschüttungen vorgenommen wurden, setzte er hierüber den Landkreis in Kenntnis. Dieser lehnte jedoch den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten ab. Nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens erhob der Eigentümer Klage.

Diese wies das VG nun nach einer Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit ab. Der Landkreis, so die Richter, sei nicht zu einem Einschreiten gegen die Aufschüttung verpflichtet. Diese sei nicht zulasten des Eigentümers rücksichtslos. Die Aufschüttung habe nämlich keine erdrückende oder abriegelnde Wirkung, weil sie deutlich niedriger als das Wohnhaus des Klägers sei. Sie beeinträchtige auch nicht die Belichtung, Besonnung und Belüftung dieses Gebäudes. Ferner gefährde die Aufschüttung weder die Standsicherheit des Hauses noch die Tragfähigkeit des Grundstücks des Klägers. Aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen des Landesamts für Geologie und Bergbau stehe fest, dass ein Abrutschen der Auffüllmassen zum Grundstück des Klägers nahezu ausgeschlossen sei. Überdies sei das Gelände östlich stark abschüssig, das Grundstück des Klägers liege jedoch nördlich der beanstandeten Aufschüttung. Angesichts dieser Umstände sei eine konkrete Gefahr für das Wohngrundstück des Klägers nicht ersichtlich. In diesem Fall bestehe daher kein Anspruch auf ein bauaufsichtliches Einschreiten (VG Koblenz, 1 K 931/11.KO).


Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl