Arbeitsvertrag in deutscher SpracheGewährt ein Arbeitgeber älteren Arbeitnehmern jährlich mehr Urlaubstage als den jüngeren, kann diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zulässig sein. Bei der Entscheidung, ob eine solche freiwillige Urlaubsregelung dem Schutz älterer Beschäftigter dient und geeignet, erforderlich und angemessen ist, steht dem Arbeitgeber ein weiter Einschätzungsspielraum zu.

 

Diese Entscheidung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines großen nicht tarifgebundenen Schuhfabrikanten. Dieser gewährt seinen in der Schuhproduktion tätigen Arbeitnehmern nach Vollendung des 58. Lebensjahres jährlich 36 Arbeitstage Erholungsurlaub und damit zwei Urlaubstage mehr als den jüngeren Arbeitnehmern. Die 1960 geborene Klägerin hat gemeint, die Urlaubsregelung sei altersdiskriminierend. Der Arbeitgeber müsse ihr deshalb auch jährlich 36 Urlaubstage gewähren. Die Vorinstanzen haben den hierauf gerichteten Feststellungsantrag der Klägerin abgewiesen.

 

Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Die Richter machten deutlich, dass der Arbeitnehmer seinen Gestaltungs- und Ermessensspielraum nicht überschritten habe. Dieser hatte argumentiert, dass die Arbeitnehmer bei der Fertigung von Schuhen körperlich ermüdende und schwere Arbeit leisten müssten. Dabei würden die Arbeitnehmer nach Vollendung ihres 58. Lebensjahres längere Erholungszeiten als jüngere Arbeitnehmer benötigen. Auch die Annahme, zwei weitere Urlaubstage seien aufgrund des erhöhten Erholungsbedürfnisses angemessen, sei nach Ansicht des Gerichts nicht zu beanstanden. Dies gelte insbesondere, da auch der Manteltarifvertrag der Schuhindustrie, der mangels Tarifbindung der Parteien keine Anwendung fand, zwei zusätzliche Urlaubstage ab dem 58. Lebensjahr vorsah (BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das MietrechtDie Verpflichtung zur Rückgabe der Schlüssel für vermietete Räume ist grundsätzlich am Wohnsitz bzw. Geschäftssitz des Vermieters zu erfüllen.

 

Hierauf machte das Amtsgericht Brandenburg aufmerksam. Das Gericht entschied weiter, dass der Mieter die Beweislast dafür trägt, dass der Schlüssel beim Vermieter auch tatsächlich angekommen und insofern Erfüllung eingetreten ist. Hat er ihn per Post übersandt und ist die Postsendung zwar angekommen, aber der Schlüssel verloren gegangen, muss der Mieter beweisen, dass der streitige Schlüssel tatsächlich in die Obhut des Postunternehmens gelangt ist (Amtsgericht Brandenburg, Urteil vom 1.9.2014, 31 C 32/14).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Architecture plan house isolated on whiteEin Architekt muss bei einer Altbausanierung den Hausschwammbefall nicht selbst umfassend klären.

 

Diese Klarstellung traf das Kammergericht (KG) in Berlin. Die Richter machten dabei in ihrer Entscheidung deutlich, dass der Architekt die konkrete Feststellung von Hausschwammbefall auch mit dem Bauleistungsverzeichnis übertragen dürfe (KG, Urteil vom 25.7.2014, 21 U 40/13).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

auto_paragraphenzeichen_01Wenn die Werkstatt dem Geschädigten bis zur Abholung des Fahrzeugs durch den Restwertkäufer Standgeld berechnet, muss der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer diese Kosten erstatten.

 

So entschied es das Landgericht (LG) Mannheim im Fall eines Unfallgeschädigten. Der Ver­sicherer hatte ihm vorgeworfen, beim Verkauf des Unfallfahrzeugs getrödelt zu haben. Das sahen die Richter jedoch nicht so. Werde das Unfallfahrzeug nicht an den Betrieb verkauft, bei dem es steht, sondern an einen im Gutachten oder vom Versicherer benannten Aufkäufer, muss der Geschädigte zwar sofort Kontakt mit diesem aufnehmen. Er hat jedoch keinen Einfluss darauf, wann der zur Abholung erscheint. Das LG sprach dem Geschädigten die Erstattung der Standkosten in voller Höhe zu. Ein nicht mehr fahrbereites Kraftfahrzeug könne nicht irgendwo auf der Straße abgestellt werden, sondern müsse untergestellt werden. Das sichere Unterstellen in einer Kfz-Werkstatt sei eine naheliegende und angemessene Maßnahme. Die dafür anfallenden Kosten seien auch erstattungsfähig. Dass sie diejenigen übersteigen, die für eine gewerbliche Abstellmöglichkeit, etwa in einem Parkhaus, angefallen wären, habe der Versicherer nicht konkret vorgetragen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass es das Verschulden des Geschädigten gewesen sei, dass der Ankäufer den Unfallwagen nicht früher abgeholt hat.

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

UnterschreibenWer irrtümlich eine Erklärung unterschreibt, die einen anderen Inhalt hat als besprochen und gedacht, kann die Erklärung wirksam anfechten.

 

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht München im Fall einer Rentnerin, die den Werbeflyer eines Fitnessstudios erhalten hatte. Dort hieß es: „Testen Sie uns! 2 Wochen 19,90 EUR“. Da die Rentnerin nach einer Rückenoperation sanfte Übungen zur Wiederherstellung der Rückenmuskulatur vornehmen sollte, wollte sie dieses Angebot nutzen. Einen langfristigen Vertrag konnte sie sich nicht leisten, da sie von Sozialhilfe lebt.

 

Im Fitnessstudio legte sie den Werbeflyer vor und gab an, dieses Angebot nutzen zu wollen. Dann unterschrieb sie eine Vereinbarung. Da sie ihre Brille vergessen hatte, konnte sie den Wortlaut der Vereinbarung nicht lesen. Das hatte sie dem Mitarbeiter auch gesagt. Dieser hatte auf mehrmalige Fragen der Rentnerin versichert, dass es sich um einen Vertrag entsprechend dem Angebot auf dem Flyer handeln würde. Tatsächlich hat die Münchnerin einen Vertrag unterschrieben, in dem sie sich u.a. für 64 Wochen Basispaket zu fast 16 EUR pro Woche verpflichtete. Nachdem sie daheim den Irrtum bemerkt hatte, forderte sie das Fitnessstudio auf, den Vertrag rückgängig zu machen. Das Fitnessstudio bestand auf der Einhaltung des Vertrags und verlangte sämtliche Beiträge, insgesamt 1.130 EUR. Weil die Rentnerin nicht zahlte, erhob das Fitnessstudio Klage.

 

Vor dem Amtsgericht bekam jedoch die Rentnerin recht. Sie muss nichts bezahlen. Das Gericht hat entschieden, dass sie den Vertrag wirksam anfechten konnte, da sie sich über dessen Inhalt geirrt hat. Sie sei davon ausgegangen, nur eine zweiwöchige Nutzungsvereinbarung abgeschlossen zu haben gemäß dem Flyer, den sie bei den Vertragsverhandlungen vorgelegt hat.

 

Der Bundesgerichtshof hat bereits im Jahr 1994 entschieden, dass derjenige, der ein Schriftstück ungelesen unterschrieben hat, den Vertrag anfechten kann, wenn er sich von dessen Inhalt eine bestimmte, allerdings unrichtige Vorstellung gemacht hat. Da die Rentnerin den Vertrag mangels Brille nicht lesen konnte und auch nicht durchgelesen hat, hat sie, ohne dies zu merken, etwas anderes zum Ausdruck gebracht, als das, was sie in Wirklichkeit hatte erklären wollen. Sie hat sich darüber geirrt, welche Bedeutung ihrer Erklärung bei dem Geschäft zugekommen ist. Das Gericht ist aufgrund der Angaben der Beteiligten wie auch der Gesamtumstände davon überzeugt, dass sie den Vertrag, wenn sie den tatsächlichen Inhalt gekannt hätte, so nicht unterschrieben hätte. Warum sollte sie – ohne das Fitnessstudio zu kennen und mit erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen – gleich einen Langzeitvertrag abschließen wollen, zumal teurer als das Testangebot? Ohnehin kam eine Mitgliedschaft aus finanziellen Gründen nicht in Frage.

 

Bei aller Geschäftstüchtigkeit von Fitnessstudios konnte das Gericht aber nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Rentnerin vorsätzlich getäuscht, ja angelogen worden ist. Vielmehr dürfte – wie so oft – der Fehler auf beiden Seiten gelegen haben: Wird schlecht zugehört, redet man ganz schnell aneinander vorbei.

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gesetz 1Das Amtsgericht Hannover hat im schriftlichen Verfahren einen Antrag auf Änderung der Geschlechtsangabe von „weiblich“ in „inter“ oder „divers“ abgelehnt.

 

Die erkennende Richterin stellte fest, dass nach den Vorschriften des Personenstandsgesetzes das Geschlecht mit „weiblich“, „männlich“ oder ohne eine solche Angabe einzutragen ist. Die Angabe des Geschlechts mit „inter“ oder „divers“ ist gesetzlich nicht vorgesehen. Das Gericht hat eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht für notwendig erachtet, da nicht zu erkennen sei, dass die gesetzliche Regelung gegen die Verfassung verstößt.

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

ParagraphBei der Lkw-Maut gibt es neue Preise. Einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes (18/2444) stimmte der Bundestag auf Beschlussempfehlung des Verkehrsausschusses (18/2857) zu. Danach werden die Mautsätze dem neuen Wegekostengutachten vom 25.3.2014 angepasst und somit billiger.

 

Außerdem dient das Gesetz auch als Grundlage für eine eigene günstige Mautkategorie für die besonders schadstoffarmen Euro-VI-Lkw. Zudem werden die Kosten der Luftverschmutzung, die auf den Lkw-Verkehr zurückzuführen sind, in die Mautsätze eingerechnet. Dadurch ergeben sich im Zeitraum 2015 bis 2017 Mindereinnahmen gegenüber dem Finanzplan von rund 460 Millionen EUR. Dabei seien die zu erwartenden zusätzlichen Einnahmen aus der teilweisen Anlastung der Luftverschmutzungskosten bereits berücksichtigt.

 

Abgelehnt hat der Bundestag ebenfalls auf Empfehlung des Verkehrsausschusses (18/2875)

einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/1620), nach dem die Lkw-Maut nachhaltig und ökologisch ausgerichtet werden sollte. Deshalb sollte die Bundesregierung die Berechnung der Lkw-Mautsätze auf eine neue Grundlage mit höherer ökologischer Lenkungswirkung stellen. Das eigentliche Ziel der Lkw-Maut sei, ausreichend Mittel zum Bau und Erhalt der Bundesfernstraßen zur Verfügung zu stellen und dabei eine ökologische und ökonomische Lenkungswirkung zu entfalten. Dieses Ziel werde durch die empfohlenen Mautsätze nach dem neuen Wegekostengutachten nicht erreicht. In Deutschland würden die externen Kosten für Unfälle, Lärm, Luftverschmutzung, Klimawandel und indirekte Auswirkungen geschätzte 88 Milliarden Euro pro Jahr betragen, die von der Gesamtgesellschaft getragen werden müssten.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Paragraf, ImpressumEin Arbeitnehmer erhält keinen Annahmeverzugslohn, soweit er keine Auskunft über den mit seiner Musikband erzielten Zwischenverdienst durch Auftritte erteilt.

 

Diese Entscheidung traf das Arbeitsgericht Aachen im Fall eines Arbeitnehmers, der seit 1981 im Unternehmen beschäftigt war. Er wurde von seinem Arbeitgeber am 28.1.09 fristlos gekündigt. Im Kündigungsschutzverfahren einigten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dessen ordnungsgemäße Abwicklung.

 

Der Kläger ist Schlagzeuger einer regional bekannten Band und trat mit dieser unter anderem am 16.2.09 während seiner attestierten Arbeitsunfähigkeit auf. Mindestens weitere 25 Auftritte an 15 Tagen im Wesentlichen in der Karnevalssession folgten. Mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht Aachen begehrte der Kläger Vergütungszahlungen vom 1.2.09 bis zum 30.6.09, zum einen als Entgeltfortzahlung wegen seiner attestierten Erkrankung, zum anderen als Annahmeverzugslohn, da der Arbeitgeber seine Arbeitsleistung nach Ausspruch der außerordentlichen fristlosen Kündigung nicht abrief.

Im Prozess war der Arbeitnehmer der Meinung, dass er sog. Zwischenverdienst aus seiner Tätigkeit als Schlagzeuger von den diversen Auftritten weder angeben noch sich diesen anrechnen lassen müsse. Die Auftritte hätten außerhalb seiner üblichen Arbeitszeit stattgefunden. Der Arbeitgeber war der Ansicht, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn habe, sich aber zumindest die Einnahmen durch die Bandauftritte anrechnen lassen müsse, die während der üblichen und geplanten Arbeitszeit stattfanden. Ein Abgleich der Auftritte und Schichten des Klägers ergab, dass er einmal während der für ihn geplanten Frühschicht und viermal während der für ihn geplanten Spätschicht auftrat.

 

Das Arbeitsgericht Aachen entschied, dass der Kläger verpflichtet war, seine Einnahmen anzugeben. Um Annahmeverzugslohn zu berechnen, ist entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Gesamtberechnung vorzunehmen. Der Gesamtvergütung, die der Arbeitnehmer bei der Erbringung seiner Arbeitsleistung erhalten hätte, ist gegenüberzustellen, was der Arbeitnehmer in der Zeit anderweitig erhalten hat. Hierzu gehören auch die Einkünfte als Schlagzeuger für Auftritte während der geplanten und nicht mehr abgeleisteten Arbeitszeit. Angaben zu diesem Verdienst machte der Kläger im Arbeitsgerichtsprozess nicht. Ein Anspruch habe daher nicht bestanden.

 

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

ansageEiner Mieterin, die wiederholt gegen die Pflicht verstößt, ihren Hund anzuleinen, und die einen Mitmieter nach einer Attacke durch ihren Hund als Rechtsradikalen beleidigt, darf der Vermieter fristlos kündigen.

 

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht München im Fall einer Mieterin, die einen Berner-Senn-Hund-Mischling besitzt. Von der Vermieterin hatte sie die Genehmigung, den Hund in der Wohnung zu halten, soweit dies nicht zur Störung und Belästigung der anderen Mieter führt. Zudem war eine Vereinbarung getroffen worden, dass der Hund auf dem Gelände der Vermieterin an einer farbigen Hundeleine von maximal zwei Metern Länge geführt wird, sobald er die Wohnung verlässt. Die Mieterin ließ mehrfach den Hund nicht angeleint in der Wohnanlage umherlaufen und wurde dafür von der Vermieterin abgemahnt.

 

Kurz darauf begegnete ein Mitmieter aus der Wohnanlage dem nicht angeleinten Hund, der zu diesem Zeitpunkt sehr aggressiv war. Die Mieterin lief dem Hund hinterher. Sie hielt dabei einen 1,8 Meter langen und 3-5 Zentimeter dicken Schäferstock in der Hand. Der Hund stürmte auf den Zeugen zu, bellte ihn aggressiv an und versuchte, ihn anzugreifen. Daraufhin schrie der Zeuge den Hund an, sodass dieser von ihm abließ. Als der Mitmieter den Hund mit seinem I-Phone fotografieren wollte, schlug die Mieterin mit ihrem Stock in Richtung des Zeugen. Sie verfehlte ihn nur knapp an der Schulter. Zudem beleidigte sie ihn dabei als Rechtsradikalen. Daraufhin kündigte die Vermieterin der Mieterin samt dem Hund außerordentlich und fristlos.

 

Die Mieterin akzeptierte die Kündigung nicht und zog nicht aus. Die Vermieterin erhob Räumungsklage. Der Richter gab nun der Vermieterin recht. Hund und Frauchen müssen die Wohnung räumen. Das Verhalten der Mieterin stelle in mehrfacher Hinsicht eine Verletzung des Mietvertrags dar. So sei der Hund nicht angeleint gewesen, was jedoch aus Sicht des Gerichts die geringfügigste Vertragsverletzung darstelle. Eine schwerwiegende Vertragsverletzung sei die Beleidigung des Mitmieters als Rechtsradikalen sowie der Schlag mit dem Stock in Richtung des Kopfes des Zeugen. Wenn auch der Schlag den Zeugen nicht getroffen hat, so handele es sich doch um eine bedrohliche Geste zum Nachteil eines Mitmieters, der im Nachbarhaus der gleichen Wohnanlage lebe (Amtsgericht München, Urteil vom 9.10.2013, 472 C 7153/13, rkr.).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Mietvertrag für neue WohnungVerwendet ein Bauträger in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel, wonach der Verkäufer die letzte Rate „nach vollständiger Fertigstellung“ fordern darf, ist das so zu verstehen, dass nicht nur sämtliche Arbeiten erbracht sein müssen, sondern auch keine Mängel vorhanden sein dürfen.

 

Dies gilt nach einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Heidelberg auch für solche Mängel, die der Abnahmefähigkeit nicht entgegenstehen. Die Formulierung „nach vollständiger Fertigstellung“ sei nach Ansicht des Gerichts unmissverständlich. Sie könne, insbesondere durch den Gebrauch des Wortes „vollständig“, bei objektiver und interessengerechter Auslegung nur so verstanden werden, dass nicht nur sämtliche Arbeiten erbracht sein müssen, sondern auch keine Mängel vorhanden sein dürfen bzw. sämtliche vorhandenen Mängel beseitigt sein müssen. Dabei genüge es nicht, wenn wesentliche, die Abnahmefähigkeit hindernde Mängel be­seitigt sind. Nicht vollständig fertig gestellt sei die Leistung vielmehr auch bei solchen Mängeln, die der Abnahmefähigkeit nicht entgegenstehen. Der Verkäufer müsse grundsätzlich sämtliche Restmängel seiner Bauleistung beseitigt haben. Eine einschränkende Auslegung der Vertragsbestimmung, dass nur wesentliche, die Abnahmefähigkeit hindernde Mängel der Fälligkeit entgegenstehen, wäre auch mit der nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch gebotenen kundenfreundlichen Auslegung zum Nachteil des Verwenders unvereinbar. Da vorliegend noch verschiedene Mängel bestanden, hat das LG im vorliegenden Fall die Zahlungsklage des Bauträgers abge­wiesen (LG Heidelberg, Urteil vom 28.3.2014, 3 O 309/13).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl