Platten / IdeeUnter bestimmten Voraussetzungen kann von einem nicht erwerbstätigen Ehegatten schon während des ersten Trennungsjahres verlangt werden, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Auf diese Pflicht machte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz aufmerksam. Die Richter wiesen zunächst auf den Grundsatz im Unterhaltsrecht hin. Danach kann von dem nicht erwerbstätigen Ehegatten nur dann verlangt werden, seinen Unterhalt selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen erwartet werden kann. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere eine frühere Erwerbstätigkeit, die Dauer der Ehe und die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Ehegatten. Der Ehegatte kann also nicht davon ausgehen, dass er grundsätzlich während des ersten Trennungsjahres keine Erwerbstätigkeit aufnehmen muss.

Die Erwerbspflicht betrifft insbesondere den Fall, dass der Ehegatte während des ehelichen Zusammenlebens (weitgehend) erwerbstätig war, also keine klassische Haushaltsführungsehe vorlag. Dann kann er bereits mit der Trennung verpflichtet sein, eine Tätigkeit aufzunehmen oder seine Erwerbsbemühungen fortzusetzen. Das gilt auch, wenn er zum Zeitpunkt der Trennung erwerbslos war.

Quelle OLG Koblenz, Beschluss vom 10.2.2016, 7 WF 120/16, Abruf-Nr. 185927 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

schlüssel personEin zum Zeitpunkt des Mietvertrags vorhandener Personenaufzug gehört vertraglich zur Mietsache. Der Vermieter darf ihn nicht einfach stilllegen.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht München im Fall einer Frau, die seit 30 Jahren in einem Mehrfamilienhaus wohnte. Seit Beginn des Mietverhältnisses im Jahr 1976 gab es dort einen Personenaufzug. Die 82-jährige Mieterin bewohnt den 4. Stock. Sie ist zu 100 Prozent schwerbehindert und kann ohne Aufzug die Wohnung nicht verlassen. Ab Ende Januar 2015 war dieser Aufzug wegen sicherheitstechnischer Mängel außer Betrieb. Nach der letzten TÜV-Untersuchung wurde die Personenbeförderung untersagt, da es keine Notrufvorrichtung gab, was unzulässig ist. Die Mieterin kürzte ab Februar 2015 ihre Miete um 50 Prozent auf nunmehr 440 EUR wegen des Mangels. Im Sommer 2015 ließ die Vermieterin den Auszug ausbauen. Mehrfach forderte die Mieterin ihre Vermieterin auf, den Aufzug wieder nutzbar zu machen – ohne Erfolg. Die Rentnerin erhob Klage vor dem Amtsgericht München.

Die zuständige Richterin gab der Mieterin recht. Sie verurteilte die Vermieterin, einen Aufzug bis zum vierten Obergeschoss des Hauses zu installieren. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass zu Beginn des Mietverhältnisses ein Personenaufzug bis zum 4. Obergeschoss vorhanden war. Damit gehört der Personenaufzug zum mietvertraglich vereinbarten Zustand der Mietsache, so das Gericht.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 29.9.2015, 425 C 11160/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kündigung_IMG_0945.JPGBezeichnet ein Mieter den Mitarbeiter des Vermieters als „faul“ und „talentfreie Abrissbirne“, kann ihm nicht fristlos gekündigt werden, wenn er erfolgreich abgemahnt wurde und er  ähnliche Äußerungen nicht wiederholt.

So entschied es das Amtsgericht Charlottenburg. Der Richter führte weiter aus, dass allenfalls eine Beleidigung im unteren Spektrum der denkbaren Beleidigungen gegeben sei. Daher sei auch keine ordentliche Kündigung gerechtfertigt.

Quelle Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 30.1.2015, 216 C 461/14.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Hausbau und KalkulationDas Amtsgericht München hat einen 43-jährigen Gerüstbauer wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die Unfallverhütungsvorschriften bei Bauarbeiten zu einer Geldbuße von 1200 EUR verurteilt.

Der Unternehmer baute am 24.7.2014 mit drei seiner Mitarbeiter im Zentrum von München ein Baugerüst auf, als eine Baukontrolle auf der Baustelle stattfand. Dabei wurde festgestellt, dass keiner der Arbeiter gegen ein Abstürzen gesichert war. Bei der Gerüstmontage auf der obersten Lage wurde von dem Unternehmenschef weder ein Montageschutzgeländer noch persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz verwendet. Auch der Mitarbeiter, der den Stirnseitenschutz anbrachte, war nicht gegen Absturz gesichert. Die Absturzhöhe betrug ca. 8 m beim betroffenen Unternehmer, beim an der Stirnseite tätigen Mitarbeiter betrug die Absturzhöhe ca. 4 m. Der Betroffene hat als Vorgesetzter nicht dafür gesorgt, dass der Mitarbeiter einen Anseilschutz verwendet.

In der Verhandlung vor dem Amtsgericht München gab der betroffenen Unternehmer an, dass er seit 10 Jahren die Firma betreibe. Die gesetzlichen Regelungen würden nur für versicherte Arbeitnehmer gelten, nicht für ihn als Unternehmer. Würde er jedes Mal die Schutzmaßnahmen von seinen Arbeitnehmern verlangen, würden diese weglaufen, so der Betroffene. Er gab weiter an, dass der wirtschaftliche Druck groß sei. Gegenüber dem Kontrolleur hat er angegeben, dass, falls er die Sicherheitsmaßnahmen einhalten würde, die Arbeiten länger dauern und mehr kosten würden.

Einer der Arbeiter gab an, er fühle sich sicherer ohne Gurt. Ein anderer gab an, dass ein Gurt nur stören würde.

Der zuständige Richter verurteilte den Unternehmer wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die Unfallverhütungsvorschriften bei Bauarbeiten. Das Gericht führt aus, dass die Unfallverhütungsvorschriften entgegen der Auffassung des Betroffenen, diese seien wohl nur dazu da, die Unternehmer zu schikanieren, keine mutwillige Erfindung darstellen. Sie seien vielmehr von Fachbehörden und letztendlich vom Gesetzgeber als einzuhaltende Sicherungsmaßnahmen zur Verhütung von Unfällen ausgearbeitet worden. Dabei sei die sachliche Beurteilung von Gefahrenlagen zugrunde gelegt worden, um Unfällen vorzubeugen. Die Unfallverhütungsvorschriften würden auch für einen nicht versicherten Unternehmer gelten. Sie greifen also auch für den Chef selbst.

Bei einem Bußgeldrahmen bis 5000 EUR hat das Gericht eine Geldbuße von 1200 EUR verhängt. Bei der Höhe der Buße hat das Gericht berücksichtigt, dass der Unternehmer eine Frau und zwei kleine Kinder hat und schon einmal ein Bußgeld gegen ihn verhängt wurde.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 16.12.2015

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

ParagraphDer Arbeitgeber ist grundsätzlich weder dazu verpflichtet, dem Betriebsrat unabhängig von seinem Netzwerk einen Zugang zum Internet zur Verfügung zu stellen, noch muss er für den Betriebsrat einen von seiner Telefonanlage unabhängigen Telefonanschluss einrichten.

So entschied es das Bundesarbeitsgericht (BAG). Wie in den Vorinstanzen blieben die Anträge des Betriebsrats auf Einrichtung eines vom Proxy-Server des Arbeitgebers unabhängigen Internetzugangs sowie auf einen von seiner Telefonanlage unabhängigen Telefonanschluss beim Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos.

Nach dem Betriebsverfassungsgesetz muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat in erforderlichem Umfang u.a. Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung stellen. Der Betriebsrat kann einen Telefonanschluss und, sofern berechtigte Belange des Arbeitgebers nicht entgegenstehen, die Eröffnung eines Internetzugangs und die Einrichtung eigener E-Mail-Adressen verlangen. Er muss dazu nicht darlegen, dass dies erforderlich ist, um konkret anstehende betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben erledigen zu können. Diese Ansprüche kann der Arbeitgeber dadurch erfüllen, dass er dem Betriebsrat im Rahmen des im Betrieb bestehenden Informations- und Kommunikationssystems einen Telefonanschluss zur Verfügung stellt. Zudem kann er einen Internetzugang und E-Mail-Verkehr über ein Netzwerk vermitteln, das für alle Arbeitsplätze des Unternehmens einheitlich genutzt wird. Allein wegen der abstrakten Gefahr einer missbräuchlichen Ausnutzung der technischen Kontrollmöglichkeiten durch den Arbeitgeber darf der Betriebsrat einen separaten Telefonanschluss sowie Internetzugang nicht für erforderlich halten.

Quelle: BAG, Beschluss vom 20.4.2016, 7 ABR 50/14, Abruf-Nr. 185922 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

paragraphEin Notvorstand, dem bei der Übernahme des Amtes nicht bewusst war, welche Anforderungen auf ihn zukommen und der deswegen das Amt wieder aufgeben will, kann das Amt nach den allgemeinen vereinsrechtlichen Vorgaben niederlegen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf klargestellt. Auch für den Notvorstand gelten die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs: Das Amt ist jederzeit widerruflich. Und die bestellte Person muss die Bestellung ausdrücklich bestätigen. Zur Ablehnung genügt es, dass der Betreffende das Amt nicht annimmt.

Beachten Sie: Der Notvorstand kann haftbar sein, wenn er das Amt zu einem Zeitpunkt niederlegt, bei dem dem Verein durch die Führungslosigkeit ein Schaden entsteht („Unzeit-Regelung“). Um die Haftung auszuschließen, genügt es aber, dem Registergericht den Rücktritt so rechtzeitig mitzuteilen, dass es eine andere Person zum Notvorstand bestellen kann.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.2.2016, I-3 Wx 35/16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

???????????Sieht das Schadengutachten „Lenkung prüfen“ vor und berechnet die Werkstatt dafür einen angemessenen Betrag, muss der eintrittspflichtige Versicherer diesen Betrag erstatten.

So entschied es das Amtsgericht Solingen in einem Fall, in dem es um Prüfkosten in Höhe von 9,37 EUR ging. Der Versicherer behauptete, das Prüfen der Lenkung gehöre „zu den Grundregeln der Instandsetzung“. Es sei daher nicht zu erstatten. Anders das Gericht: Es verwies zunächst darauf, dass die Position im Gutachten eigens erwähnt werde. Außerdem müsse auch für Selbstverständliches eine Vergütung erfolgen.

Quelle: Amtsgericht Solingen, Urteil vom 29.1.2016, 11 C 372-15-.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Accident with two carsKann der Geschädigte nicht aus eigenen Mitteln und ohne Einschränkung der Lebensführung die Reparaturrechnung für sein Fahrzeug bezahlen, darf er die Zahlungszusage des Versicherers abwarten. Voraussetzung ist aber, dass der Geschädigte den Schädiger bzw. dessen Versicherer vor dem erhöhten Ausfallschaden gewarnt hat.

Das bestätigte aktuell erneut das Amtsgericht Duisburg-Ruhrort.  In dem Fall war das Fahrzeug  nach dem Unfall nicht mehr verkehrssicher und universell fahrbereit. Der Gutachter hatte es für „bedingt fahrfähig bis zur Werkstatt“ gehalten. Der Schaden betrug etwa 1.800 EUR. Diesen Betrag gaben die Mittel der Geschädigten nicht her. Aber auch hier gilt: Ohne die Erfüllung der Warnpflicht wäre die Geschädigte insoweit leer ausgegangen. So aber wurden aus drei Reparaturtagen am Ende 25 Ausfalltage.

Quelle: Amtsgericht Duisburg-Ruhrort Urteil vom 22.02.2016 – 32 C 100-15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Business - VorstellungsgesprächJeder Unterhaltsgläubiger hat ein Titulierungsinteresse. Dies besteht auch, wenn der Unterhalt regelmäßig und pünktlich bezahlt wird. Der Unterhaltsschuldner gibt daher auch Veranlassung dazu, ein Gerichtsverfahren zum Kindesunterhalt einzuleiten, wenn er der Aufforderung nicht nachkommt, eine Jugendamtsurkunde zu errichten.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Die Richter machten deutlich, dass der Unterhaltsgläubiger vom Schuldner verlangen könne, eine vollstreckbare Urkunde vorzulegen. Das reiche für die Aufforderung aus, den Kindesunterhalt titulieren zu lassen. Der Unterhaltsgläubiger müsse dem Unterhaltsschuldner dabei nicht den kostengünstigsten Weg aufzeigen, einen Titel zu errichten. Er müsse ihn insbesondere nicht darauf hinweisen, dass er den Kindesunterhalt kostenfrei durch das Jugendamt titulieren lassen könne.

Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 20.1.2016, 2 WF 199/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Assistant stood with bossBerufsmäßige Nachlasspfleger, die ihre Tätigkeiten zur Abwicklung des Nachlasses vergütet haben wollen, müssen minutengenau abrechnen.

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschieden. Das Nachlassgericht (Amtsgericht) hatte einen Nachlasspfleger bestellt, der die Pflegschaft berufsmäßig ausübte. Er beantragte für die Abwicklung von Bankkonten, die Betreuung einer zum Nachlass gehörenden Immobilie und für die Suche nach den Erben eine Vergütung von 33,50 EUR je Stunde, insgesamt rd. 1.700 EUR. Zum Beleg hat der Nachlasspfleger eine Auflistung seiner Tätigkeiten vorgelegt. Diese ist nicht minutengenau, sie stellt auf 10-Minuten-Schritte ab. Das Amtsgericht hat seinen Antrag abgelehnt.

Diese Entscheidung bestätigte das OLG weitgehend. Die genaue Beschreibung der Tätigkeiten für den Nachlass und ihre Dauer müsse dem Nachlassgericht (Amtsgericht) die Überprüfung ermöglichen, ob die Tätigkeit dem übertragenen Aufgabenkreis zuzuordnen und der Aufwand angemessen und plausibel gewesen ist. Die einzelnen Tätigkeiten müssten minutengenau aufgezeichnet werden, damit das Nachlassgericht den geltend gemachten Zeitaufwand überprüfen könne, und der Nachlasspfleger nur den tatsächlich geleisteten Aufwand vergütet bekomme.

Nachlasspfleger können bis zur Annahme der Erbschaft bestellt werden, oder wenn Erben unbekannt sind. Sie sorgen dafür, dass der Nachlass gesichert wird. In der Regel wird die Nachlasspflegschaft unentgeltlich geführt. Ausnahmsweise kann das Nachlassgericht feststellen, dass der Nachlasspfleger berufsmäßig tätig ist. In diesen Fällen erhält der Nachlasspfleger für seine Tätigkeit eine Vergütung, die vom Erben zu zahlen ist. Der Nachlasspfleger darf die festgesetzte Vergütung aus dem verwalteten Nachlassvermögen entnehmen. Bei mittellosem Nachlass kann er die Zahlung seiner Vergütung aus der Staatskasse verlangen.

Quelle: OLG Celle, Beschluss vom 24.3.2016, 6 W 14/16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl