Figuren / DistanzBei nicht verheirateten Eltern ist die gemeinsame Sorge anzuordnen, wenn keine Argumente vorliegen, dass das Kindeswohl hierdurch beeinträchtig wird.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hin. Die Richter stellten in ihrer Begründung auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ab. Danach ist die gemeinsame elterliche Sorge nicht verheirateter Eltern anzuordnen, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Das Gericht muss hierfür aber keine Tatsachen ermitteln, um dies positiv festzustellen. Es reicht vielmehr aus, dass keine gegenteiligen Argumente festgestellt werden können. Ist dies der Fall, muss die gemeinsame Sorge angeordnet werden. So wird auch der nichteheliche Vater in die elterliche Sorge eingebunden.

Quelle: OLG Brandenburg, Urteil vom 28.9.2015, 13 UF 96/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

MietvertragWird dem Mieter im Mietvertrag erlaubt, täglich bis zu fünf Stunden Klavier zu spielen, bezweckt dies in erster Linie, Unterlassungsansprüche der Mitbewohner auszuschließen, die sich durch das Klavierspiel gestört fühlen.

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Saarbrücken im Streit um Ruhestörung in einem Mietshaus. Die Richter machten weitergehend deutlich, dass eine solche Regelung nicht spiegelbildlich die Befugnis des Mieters zum Inhalt habe, die übrigen Mitbewohner des Hauses in ihrem eigenem Wohnverhalten zu beschränken. Die Vertragsklausel soll dem Musiker also nicht ein möglichst ungestörtes Klavierspiel ermöglichen. Er müsse vielmehr Geräusche etc. der Nachbarn hinnehmen.

Den Mitbewohnern schrieb das Gericht allerdings ins Stammbuch, dass die Grenze zur vertragswidrigen Lärmentwicklung überschritten werde, wenn unter Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zielgerichtet Lärm verursacht wird, der allein dem Zweck dient, den Mieter am Klavierspiel zu hindern.

Quelle LG Saarbrücken, Urteil vom 17.7.2015, 10 S 203/14

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

 

firmen fusionSchreibt eine Vereinssatzung vor, dass die Einladung zur Mitgliederversammlung schriftlich zu erfolgen hat, können die Mitglieder auch per E-Mail eingeladen werden.

Das hat das OLG Hamm entschieden. Im konkreten Fall hatte sich das Amtsgericht geweigert, eine von der Mitgliederversammlung beschlossene Satzungsänderung ins Vereinsregister einzutragen, weil die Mitgliederversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen worden war. Die Satzung sehe eine schriftliche Einladung vor, der Verein habe die Mitglieder aber nur per E-Mail zur Versammlung eingeladen.

Das OLG sah das anders und gab dem Verein recht. Das Schriftformerfordernis in der Satzung unterscheide sich deutlich von der im allgemeinen Wirtschaftsleben vereinbarten Schriftform. Dort strebe man wegen der Bedeutung bestimmter Erklärungen, zum Beispiel der Kündigung eines Vertrags, durch das Schriftformerfordernis eine größere Rechtssicherheit an. Bei der Einladung zu einer Mitgliederversammlung seien diese Funktionen aber von untergeordneter Bedeutung. Die Schriftform solle lediglich gewährleisten, dass die Mitglieder von der Versammlung Kenntnis erlangen. Dem Formzweck werde deshalb genügt, wenn Einladung und Tagesordnung per E-Mail übermittelt würden. Auch einer Unterschrift des Vorstands bedürfe es nicht.

Quelle OLG Hamm, Beschluss vom 24.9.2015, 27 W 104/15, Abruf-Nr. 145567 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

 

auto_paragraphenzeichen_01Ist einer Arbeitnehmerin ein Dienstfahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen worden, darf dieses auch während eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots weitergenutzt werden.

Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass es ein Teil der Arbeitsvergütung in Form eines Sachbezugs sei, wenn dem Arbeitnehmer ein Dienstfahrzeug zur Privatnutzung überlassen werde. Zwar bestehe ein Beschäftigungsverbot der Arbeitnehmerin während ihrer Mutterschutzzeit. Allerdings sei die Aufforderung des Arbeitgebers, das Dienstfahrzeug wegen dieses Beschäftigungsverbots herauszugeben, zu Unrecht erfolgt. Der Anspruch auf die Privatnutzung des Dienstfahrzeugs bestehe grundsätzlich auch während eines Beschäftigungsverbots fort.

Quelle LAG Köln, Urteil vom 12.3.2015, 7 Sa 973/14, Abruf-Nr. 180825 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

 

motorbike accidentDas Land Sachsen-Anhalt muss einem Motorradfahrer keinen Schadenersatz und kein Schmerzensgeld zahlen, wenn dieser trotz eines Warnschilds auf Rollsplitt ausrutscht und stürzt.

Dies hat das Landgericht (LG) Magdeburg im Fall eines 32-jährigen Motorradfahrers entschieden. Dieser war auf einer Bundesstraße unterwegs, auf der der Straßenbelag ausgebessert worden war. Nach Ende der Arbeiten befand sich in einer Linkskurve Rollsplitt auf der Fahrbahn. 150 m vor dem Rollsplittfeld war ein Verkehrszeichen aufgestellt, das mit einem Piktogramm vor dem Splitt warnte.

Der Motorradfahrer durchfuhr die Kurve mit ca. 50 km/h. Dabei stürzte er und verletzte sich. Er meinte, dass das Schild keine ausreichende Warnung gewesen sei. Es hätte auch eine Geschwindigkeitsbegrenzung angeordnet werden müssen. Zudem sei der Rollsplitt aufgrund der Kurve sehr schlecht zu erkennen gewesen. Daher verlangte er Schadenersatz in Höhe von knapp 3.000 EUR sowie ein Schmerzensgeld von mindestens 2.500 EUR.

Das Gericht hat entschieden, dass das Land keine Amtspflichten in Form der Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Den Unfall hat sich der Motorradfahrer selbst zuzuschreiben. Aufgrund des Warnschilds hätte er sich auf die Situation einstellen müssen. Nötigenfalls hätte er so langsam fahren müssen, dass er auf dem Rollsplitt nicht ausrutscht. Erfolgt eine ausreichende Warnung vor einem Rollsplittfeld, ist die Straßenbaubehörde ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen. Mehr kann nicht verlangt werden.

Quelle LG Magdeburg, Urteil vom 30.7.2015, 10 O 352/15, Abruf-Nr. 145954 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

 

Real Estate investmentDer Architekt haftet nicht ohne Weiteres für Mängel, die am Bau auftreten. Er ist aber gerade im Rahmen der Bauüberwachung verpflichtet, das Bauunternehmen zumindest stichprobenartig zu überwachen und das Baugeschehen aktiv zu leiten.

Diese Klarstellung traf das Kammergericht (KG) im Streit eines Bauherrn mit seinem Architekten. Die Richter zeigten in der Entscheidung auf, was die Pflichten des Architekten seien. Dieser verspreche mit seinem Vertrag einen Erfolg, nämlich dass das Bauwerk frei von Mängeln entsteht. Dabei gehe es in erster Linie darum, Fehler zu vermeiden, nicht Mängel zu beseitigen. Dafür müsse der Architekt klare Anweisungen geben und kontrollieren, ob sie fachlich zutreffend umgesetzt werden.

Bei der Bauüberwachung vor Ort müsse der Architekt überprüfen, ob die tatsächlichen Arbeiten technisch und gestalterisch richtig ausgeführt werden. Dazu müsse er vorher die Pläne prüfen, auch wenn diese von einem anderen Architekten stammen. Im Fall von Mängeln müsse der Architekt den Bauherrn unterstützen, indem er ihn auf die Mängel und auf bestehende Rechte hinweist. Er müsse darauf hinwirken, dass der Bauherr von seinen Rechten Gebrauch macht. Außerdem müsse er die Mängelbeseitigung überwachen.

Mangelanfällige Arbeitsbereiche müsse der Architekt besonders überwachen. Dies gelte vor allem, wenn durch nachfolgende Arbeiten nicht mehr überprüft werden könne, ob ein „verdeckter“ Mangel vorliegt. Besondere Vorsicht sei insbesondere geboten, wenn Fugendichtbänder und Gewebearmierungen verarbeitet werden.

Quelle KG, Urteil vom 27.11.2012, 27 U 25/09, Abruf-Nr. 145838 unter www.iww.de, bestätigt durch BGH, Urteil vom 23.4.2015, VII ZR 49/13.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

 

Mobbing im Team. AußenseiterDas Amtsgericht Hannover hat eine hannoversche Diskothek verurteilt, an einen klagenden promovierten hannoverschen Rechtsanwalt 1000 EUR Entschädigung wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgesetz zu zahlen und künftig Benachteiligungen des Klägers aus Gründen der ethnischen Herkunft zu unterlassen.

Das Gericht sieht es als bewiesen an, dass der Kläger am späten Abend des 13.7.14, nach dem Finalsieg der deutschen Fußballnationalmannschaft, aus Gründen seiner Dunkelhäutigkeit nicht in eine Diskothek im Steintorviertel eingelassen wurde. Der Kläger, dessen Mutter aus Sri Lanka stammt, ist dunkelhäutiger Deutscher. Nach Vernehmung von sieben Zeugen stellte das Gericht fest, dass der Kläger mit einem Trikot der deutschen Fußballnationalmannschaft dem Anlass durchaus entsprechend gekleidet und auch nicht alkoholisiert war. Einen von der Beklagten vorgetragenen allgemeinen Einlassstopp konnte das Gericht nicht erkennen, da die hellhäutigen Begleiter des Klägers problemlos Zutritt zu der Diskothek bekamen. Das Gericht hat nach der Beweiserhebung keinen Grund feststellen können, der es der Beklagten ermöglicht hätte, den Kläger zu Recht abzuweisen. Es hat vielmehr festgestellt, dass „in Ermangelung anderer Gründe die Dunkelhäutigkeit des Klägers der Grund für den verweigerten Eintritt war“.

Wegen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurde der Inhaber der Diskothek verurteilt, an den Kläger 1000 EUR Entschädigung für die erlittene Diskriminierung zu zahlen. Das Gericht geht davon aus, dass dieser Betrag für die Beklagte künftig eine Abschreckungswirkung entfalten kann. Außerdem hat die Beklagte es künftig zu unterlassen, dem Kläger aufgrund seiner ethnischen Herkunft den Zutritt zu der Diskothek zu verwehren.

Quelle Amtsgericht Hannover, Urteil vom 25.11.2015, 549 C 12993/14, Abruf-Nr. 145951 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

 

TestamentEnthält ein gemeinschaftliches Ehegattentestament die Formulierung „Nach dem Tod des Letztversterbenden soll die gesetzliche Erbfolge eintreten“ kann unklar bleiben, ob hiermit die gesetzlichen Erben verbindlich als Schlusserben eingesetzt werden sollen. Nur dann darf der überlebende Ehegatte eine abweichende testamentarische Bestimmung treffen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einer Nachlasssache entschieden. Die im August 2014 im Alter von 93 Jahren verstorbene Erblasserin aus Essen hatte 1987 mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichtet. In diesem hatten sich die Ehegatten wechselseitig zu Erben des Erstversterbenden eingesetzt und in Bezug auf den Tod des Letztversterbenden die vorgenannte Formulierung aufgenommen. Aus ihrer Ehe gingen zwei Töchter hervor, die heute in Essen und in Spanien leben. Nach dem Tode ihres Mannes errichtete die Erblasserin 2013 ein weiteres Testament. Darin ordnete sie unter anderem eine Testamentsvollstreckung nach Maßgabe einer vom Amtsgericht zu ernennenden Person an.

Nach dem Tode der Erblasserin ernannte das Nachlassgericht einen Rechtsanwalt aus Essen zum Testamentsvollstrecker. Gegen diese Bestimmung wandte sich eine der Töchter mit der Begründung, die Testamentsvollstreckung beeinträchtige ihre Rechtsstellung als Schlusserbin. Diese sei in dem gemeinschaftlichen Testament mit bindender Wirkung verfügt worden. Deshalb habe sie durch ein weiteres Testament des überlebenden Ehegatten nicht mehr wirksam eingeschränkt werden können.

Die Beschwerde ist erfolglos geblieben. Die Richter konnten dem gemeinschaftlichen Ehegattentestament bereits nicht entnehmen, dass die Töchter zu Schlusserben eingesetzt werden sollten. In dem Testament würden die Töchter nicht ausdrücklich zu Schlusserben ernannt. Eine solche Bestimmung lasse sich auch nicht entnehmen, wenn die Formulierung „Nach dem Tod des Letztversterbenden soll die gesetzliche Erbfolge eintreten.“ ausgelegt wird. Diese sei nach ihrem Wortsinn unklar, weil sie unterschiedlich verstanden werden könne. So könne eine Einsetzung der gesetzlichen Erben als Schlusserben gemeint sein. Möglich sei aber auch nur eine Anerkennung des gesetzlichen Erbrechts oder eine Abstandnahme von der Einsetzung eines testamentarischen Erben. In den zuletzt genannten Fällen enthalte das Ehegattentestament keine verbindliche Erbeneinsetzung nach dem Tode des letztversterbenden Ehegatten. Folge sei, dass der Überlebende in diesen Fällen eine anderweitige testamentarische Bestimmung treffen könne. Die bestehende Unklarheit lasse sich im vorliegenden Fall auch nicht durch weitere, bei der Auslegung der Testamentsurkunde zu berücksichtigende Umstände beseitigen. Daher konnte das OLG keine testamentarische Schlusserbeneinsetzung der Tochter feststellen.

Quelle OLG Hamm, Beschluss vom 11.9.2015, 15 W 142/15, Abruf-Nr. 145947 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

 

mietrechtÜberträgt eine Wohnungseigentümergemeinschaft über Satellit ausgestrahlte und mit einer Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage empfangene Fernseh- oder Hörfunksignale zeitgleich, unverändert und vollständig durch ein Kabelnetz an die angeschlossenen Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer weiter, handelt es sich nicht um eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechts.

Mit dieser Klarstellung entschied der Bundesgerichtshof (BGH) einen Rechtsstreit um Urheberrechte zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Sache selbst bedeutet das, dass Urheber, ausübende Künstler, Sendeunternehmen oder Filmhersteller keine Schadenersatzansprüche oder Wertersatzansprüche gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen können. Es bestehen auch keine Vergütungsansprüche der ausübenden Künstler.

Quelle BGH, Urteil vom 17.9.2015, I ZR 228/14, Abruf-Nr. 182143 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

 

ArbeitsrechtMit der Anerkennung von Berufsqualifikationen befasst sich ein Gesetzentwurf der Bundesregierung. Damit soll eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt werden.

Die EU-Richlinie trat am 17.1.14 in Kraft und muss bis zum 18.1.16 in nationales Recht umgesetzt werden. Teil der Novelle ist ein Europäischer Berufsausweis, der das herkömmliche Anerkennungsverfahren und die Anerkennungsentscheidung ersetzt. Ferner ermöglicht die Neuregelung einen „partiellen Berufszugang“, wenn sich die jeweiligen Berufsbilder und Ausbildungsgänge in den EU-Staaten unterscheiden.

Das Gesetz beinhaltet auch einen Vorwarnmechanismus in Fällen, wo nationale Behörden bestimmten Berufsangehörigen die Ausübung ihrer Tätigkeit ganz, teilweise oder vorübergehend verboten haben. In solchen Fällen müssen die zuständigen Behörden aller EU-Länder unterrichtet werden. Das gilt den Angaben zufolge für Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Hebammen, Gesundheits- und Krankenpfleger oder andere Berufsangehörige mit Auswirkungen auf die Patientensicherheit. Die Regelung umfasst auch Informationspflichten bei der Verwendung gefälschter Berufsqualifikationsnachweise.

Quelle Deutscher Bundestag, BT-Drs. 18/6616

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl