Stolpert ein Fußgänger über ein gut sichtbares Hindernis auf dem Gehweg, das er zuerst wahrgenommen, aber anschließend vergessen hat, hat er keinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG Köln) hingewiesen.

Was war geschehen? Auf einem Teil des Gehwegs war eine ca. 100 x 150 cm große Sperrholzplatte abgestellt. Sie sollte verhindern, dass tropfendes Wasser aus einer defekten Regenrinne in das Haus lief. Eine Seniorin hatte die Platte zunächst bemerkt und an der engen Stelle eine andere Passantin vorgelassen. Dann unterhielt sie sich kurz mit der Passantin. Dabei vergaß sie das Hindernis. Beim Weitergehen stolperte sie über die Platte. Beim Sturz brach sie sich den Arm. Sie verlangte ein Schmerzensgeld von mindestens 9.500 EUR.

Das Landgericht (LG) Aachen wies ihre Klage in erster Instanz ab. Das OLG Köln wies auf die fehlenden Erfolgsaussichten einer Berufung hin. Daraufhin nahm die Seniorin die Klage zurück. Das OLG stellte klar: Die Platte sei zwar ein Hindernis. Der Hauseigentümer muss auch dadurch entstehende Schäden bei anderen verhindern. Hier seien aber keine weiteren Schutzmaßnahmen erforderlich gewesen. Die Seniorin hatte die gut sichtbare Platte als Hindernis sofort erkannt. Gerade wegen des Hindernisses hatte sie zunächst die andere Passantin vorbeigelassen. Dass sie die Platte während der wenigen Minuten ihrer Unterhaltung mit der Passantin vergessen hatte, ist ein gänzlich unwahrscheinlicher Geschehensablauf.

Es ist nicht ersichtlich, was der Hauseigentümer noch hätte unternehmen können, um diesen Unfall zu verhindern. Eine weitere Absicherung hätte allenfalls dazu dienen können, das bereits sehr gut sichtbare Hindernis noch besser erkennbar zu machen. Dies hätte im vorliegenden Fall allerdings nichts genutzt, da die Seniorin es auch so erkannt hatte. Schließlich hat es auch einen nachvollziehbaren sachlichen Grund gegeben, die Platte jedenfalls kurzfristig auf dem Bürgersteig aufzustellen. Die Seniorin hat zwar ein „Unglück“ erlitten, kann jedoch dem Hauseigentümer kein „Unrecht“ vorhalten.

Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 4.2.220, 7 U 285/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Mit dem Tod entfällt das Interesse des Erblassers an der Geheimhaltung seines letzten Willens den gesetzlichen Erben gegenüber insoweit, als der letzte Wille diese betrifft. Denn um sicherzustellen, dass der letzte Wille auch tatsächlich verwirklicht wird, müssen insbesondere über die Erbeinsetzung der testamentarischen Erben und die damit verbundene Enterbung der gesetzlichen Erben auch Letztere informiert werden. Das hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt.

Das war passiert: Der spätere Kläger erfuhr aufgrund einer Testamentseröffnung davon, dass er enterbt worden war. Er bemühte sich zunächst – erfolglos – bei dem Notar um Einsichtnahme in die Abschrift des Testaments. Die Notarkammer wies den Kläger auf die notarielle Verschwiegenheitspflicht hin. Daher beantragte er, den Notar von seiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden – erneut erfolglos. Grund: Es sei nicht erkennbar, dass dies im mutmaßlichen Willen des Erblassers gelegen haben könnte. Der Kläger verfolgte sein Ziel jedoch weiter.

Das Oberlandesgericht (OLG) hatte die Klage noch abgewiesen. Doch der BGH gab ihm – letztinstanzlich – Recht. Der Notar war von seiner Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich des Inhalts der den Kläger betreffenden letztwilligen Verfügung zu befreien. Das Interesse der verstorbenen Beteiligten an der Geheimhaltung des den Kläger betreffenden Inhalts der Verfügung von Todes wegen sei nicht nur in Bezug auf das zum Nachlassgericht gegebene Original des Testaments weggefallen, sondern auch in Bezug auf die beim Notar verbliebene Abschrift.

Quelle: BGH, Urteil vom 20.7.2020, NotZ (Brfg) 1/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Einladung zu einer Eigentümerversammlung darf den Teilnehmerkreis nicht einschränken – auch nicht, um Vorgaben aufgrund der Corona-Pandemie zu erfüllen. Geschieht dies doch, sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse wegen Eingriffs in den Kernbereich des Wohnungseigentumsrechts nichtig.

Eine Einladung hatte folgenden Wortlaut: „Aufgrund der Größe der Sitzungsräume muss die Anzahl der anwesenden Eigentümer bei dieser Versammlung beschränkt werden (10 Personen inkl. Verwalter). Erteilen Sie deshalb möglichst dem Verwaltungsbeirat oder der Verwaltung die Vollmacht für die Teilnahme an der Versammlung. […] Der Verwalter behält sich vor, die Versammlung nicht durchzuführen, sofern die Höchstzahl der Anwesenden überschritten wird und keine einvernehmliche Regelung am Versammlungstag dazu getroffen werden kann.“

Hierin sah das Amtsgericht (AG) Kassel einen unzulässigen Eingriff in den Kernbereich des Wohnungseigentums. Teilnahmerecht und Stimmrecht eines Wohnungseigentümers dürften nur ausnahmsweise eingeschränkt werden. Eine solche Ausnahme sei aber nicht gegeben, wenn nach den geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften das Durchführen der Versammlung nicht schlechterdings untersagt ist und die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorgaben sichergestellt werden könne, indem ein geeigneter großer Raum gemietet würde.

Quelle: AG Kassel, Urteil vom 27.8.2020, 800 C 2563/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat entschieden: Eine Lehrerin darf ohne Nebentätigkeitsgenehmigung nicht entgeltlich als spirituelle Lebensberaterin tätig sein. Eine Genehmigung für die Vergangenheit muss sie hierfür allerdings nachträglich nicht mehr beantragen. Sie hat ihrem Dienstherrn auch Auskunft über Art und Umfang ihrer schriftstellerischen Tätigkeiten zu geben.

Im vorliegenden Fall ist die Klägerin verbeamtete Lehrerin eines Berliner Gymnasiums. Gegen sie wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet wegen des Verdachts, dass sie ohne Nebentätigkeitsgenehmigung auf verschiedenen Internetplattformen, die unter anderem eine „seriöse und professionelle Zukunftsdeutung“ anbieten, entgeltlich spirituelle Beratungen offerierte. Die Senatsverwaltung forderte die Klägerin mit zwei Bescheiden auf, diese Beratertätigkeit einzustellen und für die Vergangenheit noch eine Genehmigung zu beantragen sowie Auskunft über Art und Umfang ihrer schriftstellerischen Tätigkeiten zu erteilen.

Dies wollte die Klägerin nicht hinnehmen. Sie bestritt die ihr vorgeworfene Beratungstätigkeit. Allenfalls zeitweilig habe sie als Beraterin gewirkt, aktuell jedoch nicht mehr. Sie bestätigte, zwei Bücher publizieren zu wollen, was sie jedoch nicht als Nebentätigkeit ansah, sondern als eine bloße Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Kommunikation „teilweise außerhalb des logischen Systems“.

Die Weisungen seien im Wesentlichen nicht zu beanstanden, so das VG Berlin. Es gebe keine ernsthaften Zweifel daran, dass die Klägerin Beratungsleistungen im Internet gegen Entgelt – auch heute noch – erbringt. Eine solche Tätigkeit sei genehmigungspflichtig. Ohne eine Genehmigung dürfe der Dienstherr der Klägerin die Tätigkeit untersagen. Auch die Weisung, Art und Umfang ihrer schriftstellerischen Tätigkeiten offenzulegen, sei rechtmäßig. Schriftstellerische Tätigkeiten seien zwar nicht genehmigungs-, aber anzeigepflichtig, falls hierfür ein Entgelt oder geldwerter Vorteil geleistet werde. Vorliegend habe es für die Senatsverwaltung einen begründeten Anlass gegeben, die Anzeigepflicht dieser Tätigkeit zu prüfen. Lediglich die Weisung, für die Vergangenheit eine Genehmigung zu beantragen, sei rechtswidrig.

Gegen das Urteil ist bereits Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg gestellt worden.

Quelle: VG Berlin, Urteil vom 22.7.2020, VG 5 K 95.17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat sieht vor, den Förderzeitraum für die Gewährung des Baukindergelds um drei Monate zu verlängern.

Hintergrund der angedachten Verlängerung ist die Corona-Pandemie, weshalb viele Antragsteller die Fristen nicht einhalten können.

Dies bedeutet für die Baugenehmigung bzw. den notariellen Kaufvertrag:

• Neubauten sind begünstigt, wenn die Baugenehmigung zwischen dem 1.1.2018 und dem 31.3.2021 (bisher: 31.12.2020) erteilt wurde.

• Beim Erwerb von Neu- oder Bestandsbauten muss der notarielle Kaufvertrag zwischen dem 1.1.2018 und dem 31.3.2021 (bisher: 31.12.2020) unterzeichnet worden sein.

Weitere Informationen zum Baukindergeld

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht