Ein Landwirt verletzt seine Sorgfaltspflicht, wenn er seine Kühe von einer Weide zur nächsten treibt, dabei ein geparktes Fahrzeug beschädigt wird und er nicht vorher alles unternommen hat, eine solche Beschädigung zu vermeiden. Zu diesem Ergebnis kam das Landgericht (LG) Koblenz.

Dies war geschehen: Ein Landwirt trieb seine Kühe von einer Weide zur nächsten. Dabei kam es zu einer Beschädigung eines Pkw, der an einem Feldweg geparkt war. Aufgrund des abgestellten Pkw kam es zu einer Engstelle am Ausgang der Weide, die die Kühe passieren mussten. Der Landwirt hatte die Information erhalten, dass der Besitzer das Auto in wenigen Minuten umparken könne, berücksichtigte sie aber nicht. Er schirmte den Pkw mit seinem Körper ab und trieb die Kühe von der Weide. Der Landwirt bestritt zum einen, dass seine Kühe die Beschädigung am Pkw verursacht hatten und zum anderen behauptete er ein Mitverschulden des Fahrzeugführers, weil das Auto verbotswidrig abgestellt gewesen sei.

Ersteres widerlegten im Prozess Zeugen und ein Sachverständiger. Das LG sah auch kein Mitverschulden. Der Landwirt stehe im Rahmen der Tierhalterhaftung in der Schadenersatzpflicht. Er habe die erforderliche Sorgfalt verletzt, da er nicht wartete, bis das Fahrzeug umgeparkt werden konnte. So mussten die Kühe zwischen Auto und Baustelle durch eine Engstelle getrieben werden, was sehr gefahrgeneigt gewesen sei. Es war für das LG nicht ersichtlich, dass die Kühe augenblicklich auf eine andere Weide getrieben werden mussten, sodass es zumutbar gewesen sei, auf das Umsetzen des Pkw zu warten. Diese Sorgfaltspflichtverletzung sah das LG auch als so erheblich an, dass es nicht mehr darauf ankam, ob der PKW sorgfaltswidrig oder gar verbotswidrig geparkt war. Das Verschulden des Beklagten überwog hier nach Meinung des LG selbst ein etwaig verbotswidriges Parken. Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: LG Koblenz, Urteil vom 9.10.2020, 13 S 45/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bekommen Nachkommen eines verstorbenen Angehörigen Sterbegeld, das sie versteuern müssen, können sie im Gegenzug Beerdigungskosten steuermindernd als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Diese Auffassung vertritt das Finanzgericht (FG) Düsseldorf.

Bisher, so das FG, sei es nur üblich, bei steuerfreien Sterbegeldleistungen eine Anrechnung auf die Abzugsfähigkeit von Beerdigungskosten vorzunehmen. Beerdigungskosten seien daher voll als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn der Sterbegeldbezug seinerseits steuerpflichtig ist.

Beachten Sie Das FG hat die Revision zum BFH zugelassen.

Quelle: FG Düsseldorf, Urteil vom 15.6.2020, 11 K 2024/18 E

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird in einem Mietvertrag als Nutzungszweck der Betrieb einer Spielhalle vereinbart und werden die landesrechtlich geregelten Mindestabstände zwischen Spielhalle und geschützten Einrichtungen (hier: Schule) unterschritten, begründet die behördliche Nutzungsuntersagung der Spielhalle einen Mangel der Mietsache. Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Dresden entschieden.

Sogenannte öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse können Mängel des Mietobjekts sein. Sie müssen dann aber auf der konkreten Beschaffenheit oder Lage des Mietobjekts beruhen. Sie dürfen ihre Ursache nicht in den persönlichen und betrieblichen Umständen des Mieters haben.

Im Fall des OLG hatte sich nachträglich eine gesetzliche Regelung („Glückspielstaatsvertrag“) geändert, nach der der Abstand einer Spielhalle zu einer weiteren Spielhalle oder zu einer allgemeinbildenden Schule 250 Meter Luftlinie nicht unterschreiten soll. Hier belief sich der Abstand aber auf nur 138 Meter. Zwar hatten die Parteien vertraglich u. a. geregelt, dass der Vermieter keine Gewähr dafür leisten sollte, „dass die gemieteten Räume den in Frage kommenden technischen Anforderungen sowie den behördlichen und anderen Vorschriften entsprechen“. Die hier in Rede stehende Gebrauchstauglichkeit der Mietsache sah das OLG jedoch nicht als auf den Mieter abgewälzt an. Die o. g. Konstellation falle unter das Vermieterrisiko.

Quelle: OLG Dresden, Urteil vom 24.6.2020, 5 U 653/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Ein Anspruch auf eine „billige Entschädigung in Geld“ wegen einer Gesundheitsbeschädigung aufgrund von Mobbing setzt voraus, dass der betroffene Arbeitnehmer konkret darlegt, wann welcher Arzt welche Erkrankung bei ihm diagnostiziert haben will. Allein der Umstand, dass sich der Kläger in ärztlicher Behandlung befindet, genügt nicht. Das hat jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entschieden.

Die Richter machten deutlich: Der betroffene Arbeitnehmer muss zudem beweisen, aufgrund welcher Umstände gesundheitlich neutrale Maßnahmen (z. B. Abmahnung, Kündigung oder arbeitsrechtliche Weisungen) konkret geeignet sein sollen, eine Gesundheitsbeschädigung hervorzurufen.

Im vorliegenden Fall standen 14 Abmahnungen in acht Jahren, eine verhaltensbedingte Kündigung, zwei erfolglose Anhörungsverfahren beim Integrationsamt wegen des mittlerweile einem Schwerbehinderten gleichgestellten Klägers, ein Entgeltrechtsstreit und mehr im Raum. Nach Ansicht des LAG stelle dies aber weder einzeln noch in der Gesamtschau eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wenn es jeweils – wie vorliegend – einen konkreten sachlichen Anlass für die Maßnahmen des Arbeitgebers gab. Hier kam hinzu, dass der Kläger gegen nahezu sämtliche Handlungen des Arbeitgebers gerichtlich vorgegangen war und hierbei überwiegend obsiegt hatte.

Quelle: LAG Köln, Urteil vom 10.7.2020, 4 Sa 118/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Erfüllt ein Gebäude nachbarschützende Brandschutzvorschriften nicht, muss dessen Eigentümer die vom Nachbarn beanstandete, fehlende Brandwand nachträglich einziehen. Er darf dies nicht mit dem Hinweis verweigern, der dafür erforderliche finanzielle Aufwand stehe in einem groben Missverhältnis zum Leistungsinteresse des Nachbarn. So hat es jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Was war geschehen? Der Beklagte betrieb eine Diskothek. Die auf der Grundstücksgrenze stehende Wand der Diskothek erfüllte die Anforderungen an eine Brandwand nicht. Folglich verlangte der Nachbar von dem Diskothekenbetreiber, diesen bauordnungsrechtlich unzulässigen Zustand zu beseitigen. Der BGH hat dem zugestimmt.

Er hat klargestellt: Der Schutz von Leib und Leben geht vor. Die Nachrüstpflicht bestehe auch, wenn sich das Gebäude nicht in einem gefahrenträchtigen Zustand befinde.

Der BGH hat sich auch dazu geäußert, wann ein solches grobes Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen vorliegt, das eine Leistungsverweigerung rechtfertigt. Dies bemisst sich „nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und dem, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher oder privater Belange zuzumuten ist“.

Wichtig Beim Bauen im Bestand wirkt sich dieses Urteil für alle Planungsbüros aus. Denn im Zweifel muss sich ein Planer grundlegende Kenntnis darüber verschaffen, ob er eine Brandwand auf dem Grundstück seines Auftraggebers bauen muss oder ob der bauordnungswidrige Zustand im Einvernehmen mit dem Nachbarn geklärt werden kann.

Quelle: BGH, Urteil vom 13.12.2019, V ZR 152/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Hat der Kaskoversicherer ein Schadensgutachten erstellen lassen, ist er verpflichtet, es dem Versicherungsnehmer zur Verfügung zu stellen. Das ergibt sich aus den gegenseitigen Treuepflichten des Versicherungsvertrags. Der Versicherer muss das Gutachten nur vorlegen, wenn der Versicherungsnehmer dies verlangt. So entschied jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig.

Außerdem muss, so das OLG, für den Versicherer das verfolgte Ziel des Versicherungsnehmers ersichtlich sein. Das ist etwa der Fall, wenn der Versicherungsnehmer den Reparaturauftrag im vom Versicherer akzeptierten Umfang, also auf der Grundlage der gutachterlichen Feststellungen, erteilen möchte, oder die Werte kennen möchte, um ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen und das Unfallfahrzeug zu verkaufen.

Quelle: OLG Schleswig, Urteil vom 13.7.2020, 16 U 137/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Biegt ein Vorausfahrender nach links ab, ohne zu blinken, und kollidiert er dabei mit einem überholenden Pkw, haftet er voll. Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) München klargestellt.

Für das OLG stand folgender Sachverhalt fest: Die Fahrerin des den Unfall verursachenden Pkw fuhr auf einer 5,4 Meter breiten Fahrbahn rechtsorientiert und ohne den Fahrtrichtungsanzeiger zu setzen plötzlich unter Verletzung der zweiten Rückschaupflicht nach links, um in ein Grundstück abzubiegen. Sie hatte daher die höchste Sorgfaltspflicht zu erfüllen, die die Straßenverkehrsordnung (StVO) kennt. Der überholende und deutlich schnellere Pkw wäre bei Wahrnehmung der Rückschaupflicht jederzeit erkennbar gewesen.

Die Fahrerin räumte selbst ein, zunächst den hinter ihr befindlichen Pkw gesehen zu haben, kurz vor dem Abbiegevorgang aber nicht mehr darauf geachtet zu haben. Soweit sie angab, ca. drei Meter vor dem Abbiegen geblinkt zu haben, wäre das nicht rechtzeitig gewesen. Denn der hinter ihr befindliche Fahrer hätte sich hierauf nicht mehr einstellen können. Für ihn war der Unfall daher unvermeidbar.

Quelle: OLG München, Urteil vom 22.7.2020, 10 U 601/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Die Regeln in Corona-Zeiten ändern sich mitunter schnell. Wann und in welchem Umfang private Feiern erlaubt sind, kann da schon einmal zweifelhaft sein. So waren zum Zeitpunkt, zu dem der Fall des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz spielte, private Feiern in Rheinland-Pfalz mit maximal 75 Personen zulässig, gewerbliche Veranstaltungen jedoch mit mehr Personen. Also könnte man auf die Idee kommen, dass es sich bei Feiern in einer Eventhalle um gewerbliche Veranstaltungen handelt, und versuchen, diese mit 250 Gästen durchzuführen. Das VG hat jetzt aber klargestellt, dass dies ein Trugschluss ist.

So durfte eine geplante Hochzeit nicht stattfinden. Die Veranstaltung, so das VG, unterliege der 11. Corona-Bekämpfungsverordnung für Veranstaltungen nicht gewerblicher Art mit zuvor eindeutig festgelegtem Teilnehmerkreis. Daher sei die Teilnehmerzahl auch hier auf 75 Personen begrenzt.

Entscheidend für das VG: Veranstalter der Feier sei nicht der Inhaber der Eventhalle als Gewerbetreibender, sondern die die Hochzeit ausrichtenden Personen. Dies ergebe sich aus der Systematik der Corona-Verordnung.

Eine Ausnahmegenehmigung komme im Hinblick auf die Corona-Fälle in dem betroffenen Landkreis, die seit Wochen zunähmen, nicht infrage. Außerdem seien gerade auf Hochzeiten in dieser Festhalle vermutlich einige Infektionsfälle im Landkreis zurückzuführen.

Der Beschluss ist allerdings nicht rechtskräftig. Es ist die Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht möglich.

Beachten Sie: Die Personenobergrenzen im Hinblick auf private Feierlichkeiten können kurzfristigen Änderungen durch länderspezifische oder lokale Vorgaben unterliegen. Verantwortlich Ausrichtende von privaten Feiern tun gut daran, sich entsprechend auf dem Laufenden halten.

Quelle: VG Koblenz, Beschluss vom 25.9.2020, 3 L 849/20.KO

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Bundeskabinett hat am 23.9.20 den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts beschlossen. Der Entwurf sieht umfassende Änderungen vor, die die Rechte und Position betreuter Personen stärken. Der Entwurf geht nun in den Bundestag.

Unter anderem finden sich im Entwurf zahlreiche Verbesserungen für betreute Personen:

• Es soll klarer geregelt sein, dass die Betreuung zunächst der Unterstützung des Betreuten dient, seine Angelegenheiten stets selbstbestimmt zu erledigen. Eine Stellvertretung soll nur eingesetzt werden, wenn es notwendig ist.
• Zudem sollen Betreute in allen Abschnitten des Betreuungsverfahrens intensiver eingebunden werden.
• Ferner soll ein Registrierungsverfahren mit persönlichen und fachlichen Mindesteignungsvoraussetzungen für berufliche Betreuer eingeführt werden.

Die einzelnen Punkte des Reformpakets werden vom Bundesjustizministerium zusammengefasst und sind hier abrufbar: Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts.

Der Sozialverband VdK Deutschland fordert angesichts des Gesetzentwurfs weitere Verbesserungen, zum Beispiel eine niederschwellige, barrierefreie und für die Betreuten gut erreichbare Beschwerdestelle, und hat zum Entwurf umfassend Stellung genommen.

Stellungnahme des Sozialverbands VdK Deutschland

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Vermieter müssen Modernisierungsmaßnahmen ankündigen. Es gibt zwar keine gesetzlich geregelte Höchstfrist, nach deren Überschreiten der Vermieter seine Ansprüche aus einer Modernisierungsankündigung verliert, wenn er nicht mit der angekündigten Modernisierungsmaßnahme beginnt. Allerdings ist ein auf eine weit vor dem beabsichtigten Beginn der Modernisierungsmaßnahme ausgesprochene Ankündigung gestützter Duldungsanspruch nicht durchsetzbar. Er verstößt gegen Treu und Glauben.

Das Landgericht (LG) Berlin hat eine ca. 17 Monate angekündigte Maßnahme als zu früh angesehen. Grund: Sie benachteilige den Mieter in bestimmten Rechten, die an den Zugang der Duldungsankündigung geknüpft sind. Gleichzeitig beschränke der Vermieter damit unzulässig zulasten des Mieters dessen Möglichkeit, Härtegründe gegenüber der Duldungspflicht geltend zu machen.

Quelle: LG Berlin, Urteil vom 1.9.2020, 67 S 108/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht