Das Amtsgericht (AG) München verurteilte einen Mieter dazu, seine Wohnung zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. Grund: Er hatte seine Wohnung unerlaubt u. a. an Touristen weitervermietet.

Was war geschehen?
Der Beklagte war seit 2009 Mieter einer Dreizimmerwohnung in München-Pasing. Die monatliche Miete betrug 800 Euro. Im Vertrag war unter anderem geregelt: „Untervermietung oder sonstige Gebrauchsüberlassung der Mieträume oder Teilen davon an Dritte darf nur mit Einwilligung des Vermieters erfolgen.“ Noch im Jahr 2009 genehmigte der Vermieter die teilweise Untervermietung an eine Mitbewohnerin zur Gründung einer Wohngemeinschaft.

Im Frühjahr 2020 stellte die Klägerin fest, dass die Wohnung bzw. Teile davon über verschiedene Internetplattformen für 45 Euro pro Person und Nacht für Touristen angeboten wurden. Einer solchen gewerblichen Nutzung hatte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt zugestimmt. Sie mahnte den Mieter daraufhin schriftlich ab. Trotzdem vermietete der Beklagte im Winter 2020 erneut zwei Zimmer an Mitbewohner, ohne die Vermieterin zu informieren oder sich deren Erlaubnis einzuholen. Nachdem der Hausverwalter feststellte, dass sich am Klingelschild mehrere Namen befanden, kündigte die Vermieterin den Mietvertrag fristlos.

So verteidigte sich der Mieter
Der Mieter trug vor, er habe die Wohnung von Beginn an unter der Voraussetzung angemietet, dass die dort bereits vorhandene Wohngemeinschaft bestehen bleibe. Ihm stehe daher ein grundsätzliches Recht auf Untervermietung zu, ohne dass er dies im Einzelfall gegenüber der Vermieterin begründen oder von dieser genehmigen lassen müsse. Eine Vermietung per Internet an Touristen habe er nicht vorgenommen. Er habe auf den Internetseiten lediglich ein Nutzerkonto erstellt, um auf diesem Weg einen dauerhaften Mitbewohner zu finden. Er habe nur einmal einen festen Untermieter gesucht. Weder stamme der Text des Angebots von ihm noch könne er sich die dort abgegebenen Bewertungen erklären.

So sah es das Gericht
Das Gericht schenkte dem Beklagten keinen Glauben: Unstreitig zeigen die Lichtbilder des Angebotes (…) die Wohnung des Mieters. Auch ist die Adresse der Wohnung angegeben. Der Text, mit dem die Wohnung angeboten wurde, richtet sich nicht an potenzielle dauerhafte Untermieter, sondern an Touristen für die tageweise Anmietung. So wurden ausdrücklich die Nähe zu diversen Touristenattraktionen angepriesen wie auch die Sprachkenntnisse des Gastgebers sowie die Möglichkeit gemeinsamer Unternehmungen. Das Gericht war darüber hinaus auch davon überzeugt, dass Vermietungen an Touristen tatsächlich stattgefunden haben. Das Angebot war am 31.3.2020 mit 13 Kundenbewertungen versehen.

In dem bewussten Hinwegsetzen über den Willen und das Interesse der Vermieterin sah das Gericht eine erhebliche Rechtsverletzung, die zur fristlosen Kündigung berechtigte. Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: AG München, Urteil vom 13.10.2021, 417 C 7060/21, PM 14/2022 vom 8.4.2022

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Arbeitnehmer dürfen ihre Vorgesetzten nicht heimlich aufnehmen. Dies hat aber nicht immer eine wirksame Kündigung zur Folge. So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz.

Ein Kassierer war zunächst mit einer anderen Arbeitnehmerin und später mit seinem Vorgesetzten in Streit geraten. Den Streit mit seinem Vorgesetzten nahm der Kassierer mit seinem Handy auf – wie er behauptet hat, spontan. Davon wusste der Vorgesetzte allerdings nichts. Als sein Arbeitgeber von den Aufnahmen erfuhr, kündigte er dem Kassierer.

Der Kassierer wandte ein, sein Vorgesetzter habe sich ihm gegenüber zuvor unsachgemäß, diskriminierend und ehrverletzend geäußert. Da das klärende Gespräch unter vier Augen stattfand, wollte der Kassierer das Verhalten seines Vorgesetzten mit den Tonaufnahmen dokumentieren. Er war, so der Kassierer, davon ausgegangen, dass dies erlaubt sei.

Das LAG: Sowohl die fristlose als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung sind unwirksam. Zwar gelte der Grundsatz, dass Personalgespräche nicht mitgeschnitten werden dürfen und dies zu einer außerordentlichen Kündigung führen könne (Verletzung des Persönlichkeitsrechts). Entscheidend sei hier aber, dass es zu den o. g. beleidigenden Äußerungen des Vorgesetzten gekommen war. Diese verletzten wiederum das Persönlichkeitsrecht des Kassierers. Er war davon ausgegangen, dass man ihm ohne die Aufzeichnungen nicht glauben würde.

Das LAG hob hervor: Selbst, wenn die Tonaufnahme nicht gerechtfertigt war, habe sich der Kassierer in einem sog. Verbotsirrtum befunden. Dies sei hier zu seinen Gunsten zu berücksichtigen gewesen. Ebenso zu seinen Gunsten bewertete das LAG, dass der Kassierer 17 Jahre lang bei seinem Arbeitgeber tätig war, ohne dass es Störungen gegeben hatte.

Diese Bewertung gilt nach dem LAG auch für die ordentliche Kündigung. Auch hier sei eine Kündigung unverhältnismäßig.

Quelle: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.11.2021, 2 Sa 40/21

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Zulassungspapiere sind bei Bauwerken wichtig, vor allem beim Bauen im Bestand. Aber was passiert, wenn alte Baugenehmigungen nicht auffindbar sind? Dann hat der Bauherr ein Problem. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen sagt jetzt: Für das Vorliegen einer Baugenehmigung ist darlegungs- und beweispflichtig, wer sich gegenüber einer Nutzungsuntersagung darauf beruft, diese Nutzung sei genehmigt und deshalb formell baurechtmäßig.

Das gelte auch für einen behaupteten Bestandsschutz. Beim Bauen im Bestand ist es deshalb wichtig, sich schon in der Leistungsphase 1 alte Baugenehmigungen vorlegen zu lassen. Die Genehmigungsbehörden, die in der Vergangenheit Baugenehmigungen von Amts wegen dauerhaft aufbewahren mussten, sind seit Kurzem in einigen Bundesländern nicht mehr dazu verpflichtet. Ohne Klärung des Bestandsschutzes drohen Honorarverluste.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9.2.2022, 2 B 1964/21, Abruf-Nr. 227658 unter www.iww.de

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Wer sich bei einem Verkehrsunfall verletzt, muss das auch aktenkundig machen. Die Klage eines Autofahrers gegen einen prominenten Fußballspieler vor dem Landgericht (LG) München I wegen eines Auffahrunfalls blieb aufgrund nicht mehr zu beweisender Verletzungen ganz überwiegend erfolglos, da sich der Patient nicht zeitnah zum Arzt begab.

Hintergrund: Der Kläger konnte seine behaupteten, unfallbedingten Verletzungen nicht beweisen. Bei einem Streitwert von rund 50.000 Euro hat das Gericht dem Kläger lediglich etwa 4.500 Euro für die Reparatur seines Pkw sowie ein Ersatzfahrzeug und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zugesprochen. Verdienstausfall und Schmerzensgeld wegen einer vom Kläger vorgetragenen Sensibilitätsstörung seiner rechten Hand und einem sog. Schleudertrauma (HWS-Distorsion) erhielt er hingegen nicht.

Das war geschehen
Der Kläger hatte einen Spurwechsel mit seinem Maserati durchgeführt. Der Beklagte war im weiteren Verlauf mit seinem Mercedes aufgefahren. Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass der Beweis des ersten Anscheins gegen den Auffahrenden hier zum Tragen komme und somit der Beklagte dem Grunde nach für den Verkehrsunfall verantwortlich sei. Deshalb seien dem Kläger die Reparaturkosten, die Kosten für ein Ersatzfahrzeug und die Einschaltung eines Rechtsanwalts zuzusprechen.

Landgericht: Verletzungen nicht mehr beweissicher feststellbar
Dem Kläger stehe gegen den Beklagten jedoch weder ein Schmerzensgeldanspruch noch ein Anspruch auf Ersatz von Erwerbsschaden, bzw. entgangenem Gewinn zu, da der Kläger den Eintritt unfallbedingter Verletzungen nicht habe beweisen können. Eine HWS-Distorsion beim Kläger sei nicht beweissicher feststellbar, ebenso wenig die vom Kläger geltend gemachten Sensibilitätsstörungen der rechten Hand. So komme zum einen das eingeholte biomechanisch und orthopädisch/unfallchirurgische Gutachten zu dem Ergebnis, dass die vom Kläger vorgetragenen Sensibilitätsstörungen der rechten Hand nicht dem streitgegenständlichen Unfall anzulasten seien. Sowohl aus biomechanischer als auch medizinischer Sicht sei nach dem Unfallhergang schon nicht eindeutig, dass der Kläger die unfallkausal geltend gemachten Beschwerden sicher erlitten habe.

Unverzüglicher Arztbesuch blieb aus
Zum anderen habe sich der Kläger nach eigener Einlassung erst ca. ein Monat nach dem Unfall in ärztliche Behandlung begeben, dies jedoch nicht wegen Beschwerden an der Halswirbelsäule, sondern wegen der Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Hand. Hätte der Kläger entsprechende HWS-Distorsionsbeschwerden unfallbedingt erlitten, wäre zu erwarten gewesen, dass er sich unverzüglich zum Arzt begeben und dort die entsprechenden Symptome geschildert hätte, was nicht geschehen sei.

Dem Kläger stehe deshalb gegen den Beklagten mangels eindeutig unfallbedingter Verletzung weder ein Schmerzensgeldanspruch noch ein Anspruch auf Ersatz von Erwerbsschaden/entgangenem Gewinn zu.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: LG München I, Urteil vom 11.3.2022, 19 O 16989/20, PM 8/2022 vom 18.3.2022

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Hin und wieder bieten Handwerker „einfachere“ Arbeitsleistungen unaufgefordert an der Haustür an. Die Reinigung und Versiegelung von Dachpfannen und Pflastersteinen oder Malerarbeiten an Holz und Fassade werden so oft handschriftlich vereinbart. Eine ausreichende Belehrung über das Widerrufsrecht, das Verbrauchern in Fällen solcher Haustürgeschäfte zusteht, erfolgt dabei häufig nicht. Oft kommt es später zum Streit, wenn sich der Kunde vom Vertrag lösen will und seine Anzahlung zurückfordert. Einen solchen Fall hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschieden.

Das war geschehen
Vereinbart waren die Reinigung und Versiegelung von Dachpfannen und Pflastersteinen sowie die Sanierung von Holz zu einem Preis von 21.000 Euro. Nachdem die Arbeiten teilweise erbracht waren, hatte der Kunde seine Vertragserklärung widerrufen und seine Anzahlung von 12.500 Euro zurückgefordert. Der Handwerker hat dem einen vermeintlichen Anspruch für erbrachte Leistungen in Höhe von 8.050 Euro entgegengehalten. Das Landgericht (LG) hatte dem Kunden in erster Instanz Recht gegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung des Handwerkers hat das OLG jetzt zurückgewiesen.

Unterschied: Verbrauchervertrag und Verbraucherbauvertrag
Maßgeblich für diese Entscheidung war die genaue rechtliche Einordnung des Vertrags: Bei einem Verbraucherbauvertrag sind die gegenseitigen Leistungen im Fall eines Widerrufs zurückzugewähren, für erbrachte Arbeiten ist deren Wert zu ersetzen. Bei einem „schlichten“ Verbrauchervertrag schuldet der Kunde demgegenüber nur dann Wertersatz, wenn er ausreichend über sein Widerrufsrecht belehrt worden war, woran es hier fehlte. Ein Verbraucherbauvertrag liegt bei Arbeiten an einem bestehenden Gebäude nur vor, wenn diese Arbeiten „erheblich“ sind. Nach Auffassung des OLG müssen sie in ihrem Umfang einem Neubau gleichkommen und mehrere Gewerke umfassen. Einen solchen Umfang hatten die im vorliegenden Fall vereinbarten Arbeiten nicht.

Anhaltspunkte dafür, dass die Rückforderung der Anzahlung hier ausnahmsweise gegen Treu und Glauben verstoßen könnte, hatte das OLG nicht.

Quelle: OLG Celle, Beschluss vom 26.4.2022, 6 U 6/22, PM vom 3.5.2022

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bewohner einer stationären Pflegeeinrichtung müssen trotz Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie das volle Heimentgelt zahlen. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt entschieden.

Die Klägerin schuldete der Beklagten ein Zimmer sowie Pflege- und Betreuungsleistungen nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz in Verbindung mit dem Pflegevertrag. Diese Kernleistungen konnte sie trotz der angeordneten Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen voll erbringen. Eine Entgeltkürzung wegen Nicht- oder Schlechtleistung scheidet daher aus.

Das Heimentgelt war auch nicht wegen Störung der Geschäftsgrundlage herabzusetzen. Durch die Beschränkungen hat sich die Geschäftsgrundlage des Pflegevertrags nicht schwerwiegend geändert. Diese Beschränkungen dienten primär dem Gesundheitsschutz der (vulnerablen) Heimbewohner und der Mitarbeiter, ohne den Vertragszweck infrage zu stellen.

Die Schlussfolgerung des BGH: Der Beklagten war es zuzumuten, am unveränderten Vertrag festzuhalten. Er wies darauf hin, dass der Lockdown das gesamte gesellschaftliche Zusammenleben erfasste, also auch Nichtheimbewohner.

Quelle: BGH, Urteil vom 28.4.2022, III ZR 240/21, PM 78/2022 vom 1.6.2022

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl