Kollidiert ein rechtsabbiegender Autofahrer mit einem ihm entgegenkommenden, also auf der falschen Straßenseite fahrenden Radfahrer, den er allerdings vorher bemerken konnte, haftet der Fahrradfahrer zu einem Drittel. Der Autofahrer muss seinen Schaden zu zwei Dritteln selbst tragen.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Autofahrers, der mit seinem Pkw rechts abbiegen wollte. Dabei kam ihm eine Radfahrerin entgegen, die auf dem Radweg in falscher Richtung unterwegs war. Der Autofahrer sah die Radfahrerin. Nachdem er aber noch 200 Meter entfernt war, ließ er sein Auto leicht anrollen und blickte nach hinten. Beim Abbiegen kam es dann zu einer Kollision. Dabei wurden beim Pkw die Stoßstange, der Kotflügel und die Türe links verschrammt. Der Autofahrer verlangte die Reparaturkosten von ca. 2500 EUR von der Radfahrerin erstattet. Diese wollte allerdings nicht bezahlen. Schließlich habe der Autofahrer ihre Vorfahrt missachtet.

Die zuständige Richterin beim AG gab dem Autofahrer nur zum Teil recht. Grundsätzlich sei bei einem Verkehrsunfall mit einem Kraftfahrzeug zulasten des Autofahrers die Betriebsgefahr zu berücksichtigen, die von seinem Auto ausgehe. Auf der anderen Seite habe die Fahrradfahrerin aber unstreitig den Radweg in der falschen Richtung benutzt und dadurch zum Unfallgeschehen beigetragen. Weiter sei zu berücksichtigen, dass das Verkehrszeichen „Vorfahrt gewähren“ grundsätzlich allen Verkehrsteilnehmern auf der bevorrechtigten Straße den Vorrang gewähre, also auch Radfahrern, die aus der falschen Richtung kämen. Hinzu käme noch, dass der Autofahrer die Radfahrerin schon kommen sah. Er hätte sie also im Auge behalten und vor dem Abbiegen noch einmal in ihre Richtung schauen müssen. Dann hätte er gesehen, dass sie schon näher war als erwartet. Allerdings hätte auch die Fahrradfahrerin nicht einfach weiterfahren dürfen, als sie das Auto abbiegen sah. Unter Abwägung all dieser Gesichtspunkte sei daher eine Haftung in Höhe von einem Drittel für die Radfahrerin angemessen. Zwei Drittel müsse der Autofahrer selber tragen (AG München, 343 C 5058/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

0 Kommentare

Hinterlasse ein Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert