Die Auftraggeberin für eine Einäscherung muss auch die Kosten tragen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass sie nicht die Tochter des Verstorbenen ist. Diese Tatsache berechtigt nicht zur Anfechtung des geschlossenen Vertrags.

Das musste sich eine Frau vor dem Amtsgericht (AG) München sagen lassen, die ein Bestattungsinstitut mit der Feuerbestattung für ihren verstorbenen Vater beauftragt hatte. Die Einäscherung fand dann auch auftragsgemäß statt. Bei der Durchsicht der Unterlagen des Vaters stellte die vermeintliche Tochter jedoch später fest, dass der Verstorbene nicht ihr Vater gewesen war. Anhand des Familienbuches konnte sie nämlich erkennen, dass zum Zeitpunkt ihrer Geburt ihre Mutter ihren „Vater“ noch gar nicht kannte. Die „Tochter“ focht daher den geschlossenen Vertrag an und weigerte sich zu zahlen. Das Bestattungsinstitut erhob daraufhin Klage vor dem AG auf Zahlung der vereinbarten 450 EUR.

Die zuständige Richterin gab dem Bestattungsinstitut Recht. Die „Tochter“ habe unstreitig Anfang März eine Kostenübernahmeerklärung für die Einäscherung abgegeben. Diese Erklärung sei nicht wirksam angefochten worden. Die Tatsache, dass die Frau erst nach dem Tod des Vaters festgestellt habe, dass sie entgegen ihrer Annahme doch nicht seine Tochter gewesen sei, sei sicherlich für diese persönlich belastend. Dies stelle jedoch keinen Anfechtungsgrund dar, insbesondere keinen Eigenschaftsirrtum. Die Stellung als Tochter sei in keinster Weise Gegenstand der vertraglich vereinbarten Leistung gewesen. Ein Irrtum über „ihre Eigenschaft als Tochter“ sei daher kein Eigenschaftsirrtum im Rechtssinne, sondern bloß ein unbeachtlicher Motivirrtum. Dieser berechtige nicht zur Anfechtung.

Hinweis: Grundsätzlich gilt „pacta sunt servanda“: einmal geschlossene Verträge sind einzuhalten. Eine Anfechtung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Ein Anfechtungsgrund (neben der arglistigen Täuschung und der Drohung) ist dabei der Irrtum. Aber nicht jeder Irrtum ist dabei erheblich. Anfechten kann zum Beispiel jemand, der sich über die Bedeutung dessen, was er gesagt hat, nicht im Klaren war. Auch versprechen, verschreiben, vergreifen kann zur Anfechtung berechtigen. Ein Irrtum über eine Eigenschaft ist aber nur ein Anfechtungsgrund, wenn die Eigenschaft für den Vertrag (damit für beide Vertragspartner) wesentlich war. Im Übrigen gilt: Grundsätzlich muss der Erbe die Kosten der Beerdigung tragen. Existiert aber ein Vertrag mit dem Beerdigungsinstitut, ist es völlig unerheblich, wer Erbe ist. Der vertragliche Anspruch besteht unabhängig davon (AG München, 271 C 26136/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

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