Das berechtigte Interesse des Betroffenen auf Verteidigung durch einen Rechtsbeistand seiner Wahl ist bei der Abwägung mit dem Interesse der Justiz an einer möglichst reibungslosen Durchführung des Verfahrens angemessen zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt dem Verteidigungsinteresse der Vorrang.

So stellte es das Landgericht (LG) Neubrandenburg im Streit um die Verlegung eines Gerichtstermins fest. Grund war die Verhinderung des Rechtsanwalts zu dem festgesetzten Termin. Viele Gerichte tun sich mit Terminsverlegungsanträgen schwer und bügeln diese häufig (allein) mit dem Hinweis auf die angespannte Terminlage des Gerichts ab. So auch das AG Neubrandenburg. Der Verteidiger hat das nicht hingenommen und Beschwerde eingelegt. Diese hatte beim LG Erfolg.

Das LG weist allgemein darauf hin, dass der Betroffene auch im Bußgeldverfahren grundsätzlich Anspruch auf Verteidigung durch einen Rechtsbeistand seiner Wahl hat. Bei der Interessenabwägung habe das Verteidigungsinteresse im Zweifel Vorrang. Das LG verweist in seiner Entscheidung darauf, dass dieser Grundsatz umso mehr gelte, wenn es sich um den erstmaligen Antrag auf Terminsaufhebung handele. Die Gefahr der Beeinträchtigung eines reibungslosen Verfahrensgangs ohne nicht hinnehmbare Verzögerungen bestehe daher von vornherein nicht. Auch hatten Betroffener und Verteidiger keinen Einfluss auf die Terminsfestlegung. Zudem sei der Verlegungsantrag unverzüglich nach Erhalt der Terminsladung erfolgt. Es sei für eine womöglich telefonische Absprache einer terminlichen Verschiebung am Verhandlungstag selbst oder einer anderen auch früheren Terminierung ausreichend Zeit verblieben (LG Neubrandenburg, 8 Qs 21/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

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