Der Arbeitnehmer kann gegenüber dem Arbeitgeber während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit beanspruchen. Der Arbeitgeber kann die Verringerung ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Allerdings sind an das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe erhebliche Anforderungen zu stellen.

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen deutlich gemacht. So kann der Arbeitgeber alleine mit der Behauptung, es bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit, regelmäßig nicht schlüssig begründen, weshalb die Zustimmung zur Verringerung der Arbeitszeit verweigert wird. Er muss vielmehr die zugrunde liegenden Tatsachen begründen. Dazu muss er auf die Tätigkeit abstellen, die der Arbeitnehmer zu Beginn der Elternzeit auf seinem Arbeitsplatz ausgeübt hat. In die erforderliche Darlegung sind alle Aufgaben einzubeziehen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts übertragen kann. Regelmäßig wird das erfordern, dass der Arbeitgeber seinen insoweit bestehenden Gesamtbedarf an Arbeitszeitkapazität darlegt und dem die tatsächliche Besetzungssituation gegenüberstellt. Dabei muss der Arbeitgeber klarstellen, ob und warum die Arbeitsaufgaben des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Ablehnung der Teilzeitbeschäftigung weggefallen sein könnten.

Quelle: LAG Hessen, Urteil vom 3.7.17, 7 Sa 1341/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Auftraggeber darf den Vertrag nur kündigen oder die Vergütung kürzen, wenn er dem Unternehmer zuvor Gelegenheit gegeben hatte, Mängel zu beseitigen (mit Fristsetzung). Eine Ausnahme gilt nur, wenn dem Auftraggeber die Mängelbeseitigung nicht mehr zuzumuten ist, weil sie für ihn keinen Sinn mehr macht.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. entschieden. Und der BGH hat die Entscheidung bestätigt. Jedem ausführenden Unternehmer muss also mindestens einmal Gelegenheit gegeben werden, Mängel zu beseitigen, bevor vertragliche Sanktionen erfolgen. Gleiches gilt übrigens, wenn Bauherren mit Planungsleistungen unzufrieden sind. Die Mangelbeseitigung kann für einen Bauherrn z. B. unzumutbar sein, wenn im Zuge der Ausführungsplanung festgestellt wird, dass keine Kostenschätzung zur Vorentwurfsplanung erstellt wurde. Hier bringt ihm die Mangelbeseitigung nichts, weil er zwischenzeitlich ja schon die Kostenberechnung zum Entwurf erhalten hat. Er darf das anteilige Honorar abziehen.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 28.9.2016, 13 U 128/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Nach italienischem Recht ist ein gutgläubiger Erwerb an einem gestohlenen Kraftfahrzeug nicht möglich.

Das folgt aus einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Köln. In dem Fall hatte ein Mann sein Traumauto in Italien gefunden. Für 32.900 EUR erwarb er in Mailand einen Porsche Carrera von „Giovanni“. Fahrzeugschlüssel, ADAC-Kaufvertrag, alles schien seine Richtigkeit zu haben. Doch als er das Fahrzeug nach dem Transport nach Deutschland zulassen wollte, bekam er einen Schreck: das Fahrzeug war im System der Zulassungsstelle zur Fahndung zwecks Sicherstellung vermerkt. Es wurde daher umgehend von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Er erhielt das Fahrzeug zwar zurück.

Allerdings meldete sich nun aus Italien der vermeintlich wahre Eigentümer des Porsches. Das Fahrzeug sei ihm im April 2016, also kurz vor dem „Kaufvertrag“, in Mailand gestohlen worden. Das habe er auch den Carabinieri gemeldet. Das Fahrzeug gehöre ihm und es sei daher zurückzugeben. Um die Herausgabe des Fahrzeugs zu erreichen, reichte er Klage ein. Der Käufer, der beim Erwerb des Fahrzeugs nichts von alledem wusste, war jedoch der Meinung, er habe das Fahrzeug gutgläubig erworben und sei daher nun der rechtmäßige Eigentümer. Nach deutschem Recht kann nämlich das Eigentum an einem Fahrzeug auch dann erworben werden, wenn der Veräußerer nicht Eigentümer des Fahrzeugs ist, er aber den KFZ-Brief besitzt und der Erwerber auch sonst keine Umstände kennt, die darauf schließen lassen, dass der Veräußerer gar nicht Eigentümer ist.

Da der Käufer das Fahrzeug allerdings in Italien gekauft hatte, richtete sich die Frage, ob er damit Eigentümer des Fahrzeugs geworden ist, nach italienischem Recht. Dieses hat zwar eine vergleichbare Regelung zum gutgläubigen Eigentumserwerb. Allerdings gibt es dort eine entscheidende Ausnahme. Denn diese Regel gilt nicht für Sachen, die in einem öffentlichen Register eingetragen sind. Anders als in Deutschland gibt es in Italien nicht nur ein Register für Immobilien oder Firmen, sondern auch ein öffentliches Register für Kraftfahrzeuge. Dort war der Kläger aus Mailand als Eigentümer des Porsches eingetragen. Daher konnte der Käufer nicht gutgläubig Eigentum an dem Fahrzeug erwerben. Das LG gab daher der Klage aus Italien statt.

Quelle: LG Köln, Urteil vom 9.2.2018, 4 O 385/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Das kann auch für die Kündigung einer Vollkaskoversicherung gelten.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Geklagt hatte eine Ehefrau. Sie unterhielt eine Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung für einen auf den Ehemann zugelassenen Pkw. Der Ehemann kündigte die Vollkaskoversicherung für das Familienfahrzeug zum 1.1.2015. Der Versicherer fertigte einen neuen Versicherungsschein und erstattete überschießend geleistete Beiträge. Das versicherte Fahrzeug wurde am 5.10.2015 bei einem selbst verschuldeten Unfall beschädigt. Es entstanden Reparaturkosten von 12.600,00 EUR. Daraufhin widerrief die Ehefrau die Kündigung der Vollkaskoversicherung und verlangte den Unfallschaden ersetzt.

Ihre Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen. Der BGH stütze seine Entscheidung auf § 1357 BGB. Danach darf jeder Ehegatte Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten abschließen.

Das Gesetz kennt zwar keine generelle gesetzliche Vertretungsmacht unter Ehegatten. Die vom Ehegatten des Versicherungsnehmers ausgesprochene Kündigung kann aber gemäß § 1357 BGB wirksam sein. Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass auch der Abschluss des Versicherungsvertrags ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie ist. Das wiederum richtet sich nach dem individuellen Zuschnitt der Familie. Danach kann auch der Abschluss einer Vollkaskoversicherung in den Anwendungsbereich des § 1357 Abs. 1 BGB fallen, sofern ein ausreichender Bezug zum Familienunterhalt vorliegt.

Das war hier der Fall. Der Pkw war das einzige Fahrzeug der fünfköpfigen Familie. Er war auf den Ehemann zugelassen. Die Monatsprämien für die Vollkaskoversicherung von rund 145 EUR bewegten sich in einem angemessenen Rahmen für die Bedarfsdeckung der Familie. Daher mussten sich die Ehegatten vorher auch nicht über den Abschluss der Vollkaskoversicherung verständigen.

Fällt der Abschluss des Versicherungsvertrags unter § 1357 Abs. 1 BGB, sind beide Ehegatten am Vertrag mitberechtigt. Sie werden zu Gesamtgläubigern. Zwar können Gesamtgläubiger grundsätzlich nur gemeinsam kündigen. Diese Rechtsfolge wird aber von der Regelung des § 1357 Abs. 1 BGB überlagert. So wie es den Eheleuten danach möglich ist, für und gegen ihre jeweiligen Partner Rechte und Pflichten zu begründen, muss es ihnen spiegelbildlich erlaubt sein, sich hiervon auch mit Wirkung für und gegen den anderen wieder zu lösen. Das gilt schließlich unabhängig davon, ob der das Gestaltungsrecht ausübende Ehegatte auch derjenige gewesen ist, der den anderen Ehegatten über § 1357 Abs. 1 BGB ursprünglich verpflichtet hat.

Quelle: BGH, Urteil vom 28.2.2018, XII ZR 94/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Nach dem Frankfurter Mietspiegel ist ein Zuschlag auf die Vergleichsmiete gerechtfertigt, wenn der Küchenbereich Teil eines Wohnraums ist oder zusammen mit dem Wohnraum eine räumliche Einheit bildet.

Das ist nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt a. M. allerdings nicht der Fall, wenn die Küche zum angrenzenden Wohn- und Essbereich hin überwiegend durch Wandflächen abgegrenzt ist. Daher hat das Amtsgericht ein Mieterhöhungsverlangen für unberechtigt erklärt, mit welchem eine Erhöhung um 1,11 EUR pro Quadratmeter verlangt wurde.

Quelle: AG Frankfurt a. M., Urteil vom 8.2.2018, 33 C 2877/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Ausbildungszeugnis ist äußerlich ordnungsgemäß zu erstellen, muss objektiv richtig sein und einer verkehrsüblichen Bewertung entsprechen.

Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen. Die Richter stellten in ihrer Entscheidung klar, dass durch die äußere Form eines Zeugnisses nicht der Eindruck erweckt werden dürfe, dass sich der Aussteller vom buchstäblichen Wortlaut seiner inhaltlichen Erklärungen distanziere. Aus § 109 Abs. 2 GewO folge zudem, dass ein Zeugnis keine Merkmale enthalten dürfe, die
• eine andere als aus der äußeren Form und dem Wortlaut ersichtliche Aussage treffen,
• die Aussage des Zeugnisses entwerten oder
• Anlass zu sonstigen negativen Schlussfolgerungen geben.

Im Zeitalter der mit Rechtschreibkontrolle ausgestatteten Computerprogramme bestehe auch ein Anspruch auf ein von Schreibfehlern freies Zeugnis. Da derartige Fehler nicht mehr als Ausdruck der Rechtsschreibschwäche des Ausstellers gedeutet werden können, sondern leicht vermeidbar sind, geben sie Anlass zur negativen Vermutung, der Aussteller des Zeugnisses könnte sich – durch bewusst mangelnde Sorgfalt – vom Inhalt des Zeugnisses distanzieren.

Quelle: LAG Hessen, Urteil vom 19.7.2017, 8 Ta 133/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Nachbarn müssen eine Kirchturmbeleuchtung hinnehmen, wenn die Lichteinwirkungen nur unwesentlich sind und durch eigene Maßnahmen abgewehrt werden können.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall der Stadtkirche Tauberbischofsheim. Dessen Kirchturm wird seit Dezember 2015 ab Einsetzen der Dämmerung bis zum Anbruch des Tageslichts mit LED-Scheinwerfern angestrahlt. Außerdem ist die obere Balustrade des Turms mit umlaufenden LED-Leuchtleisten ausgestattet. Die Beleuchtung führt zu einem Lichteinfall in die Eigentumswohnung der Klägerin. Die Klägerin will erreichen, dass die Lichtanlage abgeschaltet wird. Sie macht geltend, ihre Schlaf- und Ruheräume würden mit der mehrfachen Lichtstärke einer hellen Vollmondnacht ausgeleuchtet. Zudem sei die Lichtfarbe Kaltweiß besonders störend.

Das Landgericht Mosbach hatte die Klage abgewiesen. Das OLG hat diese Einschätzung jetzt bestätigt. Im Auftrag des Gerichts hatte ein Sachverständiger die Lichteinwirkungen in der Wohnung der Klägerin gemessen und beurteilt. Diese Messungen ergaben, dass die von der Kirchturmbeleuchtung ausgehenden Lichteinwirkungen auf die Wohnung der Klägerin nur unwesentlich sind. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin als besonders störend empfundenen Lichtfarbe. Die Richter verwiesen in ihrem Urteil im Übrigen darauf, dass Lichteinwirkungen auch durch Maßnahmen der Klägerin – etwa lichtundurchlässige Vorhänge – abgewehrt werden könnten. Auch der Lichteinfall auf die Dachterrasse der Klägerin durch die Kirchturmbeleuchtung ist nach Beurteilung des Senats im innerstädtischen Bereich hinzunehmen.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.2.2018, 12 U 40/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer im Zoo gegen die Panzerglasscheibe des Giraffengeheges läuft, hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld.

Das musste sich eine Frau vor dem Amtsgericht München sagen lassen. Sie war bei einem Zoobesuch gegen die Absperrscheibe zum Giraffengehege geprallt. Dabei hatte sie sich eine ein cm große Prellmarke am Nasenbein, Nasenbluten und Kopfschmerzen zugezogen. Der Tierparksanitäter hatte die Erstversorgung vorgenommen. Anschließend war die Frau drei Tage arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die Frau verlangte nun Schmerzensgeld in Höhe von 500 EUR. Außerdem machte sie eine Pauschale für den Schadensregulierungsaufwand von 25 EUR sowie die nutzlos aufgewendeten Kosten für die Eintrittskarte geltend.

Die Sonneneinstrahlung hätte zu Spiegelungen geführt. Daher habe sie die Glasscheibe nicht erkennen können. Der Zoo hätte mit Warnschildern darauf hinweisen müssen, dass Gehege und Besucherbereich durch eine Glasscheibe getrennt sind.

Demgegenüber meinte der Zoo, seine Verkehrssicherungspflichten durch die zwischen im Abstand von 1,70 m aufgestellten Stahlsäulen eingespannten Glasscheiben erfüllt zu haben. Besucher könnten nicht ernsthaft erwarten, dass eine solche Abgrenzung nicht existiere. Der Boden im Besucherbereich unterscheide sich auch sichtlich von dem im Gehege. Im Gehege seien Heu und Stroh an der Scheibe aufgeschichtet. Auch fordere im Eingangsbereich ein gelbes Verbotsschild alle Besucher bildlich dazu auf, nicht gegen die Scheibe zu klopfen.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München sah keine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten durch den Zoo. Sie führte in ihrem Urteil aus: „Eine GefahrenQuelle: begründet eine Haftung des Verantwortlichen erst, wenn sich aus der zu verantwortenden Situation vorausschauend für einen sachkundig Urteilenden die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter Dritter verletzt werden können. Anderenfalls fällt eine gleichwohl eintretende Schädigung in den Risikobereich des Verletzten.

Die im Giraffenhaus zwischen dem Besucherbereich und dem Tiergehege eingezogene Panzerglasscheibe ist für die betroffenen Verkehrskreise hinreichend gut erkennbar. Es handelt sich nicht um eine durchgehende Glasscheibe. Vielmehr ist die Verglasung von mehreren senkrechten Stahlträgern durchbrochen. Dies führt dem durchschnittlich aufmerksamen Besucher vor Augen, dass hier eine Abtrennung zwischen Besucherbereich und Tiergehege vorhanden ist. Der durchschnittliche Besucher wird auch von vornherein voraussetzen, dass eine solche Abtrennung vorhanden ist, handelt es sich doch bei den im Gehege befindlichen Giraffen um Wildtiere mit nicht unerheblichem Gefährdungspotential. Zudem ist auch der Bodenbereich des Giraffenhauses so ausgestaltet, dass sich für den Besucher ein Hinweis auf die Glasabtrennung ergibt. Im Übergangsbereich befindet sich eine deutlich sichtbare Schwelle. Zudem ist der Boden im Bereich des Tiergeheges mit Stroh und Sägespänen eingestreut, welche sich zumindest an Teilen der Glasabtrennung sammeln. Ein Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen den Zoo scheidet daher aus.“

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 21.12.2017, 158 C 7965-17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer sich nach dem Genuss von Alkohol zu schnell wieder ans Steuer setzt, riskiert seinen Führerschein.

Auf diese eigentlich bekannte Tatsache musste erneut das Amtsgericht München hinweisen. Betroffen war ein 22-jähriger Mann. Er war abends gegen 20.30 Uhr von der Polizei kontrolliert worden. Der Mann war mit seinem Pkw mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs. Dabei konnte er sich nicht auf dem mittleren Fahrstreifen halten. Bei der Kontrolle musste er sich immer mit der Hand an seinem Fahrzeug abstützen. Die Untersuchung der um 21.15 Uhr entnommenen Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,96 Promille.

Der Mann war zuvor bereits zweimal wegen Geschwindigkeitsüberschreitung aufgefallen. Er räumte in der Hauptverhandlung ein, dass er mittags ein bis zwei Bier und dann auf dem Oktoberfest eine Maß Bier getrunken habe. Da er nach 14 Uhr keinen Alkohol mehr konsumiert hätte, habe er sich fahrtauglich gefühlt.

Die als Zeugen vernommenen Polizeibeamten schilderten die genannten Auffälligkeiten im Fahrverhalten und bei der anschließenden Kontrolle. Die Rechtsmedizinerin führte aus, dass bei angegebenem Trinkende um 14.00 Uhr eine Rückrechnung der Alkoholisierung auf 1,03 Promille zur Tatzeit möglich sei. Die angegebene Trinkmenge könnte zutreffend sein. Dass der Angeklagte die Fahrspur nicht habe halten können, sei Zeichen einer alkoholbedingten Einschränkung der Aufmerksamkeit. Ferner sei unter Alkoholeinfluss das Risikoverhalten um ein Neunfaches erhöht. Dies zeige sich in Form von Geschwindigkeitsüberschreitungen. Zudem habe er wohl wegen der Standunsicherheit Kontakt zu seinem Fahrzeug gesucht.

Der zuständige Strafrichter schloss sich den Ausführungen der Rechtsmedizinerin an. Er verurteilte den Mann wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe in Höhe von zwei Monatsgehältern. Außerdem entzog er ihm die Fahrerlaubnis und bestimmte die Sperrfrist für die Neuerteilung auf sechs Monate. Die gemessene BAK liege zwar „…geringfügig unter dem Grenzwert zur absoluten Fahruntauglichkeit von 1,1 Promille. Dass der Angeklagte alkoholbedingt nicht in der Lage war, dass Fahrzeug sicher im Verkehr zu steuern (relative Fahruntüchtigkeit) ergibt sich aus der Gesamtschau der Umstände. Auch wenn der Angeklagte, wie dem verlesenen Fahreignungsregister zu entnehmen ist, es mit der Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit nicht genau nimmt, so beruht dies vorliegend zumindest auch auf einer alkoholbedingten Enthemmung. Diese Umstände, kombiniert mit den von den Polizeibeamten geschilderten motorischen Ausfallerscheinungen, den Aufmerksamkeitsdefiziten und der optischen Fehlorientierung, belegen zur Überzeugung des Gerichts, dass die erforderliche verkehrsspezifische Gesamtleistungsfähigkeit des Angeklagten nicht mehr gegeben war.“

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 10.1.2018, 912 Cs 436 Js 193403/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus bleibt bis Ende Juli 2018 ausgesetzt. Der Bundesrat billigte in seiner letzten Sitzung einen entsprechenden Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestags. Dieser geht auf einen Kompromiss von CDU, CSU und SPD aus den Koalitionsverhandlungen zurück.

Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen
Bis zum 31. Juli 2018 bleibt es dabei, dass Flüchtlinge, die keinen vollen, sondern nur einen sogenannten subsidiären Schutz in Deutschland erhalten, ihre nahen Angehörigen nicht nachholen dürfen. Ab dem 1. August 2018 sollen monatlich insgesamt 1000 Ehepartner und minderjährige Kinder subsidiärer Flüchtlinge oder Eltern minderjähriger Flüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erhalten. Die Einzelheiten dazu sollen in einem weiteren Bundesgesetz geregelt werden.

Die Aussetzung des Familiennachzugs hatte der Bundestag 2016 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise beschlossen – damals eigentlich befristet bis zum 16. März 2018. Diese Frist wird nun um viereineinhalb Monate verlängert.

Härtefallregeln unberührt
Die Härtefallregelungen des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltserlaubnis aus dringenden humanitären Gründen zulassen, bleiben unberührt. Gleiches gilt für die Möglichkeit für oberste Landesbehörden, aus humanitären Gründen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis anzuordnen. Sie werden nicht auf das Kontingent angerechnet.

Wer ist „subsidiär Schutzberechtigter“?
Nach dem Asylgesetz erhält eine Person subsidiären Schutz, wenn sie stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihr in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Unterzeichnung und Verkündung
Mit dem Bundesratsbeschluss ist das parlamentarische Verfahren beendet. Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zugeleitet und kann nach dessen Unterzeichnung im Bundesgesetzblatt verkündet werden und anschließend in Kraft treten.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrats am 2.3.2018

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl