Der Geschädigte muss nicht hinnehmen, dass sein Unfallwagen bedingt durch die Reparatur verschmutzt wird. Wenn die reparaturausführende Werkstatt die Reinigungsarbeiten berechnet, sind ihm daher entsprechende Schadenkosten entstanden. Der Haftpflichtversicherer muss sie erstatten.

So urteilte das Amtsgericht Landau in der Pfalz. Nach Ansicht des Gerichts ist es dabei auch unerheblich, ob manche andere Werkstätten für die Reinigung des Fahrzeugs im Hinblick auf unfall- oder reparaturbedingte Verschmutzungen nichts berechnen.

Quelle: Amtsgericht Landau in der Pfalz, Urteil vom 10.9.2017, 6 C 724/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

In Bayern können ab sofort Gerichtkostenrechnungen auch mit dem Handy gezahlt werden.

Das wird möglich, da die Landesjustizkasse Bamberg künftig die Rechnungen mit GiroCode übersendet. Die Landesjustizkasse Bamberg ist zuständig für die Einziehung und Beitreibung aller bayerischen Gerichtskostenforderungen, beispielsweise Grundbuchgebühren und Prozesskosten. Um die Zahlung für die Bürger möglichst einfach zu gestalten, liegt jeder Rechnung ein Überweisungsbeleg mit vorgedruckten Bankdaten und Kostenbetrag bei. Seit diesem Jahr besteht nun mittels eines aufgedruckten GiroCodes auch die Möglichkeit, die Rechnungsdaten einfach mit dem Smartphone mit einer Banking-App zu erfassen und so die Zahlung ohne große Aufwände vorzunehmen. Dies gilt ebenso für die Bezahlung von Geldstrafen und Geldbußen.

Die Landesjustizkasse Bamberg möchte damit zeitgemäße Zahlungsmöglichkeiten eröffnen und die Kostenschuldner, die ihre Bankgeschäfte in der Regel online oder am SB-Terminal der Bank tätigen, ansprechen. Bei ca. 1,5 Millionen erstellten Rechnungen im Jahr ist somit ein weiterer Schritt zu einer schnelleren und effizienteren Zahlungsabwicklung getan. Den bewährten Überweisungsbeleg wird es dabei selbstverständlich nach wie vor geben.

„Für die Zukunft gilt es nun, mit der Entwicklung digitaler Lösungen, wie zum Beispiel der E-Rechnung und dem E-Payment, die Bürgerfreundlichkeit weiter zu verbessern und die Justiz damit noch stärker an den modernen Zahlungsverkehr anzubinden“, erklärt Andreas Hofmann, Leiter der ADV-Stelle bei der Landesjustizkasse Bamberg.

Quelle: OLG Bamberg

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Vor Gericht sollte man sich benehmen, sonst droht ein Ordnungsgeld wegen „Ungebühr“.

Dies hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg bekräftigt. Betroffen war ein Mann, der als Zeuge in einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht aussagen sollte. Als sich der Staatsanwalt äußern wollte, wurde der Zeuge laut und aggressiv. Er fuhr den Staatsanwalt an, er habe sich nicht einzumischen, die Richterin würde die Fragen stellen.

Auf Anregung des Staatsanwalts verhängte die Richterin gegen den Zeugen ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 EUR. Hiergegen rief der Mann das OLG an, das jetzt die Entscheidung bestätigt hat. Eine Ungebühr des Mannes stehe völlig außer Frage. Unter dem Begriff „Ungebühr“ verstehe das Gesetz einen erheblichen Angriff auf die Ordnung in der Sitzung, auf den „Gerichtsfrieden“ und damit auf die Ehre und die Würde des Gerichts. Selbst wenn der Zeuge nachvollziehbar sehr erregt gewesen sei, sei es für ein Gericht nicht hinnehmbar, wenn ein Zeuge in aggressiver Weise versuche, den Staatsanwalt zu maßregeln. Dies stelle zugleich eine Missachtung des Gerichts dar. Ein Zeuge dürfe dem Staatsanwalt nicht sein Fragerecht abschneiden. Es sei allein Sache des Richters, den Beteiligten das Wort zu erteilen oder zu entziehen, so der Senat.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschluss vom 30.5.2017, 1 Ws 245/17, Abruf-Nr. 199670 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Haben sich die Parteien im Erbvertrag kein Rücktrittsrecht vorbehalten, ist ein Rücktritt nur bei besonders schweren Verfehlungen des Bedachten möglich.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Köln. In dem Fall hatte der Erblasser mit seiner Frau einen Erbvertrag geschlossen, in dem sich beide gegenseitig als Erben eingesetzt hatten. Später erklärte er notariell den Rücktritt vom Erbvertrag und setzte seine Kinder als Alleinerben ein. Frau und Kinder streiten nun darüber, ob der Rücktritt wirksam war.

Die Richter am OLG entschieden zugunsten der Ehefrau. Da der Rücktritt im Erbvertrag nicht vorbehalten war, wäre lediglich ein Rücktritt wegen Verfehlungen des Bedachten nach § 2294 BGB in Betracht gekommen. Dort heißt es, dass der Erblasser von einem Erbvertrag zurücktreten kann, wenn sich „der Bedachte einer Verfehlung schuldig macht, die den Erblasser zur Entziehung des Pflichtteils berechtigt oder, falls der Bedachte nicht zu den Pflichtteilsberechtigten gehört, zu der Entziehung berechtigen würde, wenn der Bedachte ein Abkömmling des Erblassers wäre.“ Den Beweis hierfür müssten die Kinder antreten. Ihr Vortrag reiche aber nicht aus, um eine solche Verfehlung anzunehmen. Sie behaupten zwar, die Ehefrau habe schwere Vergehen zum Nachteil des Erblassers begangen. So habe sie 19.000 EUR von einem Konto des Erblassers abgehoben und von diesem Konto Kosten für ihren Pkw sowie persönliche Vereinsbeiträge beglichen. Schließlich sei auf diesem Konto ein Dauerauftrag in Höhe von monatlich 2.000 EUR eingerichtet worden, sodass die Ehefrau insgesamt mehr als 200.000 EUR für sich verwandt habe.

Diese Verfügungen seien nach Ansicht der Richter jedoch nicht geeignet, entsprechende Vergehen zu begründen. Die Ehefrau habe lediglich von den ihr eingeräumten Geschäftsführungsbefugnissen und Vollmachten Gebrauch gemacht. Ob hierin Vermögensdelikte (beispielsweise eine Untreue) zu sehen sein könnten, setze voraus, dass die im Innenverhältnis getroffenen Absprachen und Verträge bekannt seien. Dazu habe die Tochter aber nichts Konkretes vorgetragen.

Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 3.7.2017, 2 Wx 147/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Beschluss einer Eigentümergemeinschaft, Rauchmelder einheitlich anzuschaffen und zu warten, ist in der Regel nicht ermessensfehlerhaft.

So entschied es das Amtsgericht München im Fall eines Eigentümers einer Drei-Zimmer-Wohnung in München-Sendling, die nicht genutzt wird. Die Wohnung ist mit Rauchwarnmeldern ausgestattet. Die Eigentümerversammlung fasste unter anderem folgenden Beschluss:

„In 2017 erfolgt die Beauftragung der Firma A.(…) für die Wartung und Prüfung von Rauchwarnmeldern (…). Die Finanzierung der umlagefähigen Maßnahme in Höhe von ca. 3,33 EUR je Rauchwarnmelder – insgesamt ca. 1.255,00  EUR – jeweils inkl. MwSt. und Jahr erfolgt über laufendes Budget. Die Kostenverteilung erfolgt nach Anzahl pro Wohnung.“

Der Kläger hat den Beschluss angefochten, soweit seine Wohnung betroffen war. Er ist der Meinung, dass die Eigentümer ihr Ermessen falsch ausgeübt hätten. Das Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft hätte mit dem Interesse des einzelnen Eigentümers abgewogen werden müssen. Die Eigentümergemeinschaft handle nicht vernünftig, wenn sie ohne Not bereits gekaufte und angebrachte Rauchmelder durch gleichartige Geräte ersetze. Die beklagte Eigentümergemeinschaft, vertreten durch die Hausverwalterin, ist der Meinung, dass der Beschluss rechtmäßig ist.

Ihr gab die zuständige Richterin des Amtsgerichts München recht: Der Beschluss sei nicht zu beanstanden. Er beinhalte keinen Eingriff in das Sondereigentum des Klägers, da die Rauchmelder nicht im Sonder-, sondern im Gemeinschaftseigentum stünden. Der Beschluss, dass der Verband den Einbau und die Wartung der Rauchwarnmelder an sich ziehe, sei zulässig. Auch sei die Pflichtenerfüllung durch die Eigentümergemeinschaft förderlich. Die einheitliche Ausstattung mit Rauchwarnmeldern sowie deren einheitliche Wartung führe zu einem hohen Maß an Sicherheit. Die Verpflichtung zur Ausrüstung des Objekts mit Rauchwarnmeldern und deren Wartung betreffe primär die Verkehrssicherungspflicht des gesamten Objekts. „Nicht entscheidungserheblich ist, ob der Kläger in seiner Wohnung bereits Rauchwarnmelder fachgerecht installiert hat und diese ausreichend wartet. Selbst in diesem Falle ist der Beschluss nicht zu beanstanden, da die Wohnungseigentümer nicht gehalten sind, die Wohnung des Klägers von der Maßnahme auszunehmen. Ihnen steht vielmehr ein Ermessensspielraum zu, ob und inwieweit sie eine einheitliche Ausrüstung und Wartung beschließen oder nicht“, so das Urteil.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 8.2.2017, 482 C 13922/16 WEG

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das arbeitsrechtliche Wettbewerbsverbot gilt auch, wenn der Wettbewerber gemeinnützig ist und die entsprechenden Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs ausführt.

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm klargestellt. In dem Fall hatte sich die Leiterin einer Diakoniestation mit ihrem Arbeitgeber überworfen und außerordentlich gekündigt. Wenige Tage später nahm sie eine neue Tätigkeit als Pflegedienstleiterin bei einer anderen Altenpflegeeinrichtung auf. In der neuen Tätigkeit erbrachte sie dabei in mindestens einem Fall Leistungen an eine Patientin, die zuvor von ihrem alten Arbeitgeber betreut worden war. Der vorherige Arbeitgeber beantragte eine einstweilige Verfügung, um Wettbewerbshandlungen zu unterlassen. Er begründete das damit, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet sei und das Beschäftigungsverhältnis deswegen noch fortbestanden habe.

Das LAG gab dem alten Arbeitgeber recht. Die Pflegedienstleiterin trat durch ihre Tätigkeit bei ihrer neuen Arbeitgeberin in Wettbewerb zu ihm – was sie während des bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht durfte. Solange rechtlich ein Arbeitsverhältnis besteht, ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt. Das gilt auch, wenn der neue Arbeitgeber eine gemeinnützige Einrichtung ist, die in keinem Wettbewerbsverhältnis zum bisherigen Arbeitgeber steht. Auch für gemeinnützige Betriebe, die sich wirtschaftlich betätigen, gelten die normalen wirtschaftlichen und finanziellen Grundsätze für am Markt tätige Unternehmen.

Quelle: LAG Hamm, Urteil vom 17.7.2015, 10 SaGa 17/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Im Frühjahr kommt die Zeit, über den nächsten Urlaub nachzudenken. Neue Umfrageergebnisse* von Hotels.com© deuten jedoch darauf hin, dass das Thema Urlaubsbuchung für Millennials offenbar nicht im Vordergrund steht: 47 % nehmen nicht ihren gesamten Jahresurlaub in Anspruch. Die Befragung von 300 jungen Berufstätigen zeigt, dass mehr als 60 Prozent sich bei der Arbeit einfach zu beschäftigt und gestresst fühlen, um ihre gesamten Urlaubstage in Anspruch nehmen zu können.

Die Hotels.com-Umfrage* hatte u. a. folgende Ergebnisse:

  • Fast jeder Zweite (47,67 %) der jungen Berufstätigen nehmen nicht ihren gesamten Jahresurlaub in Anspruch. Dabei geben mehr als die Hälfte (60,14 %) an, zu beschäftigt zu sein.
  • Der durchschnittliche Millennial „verschwendet“ fast 8 Tage Jahresurlaub mit Arztterminen oder Besuchen von Handwerkern. Das sind 30 % des Urlaubs, der ihnen zusteht.
  • 7 Prozent der Befragten gibt an, vergessen zu haben, Jahresurlaub zu buchen, gleichzeitig wünscht sich aber die Mehrheit der Befragten 36 Tage Urlaub pro Jahr, um richtig zu entspannen.
  • 18-34-Jährige geben zu, im Urlaub das Gefühl zu haben, währenddessen auf der Arbeit etwas zu verpassen. Fast zwei Drittel der Befragten (70,66 %) gibt an, im Urlaub zu arbeiten, was bei einem Drittel (33,67 %) zu Auseinandersetzungen mit dem Partner führt.

Selbst wenn sie Zeit dafür finden, Urlaub zu nehmen, werden 30 Prozent der Urlaubstage – das sind im Schnitt fast 8 Tage – für Beschäftigungen benutzt, die mit Entspannung wenig zu tun haben: Dazu gehören zum Beispiel Arbeiten im Haushalt und das Warten auf Paketlieferungen. Darüber hinaus nutzen mehr als die Hälfte der Befragten Urlaubstage, um zum Arzt zu gehen (52,66 %); auf Handwerker zu warten (28,33 %); Hochzeiten zu besuchen (33 %) oder auf Beerdigungen zu gehen (27,33 %). Da ist es kein Wunder, dass so viele junge Leute (21 %), die Alltagstermine in ihren Jahresurlaub drücken, zur Arbeit zurückkehren und sich fühlen, als ob sie überhaupt keine Pause gehabt hätten.

Passend dazu sind junge Berufstätige der Ansicht, dass sie rund 11 Tage mehr Urlaub benötigen, als ihnen zusteht, und wünschen sich 36 Tage statt des durchschnittlichen Anspruchs von 25 Tagen. Gründe dafür könnten sein, dass sie im Schnitt 4 Tage brauchen, um zu Urlaubsbeginn wirklich von der Arbeit „abzuschalten“, und dass mehr als 70 Prozent der Befragten sich auch während des Urlaubs mit Arbeit beschäftigen. Dabei nehmen fast doppelt so viele Männer (40,94 %) wie Frauen (23,7 %) ihre Arbeitslaptops oder -telefone mit in den Urlaub und prüfen ihre E-Mails durchschnittlich sieben Mal in einer Woche. Da ist es fast verständlich, dass diese Arbeitswut die privaten Beziehungen beeinflusst: Jeder Dritte der Befragten (33,67 %) gibt an, sich deswegen mit dem Partner während des Jahresurlaubs gestritten zu haben.

Quelle: obs/hotels.com

* Umfrage von 300 deutschen Erwerbstätigen im Alter zwischen 16 und 35 Jahren, durchgeführt von OnePoll zwischen dem 23.12.2017 und dem 3.1.2018. Alle in der Veröffentlichung enthaltenen Statistiken stammen aus dieser Umfrage.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ingenieurbüros, die umfassend mit Leistungen der technischen Gebäudeausrüstung beauftragt sind und sich auch um Mietereinbauten kümmern müssen, haben insgesamt für die ordnungsgemäße Planung und Bauüberwachung einzustehen. Sie müssen gegenüber den Mietern Beratungsleistungen erbringen, Vorschläge der am Bau Beteiligten würdigen und bauordnungs- bzw. öffentlich-rechtliche Vorgaben in allen Bereichen einhalten.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Einvernehmen mit dem Bundegerichtshof (BGH) entschieden. Brandschutztechnische Auflagen, die das Gesamtgebäude betreffen und in die Bereiche der Mietereinbauten „fachtechnisch hineinragen“, sind mit den Mietern abzustimmen, um im Ergebnis eine fachgerechte Planungslösung zu erzielen. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen zurückgewiesen.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 18.8.2015, 24 U 76/13

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eigenhändig ge- und unterschriebene Schriftstücke können Testamente sein, auch wenn die Erblasserin die Schriftstücke nicht mit „Testament“ oder „mein letzter Wille“, sondern mit einer anderen Bezeichnung wie z.B. „Vollmacht“ überschrieben hat.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einer Erbstreitigkeit entschieden. Die Erblasserin hatte in einem als „Testament“ überschriebenen Schriftstück bestimmt, dass ihre Schwestern ihr Haus je zur Hälfte erben sollten. Wenige Tage später erteilte sie ihrer Nichte in einem mit „Vollmacht“ überschriebenen Schriftstück Vollmacht, „über meinen Bausparvertrag bei der … Bausparkasse über meinen Tod hinaus, zu verfügen und sich das Guthaben auszahlen zu lassen“ und „über sämtliches Vermögen, welches bei der Volksbank … besteht, über meinen Tod hinaus, zu verfügen“.

Die Beteiligten stritten nun darüber, ob das als „Vollmacht“ bezeichnete Schriftstück ebenfalls als Testament anzusehen ist. Die Klägerin sieht das so. Sie hat gemeint, die Erblasserin habe ihr die Guthaben als Vermächtnisse zugewandt. Ihre Tante – die Beklagte – hat die Auffassung vertreten, die Erblasserin habe der Klägerin lediglich Vollmachten erteilt und ihr keine Vermächtnisse zugewandt.

Die Richter am OLG gaben der Klägerin recht. Die Erblasserin habe ihr die Guthaben bei der Volksbank und der Bausparkasse im Rahmen von Vermächtnissen zugewiesen. Die beiden mit „Vollmacht“ überschriebenen Schriftstücke seien rechtswirksam errichtete privatschriftliche Testamente. Sie seien von der Erblasserin eigenhändig geschrieben und unterschrieben worden. Damit würden sie die formalen gesetzlichen Anforderungen an ein privatschriftliches Testament erfüllen.

Dabei sei unerheblich, dass die Schriftstücke nicht mit „Testament“ oder „mein letzter Wille“ überschrieben seien. Das sei auch nicht erforderlich, weil sie auf einem ernstlichen Testierwillen beruhten. Auf die exakte Wortwahl komme es insofern nicht an. Auch der Text des zuvor errichteten Testaments lasse erkennen, dass sich die Erblasserin mit den üblichen Formulierungen letztwilliger Verfügungen nicht ausgekannt habe.

Die Erblasserin habe die Schriftstücke zudem gemeinsam mit dem wenige Tage zuvor errichteten Testament in ihrer Wohnung hinterlegt. Ihr Einsatz im Rechtsverkehr sei aus Sicht der Erblasserin auch nicht notwendig gewesen, nachdem sie ihrer einen Schwester, der Mutter der Klägerin, bereits postmortale Vollmachten für die Bankkonten erteilt habe. Die Mutter der Klägerin habe als Zeugin zudem glaubhaft bekundet, dass die Erblasserin sie und nicht (auch) die Klägerin als ihre Bevollmächtigte angesehen habe.

Vor diesem Hintergrund seien die beiden Schriftstücke so aufzufassen, dass die Erblasserin der Klägerin ihre auf den Konten bestehenden Guthaben als Vermächtnisse habe zuwenden wollen. Dabei habe sie mangels juristischer Beratung gemeint, dies geschehe bei den Forderungen gegen eine Bank dadurch, dass sie postmortale Vollmachten ausstelle. Die Formulierungen in dem Text, die Klägerin solle sich die Guthaben auszahlen lassen, spreche ebenfalls für eine Zuwendung. Gleiches gilt für die Formulierung, dass sie die Zuwendung behalten solle.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 11.5.2017, 10 U 64/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gibt es seitens des Reiseveranstalters eine erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung, kann der Reisende vom Reisevertrag zurücktreten.

Das musste sich ein Reiseveranstalter vor dem Bundesgerichtshof (BGH) sagen lassen, nachdem der Reisende vom Vertrag zurückgetreten war. Gestritten wurde um eine China-Rundreise. Nach dem Reiseverlauf waren für die dreitägige Dauer des Aufenthalts in Peking verschiedene Besichtigungen vorgesehen. Eine Woche vor der geplanten Abreise teilte der Reiseveranstalter per Email mit, dass aufgrund einer Militärparade die Verbotene Stadt und der Platz des Himmlischen Friedens in Peking nicht besichtigt werden könnten. Stattdessen wurde ein Besuch des Yonghe-Tempels angeboten. Die Kläger erklärten daraufhin den Rücktritt vom Reisevertrag. Sie haben die Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 3.298 EUR geltend gemacht.

Der BGH hat die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Darin wurde der Reiseveranstalter verurteilt, den Reisepreis zu erstatten. Die Richter verwiesen darauf, dass ein Reisender vom Reisevertrag zurücktreten könne, wenn sich der Reisepreis um mehr als fünf Prozent erhöht oder sich – wie hier – eine wesentliche Reiseleistung erheblich ändert.

Der Reisende müsse zwar geringfüge Abweichungen hinnehmen. Darüber hinaus dürfe eine Leistung aber nur nachträglich geändert werden, wenn der Reiseveranstalter sich dies im Reisevertrag rechtswirksam vorbehalten hat. Dafür komme regelmäßig nur eine entsprechende Klausel in den allgemeinen Reisebedingungen des Veranstalters in Betracht. Im Streitfall fehlte es an einem wirksamen Vorbehalt. Die Änderungsklausel in den allgemeinen Reisebedingungen des beklagten Reiseveranstalters sei  nach Ansicht des BGH unwirksam. Der Reiseveranstalter könne sich nach dem Gesetz nur solche Leistungsänderungen vorbehalten, die unter Berücksichtigung der Interessen des Reiseveranstalters für den Reisenden zumutbar sind. Zumutbar seien nur Änderungen aufgrund von Umständen, die nach Vertragsschluss eintreten und für den Reiseveranstalter bei Vertragsschluss auch nicht vorhersehbar sind. Außerdem dürften sie den Charakter der Reise nicht verändern. Beide Schranken würden in der Klausel nicht zum Ausdruck kommen.

Jedenfalls unter Berücksichtigung der fehlenden vertraglichen Grundlage für Leistungsänderungen liegt nach Ansicht der Richter im Streitfall eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vor. Wenn sie sich mangels vertraglicher Grundlage zugleich als Mangel der Reise darstellt, kann die Änderung einer wesentlichen Reiseleistung schon dann als erheblich anzusehen sein, wenn sie das Interesse des Reisenden daran, dass die Reise wie vereinbart erbracht wird, mehr als geringfügig beeinträchtigt. Der Besuch der Verbotenen Stadt und des Platzes des Himmlischen Friedens als einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Pekings und Chinas stellte bereits für sich genommen eine wesentliche Reiseleistung dar. Sie wurde durch den Wegfall dieser Programmpunkte und ihren Ersatz durch den Besuch eines wenn auch bekannten Tempels mehr als nur geringfügig beeinträchtigt.

Quelle: BGH, Urteil vom 16.1.2018, X ZR 44/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl