In einer Abmahnung muss der Anlass und die Eigenart einer beanstandeten Pflichtverletzung in tatsächlicher Hinsicht hinreichend konkret und bestimmt dargestellt werden.

Hierauf hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hingewiesen. Die Richter begründeten das damit, dass eine zur Personalakte genommene Abmahnung regelmäßig Relevanz für mehrere Jahre hat. Daher müsse der Vorwurf über Jahre hinweg rekonstruierbar bleiben. Das gelinge nur, wenn der Vorwurf nachvollziehbar und konkret geschildert werde.

Quelle: LAG Köln, Urteil vom 19.4.2018, 7 Sa 625/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

In vielen Gerichtsverfahren wird beantragt, das Verfahren auszusetzen, bis der EuGH über die Rechtswirksamkeit der HOAI entschieden hat. Das Kammergericht (KG) hat dem jetzt eine Abfuhr erteilt: „Ein Rechtsstreit ist nicht deshalb auszusetzen, weil die EU-Kommission gegen die Bundesrepublik ein Vertragsverletzungsverfahren betreffend der Vereinbarkeit des Preisrechts der HOAI mit der Dienstleistungsrichtlinie eingeleitet hat.“

Mit dem jetzigen Urteil ist geklärt, dass Honorarprozesse auch künftig unbeeinflusst zu Ende geführt werden können. Das Urteil ist durch Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde rechtskräftig (BGH, Beschluss vom 11.4.2018, VII ZR 292/17).

Das Verfahren um die EU-Rechtmäßigkeit der HOAI wird beim EuGH als „Rechtssache C-377/17“ geführt. Der Ausgang gilt als offen.

Quelle: KG, Urteil vom 1.12.2017, 21 U 19/12

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Reißt die eigentlich wiederverwendbare Heckscheibe beim unfallreparaturbedingten Ausbau, verwirklicht sich ein typisches Werkstattrisiko. Darauf hat der Geschädigte keinen Einfluss. Der eintrittspflichtige Versicherer muss daher die Kosten für die neue Scheibe erstatten.

So entschied es das Amtsgericht Stuttgart. In dem Fall meinte der Versicherer, die Werkstatt habe die Scheibe durch unsachgemäße Arbeit kaputt gemacht. Das gehe ihn nichts an. Das Gericht ließ sich zunächst sachverständig beraten. Der Gutachter erläuterte, dass es ein normales Risiko sei, dass die Scheibe reiße. Das Gericht hat den Versicherer zur Zahlung verurteilt, jedoch Zug um Zug gegen Abtretung eventueller Schadenersatzansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt. Wenn der Versicherer also immer noch meine, die Werkstatt habe den Bruch der Scheibe verursacht, solle er das im Regresswege klären.

Quelle: Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 6.7.2018, 45 C 3863/17, Abruf-Nr. 202761 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Veranstalter eines Speedwayrennens verletzt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn er keine Fangzäune aufstellt.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. Bei dem Speedwayrennen war der Zuschauerbereich von dem Rundkurs, auf dem die Motorräder ihre Kreise drehten, durch eine 1,2 Meter hohe Betonmauer getrennt. An deren Innenseite befand sich ein Luftkissenwall. Drei Meter von der Betonmauer entfernt war ein Seil gespannt. Dahinter standen die Zuschauer. Direkt nach dem Start kollidierten zwei Motorräder und fielen zu Boden. Ein drittes Motorrad fuhr auf und wurde über die Betonwand katapultiert. Es verfing sich in dem Seil und prallte auf den Oberschenkel eines Zuschauers, der dadurch einen Oberschenkelbruch erlitt. Die Krankenkasse des Zuschauers verlangte von dem Veranstalter die Behandlungskosten in Höhe von rund 6.000 EUR. Sie vertrat die Auffassung, der Veranstalter hätte seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Er hätte einen Fangzaun errichten müssen. Der Veranstalter argumentierte, es gebe nahezu kein Unfallrisiko bei Speedwayrennen. Die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen entsprächen der Üblichkeit und den Vorschriften des Rennsportverbands.

Die Richter bejahten eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und gaben der Krankenkasse recht. Zwar sei eine vollkommene Verkehrssicherheit gegen jede denkbare Gefahr und die jeden Unfall ausschließe, nicht zu erwarten. Es müssten aber alle Maßnahmen ergriffen werden, die zumutbar seien und die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig halten dürfe, um andere vor Schäden zu bewahren. Je größer die Gefahr sei, desto höher seien die Sicherheitsanforderungen.

Nach diesen Grundsätzen wäre im konkreten Fall ein zusätzlicher Fangzaun erforderlich gewesen. Denn der Unfallverlauf sei bei einem Speedwayrennen nicht ganz ungewöhnlich. Es sei alles andere als lebensfern, dass bei einem Zusammenstoß von Motorrädern eine Katapultwirkung entstehe und ein Motorrad zu einem lebensgefährlichen Geschoss für die Zuschauer werde. Der Veranstalter könne sich auch nicht darauf berufen, dass seine Sicherungsmaßnahmen dem Rahmen des Üblichen und den Auflagen des Verbands entsprochen hätten. Ein Verkehrssicherungspflichtiger habe eigenverantwortlich zu prüfen, welche konkreten Maßnahmen erforderlich seien.

Quelle: OLG Oldenburg, Urteil vom 16.1.2018, 2 U 105/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Pfändung von Erbteilen oder Pflichtteilsansprüchen ist vor Eintritt des Erbfalls nicht zulässig.

Das folgt aus einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Trier. In dem Fall hatte die Gläubigerin gegen den Schuldner titulierte Ansprüche in Höhe von knapp 70.000 EUR. Sie hatte beantragt, den Pflichtteil des Schuldners zu pfänden, der diesem nach dem Tod seiner Eltern bzw. seiner Ehefrau zustehen würde. Tatsächlich war der Erbfall noch nicht eingetreten.

Das Amtsgericht hatte den Antrag zurückgewiesen: Reine Hoffnungen und Erwartungen könnten nicht gepfändet werden. Das Landgericht sah das ebenso. Es bestätigte nun: Eine Pfändung von Erbteilen oder Pflichtteilsansprüchen vor Eintritt des Erbfalls ist nicht zulässig. Zwar sei die Pfändung von zukünftigen oder auch bedingten Rechten im Einzelfall möglich. Voraussetzung sei jedoch, dass der zu pfändende Anspruch als solcher identifizierbar sei. Solange der Erbfall noch nicht eingetreten ist, ist die Rechtsbeziehung des Schuldners zu den Erben oder Miterben der von der Gläubigerin in Aussicht genommenen Erblasser unbestimmt. Er kann selbst Mitglied einer Erbengemeinschaft, oder auch Pflichtteilsgläubiger werden, oder auch alleiniger Erbe. Im letzten Fall gäbe es überhaupt keine Drittschuldner, gegen die sich pfändbare Ansprüche richten könnten.

Quelle: LG Trier, Beschluss vom 9.7.2018, 5 T 48/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der bei Anwendung der Mietpreisbremse zuviel gezahlten Miete kann an ein im Rechtsdienstleistungsregister eingetragenes Inkassodienstleistungsunternehmen abgetreten werden, so das Landgericht (LG) Berlin.

Das LG hat damit die teilweise kontrovers beurteilte Frage entschieden, inwieweit die Durchsetzung von Ansprüchen nach den §§ 556d bis 556g BGB über die nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) zulässige Einziehung von Forderungen hinausgeht. Es beantwortet sie so, dass der außergerichtlichen Verfolgung der Ansprüche aus der „Mietpreisbremse” durch einen eingetragenen Inkassodienstleister keine aus dem RDG abzuleitenden Einwände entgegenstehen. Sämtliche Rechtspositionen, die im Rahmen der „Mietpreisbremse” von den Mietern übertragen und dann vom Inkassounternehmen gegenüber dem Vermieter geltend gemacht wurden, stünden in einer so engen Verbindung zum rechtlichen Schwerpunkt des Vorgehens – nämlich der Realisierung von Ansprüchen auf Rückzahlung überzahlter Mietanteile –, dass diese dem Bereich der Einziehung der entsprechenden Forderungen zuzurechnen seien.

Die abgetretenen Ansprüche sind auch mit der Formulierung „Ansprüche auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete beschränkt auf vier Monatsmieten” bzw. „Ansprüche auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete beschränkt auf die vier nach der Rüge fälligen Monatsmieten” hinreichend bestimmt bezeichnet.

Beachten Sie Damit hat das LG Berlin die vorangegangene Entscheidung des AG Berlin abgeändert. Dieses hatte die Klage abgewiesen, weil das Inkassounternehmen nicht aktivlegitimiert sei. Die Ansprüche auf zuviel gezahlte Miete seien nicht abtretbar und nicht hinreichend bestimmbar, die Abtretung sei jedenfalls unwirksam.

Quelle: LG Berlin, Urteil vom 13.8.2018, 66 S 18/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Entsendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland, sind die für Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergüten.

Das folgt aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Geklagt hatte ein bei einem Bauunternehmen tätiger technischer Mitarbeiter. Dieser wurde auf wechselnden Baustellen im In- und Ausland beschäftigt. 2015 schickte ihn sein Arbeitgeber für drei Monate auf eine Baustelle nach China. Auf seinen Wunsch buchte der Arbeitgeber für die Hin- und Rückreise statt eines Direktflugs in der Economy-Class einen Flug in der Business-Class mit Zwischenstopp in Dubai. Für die vier Reisetage zahlte der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung für jeweils acht Stunden, insgesamt 1.149,44 EUR brutto. Mit seiner Klage verlangt der Arbeitnehmer Vergütung für weitere 37 Stunden. Er meint, die gesamte Reisezeit von seiner Wohnung bis zur auswärtigen Arbeitsstelle und zurück sei wie Arbeit zu vergüten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.

Die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem Fünften Senat des BAG teilweise Erfolg. Entsendet der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer vorübergehend ins Ausland, erfolgen die Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers. Sie sind deshalb in der Regel wie Arbeit zu vergüten. Erforderlich ist dabei grundsätzlich die Reisezeit, die bei einem Flug in der Economy-Class anfällt. Mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Umfang der tatsächlich erforderlichen Reisezeiten des Klägers konnte der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Er hat das Berufungsurteil daher aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dort muss neu verhandelt und entschieden werden.

Quelle: BAG, Urteil vom 17.10.2018, 5 AZR 553/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Es gibt kein Regelwerk, in dem steht, was ein Projektsteuerer leisten muss. Die Aufgaben ergeben sich daher aus den konkreten vertraglichen Absprachen. Ohne vertragliche Festlegung ist nicht davon auszugehen, dass ein Projektsteuerer mit Aufgaben der Objektplanung, insbesondere der Bauaufsicht, betraut worden ist. Das gilt erst recht, wenn ein Architekt beauftragt worden ist.

So argumentierte das Oberlandesgericht (OLG) Celle im Einvernehmen mit dem Bundesgerichtshof (BGH), der die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung zurückwies. Auch das BGB geht davon aus, dass Projektsteuerer keine werkvertraglichen Leistungen erbringen. Soll das der Fall sein, bedarf es der genauen Leistungsbeschreibung im Projektsteuerungsvertrag.

Quelle: OLG Celle, Urteil vom 27.8.2015, 16 U 41/15; BGH, Beschluss vom 14.12.2017, VII ZR 231/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Es liegt kein Lieferverkehr vor, wenn ein Gewerbetreibender mit seinem Fahrzeug in eine Fußgängerzone fährt, um bei einer dort gelegenen Postfiliale seine Geschäftspost zu holen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Köln hin. Zur Begründung bezogen sich die Richter auf den allgemeinen Sprachgebrauch zum Begriff des „Lieferverkehrs“. Der versteht darunter in erster Linie den Transport von Waren und Gegenständen von und zu Kunden. Die Entscheidung liegt damit auf der Linie einer neueren Entscheidung des OLG Bamberg. Das hat das Bringen und Abholen von Personen durch einen Taxifahrer ebenfalls nicht als Lieferverkehr angesehen.

Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 2.5.2018, 1 RBs 113/18

Quelle: OLG Bamberg, Beschluss vom 9.7.2018, 3 OLG 130 Ss 58/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Jobcenter muss Kosten für Schulbücher als Mehrbedarfsleistungen übernehmen.

So entschied es das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) im Fall einer Schülerin der gymnasialen Oberstufe. Die Schülerin bezog Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II („Hartz IV“). Sie hatte Kosten für die Anschaffung von Schulbüchern (135,65 EUR) – die von der Schule nicht im Rahmen der Lernmittelfreiheit leihweise zur Verfügung gestellten werden – und eines grafikfähigen Taschenrechners (76,94 EUR). Diese Kosten begehrte sie vom Jobcenter als Zusatzleistungen zum Regelbedarf. Das Jobcenter bewilligte mit dem sog. Schulbedarfspaket insgesamt 100 EUR pro Schuljahr. Zur Begründung hieß es, dass die Norm des § 28 Abs. 3 SGB II als Pauschale ausgestaltet sei. Für eine konkrete Bedarfsermittlung fehle eine Rechtsgrundlage. 

Das LSG hat die Schulbuchkosten als Mehrbedarfsleistungen anerkannt. Bücher würden nach der Gesetzesbegründung nicht von der Schulbedarfspauschale nach § 28 Abs. 3 SGB II umfasst. Sie müssten grundsätzlich aus dem Regelbedarf bestritten werden. Da dieser jedoch nur Kosten für Bücher jeglicher Art von ca. 3 EUR/Monat vorsehe, seien hierdurch nur weniger als ein Drittel der notwendigen Schulbuchkosten gedeckt. Hierfür seien auch ansonsten im SGB II keine auskömmlichen Leistungen vorgesehen. Dies sei eine planwidrige Regelungslücke, weil der Gesetzgeber das gesamte menschenwürdige Existenzminimum einschließlich der Kosten des Schulbesuchs sicherstellen müsse. Diese Lücke sei für Einmalbedarfe wie Schulbücher über eine verfassungskonforme Auslegung zu schließen, auch wenn das Gesetz nach seinem Wortlaut nur laufende Bedarfe betrifft.

Demgegenüber seien die Kosten für grafikfähige Taschenrechner von der Schulbedarfspauschale abgedeckt. Eine evidente Unterdeckung ergebe sich selbst nicht bei einer einmaligen Bedarfsspitze. Ein solcher Taschenrechner müsse nämlich nicht für jedes Schuljahr erneut angeschafft werden, sodass die Pauschalen insgesamt auskömmlich seien.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11.12.2017, L 11 AS 349/1

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl