ArbeitsrechtBescheinigt der behandelnde Arzt Arbeitsunfähigkeit „bis auf Weiteres“, ohne einen Endzeitpunkt anzugeben, kann aus der Angabe eines Wiedervorstellungstermins nicht geschlossen werden, dass die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis zu diesem Termin beschränkt sein soll. Deshalb kann die zuständige Krankenkasse verpflichtet sein, auch über den Wiedervorstellungstermin hinaus Krankengeld zu zahlen.

Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz entschieden. Betroffen war eine Frau, der der behandelnde Arzt im letzten Auszahlungsschein Arbeitsunfähigkeit „bis auf Weiteres“ bescheinigt hatte. Zudem war ein Wiedervorstellungstermin genannt. Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) zu dem Ergebnis gelangt war, die Arbeitsunfähigkeit sei nur bis zu einem früheren Termin belegt, hat die beklagte Krankenkasse eine weitere Krankengeldzahlung abgelehnt. Die Frau müsse sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Die Frau legte zwei weitere Auszahlungsscheine mit einer bescheinigten Arbeitsunfähigkeit bis auf Weiteres vor. Ihr Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid wurde von der Krankenkasse zurückgewiesen.

Der dagegen erhobenen Klage hat das Sozialgericht Koblenz stattgegeben, nachdem ein orthopädisches Gutachten eingeholt worden war. Die Krankenkasse wurde verurteilt, mehr als zwei Monate länger Krankengeld zu gewähren. Dagegen richtet sich ihre Berufung. Sie trägt vor, es liege keine für die Krankengeldzahlung erforderliche ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit vor. Dem ist das LSG nicht gefolgt. Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sei „bis auf Weiteres“ vorgenommen worden. Aus der bloßen Angabe eines Wiedervorstellungstermins könne gerade nicht auf eine Begrenzung der Feststellung geschlossen werden. Tatsächlich habe nach den nachvollziehbaren Angaben der behandelnden Ärzte und den Ausführungen des gerichtlich bestellten Gutachters Arbeitsunfähigkeit in dem Zeitraum bestanden, für den die Krankenkasse durch das Sozialgericht zur Krankengeldzahlung verurteilt worden sei  (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.4.2015, L 5 KR 254/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

???????????????????Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub wegen Elternzeit nicht mehr kürzen.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) hin. Geklagt hatte eine Frau, die in einem Seniorenheim als Ergotherapeutin beschäftigt war. Bei einer Fünftagewoche standen ihr im Kalenderjahr 36 Urlaubstage zu. Im Dezember 2010 bekam die Frau einen Sohn. Sie war sodann bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Mai 2012 in Elternzeit. Anschließend verlangte sie ohne Erfolg die Abrechnung und Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012. Im September 2012 erklärte die Beklagte die Kürzung des Erholungsurlaubs wegen der Elternzeit. Das Landesarbeitsgericht hielt die nachträgliche Kürzung des Erholungsurlaubs für unwirksam. Es hat der Klägerin deshalb eine Urlaubsabgeltung zugesprochen.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass die Beklagte nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit ihrer Kürzungserklärung im September 2012 den Anspruch der Klägerin auf Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nicht mehr verringern konnte. Die Bestimmung im Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz (BEEG), nach der der Arbeitgeber den der Arbeitnehmerin zustehenden Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat. Zwar bestand nach der bisherigen Rechtsprechung eine Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Diese Rechtsprechung hat das BAG aber aufgegeben. Nach der neueren Rechtsprechung des BAG ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch. Dieser verdankt seine Entstehung zwar urlaubsrechtlichen Vorschriften. Ist der Abgeltungsanspruch entstanden, bildet er jedoch einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber (BAG, Urteil vom 19.5.2015, 9 AZR 725/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

TermineAlt-Gewerkschaftsmitglieder dürfen per Tarifsozialplan höhere Abfindungen erhalten als Arbeitnehmer, die nach einem bestimmten Stichtag der Gewerkschaft beigetreten sind.

Zu diesem Ergebnis kam das Bundesarbeitsgericht (BAG). Ein Haustarifvertrag, der einen sozialplanähnlichen Inhalt hat, kann für Leistungen, die zur Abmilderung der wirtschaftlichen und sozialen Nachteile an tarifgebundene ArbN gezahlt werden, eine Stichtagsregelung vorsehen. Danach kann ein Anspruch nur für diejenigen Mitglieder bestehen, die zum Zeitpunkt der tariflichen Einigung der Gewerkschaft bereits beigetreten waren (BAG, Urteil vom 15.4.15, 4 AZR 796/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kündigung_IMG_0945.JPGGrundsätzlich kann die Weitergabe von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen an Dritte eine fristlose außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Dies ist jedoch nicht bei jeder Weiterleitung sensibler Daten der Fall.

Diese Einschränkung machte das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein im Fall eines Arbeitnehmers, der als Direktmarketing Manager beschäftigt war. Er hatte volle Zugriffsrechte zum SAP-System. Der Arbeitgeber ist Teil einer Unternehmensgruppe. Im Oktober 2013 wurde der ArbN zum Einzelbetriebsrat gewählt. Zur Einarbeitung verwies ihn der Arbeitgeber an den Betriebsrat im Schwesterunternehmen. Bei einem dienstlichen Auftrag stieß der Arbeitnehmer auf im SAP-System ohne Vertraulichkeitsvermerk hinterlegte Rechnungen der vom Arbeitgeber arbeitsrechtlich beauftragten Rechtsanwaltskanzlei. Der Arbeitnehmer druckte die Rechnungen und Timesheets aus und zeigte sie einem Betriebsratsmitglied des Schwesterunternehmens. Als dieses den Besitz der Unterlagen als kritisch erachtete, schredderte der Arbeitnehmer die Unterlagen sofort und ließ seine SAP-Zugriffsrechte einschränken. Der Arbeitgeber reagierte mit einer außerordentlichen Kündigung.

Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers war erfolgreich. Das LAG hält die Kündigung mangels wichtigen Grundes für unwirksam. Der Arbeitnehmer hatte einen uneingeschränkten Zugriff auf die SAP-Daten. Es handelte sich bei den Unterlagen nicht um Geschäftsgeheimnisse. Es fehlte jeder Vertraulichkeitsvermerk des Arbeitgebers. Angesichts der Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe und der vom Arbeitgeber gewünschten Zusammenarbeit handelt es sich beim Betriebsrat des Schwesterunternehmens nicht um einen Dritten. Schließlich hat der Arbeitnehmer aus dem Vorfall gelernt und sofort Konsequenzen gezogen. Im Übrigen hätte eine Abmahnung ausgereicht (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 4.3.2015, 3 Sa 400/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

3D ParagraphDas Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen beinhaltet keine hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung zur Festsetzung von Einstellungshöchstaltersgrenzen. Die in der Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 vorgesehenen Regelungen der Altershöchstgrenze sind daher mit Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar.

Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden. Er hat damit zwei Verfassungsbeschwerden stattgegeben und die Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen. Zugleich hat es die materiellen Anforderungen an Einstellungshöchstaltersgrenzen konkretisiert: Sie sind grundsätzlich zulässig, um ein ausgewogenes zeitliches Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit zu gewährleisten. Der Gesetzgeber verfügt insoweit über einen Gestaltungsspielraum. Dessen Grenzen ergeben sich unter anderem aus den Anforderungen des Leistungsprinzips (Art. 33 Abs. 2 GG) sowie aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfG, Beschluss vom 21.4.2015, 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

BüroalltagIn die Berechnung des gesetzlichen Mindestlohns nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) kann ein bisher gezahlter Leistungsbonus eingerechnet werden.

Diese Entscheidung traf das Arbeitsgericht Düsseldorf im Fall einer Frau, die bei der beklagten Arbeitgeberin zunächst mit einer Grundvergütung von 8,10 EUR pro Stunde vergütet wurde. Daneben zahlte die Arbeitgeberin einen „freiwilligen Brutto/Leistungsbonus von max. 1,00 EUR, der sich nach der jeweilig gültigen Bonusregelung“ richtete. Anlässlich der Einführung des MiLoG teilte die Arbeitgeberin der Klägerin mit, die Grundvergütung betrage weiter 8,10 EUR brutto pro Stunde, der Brutto/Leistungsbonus max. 1,00 EUR pro Stunde. Vom Bonus würden allerdings 0,40 EUR pro Stunde fix gezahlt. Die Klägerin hat geltend gemacht, der Leistungsbonus dürfe in die Berechnung des Mindestlohns nicht einfließen. Er sei zusätzlich zu einer Grundvergütung in Höhe von 8,50 EUR pro Stunde zu zahlen.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen. Zweck des MiLoG sei es, dem oder der Vollzeitbeschäftigten durch eigenes Einkommen die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts zu ermöglichen. Es komme – unabhängig von der Bezeichnung einzelner Leistungen – allein auf das Verhältnis zwischen dem tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlten Lohn und dessen geleisteter Arbeitszeit an. Mindestlohnwirksam seien daher alle Zahlungen, die als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung mit Entgeltcharakter gezahlt würden. Da ein Leistungsbonus, anders als beispielsweise vermögenswirksame Leistungen, einen unmittelbaren Bezug zur Arbeitsleistung aufweise, handele es sich um „Lohn im eigentlichen Sinn“, der in die Berechnung des Mindestlohns einzubeziehen sei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.4.2015, 5 Ca 1675/15).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

paragraphAb 1.7.15 gelten höhere Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen.

Der Pfändungsschutz stellt sicher, dass Schuldner auch bei einer Pfändung ihres Arbeitseinkommens ihr Existenzminimum sichern und die gesetzlichen Unterhaltspflichten erfüllen können. Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen wird jeweils zum 1. Juli eines jeden zweiten Jahres an die Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrags für das sächliche Existenzminimum angepasst. Zuletzt wurden die Pfändungsfreigrenzen zum 1.7.13 erhöht. Der steuerliche Grundfreibetrag hat sich seit dem letzten Stichtag um 2,76 Prozent erhöht. Hieraus ergibt sich eine Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen im gleichen Verhältnis.

Ab dem 1.7.15 beträgt der monatlich unpfändbare Grundbetrag 1.073,88 EUR (bisher: 1.045,04 EUR). Dieser Betrag erhöht sich, wenn gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen sind, um monatlich 404,16 EUR (bisher: 393,30 EUR) für die erste und um monatlich jeweils weitere 225,17 EUR (bisher: 219,12 EUR) für die zweite bis fünfte Person. Wenn Schuldner mehr verdienen als den so ermittelten pfändungsfreien Betrag, verbleibt ihnen vom Mehrbetrag bis zu einer Obergrenze ebenfalls ein bestimmter Anteil.

Weiterführender Hinweis

Die genauen Beträge – auch für wöchentliche und tägliche Zahlweise von Arbeitseinkommen – ergeben sich aus der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2015, die unter www.bmjv.de abrufbar ist.

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Business - VorstellungsgesprächEin Ausbildungsvertrag für einen staatlich nicht anerkannten Ausbildungsberuf mit einem Minderjährigen ist wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 4 Abs. 2 BBiG nichtig. Bei Volljährigen erfordert ein solches wirksames Ausbildungsverhältnis einen ordnungsgemäßen Ausbildungsgang. Voraussetzung hierfür ist die Erstellung eines betrieblichen Ausbildungsplans, der Gegenstand des Berufsausbildungsvertrags wird und an dem sich die Ausbildungsleistungen zu orientieren haben. Findet danach eine Berufsausbildung in einem solchen geordneten Ausbildungsgang tatsächlich nicht statt, ist der Ausbildungsvertrag nichtig.

Diese Klarstellung traf das Arbeitsgericht Osnabrück im Fall einer volljährigen Frau. Diese hatte nach einer abgebrochenen Berufsausbildung im staatlich anerkannten Ausbildungsberuf zur Pferdewirtin mit der Beklagten einen Ausbildungsvertrag zur sogenannten FN-geprüften Pferdepflegerin geschlossen. Hierbei handelte es sich nicht um einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf. Ab Beginn des Vertragsverhältnisses wurde sie tatsächlich als Gestütshilfskraft mit 45 Stunden pro Woche zuzüglich Überstunden eingesetzt. Hierzu gehörten schwere körperliche Arbeiten, aber auch das Bereiten der Pferde. Die Ausbildungsordnung für die Zulassung zur Prüfung zur FN-geprüften Pferdepflegerin vor der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. sah eine etwa zweijährige hauptberufliche Tätigkeit im Umfang und in der Pflege von Pferden in einem Reit- oder Zuchtbetrieb vor.

Die Beklagte und ihr Ehemann hatten diese Zulassungsvoraussetzungen in ein formelles „Ausbildungsverhältnis“ eingekleidet, ohne tatsächlich eine Ausbildung im Rahmen eines Ausbildungsplans durchzuführen. Die Klägerin besuchte während ihrer Beschäftigungszeit nicht die Berufsschule. Die Beklagte verfügte weder über einen Meistertitel noch gab es in ihrem Betrieb einen angestellten Meister. Die Klägerin wurde über einen Zeitraum von zehn Monaten mit 530 EUR brutto pro Monat vergütet. Danach kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis.

Das Arbeitsgericht Osnabrück hat die Kündigungsschutzklage der Klägerin abgewiesen. Das Beschäftigungsverhältnis der Parteien ist mit dem Rechtsmangel der Nichtigkeit behaftet, da die Klägerin in dem staatlich nicht anerkannten Ausbildungsberuf keine Berufsausbildung in einem geordneten Ausbildungsgang im Betrieb der Beklagten erfahren hatte. Für den Zeitraum der Durchführung des nichtigen Vertrags liegt lediglich ein sog. faktisches Arbeitsverhältnis vor. Für die Zukunft können die Parteien eines faktischen Arbeitsverhältnisses sich ohne Weiteres und ohne Ausspruch einer Kündigung voneinander lösen.

Dem Zahlungsantrag über 9.478,19 EUR brutto hat das Arbeitsgericht dagegen entsprochen. Für faktische Arbeitsverhältnisse ist eine angemessene Vergütung zugrunde zu legen. Für die Tätigkeit als Gestütshilfskraft hat das Arbeitsgericht vorliegend einen Bruttostundenlohn von 7,00 EUR als angemessen angesehen (Arbeitsgericht Osnabrück, 2 Ca 431/14).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

EntlassungswelleDie in einer Eingliederungsvereinbarung geregelte Pflicht zur Vornahme von zwei Bewerbungen pro Woche sind einem Arbeitslosen grundsätzlich zumutbar. Eine Minderung des Arbeitslosengelds II wegen eines Verstoßes gegen die Eingliederungsvereinbarung (Sanktion) ist nur dann nicht rechtmäßig, wenn der Arbeitslose nachweisen kann, dass er seiner Pflicht nicht nachkommen konnte, weil nicht genug Stellenangebote vorhanden waren.

Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Mannes entschieden. Dieser erhielt vom beklagten Jobcenter Arbeitslosengeld II. Er hatte sich in einer Eingliederungsvereinbarung zu mindestens zwei Bewerbungsbemühungen pro Woche verpflichtet. Davon sollte mindestens eine Bewerbung auf ein konkretes Stellenangebot erfolgen. Das Jobcenter hat die gewährten Leistungen um 30 Prozent des für den Mann ansonsten zu gewährenden Regelbedarfs gemindert. Es fand, dass der Mann nicht genügend Bewerbungen durchgeführt hatte. Der Mann meinte, es hätte nicht genug Stellenangebote gegeben. Außerdem sei er aus gesundheitlichen Gründen zu mehr Bewerbungen nicht in der Lage gewesen. Schließlich hätte er seine kranke Mutter pflegen müssen. Dem sind weder das Sozialgericht Koblenz noch das LSG gefolgt. Die eingeholten ärztlichen Befundberichte hätten keine wesentlichen gesundheitlichen Einschränkungen ergeben. Es sei auch nicht nachgewiesen, dass die Pflege der Mutter zwei Bewerbungen pro Woche ausgeschlossen hätte. Schließlich habe der Mann nicht beweisen können, dass ihm wegen fehlender Stellenangebote nicht mehr Bewerbungen möglich waren (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.12.14, L 3 AS 505/13).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Figuren / DistanzArbeitslosengeld kann nur beanspruchen, wer den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht. Diese Verfügbarkeit wird bei Studierenden regelmäßig verneint, weil sie – so die gesetzliche Vermutung – nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Beginnt das Studium für den Studierenden erst mit Beginn der Lehrveranstaltungen, so kann diese Vermutung widerlegt werden.

Dies entschied der 9. Senat des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) im Fall einer ehemals als Sachbearbeiterin tätigen Frau. Diese hatte Arbeitslosengeld bezogen, nachdem ihr Arbeitsvertrag aufgehoben wurde. Nachdem sie der Bundesagentur für Arbeit (BA) mitgeteilt hatte, dass sie ein Studium der Betriebswirtschaft aufnehmen werde, hob die BA die Bewilligung des Arbeitslosengelds ab Semesterbeginn (1. September 2010) auf. Als eingeschriebene Studentin könne sie nur eine versicherungsfreie Beschäftigung ausüben und stehe dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Die 29-jährige Frau war hingegen der Auffassung, dass dies für die Zeit zwischen Semesterbeginn und Vorlesungsbeginn (4. Oktober 2010) nicht gelte.

Die Richter beider Instanzen gaben der Studentin recht. Allein durch die Immatrikulation (Einschreibung an einer Hochschule) sei keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten, aufgrund derer die Bewilligung des Arbeitslosengelds aufzuheben gewesen sei. Denn die Studentin habe nachgewiesen, dass sie in der Zeit zwischen Semesterbeginn und Vorlesungsbeginn keinen Studienanforderungen ausgesetzt gewesen sei und ihr Studium im 1. Fachsemester tatsächlich erst am 4. Oktober 2010 begonnen habe. Somit habe – so die Richter – die Studentin bis zum 3. Oktober 2010 der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Die gesetzliche Vermutung sei insoweit widerlegt (LSG Hessen, Urteil vom 30.3.2015, L 9 AL 148/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl