EntlassungswelleDer Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbings kann zwar verwirken, dafür genügen jedoch ein bloßes „Zuwarten“ oder die Untätigkeit des Anspruchstellers nicht.

 

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Mannes, der gegen seinen früheren Vorgesetzten einen Schmerzensgeldanspruch wegen Verletzung der Gesundheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Höhe von mindestens 10.000 EUR geltend macht. Er stützt sich dabei auf Vorfälle in den Jahren 2006 bis 2008, die er als Isolierung, Herabwürdigung und Schikane wertet. Der letzte Vorgang soll am 8. Februar 2008 stattgefunden haben. Der Kläger war 2007 an 52 Tagen, 2008 an 216 Tagen und 2009 durchgängig bis August arbeitsunfähig, unter anderem wegen Depression. Die Klage ging Ende Dezember 2010 bei Gericht ein.

 

Die Vorinstanz hat einen möglichen Schmerzensgeldanspruch allein wegen Verwirkung abgelehnt. Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Eine Verwirkung, die nur unter ganz besonderen Umständen zu bejahen ist, scheide nach Ansicht des BAG hier aus. Ein bloßes Zuwarten sei nicht als „treuwidrig“ anzusehen. Ein Unterlassen begründe nur dann ein Umstandsmoment, wenn aufgrund zusätzlicher besonderer Umstände eine Pflicht zur zeitnahen Geltendmachung bestehe. In der vorzunehmenden Gesamtabwägung dürfe nicht auf eventuelle Beweisschwierigkeiten aufseiten des Anspruchsgegners abgestellt werden. Das durch Richterrecht geschaffene Institut der Verwirkung dürfe in seiner Anwendung nicht dazu führen, dass die gesetzliche Verjährung unterlaufen werde. Das Landesarbeitsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob tatsächlich ein Mobbinggeschehen festzustellen ist (BAG, Urteil vom 11.12.2014, 8 AZR 838/13).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fotolia_41480871_XSEin Berufskraftfahrer verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten in erheblichem Maße, wenn er das ihm überlassene Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr unter Alkohol­einfluss führt. Beruht dieses Verhalten jedoch auf einer Alkoholabhängigkeit, ist dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Vertragspflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen.

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Berufskraftfahrers hin. Dieser hatte mit seinem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64 Promille) einen Unfall verursacht. Dabei gab es Verletzte und größeren Sachschaden. Das Arbeitsgericht hat die ordentliche Kündigung auch ohne Abmahnung für sozial gerechtfertigt gehalten. Die Alkoholerkrankung könne den Arbeitnehmer nicht entlasten. Ihm sei weiterhin vorzuwerfen, eine Fahrt mit dem Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss angetreten und hierdurch andere gefährdet zu haben.

 

Dem ist das LAG nicht gefolgt. Die Richter verwiesen darauf, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur dann möglich sei, wenn anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten dauerhaft nicht nachkommen könne. Hieran fehle es, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung ernsthaft zu einer Alkoholtherapie bereit war. Im Übrigen könne bei einer bestehenden Therapiebereitschaft von dem Arbeitgeber in der Regel erwartet werden, das Fehlverhalten abzumahnen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.8.2014, 7 Sa 852/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Business - VorstellungsgesprächEine Vertragsklausel in allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen, die die Beendigung einer vereinbarten alternierenden Telearbeit für den Arbeitgeber voraussetzungslos ermöglicht, ist unwirksam, wenn sie nicht erkennen lässt, dass bei der Entscheidung auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind.

 

Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf im Fall eines Arbeitnehmers, der bei einer überregional tätigen Bank als Firmenkundenbetreuer tätig war. Er hatte mit seinem Arbeitgeber im Jahr 2005 alternierende Telearbeit vereinbart. Nach dieser Vereinbarung war er zu mindestens 40 Prozent an der häuslichen Arbeitsstätte tätig. Die betriebliche Arbeitsstätte war die Niederlassung des Arbeitgebers, die je nach Verkehrsweg 70 bis 90 km vom Wohnort des Arbeitnehmers entfernt lag. In der Vereinbarung zur Telearbeit hieß es, dass ein Rechtsanspruch auf einen alternierenden Telearbeitsplatz nicht begründet wird. Weiter war vereinbart, dass die häusliche Arbeitsstätte von beiden Parteien mit einer Ankündigungsfrist von vier Wochen aufgegeben werden kann. Nachdem die Parteien im Herbst 2013 erfolglos über die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhandelt hatten, kündigte der Arbeitgeber die Vereinbarung der Telearbeit. Dabei beteiligte er den Betriebsrat nicht.

 

Der Arbeitnehmer ist der Ansicht, die Beendigung der Telearbeit sei unwirksam. Diese sei nur erfolgt, weil er sich nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingelassen habe. Der Arbeitgeber meint, die Beendigung der Telearbeit sei nach der Vereinbarung wirksam. Er habe zudem eine Umstrukturierung des Vertriebs vorgenommen. Das neue Vertriebskonzept stehe der Telearbeit entgegen.

 

Das LAG hat der Klage ebenso wie das Arbeitsgericht stattgegeben. Es hat festgestellt, dass die Beendigung der alternierenden Telearbeit unwirksam sei. Die Richter haben daher den Arbeitgeber verurteilt, den Arbeitnehmer weiter zu mindestens 40 Prozent an seiner häuslichen Arbeitsstätte zu beschäftigen. Sie begründeten ihre Entscheidung mit den folgenden Argumenten. Eine Abrede in allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen, welche die Beendigung einer vereinbarten alternierenden Telearbeit für den Arbeitgeber voraussetzungslos ermögliche und nicht erkennen lasse, dass dabei auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind, sei unwirksam. Sie weiche von dem gesetzlichen Leitbild ab, wonach die Bestimmung des Arbeitsorts durch den Arbeitgeber nach billigem Ermessen zu erfolgen habe. Es fehle zudem an der Zustimmung des Betriebsrats. Die Beendigung alternierender Telearbeit stelle regelmäßig eine Versetzung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes dar. Dies gelte auch, wenn ein Ortswechsel für das Arbeitsverhältnis typisch ist, weil der Arbeitnehmer als Marktverantwortlicher seine Arbeit zu einem Großteil bei den Kunden erbringe. Die Einbindung des Arbeitnehmers in den Betriebsablauf und die Aufgabenerfüllung sei auch bei teilweiser Telearbeit aufgrund von deren Besonderheiten eine völlig andere als ohne Telearbeit. Daher ändere sich bei der Beendigung der Telearbeit das Bild der Tätigkeit grundsätzlich (LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.9.2014, 12 Sa 505/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Arbeitszeugnis Dokument Muster Vorlage BeispielInsbesondere Arbeitgeber, die als Träger der öffentlichen Jugendhilfe anerkannt sind, müssen sich von Mitarbeitern ein Führungszeugnis vorlegen lassen. Dabei müssen aber die Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters und das Informationsinteresse des Arbeitgebers gegeneinander abgewogen werden. Deswegen muss ein erweitertes Führungszeugnis nur derjenige Mitarbeiter vorlegen, der tatsächlich mit Minderjährigen arbeitet.

 

So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm im Fall einer Mitarbeiterin eines Kinder- und Jugendhilfe-Vereins. Sie hatte die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses verweigert. Der Verein mahnte sie deswegen ab. Das LAG gab der Mitarbeiterin Recht. Ein erweitertes Führungszeugnis müsse nur vorgelegt werden, wenn Mitarbeiter Kontakt zu Minderjährigen hätten, der zu einer besonderen Gefahrensituation führen könne. Das sei hier nicht der Fall. Die bloße Möglichkeit aber, dass ein Arbeitnehmer künftig mit minderjährigen Klienten, Praktikanten oder Auszubildenden in Kontakt treten könne – etwa durch Versetzung in einen anderen Arbeitsbereich – rechtfertigt die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses nicht (LAG Hamm, Urteil vom 25.4.2014, 10 Sa 1718/13).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

stapel_paragraph_01Untersagt die Polizeibehörde dem Arbeitgeber die Beschäftigung eines Arbeitnehmers, trägt der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn der Arbeitnehmer keine Gründe für das Einsatzverbot gegeben hat und er auch nicht Adressat der behördlichen Anordnung ist. Der Arbeitgeber bleibt nach einem Arbeitskraftangebot trotz Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers verpflichtet, die vertraglich geschuldete Vergütung zu zahlen.

 

Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Arbeitgebers entschieden, der Sicherheitsmitarbeiter auf einem Flughafen beschäftigte. Der Arbeitnehmer nimmt in dieser Funktion als Beliehener der Luftsicherheitsbehörde Sicherungsaufgaben nach dem Luftsicherheitsgesetz wahr. Nachdem eine Kollegin den Arbeitnehmer u.a. beschuldigt hatte, er habe gegen Zahlung von Geld die Mitnahme unerlaubter Flüssigkeiten im Flugzeug erlaubt, verbot die Polizeibehörde dem Arbeitgeber vorläufig eine weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber suspendierte daraufhin den Arbeitnehmer und zahlte an ihn auch nach einem Arbeitskraftangebot keine Vergütung. Das Einsatzverbot wurde aufgehoben, nachdem sich die gegen den Arbeitnehmer erhobenen Vorwürfe als haltlos erwiesen hatten.

 

Das LAG hat den Arbeitgeber zur Zahlung einer Annahmeverzugsvergütung verurteilt. Die unternehmerische Tätigkeit des Arbeitgebers bringe es mit sich, dass die von ihm beschäftigten Sicherheitsmitarbeiter einer behördlichen Aufsicht unterliegen. Es gehöre daher zu seinem unternehmerischen Risiko, dass die Behörde einen seiner Mitarbeiter auf seine Zuverlässigkeit hin überprüfen wolle und seinen Einsatz bis zum Abschluss der Überprüfung untersage. Dies gelte jedenfalls in Fällen, in denen der Arbeitnehmer nichts zu der entstandenen Situation beigetragen habe und sich die behördliche Anordnung auch nicht an ihn richte. Untersage die Behörde hingegen dem Arbeitnehmer selbst eine Tätigkeit, entfielen die Vergütungsansprüche (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.10.2014, 17 Sa 285/14).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Mann übergibt Brief mit KündigungIst eine Arbeitnehmerin während der Arbeitszeit eingeschlafen, kann der Arbeitgeber ohne vorherige Abmahnung das Arbeitsverhältnis nicht kündigen.

 

So entschied es das Arbeitsgericht Köln im Fall einer Stewardess, die im Bordservice einer Bahngesellschaft tätig war. Ihr war gekündigt worden, nachdem sie in einem Zugabteil eingeschlafen war und erst nach mehreren Stunden die Arbeit aufgenommen hat. Die Arbeitnehmerin hatte bei Dienstbeginn über Unwohlsein geklagt, sich jedoch nicht förmlich krankgemeldet. Die Arbeitgeberin hatte das Einschlafen als Arbeitsverweigerung gewertet und darauf hingewiesen, dass die Klägerin bereits abgemahnt worden war, unter anderem wegen Verschlafens des Dienstbeginns.

 

Dieser Argumentation ist das Gericht nicht gefolgt und hat die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt. Es hat offengelassen, ob die Klägerin eine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt hat, indem sie sich nicht förmlich krankgemeldet hat und im Abteil eingeschlafen ist. Selbst im Fall einer Pflichtverletzung hätte es einer weiteren Abmahnung bedurft. Die bereits erteilten Abmahnungen hat das Gericht für nicht einschlägig und die Kündigung damit für unverhältnismäßig gehalten. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig (Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 19.11.2014, 7 Ca 2114/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Business - VorstellungsgesprächDie Vereinbarung eines Stundenlohns von weniger als zwei Euro ist regelmäßig sittenwidrig und damit rechtsunwirksam, wenn die Vergütung mehr als 50 Prozent hinter der üblichen Vergütung zurückbleibt. Es liegt dann ein besonders grobes Missverhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers vor, das den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers erlaubt.

 

Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschieden. In dem Fall hatte ein Arbeitgeber zwei Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit Bürohilfstätigkeiten gegen ein Entgelt von 100 EUR im Monat beschäftigt. Bei der abverlangten Arbeitsleistung ergab das einen Stundenlohn von weniger als zwei Euro. Das Jobcenter machte aus übergegangenem Recht weitere Lohnansprüche geltend. Es liege eine sittenwidrige Lohnvereinbarung vor, die den Arbeitgeber zur Zahlung der üblichen Vergütung verpflichte.

 

Das LAG hat der Klage des Jobcenters im Wesentlichen entsprochen. Die Lohnvereinbarungen führten zu einem besonders groben Missverhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers. Die für einen Lohnwucher erforderliche verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers werde bei dieser Sachlage unterstellt. Die Arbeitsleistungen seien für den Arbeitgeber von wirtschaftlichem Wert gewesen. Sie hätten ansonsten von ihm selbst oder seinen festangestellten Mitarbeitern ausgeführt werden müssen. Auch entlaste es den Arbeitgeber nicht, dass er den Leistungsempfängern eine Hinzuverdienstmöglichkeit habe einräumen wollen. Dies berechtige ihn nicht, Arbeitsleistungen in einem Umfang abzufordern, der zu dem geringen Stundenlohn führte (LAG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 7.11.2014, 6 Sa 1148/14 und 6 Sa 1149/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Arbeitsvertrag in deutscher SpracheGewährt ein Arbeitgeber älteren Arbeitnehmern jährlich mehr Urlaubstage als den jüngeren, kann diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zulässig sein. Bei der Entscheidung, ob eine solche freiwillige Urlaubsregelung dem Schutz älterer Beschäftigter dient und geeignet, erforderlich und angemessen ist, steht dem Arbeitgeber ein weiter Einschätzungsspielraum zu.

 

Diese Entscheidung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines großen nicht tarifgebundenen Schuhfabrikanten. Dieser gewährt seinen in der Schuhproduktion tätigen Arbeitnehmern nach Vollendung des 58. Lebensjahres jährlich 36 Arbeitstage Erholungsurlaub und damit zwei Urlaubstage mehr als den jüngeren Arbeitnehmern. Die 1960 geborene Klägerin hat gemeint, die Urlaubsregelung sei altersdiskriminierend. Der Arbeitgeber müsse ihr deshalb auch jährlich 36 Urlaubstage gewähren. Die Vorinstanzen haben den hierauf gerichteten Feststellungsantrag der Klägerin abgewiesen.

 

Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Die Richter machten deutlich, dass der Arbeitnehmer seinen Gestaltungs- und Ermessensspielraum nicht überschritten habe. Dieser hatte argumentiert, dass die Arbeitnehmer bei der Fertigung von Schuhen körperlich ermüdende und schwere Arbeit leisten müssten. Dabei würden die Arbeitnehmer nach Vollendung ihres 58. Lebensjahres längere Erholungszeiten als jüngere Arbeitnehmer benötigen. Auch die Annahme, zwei weitere Urlaubstage seien aufgrund des erhöhten Erholungsbedürfnisses angemessen, sei nach Ansicht des Gerichts nicht zu beanstanden. Dies gelte insbesondere, da auch der Manteltarifvertrag der Schuhindustrie, der mangels Tarifbindung der Parteien keine Anwendung fand, zwei zusätzliche Urlaubstage ab dem 58. Lebensjahr vorsah (BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Paragraf, ImpressumEin Arbeitnehmer erhält keinen Annahmeverzugslohn, soweit er keine Auskunft über den mit seiner Musikband erzielten Zwischenverdienst durch Auftritte erteilt.

 

Diese Entscheidung traf das Arbeitsgericht Aachen im Fall eines Arbeitnehmers, der seit 1981 im Unternehmen beschäftigt war. Er wurde von seinem Arbeitgeber am 28.1.09 fristlos gekündigt. Im Kündigungsschutzverfahren einigten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dessen ordnungsgemäße Abwicklung.

 

Der Kläger ist Schlagzeuger einer regional bekannten Band und trat mit dieser unter anderem am 16.2.09 während seiner attestierten Arbeitsunfähigkeit auf. Mindestens weitere 25 Auftritte an 15 Tagen im Wesentlichen in der Karnevalssession folgten. Mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht Aachen begehrte der Kläger Vergütungszahlungen vom 1.2.09 bis zum 30.6.09, zum einen als Entgeltfortzahlung wegen seiner attestierten Erkrankung, zum anderen als Annahmeverzugslohn, da der Arbeitgeber seine Arbeitsleistung nach Ausspruch der außerordentlichen fristlosen Kündigung nicht abrief.

Im Prozess war der Arbeitnehmer der Meinung, dass er sog. Zwischenverdienst aus seiner Tätigkeit als Schlagzeuger von den diversen Auftritten weder angeben noch sich diesen anrechnen lassen müsse. Die Auftritte hätten außerhalb seiner üblichen Arbeitszeit stattgefunden. Der Arbeitgeber war der Ansicht, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn habe, sich aber zumindest die Einnahmen durch die Bandauftritte anrechnen lassen müsse, die während der üblichen und geplanten Arbeitszeit stattfanden. Ein Abgleich der Auftritte und Schichten des Klägers ergab, dass er einmal während der für ihn geplanten Frühschicht und viermal während der für ihn geplanten Spätschicht auftrat.

 

Das Arbeitsgericht Aachen entschied, dass der Kläger verpflichtet war, seine Einnahmen anzugeben. Um Annahmeverzugslohn zu berechnen, ist entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Gesamtberechnung vorzunehmen. Der Gesamtvergütung, die der Arbeitnehmer bei der Erbringung seiner Arbeitsleistung erhalten hätte, ist gegenüberzustellen, was der Arbeitnehmer in der Zeit anderweitig erhalten hat. Hierzu gehören auch die Einkünfte als Schlagzeuger für Auftritte während der geplanten und nicht mehr abgeleisteten Arbeitszeit. Angaben zu diesem Verdienst machte der Kläger im Arbeitsgerichtsprozess nicht. Ein Anspruch habe daher nicht bestanden.

 

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Labyrinth Paragraph iGroßflächige, nicht von der Sommeruniform verdeckte Tätowierungen berechtigen das Land NRW, die Einstellung eines Bewerbers in den Polizeivollzugsdienst abzu­lehnen.

 

Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen im Fall eines Bewerbers entschieden, der im Wege einer einstweiligen Anordnung seine Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes-Nordrhein-Westfalen durchsetzen wollte. Der Bewerber hat an den Unterarmen tätowierte Schriftzüge (jeweils ungefähr 15 cm breit und 2,5 cm hoch), bei denen es sich um die Vornamen seiner beiden Töchter handelt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Einstellung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass in der Dienstausübung jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrags zurückzutreten habe. Die sich insbesondere aus der Uniform ergebende Legitimation und Autorität eines Polizeivollzugsbeamten dürfe durch Tätowierungen nicht beeinträchtigt werden. Großflächige, nicht von der Sommeruniform verdeckte Tätowierungen seien daher ein Einstellungshindernis. Hiergegen hat der Bewerber die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, er könne auch im Sommer langärmelige Uniformhemden tragen, die seine Tätowierungen verdeckten.

 

Dieser Argumentation ist das OVG nicht gefolgt. Der Dienstherr sei berechtigt, Polizeivollzugsbeamten Vorgaben für die äußere Erscheinung im Dienst, etwa für Tätowierungen, zu machen. Dies sei hier durch Verwaltungsvorschriften geschehen. Danach sei der Dienstherr berechtigt, die Einstellung eines im sichtbaren Bereich großflächig tätowierten Bewerbers abzulehnen. Diese Bestimmungen seien nicht unverhältnismäßig, weil der Dienstherr Tätowierungen nicht ausnahmslos verbiete. Denn grundsätzlich seien großflächige Tätowierungen im von der Sommeruniform verdeckten Bereich sowie Tätowierungen minderer Größe im sichtbaren Bereich weiterhin zulässig (OVG Nordrhein-Westfalen 26.9.14, 6 B 1064/14).
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl