Der Betriebsrat durfte die Zustimmung zur Einstellung von neuen Arbeitnehmern auf Einschicht-Arbeitsplätzen mit 17 Wochenstunden zu Recht verweigern.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg im Fall des international tätigen Paketlogistikers UPS. Dieser möchte am Standort Ditzingen Arbeitnehmer nur in einer von drei Schichten in Teilzeit mit einer Wochenarbeitszeit von 17 Stunden beschäftigen. Er lehnt Arbeitszeiterhöhungen auf 34 Stunden pro Woche in zwei Schichten grundsätzlich ab. Der Betriebsrat verweigerte daher in mehr als hundert Fällen seine Zustimmung zur Einstellung von neuen Arbeitnehmern auf Einschicht-Arbeitsplätzen mit 17 Wochenstunden. Darin sah er eine Benachteiligung der aufstockungswilligen Arbeitnehmer.

Das LAG hielt die Zustimmungsverweigerungen des Betriebsrats für begründet. Die Richter verwiesen zur Begründung auf das Betriebsverfassungsgesetz. Danach kann der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers verweigern, wenn diese gegen ein Gesetz verstößt. Das sei vorliegend der Fall. So müsse die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers sachlich gerechtfertigt sein. Eine Einschränkung der Flexibilisierung des Personaleinsatzes mit Mehrarbeit durch Doppelschichtarbeitsplätze sei nicht erkennbar. Ein erhöhter Organisationsaufwand in Vertretungsfällen wie Urlaub und Krankheit sei hinzunehmen. Höhere Krankenstände und eine größere Zahl von Betriebsunfällen in den Doppelschichten seien nicht zwingend auf die höhere Arbeitszeit zurückzuführen. UPS unterlaufe daher mit seinem Konzept, nur Arbeitnehmer in Teilzeit zu beschäftigen, den Anspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit nach § 9 TzBfG. Gemäß § 9 TzBfG hat ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer bei Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes grundsätzlich einen Anspruch auf Verlängerung seiner Arbeitszeit (LAG Baden-Württemberg, 6 TaBV 9/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Altersgrenzen in Betriebsvereinbarungen, nach denen das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Kalendermonats endet, in dem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht, sind wirksam.

So urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines 1942 geborenen Arbeitnehmers. Dieser war seit 1980 bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Nach der von beiden Parteien unterzeichneten „Einstellungsmitteilung“ war das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Gesamtbetriebsvereinbarung aus dem Jahr 1976 sah die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des 65. Lebensjahres vor. Dieses vollendete der Arbeitnehmer im August 2007. Mit seiner Klage hat er sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt.

Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Arbeitnehmers blieb erfolglos. Die Richter entschieden, dass Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeber in einer freiwilligen Gesamtbetriebsvereinbarung eine Altersgrenze für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln könnten. Dabei hätten sie die Grundsätze von Recht und Billigkeit zu beachten. Diese seien gewahrt, wenn die Altersgrenze an den Zeitpunkt anknüpfe, zu dem der Arbeitnehmer die Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen könne. Eine solche Regelung verstoße nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Die Vereinbarung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses sei auch keine, die Altersgrenzenregelung der Gesamtbetriebsvereinbarung verdrängende einzelvertragliche Abmachung (BAG, 1 AZR 417/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Allein der Umstand, dass im Arbeitsvertrag die Tätigkeit des Arbeitnehmers nur rudimentär beschrieben ist und dem Arbeitnehmer gleichwohl hohe Vergütungsansprüche zustehen, berechtigt den Arbeitgeber weder zur Anfechtung noch zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Dies hat das Arbeitsgericht Neumünster im Fall eines Ehepaares entschieden, das vor nahezu 20 Jahren einen immensen Lottogewinn gemacht hatte. Jetzt schreibt die Ehefrau Kinderbücher. Mit dem Kläger schlossen sie einen Arbeitsvertrag. Dieser wurde als „Vertriebsmanager“ zu einem Monatsgehalt von 20.000 EUR ohne Probezeit für zunächst zwei Jahre fest eingestellt. Als der Vertrag einen Tag später leicht geändert werden sollte, konnte man sich nicht einigen. Daraufhin fochten die Eheleute den Arbeitsvertrag wegen Irrtums und arglistiger Täuschung an und kündigten vorsorglich fristlos und fristgerecht.

Vor dem Arbeitsgericht hatten sie damit jedoch keinen Erfolg. Dieses gab der Kündigungsschutzklage des Klägers statt. Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft seien nicht ersichtlich. Auch hätten die Eheleute den Arbeitsvertrag weder wirksam angefochten noch fristlos gekündigt. Ihre Behauptung, der Kläger habe ihnen wahrheitswidrig vorgespiegelt, Kontakte zu Verlagen und Showstars zu haben, sei ein unbeachtlicher Motivirrtum. Auch aus den finanziellen Regelungen des Arbeitsvertrags lasse sich kein Anfechtungsrecht herleiten. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Ehemann dem Kläger nach einer Überlegungsfrist am Folgetag einen in finanzieller Hinsicht fast gleiches Alternativangebot unterbreitet habe, ohne auch hierin die geschuldete Tätigkeit näher zu beschreiben. Auch sei es im Arbeitsleben nicht außergewöhnlich, befristete Arbeitsverträge ohne Kündigungsmöglichkeit mit einer festen Laufzeit von zwei Jahren abzuschließen. Die Ausnutzung einer Zwangslage oder eine Unerfahrenheit könne hieraus nicht hergeleitet werden (Arbeitsgericht Neumünster, 3 Ca 1359 b/12, Berufung beim LAG Schleswig-Holstein, 1 Sa 50/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

In den vergangenen Jahren sind viele Teilzeitstellen entstanden, zahlreiche Arbeitnehmer sichern ihren Broterwerb durch zwei oder mehr Jobs ab. Dabei stellt sich dann die Frage der Rechtslage bei Urlaubszeiten. Liegt aus arbeitsrechtlicher Sicht ein Verstoß gegen § 8 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) vor, nach dem während des Urlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit geleistet werden darf?

Beispiel: Rechtsanwaltsfachangestellte R. arbeitet 35 Stunden in einer Kanzlei in W. Sie hat gleichzeitig mit einer Kanzlei in M. einen Arbeitsvertrag dahingehend geschlossen, dass sie wöchentlich zehn Stunden mit der Korrespondenz und Aktenvorbereitung für den jeweils nächsten Arbeitstag betraut wird. Beide Arbeitgeber wissen, dass R. jeweils noch in einer anderen Anwaltskanzlei beschäftigt ist. R. nimmt nun zwei Wochen Urlaub in der Kanzlei mit ihrer 35-Stunden-Stelle, ohne gleichzeitig auch bei ihrem anderen Arbeitgeber Urlaub zu nehmen. Dort ist sie erst seit zwei Monaten beschäftigt und möchte vorerst keinen Urlaub nehmen. Stellt diese Konstellation arbeitsrechtlich ein Problem dar?

Nein! Denn die Nebentätigkeit der R. wurde genehmigt. Ein Arbeitnehmer mit mehreren Arbeitsstellen kann frei entscheiden, zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Dauer er bei einem seiner Arbeitgeber Urlaub nimmt. Keinesfalls muss er zur gleichen Zeit Urlaub bei allen Arbeitsstellen nehmen.

Hinweis: § 8 BUrlG verbietet Arbeitnehmern eine Erwerbstätigkeit während des Urlaubs. Dies gilt aber nur für Arbeitstätigkeiten, die nur für die Zeit des Urlaubs aufgenommen werden. Grundsätzlich darf eine Nebentätigkeit nicht verboten werden. Will ein Arbeitnehmer jedoch neben seiner Haupttätigkeit gleichzeitig bei einem anderen Arbeitgeber tätig sein, ist die Zustimmung seines Arbeitgebers notwendig.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Arbeitgeber darf im Rahmen des Direktionsrechts Betriebsferien anordnen. Während der Betriebsferien wird der Urlaubsanspruch der Mitarbeiter erfüllt, unabhängig davon, ob diese mit dem angeordneten „Zwangsurlaub“ einverstanden sind.

Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Kochs entschieden, der von März 2011 bis Mitte 2012 in einem Gasthaus beschäftigt war. Der Arbeitsvertrag sah einen Jahresurlaub von 28 Tagen vor. Im Juli 2011 war das Gasthaus wegen Betriebsferien für acht Arbeitstage geschlossen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte der Koch etwa 3.560 Euro als Ausgleich für 28 Urlaubstage. Mit den angeordneten Betriebsferien sei er nicht einverstanden gewesen, sodass sein Urlaubsanspruch nicht erfüllt worden sei.

Dieser Ansicht schloss sich das LAG nicht an. Zwar sei zunächst der gesamte Jahresurlaubsanspruch für 2011 angefallen, obwohl das Arbeitsverhältnis erst im März 2011 begonnen hatte. Dies ergebe sich aus dem Bundesurlaubsgesetz, wonach der volle Jahresurlaub erstmals nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben wird. Der Jahresurlaub sei aber laut LAG mindestens zur Hälfte in den Betriebsferien zu nehmen. Daher sei der Urlaubsanspruch des Kochs im Umfang von acht Arbeitstagen erfüllt worden. Auch wenn der Arbeitgeber bei der Urlaubsgenehmigung die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen soll, stehe es im Ermessen des Arbeitgebers, Betriebsferien im Rahmen des Direktionsrechts anzuordnen.

Hinweis: Insbesondere in kleinen Unternehmen oder Arztpraxen ist eine Beschäftigung von Mitarbeitern nicht sinnvoll, wenn der Arbeitgeber im Urlaub ist. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht ist jedoch nicht gesetzlich verankert, dass Mitarbeiter stets dann Urlaub nehmen müssen, wenn der Arbeitgeber selbst in den Urlaub fährt. Einigkeit besteht darin, dass dem Mitarbeiter noch ausreichend Urlaubstage zur freien Verfügung verbleiben müssen. Dementsprechend empfiehlt sich eine genaue Regelung im Arbeitsvertrag, um unnötigen Auseinandersetzungen vorzubeugen (LAG Rheinland-Pfalz, 10 Ta 149/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Beschäftigter, der eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beansprucht, weil er sich wegen eines durch das AGG geschützten Merkmals benachteiligt sieht, muss Indizien dafür vortragen, dass seine weniger günstige Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt oder dies zumindest zu vermuten ist.

Auf diese prozessuale Regelung wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) hin. Geklagt hatte eine schwerbehinderte Frau, die seit 1996 als Büro- und Schreibkraft im Bundespräsidialamt tätig war. Nach längerer Erkrankung wurde im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements im Dezember 2009 festgelegt, dass sie nach Möglichkeit die Beschäftigungsdienststelle wechseln solle. Das Bundespräsidialamt wandte sich daraufhin auch an den Deutschen Bundestag, ob die Frau dort eingesetzt werden könne. Im Juni 2010 schrieb der Deutsche Bundestag eine Stelle als Zweitsekretärin/Zweitsekretär für das Büro der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags aus. Auf diese Stelle bewarb sich die Klägerin, die über die verlangte berufliche Ausbildung verfügt, unter Hinweis auf ihre Schwerbehinderung. Es fand auch ein Vorstellungsgespräch statt, an dem u.a. die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten teilnahm. Ohne Angabe von Gründen wurde der Klägerin anschließend eine Absage erteilt. Nach der Ankündigung, Schadenersatzansprüche geltend zu machen, teilte der Deutsche Bundestag mit, dass die Ablehnung der Klägerin in keinem Zusammenhang mit der Schwerbehinderung gestanden habe. Vielmehr habe sie im Rahmen des Vorstellungsgesprächs keinen überzeugenden Eindruck hinterlassen.

Wie schon in den Vorinstanzen blieb die Entschädigungsklage auch vor dem BAG ohne Erfolg. Die Klägerin habe keine Indizien vorgetragen, die die Vermutung zuließen, ihre Bewerbung sei wegen ihrer Schwerbehinderung erfolglos geblieben. Zwar habe die Beklagte die Gründe für die Ablehnung der Klägerin zunächst nicht dargelegt. Dazu wäre sie jedoch nur verpflichtet gewesen, wenn sie der Pflicht zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen nicht hinreichend nachgekommen wäre. Das habe die Klägerin nicht dargelegt. Auch die weiteren, von der Klägerin angeführten Tatsachen würden nach Ansicht der Richter keine Indizien dafür darstellen, dass sie wegen ihrer Behinderung bei der Bewerbung unterlegen sei. Auch der Ablauf des Vorstellungsgesprächs lasse diesen Schluss nicht zu (BAG, 8 AZR 180/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG gilt das Kündigungsschutzgesetz für nach dem 31.12.2003 eingestellte Arbeitnehmer nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Bei der Berechnung der Betriebsgröße sind auch im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, wenn ihr Einsatz auf einem „in der Regel“ vorhandenen Personalbedarf beruht. Dies gebietet eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der gesetzlichen Bestimmung.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitnehmers, der seit 2007 bei seinem Arbeitgeber beschäftigt war. Der Arbeitgeber beschäftigte einschließlich des Klägers zehn eigene Arbeitnehmer. Im November 2009 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristgerecht. Mit seiner Kündigungsschutzklage hat der Kläger geltend gemacht, bei der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer seien auch die vom Arbeitgeber eingesetzten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen, weil das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde.

Die Revision des Klägers hatte vor dem BAG Erfolg. Es sei nach Ansicht der Richter nicht auszuschließen, dass im Betrieb des Arbeitgebers mehr als zehn Arbeitnehmer i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG beschäftigt waren. Der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern stehe nicht schon entgegen, dass sie kein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber begründet hätten. Die Herausnahme der Kleinbetriebe aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes solle der dort häufig engen persönlichen Zusammenarbeit, ihrer zumeist geringen Finanzausstattung und dem Umstand Rechnung tragen, dass der Verwaltungsaufwand, den ein Kündigungsschutzprozess mit sich bringt, die Inhaber kleinerer Betriebe typischerweise stärker belaste. Dies rechtfertige keine Unterscheidung danach, ob die den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke auf dem Einsatz eigener oder dem entliehener Arbeitnehmer beruhe. Das BAG hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es stehe noch nicht fest, ob die im Kündigungszeitpunkt im Betrieb tätigen Leiharbeitnehmer aufgrund eines regelmäßigen oder eines für den Betrieb „in der Regel“ nicht kennzeichnenden Geschäftsanfalls beschäftigt waren (BAG, 2 AZR 140/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Arbeitnehmer, die eine neue Stelle antreten, müssen keine körperliche Verfassung mitbringen, die jeglichen künftigen Arbeitsausfall ausschließt

So sah es das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln im Fall eines Angestellten. Dieser hatte seine ehemalige Arbeitgeberin verklagt, weil sie seine Zahlungsansprüche aus einem beendeten Dienst¬verhältnis nicht beglichen hatte. Streitpunkt war, dass sich der Arbeitnehmer innerhalb kurzer Zeit zweimal arbeitsunfähig gemeldet hatte. Daraufhin nahm die Arbeitgeberin die ihr nach dem Kündigungsschutzgesetz eingeräumte Möglichkeit wahr, dem Arbeitnehmer während der gesetzlichen Wartezeit zu kündigen. Sie begründete ihre Entscheidung mit Zweifeln an der zufriedenstellenden Erfüllung der berufstypischen Aufgaben.

Da der Arbeitnehmer seine Arbeit an sich jedoch ordentlich erledigt hatte, entschied das LAG Köln zu seinen Gunsten. Das Gericht war der Ansicht, dass ein Arbeitnehmer zwar objektiv für die von ihm ausgeübte berufliche Tätigkeit geeignet sein müsse. Dennoch schließe die grundsätzliche Eignung nicht aus, dass ein Angestellter unter Umständen eine höhere Krankheitsanfälligkeit als andere Beschäftigte entwickeln könne. Das sei jedoch für sich genommen noch kein Grund, Lohnzahlungen auszusetzen (LAG Köln, 7 Sa 847/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Arbeitgeber kann unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise keine Aufklärung über das Bestehen einer Schwangerschaft seitens der Bewerberin verlangen. Dies gilt auch, wenn nur ein befristeter Arbeitsvertrag begründet werden soll und feststeht, dass die Bewerberin während eines wesentlichen Teils der Vertragslaufzeit nicht arbeiten kann.

Diese für den Arbeitgeber schmerzliche Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln im Fall eines Arbeitgebers, der eine Schwangerschaftsvertretung suchte. Nachdem der Vertrag mit der Bewerberin geschlossen war, stellte sich heraus, dass auch sie schwanger war. Der Arbeitgeber erklärte daraufhin die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung.

Das LAG machte jedoch deutlich, dass die Anfechtung unwirksam sei. Die Bewerberin sei bei Vertragsschluss nicht verpflichtet gewesen, das Bestehen der Schwangerschaft zu offenbaren. Ein Verschweigen von Tatsachen stelle nur eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich dieser Tatsachen eine Aufklärungspflicht bestehe. Im Hinblick auf eine Schwangerschaft sei dies nach den Geboten von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zur Vermeidung einer Geschlechtsdiskriminierung nicht der Fall. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass von Anfang an ein befristeter Arbeitsvertrag zwischen den Parteien in Rede gestanden habe. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sei die Frage nach der Schwangerschaft auch unzulässig, wenn ein befristeter Arbeitsvertrag begründet werden solle, und feststehe, dass die Bewerberin aufgrund der Schwangerschaft während eines wesentlichen Teils der Vertragslaufzeit nicht arbeiten könne (LAG Köln, 6 Sa 641/12; EuGH, C-109/00).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Sucht ein öffentlicher Arbeitgeber in einer an „Berufsanfänger“ gerichteten Stellenanzeige für ein Traineeprogramm „Hochschulabsolventen/Young Professionells“ und lehnt er einen 36jährigen Bewerber mit Berufserfahrung bei einer Rechtsschutzversicherung und als Rechtsanwalt ab, so ist dies ein Indiz für eine Benachteiligung dieses Bewerbers wegen seines Alters. Der Arbeitgeber trägt dann die Beweislast dafür, dass ein solcher Verstoß nicht vorgelegen hat. Er darf sich darauf berufen, dass der Bewerber aufgrund seiner im Vergleich zu den Mitbewerbern schlechteren Examensnoten nicht in die eigentliche Bewerberauswahl einbezogen worden ist.

So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer öffentlich-rechtlichen Krankenhausträgerin. Diese hatte Zeitungsinserate aufgegeben, in denen es u.a. hieß: „Die C. hat in den kommenden Jahren einen relevanten Bedarf an Nachwuchsführungskräften. Um diesen abzudecken, gibt es ein spezielles Programm für Hochschulabsolventen/Young Professionells: Traineeprogramm an der C. Dabei sollen jährlich zunächst zwei Hochschulabsolventen rekrutiert und dem Programm „C“ zugeführt werden. Da es sich per definitionem um Berufsanfänger handelt, stehen neben den erworbenen Fähigkeiten vor allem die persönlichen Eigenschaften im Mittelpunkt.“ Der damals 36-jährige Kläger, ein Volljurist mit mehrjähriger Berufserfahrung, erhielt auf seine Bewerbung eine Absage. Dies sah er als eine Benachteiligung wegen seines Alters an und verlangte von der Beklagten eine Entschädigung. Die Beklagte bestritt eine solche Diskriminierung und machte geltend, sie habe eine Auswahl nach den Examensnoten getroffen und nur diejenigen Bewerber in Betracht gezogen, die Examensnoten von gut oder sehr gut aufgewiesen hätten. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts teilweise Erfolg. Die Stellenausschreibung, die sich an Hochschulabsolventen/Young Professionells und an Berufsanfänger richtet, begründe nach Ansicht der Richter ein Indiz für eine Benachteiligung des abgelehnten Klägers wegen dessen Alters. Dieses Indiz könne die Beklagte widerlegen, wenn sie nur die Bewerber mit den besten Examensnoten in die Bewerberauswahl einbezogen hätte. Das Grundgesetz gebe nämlich vor, dass sie als öffentliche Arbeitgeberin die Stellen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Bewerber besetzen müsse. Da der Kläger eine solche Bewerberauswahl durch die Beklagte bestritten hatte, war die Sache zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (BAG, 8 AZR 429/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl