Trägt ein Mietinteressent hinreichende Indizien dafür vor, dass die mehrfachen Absagen für Wohnungsbesichtigungen offensichtlich aufgrund seines türkisch klingenden Namens erfolgten, muss der Vermieter beweisen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen haben.

So entschied es das Amtsgericht Charlottenburg. Der Mieter kann sich für die Sammlung von Indizien des sog. Testing-Verfahrens bedienen, d. h., er kann nach der Absage eine erneute Anfrage unter anderem Namen starten. Gelingt dem Vermieter der ihm obliegende Beweis nicht, liegt ein Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung wegen ethnischer Herkunft vor.

Etwas anderes kann gelten, wenn der Rechtfertigungsgrund gemäß § 19 Abs. 3 AGG gegeben ist: Danach ist eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf das Schaffen und Erhalten sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig. Es bestehen aber Zweifel an der Europarechtskonformität dieser Norm, sodass sie bereits das AG Hamburg-Barmbek (3.2.17, 811b C 273/15) nur anwendet, wenn es sich bei der gezielten Vermietung an bestimmte Personen oder Personengruppen um „positive Maßnahmen“ i. S. v. § 5 AGG handelt. Dem schließt sich das AG Charlottenburg an.

Der Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld wird nach teilweise vertretener Auffassung nur bei einer vorsätzlichen Diskriminierung zugestanden. Dem hat sich das AG Charlottenburg ausdrücklich nicht angeschlossen. Das ergebe sich nicht aus dem Gesetz und könne auch nicht hineininterpretiert werden.

Quelle: Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 14.1.2020, 203 C 31/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Erhält ein Mieter eine Eigenbedarfskündigung, sollte er sich sein weiteres Vorgehen gut überlegen. Das gilt insbesondere in Fällen, in denen es dem Vermieter möglicherweise nur darauf ankommt, ein gutes Geschäft zu machen. Wie wichtig hier eine gute Beratung ist, zeigt der folgende Fall.

Ausgangsfall
Der Vermieter schickte dem Mieter eine WhatsApp-Nachricht, wonach er ihm wegen Eigenbedarf für seine Nichte kündigen müsse. Wenige Tage später erhielt der Mieter eine zweite Nachricht, wonach der Vermieter für seine Nichte eine vergleichbare Wohnung gefunden habe, allerdings mit befristetem Mietvertrag und höherer Miete, als der Mieter sie zahle. Der Vermieter würde nun auf die Kündigung verzichten, wenn der Mieter bereit sei, eine zeitlich befristete Vertragsbindung auf drei Jahre mit höherer Miete (so wie die Nichte sie zahle) einzugehen. Muss der Mieter dies tun?

Die Lösung
Nein. Die bloße Ankündigung einer Eigenbedarfskündigung, zumal per WhatsApp, löst allein noch keine Rechtswirkung aus.

Eine Nichte gehört zum privilegierten Personenkreis des Mietrechts, für den ein Vermieter Eigenbedarf geltend machen kann. Für Verwandte in der Seitenlinie, wie Nichten und Neffen, hat der BGH (27.1.10, VIII ZR 159/09, Abruf-Nr. 100747) entschieden: Es kommt nicht darauf an, ob eine besondere persönliche Beziehung oder soziale Bindung zum Vermieter besteht. Der Vermieter kann also Eigenbedarf für die Nichte geltend machen.

Die schlichte Vereinbarung einer Befristung ohne Begründung wäre aber unwirksam, da zwingend ein Grund mitgeteilt werden muss. Wohnungsmietverträge können nur durch einen qualifizierten Zeitmietvertrag befristet werden. Mögliche Befristungsgründe sind:

• im Vertrag enthaltener Eigennutzungswille nach Ablauf der Mietzeit,
• Beseitigung oder wesentliche Veränderung der Mieträume und
• der Wille, die Räume an einen Dienstleistenden zu vermieten.

Es ist zwar grundsätzlich zulässig, eine höhere Miete zu vereinbaren. Die hier beabsichtigte Vereinbarung dürfte aber als eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung zum Zeitmietvertrag unwirksam sein. Unwirksam ist sie weiterhin, weil sie mit dem Verzicht des Vermieters auf die Eigenbedarfskündigung als Druckmittel verbunden ist. Sollte der Vermieter tatsächlich wegen Eigenbedarf für die Nichte kündigen, dürfte dies, selbst wenn er einen Eigenbedarfsgrund behaupten sollte, schon unwirksam sein, weil für die Nichte eine gleichwertige, wenn auch teurere Wohnung zur Verfügung steht.

Auch die Ernsthaftigkeit des Kündigungswillens steht infrage, wenn der Vermieter gleichzeitig dem Mieter eine Vertragsverlängerung mit höherer Miete anbietet. Bedarf muss tatsächlich im Sinne eines vernünftigen Erlangungsinteresses bestehen. Die Rechtsprechung hat nur einen Eigenbedarfsgrund darin gesehen, dass der Vermieter oder die Bedarfsperson in einer unzumutbar teuren Wohnung wohnt und sie Bedarf an einer vermieteten billigeren Wohnung geltend macht.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Erklärt der Vermieter gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters die Aufrechnung mit einem Schadenersatzanspruch wegen Beschädigung der Mietsache, setzt dies voraus, dass sich die Ansprüche vor Eintritt der Verjährung des Schadenersatzanspruchs aufrechenbar gegenüberstanden.

Das stellte das Kammergericht (KG) klar. Die Richter machten dabei deutlich, dass wegen der erforderlichen Gleichartigkeit der Ansprüche somit vor Eintritt der Verjährung ein Schadenersatzanspruch auf Zahlung bestanden haben muss.

Der Schadenersatzanspruch wegen Verletzung des Integritätsinteresses des Vermieters durch Beschädigungen oder vertragswidrige Veränderungen der Mietsache während der Mietzeit erfordert zwar keine Fristsetzung. Es handelt sich nämlich nicht um einen vertraglichen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands.

Jedoch ist der Schadenersatzanspruch zunächst auf Wiederherstellung der Sache gerichtet. Es fehlt also insoweit an einer Aufrechnungslage, bis der Vermieter seine Ersetzungsbefugnis ausübt und statt der Herstellung den dafür erforderlichen Geldbetrag verlangt.

Quelle: KG, Beschluss vom 2.12.2019, 8 U 104/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Der Bundestag hat am 25.03.2020 ein „Corona-Maßnahmenpaket“ beschlossen. Wichtiger Bestandteil des Paketes ist eine „Unterbrechung“ des Vermieter-Kündigungsrechts bei Corona-bedingtem-Mietzinszahlungsverzug: Für die Zeit bis zum 30.06.2020 ist das Kündigungsrecht des Vermieters ausgeschlossen, wenn der Mieter wegen der Corona-Folgen die Miete nicht zahlen kann. Im Gesetz wird nicht zwischen privaten und gewerblichen Mietern unterschieden.
Erst große Gewerbemieter (Adidas, H&M etc.) hatten ursprünglich angekündigt die Mietzahlungen ab April 2020 einzustellen.

I. Voraussetzungen
Aus einem Gewerbemietvertrag ergibt sich das Recht des Mieters, die angemietete Gewerbefläche für sein (genehmigtes) Gewerbe zu nutzen.
Zu unterscheiden sind im Zusammenhang mit den CORONA-Maßnahmen der Bundesregierung
• Betriebe, die nach den Rechtsverordnungen und Allgemeinverfügungen der Bundesländer zur (vorrübergehenden) Schließung verpflichtet sind, und
• Betriebe, die aufgrund der Corona-Maßnahmen einen Umsatzeinbruch zu verzeichnen haben (z.B. Hotels).

Die nachfolgende Untersuchung hat die erste Fallgruppe zum Gegenstand: Betriebe, die zur vorrübergehenden Schließung verpflichtet sind.
Grundlage hier ist die NRW-VO „Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (CoronaSchVO)“ vom 22.03.2020, entsprechend der Verordnungen anderer Bundesländer.

  • Danach sind derzeit in NRW untersagt der Betrieb von:
    • allen nicht explizit geöffneten Verkaufsstellen des Einzelhandels
    • Friseure (seit 23.03.2020)
    • Gaststätten (seit 23.03.2020)
    • Restaurants (seit 23.03.2020)
    • Bars (seit 16.03.2020)
    • Massagepraxen (seit 23.03.2020)
    • Tattoo-Studios (seit 23.03.2020)
    • Clubs (seit 16.03.2020)
    • Diskotheken (seit 16.03.2020)
    • Kneipen und ähnliche Einrichtungen (seit 16.03.2020).
    • Theater (seit 16.03.2020)
    • Opernhäuser (seit 16.03.2020)
    • Konzerthäuser (seit 16.03.2020)
    • Museen (seit 16.03.2020)
    • Messen (seit 18.03.2020)
    • Ausstellungen (seit 18.03.2020)
    • Kinos (seit 16.03.2020)
    • Freizeit- und Tierparks (seit 18.03.2020)
    • Spielhallen (seit 16.03.2020)
    • Spielbanken (seit 16.03.2020)
    • öffentliche Kantinen oder Cafeterien in Krankenhäusern
    • Wettannahmestellen und ähnliche Einrichtungen (seit 16.03.2020)
    • Prostitutionsbetriebe (seit 16.03.2020)
    • Sporteinrichtungen (seit 17.03.2020)
    • Fitnessstudios (seit 16.03.2020)
    • Saunen (seit 16.03.2020)
    • Schwimm- und Spaßbäder (seit 16.03.2020)
    • Spielplätze (seit 18.03.2020)
    • Bolzplätze (seit 18.03.2020)
    • Kosmetikstudio (seit 23.03.2020)

II. Herleitung einer Zahlungsverweigerung/eines Zurückbehaltungsrechts

1. Schließungsverpflichtung als „Mietmangel“ i.S.d. 536 BGB

Mietmängel berechtigen den Mieter zur Mietminderung (§ 536 BGB).

a) Öffentlich-rechtliche Vorschriften können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) einen Mietmangel darstellen; aber nur dann, wenn die Nutzungsbeschränkung auf der konkreten baulichen Beschaffenheit der Mietsache beruht und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters, vgl. (BGH vom 20.11.2013, Az. XII ZR 77/12).

Denn der Vermieter zeichnet sich verantwortlich für den Eignung und Zustand der Sache zum vereinbarten vertraglichen Gebrauch. Die Schließungsverfügung hingegen betrifft den Inhalt des konkret ausgeübten Gewerbes. Anders ausgedrückt: Ausgangs- und Versammlungsbeschränkungen z.B. Ausgangsbeschränkungen, Versammlungsbeschränkungen oder „fehlende Systemrelevanz“ sind öffentlich-rechtliche Vorschriften. Diese beruhen nach der hier vertretenden Einschätzung aber gerade nicht auf baulichen Umständen. Vielmehr haben sie die konkrete Art des ausgeübten Gewerbes zum Gegenstand: Untersagt wird nicht das Gewerbe X im Gewerbeobjekt Y, sondern die Ausübung des Gewerbes X schlechthin, unter anderem auch im Objekt Y.

b) Nach anderen Auffassungen kommt es für die Feststellung eines Mietmangels zugunsten des Gewerbemieters auf die „Unmittelbarkeit“ der Einwirkung von außen an:
So entscheidet der XII. Zivilsenat des BGH, aber auch die für das gewerbliche Mietrecht zuständigen Senate der Oberlandesgerichte die Fälle von Minderungen wegen Außeneinwirkungen, sog. „Umweltmängel“, weiterhin danach, ob eine „Unmittelbarkeit“ der Einwirkung auf die Mietsache von außen gegeben ist oder nicht. Eine solche Unmittelbarkeit wird z.B. bejaht, wenn eine Gaststätte aufgrund von Baustellen regelrecht „eingekapselt“ wird, so dass sie nicht mehr oder nur noch schlecht erreichbar ist. Dann soll ein Mangel der Mietsache vorliegen (vgl. nur OLG Frankfurt, NZM 2015, 542; LG Hamburg BeckRS 2018, 38684).

Indes ist dieser Ansatz nach der hier vertretenen Auffassung nicht sachgerecht, wenn sich zwar eine unmittelbare Einwirkung gegeben ist, (hier die Gewerbestillstand durch Untersagung), diese jedoch selbst das unmittelbare Ergebnis einer „höherwertigen“, nämlich gesetzgeberischen Maßnahme ist, als Ergebnis einer gesetzgeberischen Abwägung verschiedener im Grundgesetz verankerter Rechtgüter und Interessen. Dann nämlich stellt sich die konkrete Beeinträchtigung des individuellen Gewerbebetriebes nur noch als „mittelbar“ dar, da die einschränkende Gesetzesmaßnahme unmittelbar einem anderen Rechtsgut dient (oder zumindest dienen soll): Hier dem (überragenden) Schutz der Gesundheit der Bevölkerung.

Dieser Gedanke findet auch seinen theoretischen Ansatz in der Lehre von den vertraglichen „Risikosphären“, (Larenz, SchuldR I, § 8 II, S. 100 ff.)  Danach lassen sich Risikosphären voneinander abgrenzen und den Beteiligten zuordnen. Damit lässt sich die Haftung selbst für zufällige Risiken danach verteilen,

  1. aus wessen Sphäre ein Risiko stammt,
  2. in wessen Sphäre sich ein Risiko zuerst auswirkt.

Unter beiden Gesichtspunkte wäre hier der Gewerbemieter derjenige, dem das uneingeschränkte Risiko und dessen Haftung zuzuweisen wäre. Denn das Risiko, sein Gewerbe wegen des konkreten behördlichen Verbots nicht ausüben zu dürfen, hat seinen Ursprung im konkret ausgeübten Gewerbe, und nicht etwa im „Anbieten von Gewerbeflächen“ des Vermieters. Darüber hinaus wirkt sich das Risiko auch im Gewerbetrieb des Gewerbemieters aus.
Mit anderen Worten: Der Betrieb eines Fitnessstudios wird durch die NRW-Verordnung untersagt, ohne die bauliche Substanz der Gewerberäume zu betreffen. Würde der Mieter in seinen Gewerbemieträumen Schutzmasken herstellen, wäre die Ausübung seines Gewerbebetriebes in den angemieteten Räumen weiterhin erlaubt.

Das Risiko der konkreten Gewerbeausübung gehört zur Risikosphäre des Mieters. Ein Minderungsgrund durch das behördliche Schließungsgebot/befristete Ausübungsverbot liegt nach der hier vertretenen Auffassung nicht vor.

2. Schließungsverpflichtung als „vorübergehende Unmöglichkeit“ i.S.d. § 275 BGB

Die „vorübergehende Unmöglichkeit“ ist eine gesetzlich nicht geregelte Leistungsstörung, dadurch gekennzeichnet, dass dem Schuldner die geschuldete Leistung zwar gegenwärtig, aber nicht dauerhaft unmöglich ist. Dogmatisch umstritten ist vor allem, ob diese Leistungsstörung nach den Regeln der Unmöglichkeit oder denen des Leistungsverzuges zu bewältigen ist, oder mit einer Kombination aus beidem.

Ausschlaggebend hinsichtlich der vorliegenden Fallfrage ist, ob der Gewerbemieter im Zeitraum eines Pandemiebedingten Gewerbeausübungsverbotes die von ihm angemieteten Räumlichkeiten nicht so nutzen kann, wie es der Vertrag vorgibt, mithin den Vermieter seine Vertragspflichten nicht erfüllt.

Je nachdem, zu welcher Auslegung man neigt, könnte sich daraus ein Minderungs- (oder gar Schadensersatzrecht) des eingeschränkten Gewerbemieters ergeben.

Allerdings ist fraglich allein, ob eine „von behördlichen Einschränkungen verschont bleibende Ermöglichung ungestörten Gewerbebetriebes“ eine dem Vermieter qua Vertrag obliegende Leistung ist.

Dies ist nicht der Fall: Schon hinsichtlich der Gebrauchseinschränkungen von Gaststätten im Zusammenhang mit den (behördlich angeordneten) Rauchverboten hat der BGH klargestellt, dass gesetzliche Einschränkungen keinen Mangel der Miet- oder Pachtsache darstellen, aus welchem der gewerbliche Mieter/Pächter einen Minderungsanspruch herleiten könne.

Auch der BGH bedient sich –zutreffend- der Risikoverteilung, wenn er ausführt, die mit dem gesetzlichen Rauchverbot zusammenhängende Gebrauchsbeschränkung beruhe nicht auf der konkreten Beschaffenheit der Miet- bzw. Pachtsache, sondern beziehe sich allein auf die Art und Weise der Betriebsführung des Mieters oder Pächters. Dies zugrunde gelegt, fallen die Folgen eines gesetzlichen Rauchverbots in Gaststätten allein in das wirtschaftliche Risiko des Mieters/Pächter (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011, AZ: XII ZR 189/09).

Nichts anderes hat auch bei der Betriebsstillegung durch Behörden/den Gesetzgeber zu gelten. Das Risiko einer ungestörten Fortführung seines Gewerbes entsteht und betrifft typischerweise in der eigenen geschäftlichen Risikosphäre des den Gewerbetreibenden selbst. Es ist gerade jenes Risiko, dem auf der anderen Seite enorme Gewinnmöglichkeiten gegenüberstehen.
Daraus ergibt sich, dass dem Vermieter bei Anordnung einer behördlichen/gesetzgeberischen Betriebsausübungsuntersagung -wie vorliegend- nicht vorgeworfen werden kann, seine vertragliche Leistung nicht oder zu spät zu erfüllen.
Vielmehr erschöpft sich die vertragliche Leistung des Vermieters in der Zur-Verfügung-stellung von den Räumlichkeiten, die den Betrieb eines Gewerbes des Mieters/Pächter dienen können.

Für Minderungsansprüche des gewerblichen Mieters ist hier demnach kein Raum. Zudem wäre es verfehlt, das Haftungsrisiko für gesetzgeberischer Entscheidungen demjenigen aufzubürden, der seinen Vertragsteil erfüllt: Dem Vermieter.
(Anm. d. A. Man stelle sich vor, Gastwirte während einer fiktiven deutschen Prohibition könnten die Miet- und Pachtzahlungen mit dem Argument einstellen, der Vermieter sei dauerhaft gehindert, ihnen den Ausschank von Alkohol zu ermöglichen).

3. Schließungsverpflichtung als „Wegfall der Geschäftsgrundlage“

Eine „Störung der Geschäftsgrundlage“ im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag so nicht geschlossen hätte, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten.

Eine solche „Störung der Geschäftsgrundlage“ berechtigt nach § 313 Abs. 1 BGB zur Anpassung des Mietvertrags, hier möglicherweise eine Mietminderung bis zu 100 % zumindest aber eine Anpassung. Dies würde bedeuten: Eine Anpassung des Mietzinses kann verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.“
Sicherlich haben die Vertragsparteien eine behördlich angeordnete Schließlich nicht vorhergesehen. Ob sie den Vertrag dennoch geschlossen hätten, hängt auch von der Dauer der Einschränkung ab. Bei dauerhafter Schließung des Gewerbebetriebes könnte mit zunehmender Dauer über die Zumutbarkeit nachgedacht werden, am Vertrag festzuhalten. Indes erschweren hiernach die Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe eine praktische Handhabbarkeit: „Schwerwiegende Veränderung“, „hypothetischer Vorhersehbarkeit“ und „Zumutbarkeit/Unzumutbarkeit“ sind erst aus eine ex post-Perspektive justiziabel.
Indes gelingt auch hier die Risikosphärentheorie a priori ein befriedigendes Ergebnis: Wesentlicher Vertragsbestandteil des Gewerbemietvertrages die (räumliche) Möglichkeit für den Gewerbemieter ist, sein Gewerbe auszuüben. Umsatz und Gewinn aus einem Gewerbe gehören zur Risikosphäre des Mieters. Ein bestimmter Umsatz oder gar Gewinn können nicht garantiert werden, sie gehören zum unternehmerischen Risiko des Gewerbetreibenden, nicht zum Risiko des Vermieters.

Umsatzerwartung/und Gewinnerwartung werden daher auch nicht zur Grundlage des Vertrages. Dies gilt selbst dann, wenn Umsatz/Gewinn völlig entfallen.

III. Fazit

Mietern/Pächtern stehen nach der hier vertretenen Auffassung infolge der mannigfachen behördlichen/gesetzlichen Betriebsstillegungen oder gewerblichen Einschränkungen wegen der Corona-Krise keinerlei Minderungs- oder Schadensersatzrechte aus den Gedanken des Mietmangels, der teilweisen Unmöglichkeit oder dem Gedanken des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu.

Sicher werden viele gewerbliche Mieter dennoch ihre Mietzahlungen ganz oder teilweise nicht zahlen, so wie dies ursprünglich von Konzernen wie Adidas, Deichmann, H & M, Puma unter Berufung auf das vom Bundestag verabschiedete Maßnahmenpaket und den darin verankerten Kündigungsschutz für (gewerbliche) Mieter angekündigt wurde.
Zumindest aber wird Mietern empfohlen werden, die gewerblichen Mieten nur unter Vorbehalt einer späteren Überprüfung zu zahlen.

Denn eines ist klar: Um an ihre Mieten zu kommen, werden die betroffenen Vermieter die Gerichte bemühen müssen, die allerdings derzeit vielerorts ihre Tätigkeiten ebenfalls massiv einschränken. Der Zeitfaktor ist ein enormer Nachteil und lastet schwer, leider ganz auf Seiten der (gewerblichen) Vermieter, zumindest nach der derzeitigen Gesetzeslage.
Denn auch ohne die akuten funktionellen Einschränkungen der Gerichte dürfte es lange dauern, bis erste richtungsfestigende Entscheidungen höherer Gerichte vorliegen.

Gewerblichen Vermietern lässt sich daher derzeit nur anraten, umgehend Zahlungsklage zu erheben, wenn ein Gewerbemieter die im April, Mai oder Juni 2020 fällige Gewerbemiete unabgesprochen ganz oder teilweise nicht zahlt.

Selbstverständlich sollte zu jedem Zeitpunkt seitens der Beteiligten einer außergerichtlichen Lösung der Vorzug gegeben werden: So kann der Gewerbevermieter eine ganz- oder teilweise Stundung des Miet-/ Pachtpreises akzeptieren, wenn der redliche Gewerbemieter über den Differenzbetrag beispielsweise ein notarielles Schuldanerkenntnis nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung beurkunden lässt.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren und Assessor Stefan Markel aus 50321 Brühl

Kündigt ein Vermieter ein langjähriges Wohnraummietverhältnis wegen eines erstmaligen Zahlungsverzugs des Mieters sowohl fristlos als auch hilfsweise ordentlich, wird seine fristlose Kündigung unwirksam, wenn der Mieter den Mietrückstand binnen weniger Tage nach Zugang der Kündigung ausgleicht. Hält der Vermieter die ordentliche Kündigung dennoch aufrecht, kann dies treuwidrig sein.

Dies folgt aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Rheine. In dem dortigen Fall hatte der Mieter während des mehr als 14 Jahre bestehenden Mietverhältnisses stets pünktlich gezahlt, den Rückstand prompt ausgeglichen und dann die Miete wieder pünktlich gezahlt. Unter diesen Voraussetzungen sei es nach Ansicht des Gerichts treuwidrig, die Kündigung aufrechtzuerhalten. Gegenteilige Anhaltspunkte müsste der Vermieter vortragen.

Quelle: Amtsgericht Rheine, Urteil vom 16.5.2019, 10 C 234/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Ist für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ein Verwalter bestellt, ist dieser – neben der WEG – Mitverantwortlicher im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO).

Die gemeinsame Verantwortlichkeit führt dazu, dass beide Verantwortliche in einer transparenten Vereinbarung festlegen müssen, wer von ihnen in welchem Maß den Pflichtenkreis der DS-GVO zum Schutz der Betroffenen abdeckt, insbesondere was die Wahrnehmung der Rechte der betroffenen Person angeht, und wer welchen Informationspflichten nachkommt. Hierauf wies das Amtsgericht Mannheim hin.

Nach Ansicht des Gerichts verlangt die DS-GVO damit vom Verwalter einen zusätzlichen Aufwand. Dieser ist mit dem Grundhonorar nicht abgedeckt. Für ihn kann eine Sondervergütung vereinbart werden. Die Wohnungseigentümer haben die Kompetenz, durch Mehrheitsbeschluss eine Sondervergütung für einen besonderen Verwaltungsaufwand zu bestimmen.

Quelle: Amtsgericht Mannheim, Urteil vom 11.9.2019, 5 C 1733/19, Abruf-Nr. 212561 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Stürzt ein Wohnungseigentümer eine zum Gemeinschaftseigentum gehörende Treppenanlage hinab und verletzt sich schwer, kann er einen Schadenersatzanspruch gegenüber dem WEG-Verwalter aus der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht haben.

Hierauf wies das Amtsgericht Moers in einer aktuellen Entscheidung hin. Der Richter machte allerdings auch deutlich, dass ein Schadenersatzanspruch wegen eines Mitverschuldens des Wohnungseigentümers ausgeschlossen sein kann. Im vorliegenden Fall ging das Gericht von einem solchen Mitverschulden aus. Der Wohnungseigentümer kannte nämlich die von ihm beanstandete Gefahrenquelle seit vielen Jahren.

Quelle: Amtsgericht Moers, Urteil vom 11.7.2019, 564 C 9/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Der Beschluss einer Eigentümergemeinschaft, wonach der Verwalter für den Fall einer Hausgeldklage 200 EUR pauschal erhalten soll, ist unwirksam.

Das hat das Landgericht (LG) Köln entschieden. Der Beschluss widerspricht nach Ansicht der Richter den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Eine Sondervergütung ist zwar grundsätzlich zulässig. Ihre Höhe muss aber verhältnismäßig sein. Denn es kann nicht angehen, dass der Verwalter ggf. eine höhere Vergütung als der Rechtsanwalt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erhält. Entscheidend ist der tatsächliche Bearbeitungsaufwand.

Quelle: LG Köln, Urteil vom 29.11.2018, 29 S 48/18

Stört der Mieter massiv den Hausfrieden, kann der Vermieter die Wohnung fristlos kündigen.

Das musste sich ein Mieter vor dem Amtsgericht München sagen lassen. Er war von seinem Vermieter schriftlich abgemahnt worden, weil von ihm regelmäßig erhebliche Lärmbelästigungen ausgingen. Er hatte mehrfach alkoholisiert im Treppenhaus des Wohnhauses herumgeschrien. Mitbewohner hatte er als „Huren“ und „Polacken“ bezeichnet und gegen Wohnungstüren geschlagen. Kurze Zeit später war es zu erneuten Lärmbelästigungen durch den Mieter im Treppenhaus gekommen. Er hatte erneut betrunken herumgeschrien und Mitmieter in teils unverständlicher, aber bedrohlicher Art und Weise beschimpft. Da sich der Beklagte nicht beruhigen ließ, wurde die Polizei gerufen. Die hatte den Mieter schließlich mitgenommen. Der Vermieter hatte daraufhin das Mietverhältnis fristlos gekündigt und auf Räumung geklagt.

Im Beweistermin berichtete eine bereits ältere Nachbarin davon, dass der Beklagte im Treppenhaus herumgegrölt und andere Mieter als „Huren“ und „Nazis“ beschimpft und u.a. „die Polacken müssen raus“, „man muss alle erschießen“ und „es muss Ruhe herrschen“ geschrien habe. Zwei Nachbarinnen hätten versucht ihn zu besänftigen. Der Beklagte hätte sich erst nach Eintreffen der Polizei beruhigt. Aus Angst vor dem Beklagten bleibe man lieber in der Wohnung. Eine jüngere Nachbarin schilderte ähnliche Vorfälle. Sie habe zwar keine Angst vor dem Beklagten, könne aber die Sorgen der älteren Nachbarinnen verstehen.

Der zuständige Richter am Amtsgericht München empfahl dem im ersten Termin deutlich alkoholisiert erschienenen Beklagten, einen Räumungsvergleich abzuschließen. Darin könne eine ausreichende Räumungsfrist vereinbart werden, um etwa über das Wohnungsamt eine Ersatzwohnung zu finden. Das lehnte der Beklagte jedoch ab.

Daraufhin verurteilte das Gericht den Beklagten, die Wohnung sofort zu räumen. Er habe den Hausfrieden nachhaltig gestört. Dem Vermieter könne daher unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden, das Mietverhältnis fortzusetzen. Der Beklagte habe den Hausfrieden vorliegend wiederholt in überaus massiver Weise gestört. Hiervon ist das Gericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt.

Beide Zeuginnen hätten berichtet, dass insbesondere Lärmbelästigungen im Treppenhaus von dem dann meist betrunkenen Beklagten schon seit Jahren ausgehen. Diese seien in letzter Zeit intensiver geworden. Besonders nachhaltig und intensiv sei die Störung des Hausfriedens deshalb, weil der Beklagte auch Mitbewohner in erheblichem Maße sexistisch und rassistisch beleidigte. Auch habe er mehrfach an die Türen von Mitbewohnern geschlagen. Das Verhalten des Beklagten führe bereits so weit, dass ältere Mitbewohnerinnen aus Angst ihre Wohnung nicht mehr verlassen, wenn sich der Beklagte im Treppenhaus aufhält. Zugunsten des Beklagten könne allenfalls die lange Dauer des Mietverhältnisses berücksichtigt werden, sowie der Zusammenhang mit einem schädlichen Alkoholgebrauch. Da der Beklagte aber kein Problembewusstsein habe und sein Verhalten nicht ändern wolle, überwiege das Interesse des Vermieters an einem sofortigen Ende des Mietverhältnisses das Interesse des Beklagten, das Mietverhältnis fortzuführen.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 31.7.2019, 417 C 4799/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Kosten für einen Wach- und Sicherheitsdienst sind keine umlagefähigen Nebenkosten, wenn der Dienst hauptsächlich Tätigkeiten entfaltet, die auf die öffentlich zugänglichen Flächen einer Wohnanlage entfallen.

Mit dieser Grundsatzaussage entschied das Landgericht (LG) München den Streit um eine Nebenkostenabrechnung zugunsten der Mieter. Hauptstreitpunkt in dem Verfahren war die Umlagefähigkeit der Kosten für einen 24-Stunden-Wach- und Sicherheitsdienst. Dieser wurde überwiegend zum Schutz der parkähnlichen, zur Nutzung der Öffentlichkeit gewidmeten Wohnanlage tätig. Diesen Kosten fehlte es nach Auffassung des Gerichts aber an dem nötigen Bezug zur Mietsache. Dabei sei unerheblich, dass einzelne Tätigkeiten (wie Treppenhauskontrolle) den Mietern zugutekamen.

Quelle: LG München, Urteil vom 17.4.2019, 14 S 15269/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht