RechtsbücherIst die Ehe gescheitert, können Schwiegereltern in bestimmten Fällen ein Geschenk von dem Schwiegerkind zurückfordern. Wollen Sie sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage berufen, müssen sie aber auf die Verjährungsfrist achten.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) hin. Die Richter erläuterten, dass diese Frist drei Jahre betrage. Eine Ausnahme gelte nur, wenn ein Grundstück verschenkt wurde und der Anspruch darauf gerichtet ist, den Vertrag anzupassen. Dann gelte eine Verjährungsfrist von zehn Jahren.

Entscheidend sei weiterhin, zu welchem Zeitpunkt die Verjährungsfrist beginnt. Die Richter stellten dabei auf den Tag ab, an dem der Scheidungsantrag vom Gericht zugestellt werde. Spätestens hier komme das Scheitern der Ehe regelmäßig zum Ausdruck. Die erforderliche Kenntnis der Schwiegereltern vom Scheitern der Ehe ihres Kindes liege demnach vor, wenn sie von der Zustellung des Scheidungsantrags Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen.

Quelle: BGH, Beschluss vom 16.12.2015, XII ZB 516/14.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fotolia/lolipepDas Amtsgericht München hat eine 46-jährige Mutter wegen Entziehung Minderjähriger zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

Die Frau hat einen 7-jährigen Sohn mit ihrem geschiedenen Ehemann. Sie hat das alleinige Sorgerecht. Der Vater hat nach Anordnung des Familiengerichts das Recht, mindestens einmal wöchentlich für circa sieben Stunden Umgang mit dem Kind zu haben. Außerdem darf er die Nacht von Samstag auf Sonntag mit dem Kind verbringen. Die Mutter verhindert seit November 2012 das Recht des Vaters auf Umgang mit seinem Sohn. Zunächst gab sie über einen Rechtsanwalt vor dem Amtsgericht München an, dass sie aus Deutschland ausgereist sei. Das entsprach aber nicht der Wahrheit. Tatsächlich hielt sie sich mit dem Kind bis circa Ende Februar 2012 in Deutschland auf. Ihren Aufenthalt verheimlichte sie gegenüber dem Vater. Im Frühjahr 2012 reiste sie mit dem Kind nach Vancouver in Kanada aus. Dort hielt sie sich an einem unbekannten Ort auf. Bei ihrer Einreise nach Deutschland am 19.8.2015 wurde sie verhaftet. Der Haftbefehl wurde am nächsten Tag gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

Die Frau selbst räumte den Sachverhalt umfassend ein. Jedoch handelt sich dabei nach ihrer Auffassung um rechtmäßiges Verhalten einer liebenden Mutter. Frauen und Kinder würden durch Gesetze und Gerichte in Deutschland nicht ausreichend geschützt werden. Um diesem Missstand abzuhelfen, würde ihr Sohn auch später in Heidelberg Jura studieren und Richter werden. Sie habe sich durch das Verhalten ihres Ex-Mannes in ihrer psychischen Stabilität beeinträchtigt gefühlt und sei großem Stress ausgesetzt gewesen. Sie habe nie beabsichtigt, den Kontakt ihres Kindes zum Kindsvater zu unterbinden. Sie habe jedoch keinen unmittelbaren Kontakt zu ihrem Ex-Mann haben wollen. Ihr sei lediglich daran gelegen gewesen, dass der Kontakt über Dritte stattfinden würde. Ihrer Auffassung nach sei der fehlende Kontakt des Kindsvaters zu seinem Sohn lediglich dem Umstand geschuldet, dass der Kindsvater keine weitergehenden Schritte mehr unternommen habe. Sie sei stets bemüht gewesen, dass ihr Sohn ein positives Bild vom Vater sowie von Deutschland habe.

Die Ausreise nach Kanada war im familiengerichtlichen Verfahren thematisiert worden. Der Vater hat der Ausreise zugestimmt, jedoch sollte ein Kontakt zum Kind ermöglicht werden. Dies ist jedoch gescheitert.

Bei der Strafhöhe hat das Gericht vor allem zulasten der Mutter die Dauer der Entziehung des Kindes gewertet. Insgesamt reiche es nicht aus, eine Geldstrafe zu verhängen. Vielmehr erscheine dem Gericht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr schuld- und tatangemessen.

Die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe konnte auch zur Bewährung ausgesetzt werden. Zwar befinde sich die Angeklagte in instabilen wirtschaftlichen sowie emotionalen Verhältnissen. Das Gericht gehe jedoch aufgrund der Persönlichkeitsstruktur der Angeklagten davon aus, dass diese keine weiteren Straftaten mehr begehen wird.

Quelle: Urteil des Amtsgerichts München vom 7.12.2015, nicht rechtskräftig.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Business - VorstellungsgesprächKann für einen minderjährigen, unbegleiteten Flüchtling kein ehrenamtlicher Vormund gefunden werden, besteht kein genereller Vorrang eines Berufsvormunds vor einem Amtsvormund einer Gemeinde oder eines Kreises.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Celle im Fall eines 16 Jahre alten Jungen aus Afghanistan. Der Junge ist als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Seine Eltern sind noch auf der Flucht. Das Amtsgericht hatte einen Amtsvormund bestellt. Der Vormund wollte mit seiner Beschwerde erreichen, dass der Beschluss aufgehoben und ein Rechtsanwalt (Berufsvormund) eingesetzt wird.

Das OLG hat zwar die Einsetzung des Vormunds aufgehoben. Die Entscheidung des Amtsgerichts habe die Beweggründe für die getroffene Auswahl nicht erkennen lassen. Die Richter haben es aber abgelehnt, einen Rechtsanwalt als Vormund einzusetzen. Sie haben die Sache vielmehr an das Amtsgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun neu entscheiden. Dabei müsse es nach Ansicht des OLG vorrangig prüfen, ob ein ehrenamtlicher Vormund für die Betreuung des Kindes gefunden werden könne. Sei dies nicht möglich, bestehe kein genereller Vorrang eines Berufsvormunds, also beispielsweise eines Rechtsanwalts, vor einem Amtsvormund einer Gemeinde oder eines Kreises. Werde ein Vormund bestellt, sei das Wohl des Kindes entscheidend. Für die Auswahlentscheidung des Gerichts müssten deshalb u.a. folgende Kriterien abgewogen werden: Fremdsprachenkenntnisse oder besondere Fachkenntnisse des Vormunds, die für das Kind von Interesse sind (z.B. Kenntnisse im Ausländer- und Asylrecht oder Erfahrungen mit traumatisierten Kindern), sowie Kenntnisse über Integrationsmöglichkeiten des Kindes. Bei Rechtsanwälten müsse sichergestellt sein, dass der ausgewählte Vormund im Einzelfall das notwendige zeitliche und persönliche Engagement für das Kind aufbringen könne. Eine Behörde dürfe demgegenüber bei personellen Engpässen nichts unversucht lassen, diese zu beheben.

Quelle: OLG Celle, Beschluss vom 14.1.2016, 12 UF 2/16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

PuzzleFür einen ärztlichen Heileingriff bei einem minderjährigen Kind müssen grundsätzlich beide sorgeberechtigten Elternteile zustimmen. Erscheint nur ein Elternteil mit dem Kind beim Arzt, darf dieser in von der Rechtsprechung präzisierten Ausnahmefällen – abhängig von der Schwere des Eingriffs – darauf vertrauen, dass der abwesende Elternteil den erschienenen Elternteil zur Einwilligung in den ärztlichen Eingriff ermächtigt hat.

Ausgehend hiervon hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm die Schadenersatzklage gegen eine Bielefelder Klinik und behandelnde Ärzte dieser Klinik abgewiesen. Mit der Klage hatten Eltern 500.000 EUR Schmerzensgeld für ihr im Alter von 2 ½ Jahren verstorbenes Kind verlangt. Das Kind war in der 32. Schwangerschaftswoche mit multiplen Krankheitssymptomen geboren worden. Zwei Monate nach der Geburt wurde es auf die kinderchirurgische Klinik des beklagten Krankenhauses verlegt. Dort sollte eine diagnostische operative Biopsie erfolgen, um einen Morbus Hirschsprung auszuschließen.

Bei dem ärztlichen Aufklärungsgespräch war nur die Mutter anwesend, die auch den anästhesistischen Aufklärungsbogen allein unterzeichnete. Bei der Operation kam es zu Schwierigkeiten bei der Beatmung des Kindes. Daher wurde von der Operation abgesehen. In der Folgezeit wurde das Kind fast durchgehend in Krankenhäusern behandelt, bevor es verstarb.

Die Eltern warfen dem Krankenhaus Behandlungsfehler vor. Zudem seien sie nicht hinreichend über Risiken und Behandlungsalternativen aufgeklärt worden. Schließlich habe der Vater selbst keine Einwilligung erteilt, obwohl dies zwingend erforderlich gewesen sei.

Die Richter am OLG konnten jedoch weder einen Behandlungsfehler sehen, noch einen Aufklärungsfehler. Die Mutter sei vielmehr vor dem Eingriff hinreichend über die mit der Narkose verbundenen Behandlungsrisiken aufgeklärt worden. Weil es insoweit keine Behandlungsalternativen gegeben habe, habe über solche nicht aufgeklärt werden müssen.

Die Einwilligung in die Behandlung sei auch nicht unwirksam gewesen, weil nur die Mutter am Aufklärungsgespräch teilgenommen und den Aufklärungsbogen unterzeichnet habe. Zwar müssten grundsätzlich beide sorgeberechtigten Eltern einem ärztlichen Heileingriff bei ihrem minderjährigen Kind zustimmen. Erscheine nur ein Elternteil mit dem Kind beim Arzt, dürfe dieser allerdings in bestimmten Ausnahmefällen auf die Einwilligung des abwesenden Elternteils vertrauen:

  • In Routinefällen dürfe der Arzt – bis zum Vorliegen entgegenstehender Umstände – davon ausgehen, dass der mit dem Kind bei ihm erscheinende Elternteil die Einwilligung in die ärztliche Behandlung für den anderen Elternteil miterteilen dürfe.

 

  • Gehe es um ärztliche Eingriffe schwerer Art mit nicht unbedeutenden Risiken, müsse sich der Arzt vergewissern, ob der erschienene Elternteil die Ermächtigung des anderen Elternteils habe und wie weit diese reiche. Dabei dürfe er aber davon ausgehen, dass er von dem erschienenen Elternteil eine wahrheitsgemäße Auskunft erhält.

 

  • Gehe es um schwierige und weitreichende Entscheidungen über die Behandlung des Kindes, etwa um eine Herzoperation, die mit erheblichen Risiken für das Kind verbunden seien, liege nicht von vornherein nahe, dass der abwesende Elternteil seine Einwilligung erteilt habe. Deshalb müsse sich der behandelnde Arzt in diesen Fällen darüber vergewissern, dass der abwesende Elternteil mit der Behandlung einverstanden sei.

 

Die im vorliegenden Fall vorgesehene Biopsie sei als leichter bis mittelgradiger Eingriff mit normalen Anästhesierisiken zu bewerten und in die zweite Kategorie einzuordnen. Deswegen sei es ausreichend gewesen, dass sich der aufklärende Arzt bei der Mutter nach der Einwilligung des Vaters erkundigt habe und sich diese durch die Unterschrift der Mutter auf dem Aufklärungsbogen, der einen entsprechenden Hinweis enthalte, habe bestätigen lassen.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 29.9.2015, 26 U 1/15, nicht rechtskräftig (BGH VI ZR 622/15).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

paragraphAktuelle Gesetzgebung: Zum Januar 2016 ist das Kindergeld noch einmal erhöht worden

Zum 1.1.16 ist das Kindergeld um monatlich zwei EUR erhöht worden.

Rückwirkend zum Januar 2015 wurden die Kindergeldbeträge in einem ersten Schritt angehoben. Die jetzige Erhöhung bedeutet, dass für das 1. und 2. Kind jeweils 190 EUR pro Monat Kindergeld gezahlt werden, für das 3. Kind 196 EUR pro Monat. Ab dem 4. Kind wird das Kindergeld auf jeweils 221 EUR pro Monat angehoben. Die Auszahlungsbeträge werden automatisch auf die neuen Beträge angepasst und ab Januar 2016 ausgezahlt. Die Kindergeldberechtigten müssen selber dazu nichts mehr veranlassen.

Weiterführende Hinweise

Die aktuellen Auszahlungstermine können im Internet abgerufen werden unter www.arbeitsagentur.de -> Bürgerinnen und Bürger -> Familie und Kinder -> Kindergeld, Kinderzuschlag.

Jeder Kindergeldberechtigte hat auch die Möglichkeit, den individuellen Auszahlungstermin über die kostenlose Hotline 0800 4555533 abzufragen.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

RechtHat der Fiskus Besitz von der Erbschaft genommen, kann der Erbe nicht nur verlangen, dass der Nachlass herausgegeben wird. Es steht ihm auch ein Zinsanspruch zu.

Dies gilt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) auch, wenn der Fiskus zunächst als gesetz­licher Erbe berufen war. In dem betreffenden Fall war die Suche nach dem wahren Erben zunächst erfolglos geblieben. Deshalb hatte das Nachlassgericht den Fiskus zum Erben bestimmt. Später meldeten sich die ­wahren Erben. Sie verlangten vom Land die Herausgabe der Erbschaft i.H. von 57.000 EUR nebst Zinsen von 4 Prozent jährlich.

Während das Landgericht das Land allein zur Herausgabe des Vermögenensstamms der Erbschaft verurteilte, sprach der BGH den Erben auch Zinsen zu. Das BGB verweise auf die Vorschriften über die Heraus­gabe einer ungerecht­fertigten Bereicherung. Danach umfasse die Verpflichtung zur Herausgabe auch die gezogenen Nutzungen. Hierunter fallen zunächst Anlagezinsen. Aber auch, wenn mit dem Geld Schulden getilgt wurden, seien dadurch Zinszahlungen eingespart worden. Es bestehe auch kein Grund, den Fiskus im Falle des gesetz­lichen Erbrechts gegenüber seiner Stellung als testamentarischer Erbe zu privilegieren, wenn sich nachträglich herausstelle, dass das Erbrecht tatsächlich nicht bestand.

Quelle: BGH, Urteil vom 14.10.2015, IV ZR 438/14.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Aktenregal zweiDie Besorgnis ist unbegründet, dass die Kindergeldzahlung eingestellt wird, wenn bis zum 1.1.16 keine Mitteilung der Steuer-Identifikationsnummer vorliegt. So ist es aktuell nicht erforderlich diese mitzuteilen oder die Service-Rufnummern der Familienkasse anzurufen.

Hierauf wies die Bundesagentur für Arbeit hin. Durch ein automatisches Meldeabgleichsverfahren liegen den örtlichen Familienkassen bereits ein Großteil der Steuer-Identifikationsnummern vor.

Sollte die Steuer-Identifikationsnummer noch nicht bei der Familienkasse vorliegen, werden Kindergeldberechtigte im Laufe des Jahres 2016 von ihrer zuständigen Familienkasse kontaktiert. Kindergeld wird auch ohne Vorliegen der Steuer-Identifikationsnummer fortgezahlt.

Weitere Informationen zum Kindergeld sind im Internet abrufbar unter www.arbeitsagentur.de -> Bürgerinnen und Bürger -> Familie und Kinder -> Kindergeld, Kinderzuschlag.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Männchen RechtsanwaltDer Familienzuschlag der Stufe 1 wird Beamten gewährt, die verheiratet sind oder in einer Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz leben. Das gilt aber nicht für ausländische Gemeinschaften, die dem Lebenspartnerschaftsgesetz nicht gleichgestellt sind.

So entschied es das Verwaltungsgericht (VG) Aachen im Fall eines in Belgien wohnenden Beamten, der mit seiner Klage den Familienzuschlag verlangt hatte. Begründet hatte er das damit, dass die belgische cohabitation légale, die für ihn und seine Partnerin eingetragen sei, der Lebenspartnerschaft nach deutschem Recht entspreche. Ein Unterschied bestehe nur darin, dass die belgische Lebenspartnerschaft nicht nur zwischen gleich-, sondern auch zwischen verschiedengeschlechtlichen Paaren geschlossen werden könne.

Dieser Argumentation ist das VG nicht gefolgt: Aus Art. 3 Abs. 1 GG folge keine Pflicht, die cohabitation légale mit der Ehe bzw. der eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem deutschen Lebenspartnerschaftsgesetz gleichzustellen. Diese seien nicht vergleichbar. Der Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft sei gemein, dass sie auf Dauer angelegt seien und eine gegenseitige Einstandspflicht der Partner (auch über die Beendigung der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft hinaus) begründeten. Dies sei bei der cohabitation légale gerade nicht der Fall. Sie weise neben geringeren Anforderungen an ihre Begründung ausschließlich auf das Zusammenleben als solches bezogene (zum Teil sehr limitierte) Rechte und Pflichten auf. Zudem könne sie durch „Vertrag“ bzw. einseitige „Kündigung“ beendet werden. Gegen eine Vergleichbarkeit mit der Ehe bzw. eingetragenen Lebenspartnerschaft spreche ferner, dass die Betroffenen nicht einmal ein Paar sein müssen. Vielmehr stehe die cohabitation légale auch Verwandten und anderen platonisch Zusammenlebenden offen.

Quelle: VG Aachen, Urteil vom 9.10.2015, 1 K 2135/14

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Figuren / DistanzBei nicht verheirateten Eltern ist die gemeinsame Sorge anzuordnen, wenn keine Argumente vorliegen, dass das Kindeswohl hierdurch beeinträchtig wird.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hin. Die Richter stellten in ihrer Begründung auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ab. Danach ist die gemeinsame elterliche Sorge nicht verheirateter Eltern anzuordnen, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Das Gericht muss hierfür aber keine Tatsachen ermitteln, um dies positiv festzustellen. Es reicht vielmehr aus, dass keine gegenteiligen Argumente festgestellt werden können. Ist dies der Fall, muss die gemeinsame Sorge angeordnet werden. So wird auch der nichteheliche Vater in die elterliche Sorge eingebunden.

Quelle: OLG Brandenburg, Urteil vom 28.9.2015, 13 UF 96/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

TestamentEnthält ein gemeinschaftliches Ehegattentestament die Formulierung „Nach dem Tod des Letztversterbenden soll die gesetzliche Erbfolge eintreten“ kann unklar bleiben, ob hiermit die gesetzlichen Erben verbindlich als Schlusserben eingesetzt werden sollen. Nur dann darf der überlebende Ehegatte eine abweichende testamentarische Bestimmung treffen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einer Nachlasssache entschieden. Die im August 2014 im Alter von 93 Jahren verstorbene Erblasserin aus Essen hatte 1987 mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichtet. In diesem hatten sich die Ehegatten wechselseitig zu Erben des Erstversterbenden eingesetzt und in Bezug auf den Tod des Letztversterbenden die vorgenannte Formulierung aufgenommen. Aus ihrer Ehe gingen zwei Töchter hervor, die heute in Essen und in Spanien leben. Nach dem Tode ihres Mannes errichtete die Erblasserin 2013 ein weiteres Testament. Darin ordnete sie unter anderem eine Testamentsvollstreckung nach Maßgabe einer vom Amtsgericht zu ernennenden Person an.

Nach dem Tode der Erblasserin ernannte das Nachlassgericht einen Rechtsanwalt aus Essen zum Testamentsvollstrecker. Gegen diese Bestimmung wandte sich eine der Töchter mit der Begründung, die Testamentsvollstreckung beeinträchtige ihre Rechtsstellung als Schlusserbin. Diese sei in dem gemeinschaftlichen Testament mit bindender Wirkung verfügt worden. Deshalb habe sie durch ein weiteres Testament des überlebenden Ehegatten nicht mehr wirksam eingeschränkt werden können.

Die Beschwerde ist erfolglos geblieben. Die Richter konnten dem gemeinschaftlichen Ehegattentestament bereits nicht entnehmen, dass die Töchter zu Schlusserben eingesetzt werden sollten. In dem Testament würden die Töchter nicht ausdrücklich zu Schlusserben ernannt. Eine solche Bestimmung lasse sich auch nicht entnehmen, wenn die Formulierung „Nach dem Tod des Letztversterbenden soll die gesetzliche Erbfolge eintreten.“ ausgelegt wird. Diese sei nach ihrem Wortsinn unklar, weil sie unterschiedlich verstanden werden könne. So könne eine Einsetzung der gesetzlichen Erben als Schlusserben gemeint sein. Möglich sei aber auch nur eine Anerkennung des gesetzlichen Erbrechts oder eine Abstandnahme von der Einsetzung eines testamentarischen Erben. In den zuletzt genannten Fällen enthalte das Ehegattentestament keine verbindliche Erbeneinsetzung nach dem Tode des letztversterbenden Ehegatten. Folge sei, dass der Überlebende in diesen Fällen eine anderweitige testamentarische Bestimmung treffen könne. Die bestehende Unklarheit lasse sich im vorliegenden Fall auch nicht durch weitere, bei der Auslegung der Testamentsurkunde zu berücksichtigende Umstände beseitigen. Daher konnte das OLG keine testamentarische Schlusserbeneinsetzung der Tochter feststellen.

Quelle OLG Hamm, Beschluss vom 11.9.2015, 15 W 142/15, Abruf-Nr. 145947 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl