Einer Mutter darf das Sorgerecht nicht entzogen werden, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine akute Gefährdung der Kinder im Haushalt der Mutter vorliegen.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. und hob damit den Bescheid der Behörde auf, mit dem das Sorgerecht der Mutter entzogen werden sollte. Die Richter bestätigten zwar, dass das Jugendamt berechtigt und verpflichtet sei, im Falle einer dringenden Gefahr für das Kindeswohl ein Kind bzw. einen Jugendlichen in Obhut zu nehmen. Erforderlich sei jedoch, dass entweder eine Entscheidung des Familiengerichts nicht rechtzeitig eingeholt werden könne oder aber der Sorgeberechtigte nicht widerspreche. Vorliegend könne von einer Zustimmung der Mutter nicht die Rede sein. Für eine Zustimmung müsse nämlich eine eigene echte Willensbildung der Sorgeberechtigten vorliegen. Diese könne aber nicht darin gesehen werden, dass das Kind letztlich widerstandslos unter Aufgabe des aktuellen Protests an Jugendamtsmitarbeiter übergeben werde. Im Übrigen könne auch die im Rahmen des Sorgerechtsentzugs für notwendig erachtete Trennung neugeborener Kinder von der Mutter nicht damit begründet werden, dass es der Mutter nicht gelungen sei, ihre psychische Gesundheit nachzuweisen. Damit sei keine akute Kindesgefährdung nachgewiesen (OLG Frankfurt a.M., 2 UF 481/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

In einem handschriftlichen Testament ist ein unterhalb der Unterschrift später angebrachter Zusatz, der die ursprüngliche Verfügung an eine Bedingung knüpft, ohne erneute Unterschrift formunwirksam.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) München hin. Die Richter machten deutlich, dass für den Nachweis eines urkundlich nicht mehr vorhandenen Testaments Äußerungen des Testators gegenüber Bedachten oder Dritten regelmäßig nicht ausreichend seien.

Hinweis: Die Unterzeichnung mit „d.O.“ (die Obige) statt einer Unterschrift reicht nach einer Entscheidung des OLG Celle ebenfalls nicht aus.

(OLG München, 31 Wx 298/11; OLG Celle, 6 U 117/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Zwar besteht ein allgemeiner Erfahrungssatz dahingehend, dass ein Erblasser das Erbrecht eines auch noch so entfernten Verwandten zumeist dem Erbrecht des Fiskus vorziehen wird. Hiervon kann es jedoch auch Ausnahmen geben.

Eine solche Ausnahme lag nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm im Fall einer Erblasserin vor. Sie hatte in ihrem Testament verfügt, dass „jegliche Forderungen von Verwandten (mit denen auch seit Jahrzehnten keinerlei Kontakt besteht) ausdrücklich ausgeschlossen“ sein sollten. Als einer der gesetzlichen Erben einen Erbschein erteilt haben wollte, der die gesetzliche Erbfolge ausweisen sollte, lehnte das Nachlassgericht dies ab. Das OLG bestätigte nun diese Entscheidung.

Die Richter machten zunächst deutlich, dass der Wille des Erblassers zum umfassenden Ausschluss des Verwandtenerbrechts nicht vorschnell angenommen werden dürfe. Er müsse vielmehr anhand der letztwilligen Verfügung feststellbar sein. Vorliegend sei die Formulierung aber sehr deutlich und könne daher als umfassende Enterbung zu verstehen sein. Es sei hier zudem zu berücksichtigen, dass die Erblasserin als nichteheliches Kind von ihren Verwandten selbst von der Erbfolge ausgeschlossen worden war. Letztlich könne die Enterbung aller Verwandten aus der nächstliegenden Wortbedeutung des Testaments geschlossen werden. Sie werde zudem durch die Lebensgeschichte der Erblasserin gestützt (OLG Hamm, I-15 W 701/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Im Tabellenunterhalt für minderjährige Kinder sind Aufwendungen für den Kauf von Brillengläsern und Kontaktlinsen nicht enthalten.

Diese für die Praxis wichtige Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass ein entsprechender Bedarf nur bei einer besonderen gesundheitlichen Beeinträchtigung entstehe. Kosten für Brillen und Kontaktlinsen würden dagegen typischerweise nicht bei jedem minderjährigen Kind entstehen. Im Ergebnis könne das Kind vom Unterhaltsverpflichteten daher neben der normalen Unterhaltszahlung weitere finanzielle Unterstützung fordern. Im vorliegenden Fall wurden bereits in der Zeit des intakten Familienlebens für die starke Fehlsichtigkeit des Kindes höhere Geldbeträge aufgewendet. Die Richter verurteilten den Unterhaltspflichtigen daher dazu, einen weiteren, nicht im Tabellenunterhalt enthaltenen Bedarf von monatlich 25 EUR zu zahlen. Dies sei nach ihrer Ansicht auch wegen der allgemeinen Preissteigerung sowie der gerade im Gesundheitswesen absehbaren Tendenz hin zu einer höheren Kostenbeteiligung der Patienten angemessen (OLG Brandenburg, 9 UF 70/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei der Wahl des Vornamens für ihre Kinder sind Eltern grundsätzlich frei. Auch wenn es eine deutsche Schreibweise gibt, können sie einen ausländischen Vornamen und dessen Schreibweise wählen.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) München im Fall eines Elternpaars, das sein Kind Zoë nennen wollte. Als das Standesamt die Eintragung ablehnte, kam es zum Rechtsstreit. Die Richter hielten den Namen dagegen für eintragungsfähig. Sie machten deutlich, dass der gewählte Name nicht den allgemeinen Regeln der deutschen Rechtschreibung folgen müsse. Daher müsse das Standesamt dem Antrag auf Eintragung des Vornamens Zoë in der Schreibweise mit Trema Folge leisten. Zwar sei möglich, dass das Kind später immer auf die Schreibweise mit den zwei Punkten über dem e hinweisen müsse. Hierin liege jedoch noch keine so starke Beeinträchtigung der Kindesinteressen, dass die Eintragungsfähigkeit ausgeschlossen sei (OLG München, 31 Wx 124/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Durch eine ergänzende Testamentsauslegung kann im Einzelfall festgestellt werden, dass der einzige Abkömmling des testamentarisch als Alleinerben eingesetzten, aber bereits vor dem Erblasser verstorbenen jüngeren Bruders zum Ersatzerben berufen ist.

Voraussetzung hierfür sei nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig-Holstein, dass der Erblasser auf keinen Fall den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge wollte, den Bruder als Ersten seines Stammes zum Alleinerben berufen habe und ihm dessen einziger Abkömmling schon beim Abfassen des Testaments nahestand (OLG Schleswig-Holstein, 3 Wx 128/10).

Hinweis: Derartige Streitigkeiten über die Auslegung eines Testaments können vermieden werden, wenn bei der Testamentsgestaltung schon an solche Eventualitäten gedacht wird.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Für das Jahr 2012 wird keine neue Düsseldorfer Tabelle herausgegeben werden.

Es gelten daher auch im Jahr 2012 die mit der Tabelle 2011 festgesetzten Unterhaltsbeträge für Unterhaltsberechtigte und die einem Unterhaltsverpflichteten verbleibenden Selbstbehaltssätze fort, weil weder gesetzliche noch steuerliche Änderungen eine Anpassung erfordern. In der Düsseldorfer Tabelle, die vom Oberlandesgericht Düsseldorf herausgegeben wird, werden in Abstimmung mit den anderen Oberlandesgerichten und dem Deutschen Familiengerichtstag Unterhaltsleitlinien, u.a. Regelsätze für den Kindesunterhalt, festgelegt.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist die Identität eines Eheschließenden ansonsten deutlich, wird seine Eheschließung nicht dadurch unwirksam, dass nicht alle seine Vornamen vollständig in der Heiratsurkunde eingetragen sind und im Eheregister vermerkt wurden.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall eines Mannes, der in Nigeria eine Nigerianerin geheiratet hatte. Dabei waren seine Vornamen nicht vollständig aufgenommen worden. Die deutschen Behörden weigerten sich deshalb, die Heirat zu beurkunden. Hierzu wurden sie durch das OLG nun jedoch verpflichtet. Die Richter machten deutlich, dass die fehlenden Vornamen bei der Registrierung im Wege der Berichtigung ergänzt werden könnten (OLG Düsseldorf, I-3 Wx 199/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Überträgt ein geschiedener Ehemann ein Grundstück in der Absicht, die Grundlage für die Zugewinn- und Unterhaltsansprüche seiner Ehefrau zu verschlechtern, ist das Rechtsgeschäft nicht per se sittenwidrig.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Die Richter hielten vielmehr noch zusätzlich für erforderlich, dass sich die Rechtsstellung der geschiedenen Ehefrau tatsächlich verschlechtere. Erst dann bestehe eine Sittenwidrigkeit. Eine solche Verschlechterung erfolge aber weder bei einer Übertragung nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags und damit nach dem für die Berechnung des Endvermögens der Ehegatten maßgeblichen Zeitpunkt, noch bei einer früheren Übertragung. Das folge daraus, dass dem Endvermögen eines Ehegatten der Betrag hinzugerechnet werde, um den sein Vermögen dadurch vermindert worden ist, dass er nach Eintritt des Güterstands unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen habe (BGH, V ZR 212/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist ein Testament offensichtlich falsch datiert, kann gleichwohl an seiner Echtheit nicht gezweifelt werden, wenn eine schriftvergleichende Untersuchung die Schrift des Erblassers eindeutig identifiziert und für das falsche Datum eine plausible Erklärung besteht.

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Duisburg. In dem betreffenden Fall war aufgefallen, dass die im Testament verwendete fünfstellige Postleitzahl nicht zu dem angegebenen Datum (15.10.1990) passte. 1990 waren die Postleitzahlen nämlich noch vierstellig. Die Richter erklärten das Testament gleichwohl für wirksam, da sie davon ausgingen, dass es vom Erblasser stamme. Das habe die schriftvergleichende Untersuchung eindeutig ergeben. Das falsche Datum lasse sich damit erklären, dass der Erblasser das Testament aufgrund seiner Vorliebe für glatte und symbolträchtige Zahlen auf den 15. (Geburtsjahr) 10. (Hochzeitsmonat) 1990 zurückdatiert habe (LG Duisburg, 7 T 91/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl