Endet ein Arbeitsverhältnis nach längerer Zeit unverschuldeter Arbeitsversäumnis, stellt sich die Frage, wie die Höhe einer Urlaubsabgeltung zu berechnen ist. Diese Frage hat nun das Landesarbeitsgericht (LAG) Thüringen beantwortet. Danach bestimmt sich die Höhe nach dem Verdienst der letzten 13 Wochen des Arbeitsverhältnisses, für die ein Anspruch auf Vergütung bestand.

Nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gilt: Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Dazu weist das LAG darauf hin, dass eine Arbeitsversäumnis erst verschuldet ist, wenn ein grober Verstoß gegen Verhaltenspflichten vorliegt, deren Einhaltung von jedem verständigen Menschen im eigenen Interesse, sich selbst nicht zu schädigen, erwartet werden kann.

Quelle: LAG Thüringen, Urteil vom 28.4.2021, 6 Sa 304/18, Abruf-Nr. 223684 unter www.iww.de

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Landgericht (LG) Tübingen hat in einem Verfahren mit dem Vorwurf des verbotenen Kraftfahrzeugrennens die Voraussetzungen für eine Einziehung eines Leasingfahrzeugs verneint.

Das Amtsgericht (AG) hatte einen VW Golf GTI eingezogen. Der Angeklagte soll damit an einem Kraftfahrzeugrennen teilgenommen haben. Dieses Fahrzeug stand im Eigentum einer Leasing GmbH. Leasingnehmerin war die Mutter des Angeklagten. Diese trug sämtliche finanzielle Lasten des Fahrzeugs, nutzte dieses selbst insbesondere für den Arbeitsweg, überließ es allerdings dem Angeklagten auch zu dessen Nutzung.

Das LG sah den Fall anders: Der Golf stehe im Eigentum der tatunbeteiligten Leasinggeberin. Die Einziehung wäre daher nur möglich, wenn ein Fall der sog. „Quasi-Beihilfe“ vorläge, wofür aber keine Anhaltspunkte bestanden. Eine sog. Sicherungseinziehung wäre zu erwägen, wenn der Pkw nach seiner bloßen Beschaffenheit oder der Art seiner konkreten Verwendung auch künftig eine Gefährdung fremder Rechtsgüter besorgen ließe, was das LG nicht hat erkennen können. Allein die vom AG hervorgehobene „sportliche“ Ausrichtung des Pkw ab Werk mache diesen abstrakt-generell so lange nicht zur sozial inadäquaten Gefahrenquelle, wie es in der Bundesrepublik erlaubt bleibt, ohne kompetitive Ambitionen auf den Bundesautobahnen die Beschleunigungs- und Geschwindigkeitspotenziale solcher Sportwagen auszureizen.

Zudem lag für das LG ein weiterer Einsatz als Rennfahrzeug fern, weil die Leasingnehmerin nicht im Verdacht stand, das Fahrzeug selbst zur Begehung von Straßenverkehrsstraftaten zu missbrauchen oder der „Raser-Szene“ anzugehören. Ihr Sohn wird voraussichtlich nicht über die Fahrerlaubnis verfügen, um das Fahrzeug erneut im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Quelle: LG Tübingen, Beschluss vom 11.6.2021, 3 Qs 16/21, Abruf-Nr. 223549 unter www.iww.de

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig bestätigt. Ein Patient hatte sich bei einem Sturz von einer rollbaren Rettungstrage verletzt. Daraufhin hatte er gegen einen Landkreis auf Schadenersatz geklagt.

Die Sanitäter hatten den Patienten auf eine Trage gelegt. Eines der Räder dieser Trage brach. Die Trage geriet in Schieflage. Sie kippte mit dem Patienten um.

Der Patient verlor die Schadenersatzklage bereits in erster Instanz beim Landgericht (LG). Doch er gab nicht auf. Dennoch hatte auch seine hiergegen eingelegte Berufung zum OLG keinen Erfolg. Das OLG begründete dies wie folgt: Der Patient habe weder Fehler bei der Handhabung der Trage durch die Sanitäter noch Wartungsfehler beweisen können. Die Trage habe die regelmäßigen technischen Prüfungen bestanden und sei am Unfalltag von den Rettungssanitätern bei Dienstbeginn auf Sicht überprüft worden.

Das genüge. Denn ein vollständiger und tiefgreifender Funktionstest vor jedem Einsatz könne nicht verlangt werden. Das würde den Rettungsanforderungen nicht gerecht, führe realistisch nicht zu mehr Sicherheit und übersteige überdies, beispielsweise im Fall von nicht erkennbaren Materialfehlern, die Möglichkeiten eines Rettungsdienstes. Dieser Begründung des OLG hat sich der BGH angeschlossen.

Quelle: BGH, Urteil vom 27.5.2021, III ZR 329/20; OLG Braunschweig, Beschluss vom 28.10.2020, 9 U 27/20, PM vom 26.7.2021

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat über die Frage entschieden, ob eine Platz-/Reservierungsgebühr, die einem privatversicherten Pflegebedürftigen für die Zeit vor dem tatsächlichen Einzug in das Pflegeheim berechnet wurde, zurückerstattet werden muss. Er hat dies bejaht.

Das war geschehen
Für die inzwischen verstorbene Mutter des Klägers bestand eine private Pflegepflichtversicherung. Sie war ab dem 4.1.2016 pflegebedürftig und wurde zunächst in einem anderen Alten- und Pflegeheim vollstationär untergebracht. In der Folgezeit schlossen der Kläger als Vertreter seiner Mutter und die Beklagte als Einrichtungsträgerin am 12.2.2016 einen schriftlichen „Vertrag für vollstationäre Pflegeeinrichtungen“ mit Wirkung zum 15.2.2016. Der Einzug der Bewohnerin in das Pflegeheim der Beklagten erfolgte am 29.2.2016.

Der Pflegevertrag sieht vor, dass die (künftige) Bewohnerin vom Vertragsbeginn bis zum Einzugstermin eine Platzgebühr in Höhe von 75 Prozent der Pflegevergütung, der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung sowie des Umlagebetrags nach der Altenpflegeausbildungsausgleichsverordnung (AltPflAusglVO) zu entrichten hat. Dementsprechend stellte die Beklagte der Mutter des Klägers am 22.3.2016 für die Reservierung eines Zimmers in ihrem Pflegeheim im Zeitraum vom 15. bis 28.2.2016 eine Platzgebühr in Höhe von über 1.100 Euro in Rechnung. Der Kläger bezahlte zunächst den Betrag. 2018 forderte er die Beklagte erfolglos auf, ihn zurückzuzahlen.

Der Kläger hat geltend gemacht, es habe erst ab dem tatsächlichen Einzug seiner Mutter in das Pflegeheim eine Vergütungspflicht bestanden. Abweichende Vereinbarungen seien unwirksam.

Prozessverlauf
Das Amtsgericht (AG) hat die Beklagte verurteilt, den geforderten Betrag nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht (LG) das erstinstanzliche Urteil dahingehend geändert, dass die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von 209,30 Euro nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt worden ist.

So sieht es der Bundesgerichtshof
Der BGH hat auf die Revision des Klägers das Urteil des LG aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Denn die Vereinbarung einer Platz-/Reservierungsgebühr ist mit geltendem Recht unvereinbar und daher unwirksam.

Er betont: Es ist insbesondere unzulässig, eine Platz- oder Reservierungsgebühr auf der Basis des vertraglichen Leistungsentgelts – gegebenenfalls vermindert um pauschalierte ersparte Aufwendungen – für die Zeit vor der Aufnahme des Pflegebedürftigen in das Pflegeheim bis zum tatsächlichen Einzugstermin vertraglich festzulegen. Dies widerspräche nicht nur dem Prinzip der Abrechnung der tatsächlichen Leistungserbringung auf Tagesbasis, sondern begründete auch die (naheliegende) Gefahr, dass Leerstände im Anschluss an einen Auszug oder das Versterben eines Heimbewohners doppelt berücksichtigt würden, nämlich zum einen über die in die Pflegesätze eingeflossene Auslastungskalkulation und/oder etwaige Wagnis- und Risikozuschläge und zum anderen über die zusätzliche Inrechnungstellung eines Leistungsentgelts ohne tatsächliche Leistungserbringung gegenüber einem zukünftigen Heimbewohner.

Die Beklagte ist daher verpflichtet, weitere 918,54 Euro zurückzuerstatten. Der BGH konnte jedoch nicht abschließend entscheiden, weil Feststellungen dazu nachzuholen sind, ob der Kläger für den geltend gemachten Anspruch berechtigt ist, den Prozess für seine Mutter zu führen.

Quelle: BGH, Urteil vom 15.7.2021, III ZR 225/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat sich mit der häufig genutzten Formulierung „im Falle eines gemeinsamen Ablebens“ in einem gemeinschaftlichen Testament befasst. Es hat dabei klargestellt, wie diese Formulierung rechtlich zu verstehen ist.

Mit handschriftlichem Testament testierten der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau unter der Überschrift „Gemeinschaftliches Testament“ wie folgt: „Wir, die Eheleute … , setzen uns gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden, zum alleinigen Erben ein. Düsseldorf, den 26.3.2007“. Es folgte die Unterschrift der Ehefrau sowie die Unterschrift des Erblassers mit dem Zusatz „Dies soll auch mein Testament sein“. Darunter bestimmten die Eheleute zusätzlich Folgendes: „Im Falle eines gemeinsamen Ablebens setzen wir als Erben ein: … 60 Prozent des Gesamtwertes: B. …, …, 40 Prozent des Gesamtwertes: K. …, …“. Es folgten die Unterschriften beider Eheleute mit Datumszusatz 26.3.2007. Bei den im Testament genannten Personen „K.“ und „B.“ handelt es sich um Nichten der Ehefrau.

Mit Erbscheinsantrag vom 17.8.2017 beantragten die Nichten, einen Erbschein zu erteilen, der „B.“ als Erbin zu 6/10, die „K.“ als Erbin zu 4/10 ausweist. Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag zurückgewiesen und dies u. a. wie folgt begründet: Es lasse sich nicht mit Sicherheit ausschließen, dass der Erblasser und seine Ehefrau lediglich im Sinne einer sog. Katastrophenklausel hätten testieren wollen und der Erblasser es nach dem Tod seiner Ehefrau nicht für nötig gehalten habe, „K.“ und „B.“ zu Schlusserben einzusetzen. Der daraufhin erhobenen Beschwerde der Nichten hat das Nachlassgericht nicht abgeholfen.

Nach Vorlage an das OLG hatte die Beschwerde jedoch Erfolg. Im Hinblick auf die Frage, ob die Formulierung „im Falle eines gemeinsamen Ablebens“ auch den hier gegebenen Fall erfasst, dass die Eheleute in größerem zeitlichem Abstand versterben, erscheine das Testament auslegungsbedürftig. Formulierungen, die auf ein „gleichzeitiges“ Versterben abstellen, erfassten zunächst Fallkonstellationen, in denen Eheleute zeitgleich versterben, also etwa aufgrund eines Unfalls.

Demgegenüber würden Formulierungen, die auf das beiderseitige Versterben abstellen, im Allgemeinen als zeitlich neutral erscheinen. Sie könnten unter Würdigung des gesamten Testamentsinhalts sowie der Beweggründe und Begleitumstände so auszulegen sein, dass sie auch das Versterben beider Eheleute ohne Rücksicht auf den zeitlichen Abstand erfassen. Gleiches habe im Hinblick auf die hier gewählte Formulierung „im Falle eines gemeinsamen Ablebens“ zu gelten. Denn diese Formulierung stellt gerade nicht auf ein gleichzeitiges Versterben ab, sondern kann ebenso gut im Sinne von „wenn wir beide verstorben sind“ verstanden werden, so das OLG. Anders als das Adjektiv „gleichzeitig“ enthalte „gemeinsam“ keine zeitliche Komponente. Nach allgemeinem Sprachverständnis habe „gemeinsam“ vielmehr die Bedeutung von „zusammen“, „miteinander“ oder „gemeinschaftlich“. Gemeint sein kann daher auch der „gemeinsame“ Zustand nach dem Versterben beider Ehegatten.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.4.2021, I-3 Wx 193/20, Abruf-Nr. 223280 unter www.iww.de

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die einmalig gegenüber einem Hausverwalter geäußerten Worte „fuck you“ unter Berücksichtigung der angespannten Situation während eines Räumungsrechtsstreits begründen keine außerordentliche Kündigung. Es handelt sich um eine – jugendsprachlich verbreitete – Unmutsäußerung, die nicht derart schwerwiegend und ehrverletzend ist, dass sie die Unzumutbarkeit der Fortsetzung eines Mietverhältnisses begründet. So sieht es jedenfalls das Amtsgericht (AG) Berlin-Köpenick.

Beleidigungen können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dann ist aber grundsätzlich zunächst eine Abmahnung erforderlich. Ein erstmaliger Vorfall berechtigt also nur zur fristlosen Kündigung, wenn die Beleidigung als so schwerwiegend anzusehen ist, dass eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich ist. Wenn der „Beleidigte“ die Beleidigung gar nicht als solche versteht, sind die Kündigungsvoraussetzungen nicht erfüllt.

Hier hatte der Hausverwalter gesagt, dass es sich bei „fuck you“ um „keine guten Worte“ handle. Das reichte nicht aus, um eine Beleidigung ihm gegenüber anzunehmen.

Quelle: AG Berlin-Köpenick, Urteil vom 6.10.2020, 3 C 201/19, Abruf-Nr. 223836 unter www.iww.de

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Können sich Architektur- und Ingenieurbüros auch noch nach der Mindestsatz-Entscheidung des EuGH in den Mindestsatz der HOAI hineinklagen bzw. wie werden anhängige Aufstockungsklagen entschieden? Diese Fragen scheinen nach der Stellungnahme des Generalanwalts beim EuGH geklärt. Es sieht für Architektur- und Ingenieurbüros schlecht aus. Das letzte Wort hat aber der EuGH selbst.

Ein nationales Gericht muss eine nationale Regelung (hier die HOAI), die Mindestsätze für Dienstleistungserbringer in einer Weise festlegt, die gegen die Dienstleistungsrichtlinie verstößt, unangewendet lassen, wenn es mit einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen über einen Anspruch befasst ist, der auf diese Regelung gestützt ist. Diese Ansicht hat der EuGH-Generalanwalt in seinem Schlussantrag vertreten, der am 15.07.2021 veröffentlicht worden ist. Er stützt sich dabei auf die Dienstleistungsrichtlinie und das EU-Grundrecht der Vertragsfreiheit.

Teilt der EuGH die Auffassung seines Generalanwalts, was sehr oft geschieht, hätte das zur Folge, dass sich klagende Büros nicht auf die in § 7 HOAI 2013 geregelten Mindestsätze berufen könnten. Aufstockungsklagen wären erfolglos. Letztlich wird man aber erst nach der EuGH-Entscheidung endgültig Bescheid wissen. Diese wird für Ende 2021 erwartet.

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Gendergerechte Sprache ist aktuell ein vieldiskutiertes Thema. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein befasste sich mit diesem Fall: Die Verwendung des Gendersternchens in einer Stellenausschreibung diskriminiert mehrgeschlechtlich geborene Menschen nicht.

Anlass des Streits war die Stellenausschreibung einer Gebietskörperschaft, in der mehrere Diplom-Sozialpädagog*innen, Diplom-Sozialarbeiter*innen, Diplom-Heilpädagog*innen gesucht wurden, u. a. mit den Sätzen „Näheres entnehmen Sie bitte dem nachstehenden Anforderungsprofil einer Fachkraft (m/w/d).“ sowie: „Schwerbehinderte Bewerber*innen werden bei entsprechender Eignung bevorzugt berücksichtigt.“ Die zweigeschlechtlich geborene schwerbehinderte klagende Partei bewarb sich und erhielt eine Absage. Das Arbeitsgericht (ArbG) Elmshorn sprach ihr aus anderen Gründen eine Entschädigung in Höhe von 2.000 EUR zu.

Daraufhin beantragte die klagende Partei für die Berufung Prozesskostenhilfe (PKH), da die Entschädigung höher sein müsse. Das LAG wies den PKH-Antrag wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht zurück.

Das Gendersternchen diene einer geschlechtersensiblen und diskriminierungsfreien Sprache. Ziel sei es, nicht nur Frauen und Männer in der Sprache gleich sichtbar zu machen, sondern auch alle anderen Geschlechter zu symbolisieren und der sprachlichen Gleichbehandlung aller Geschlechter zu dienen. Ob das Gendersternchen den offiziellen deutschen Rechtschreibregeln entspreche, könne dahingestellt bleiben. Dass geschlechtsneutral ausgeschrieben werden sollte, sei im Übrigen auch durch den Zusatz „m/w/d“ deutlich geworden. Damit habe die Verwendung des Begriffs „Bewerber*innen“ statt „Menschen“ keinen diskriminierenden Charakter.

Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22.6.2021, 3 Sa 37 öD/21, Abruf-Nr. 223389 unter www.iww.de

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Aufgrund der anhaltend hohen Eingangszahlen in Rechtsstreitigkeiten über Schadenersatzansprüche aus unerlaubten Handlungen, die den Vorwurf einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei einem Kraftfahrzeug mit Dieselmotor zum Gegenstand haben (sog. „Diesel-Sachen“), und angesichts der Überlastung des damit bislang in erster Linie befassten VI. sowie des VII. Zivilsenats hat das Präsidium des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Wirkung zum 1.8.2021 vorübergehend einen VIa. Zivilsenat als Hilfsspruchkörper eingerichtet.

Diesem ist die Zuständigkeit in sog. „Diesel-Sachen“ für die ab diesem Zeitpunkt neu eingehenden Verfahren zugewiesen. Die Zuständigkeit für die Einrichtung eines Hilfsspruchkörpers als Sonderform einer Vertretungsregelung zur Bewältigung einer vorübergehenden Überlastung liegt beim Präsidium. Die Mitglieder des Hilfszivilsenats werden nach dem Beschluss des Präsidiums anteilig weiterhin einem allgemeinen Zivilsenat zugewiesen bleiben.

Quelle: BGH, PM Nr. 141/21 vom 22.7.2021

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Viele Sportbegeisterte kennen das: Während der Corona-Pandemie mussten Fitnessstudios zeitweise schließen. Doch sie zogen häufig die Mitgliedsbeiträge einfach weiter ein. War das korrekt? Oder muss der Studiobetreiber die Beiträge erstatten? Das hat nun das Landgericht (LG) Osnabrück geklärt.

Sachverhalt
Der Kläger hatte mit dem beklagten Fitnessstudio einen Mitgliedsvertrag über 24 Monate geschlossen. Aufgrund behördlicher Anordnung schloss das Studio (Beklagte) vom 16.3.2020 bis zum 4.6.2020. Noch während der Schließung kündigte der Kläger seine Mitgliedschaft zum 8.12.2021.

Keine Studionutzung, aber Beträge wurden abgebucht
Ärgerlich: Die Mitgliedsbeiträge zog der Studiobetreiber auch für den Zeitraum weiter ein, in dem er geschlossen hatte. Obwohl der Kläger ihn aufforderte, die Beiträge für den Schließungszeitraum zu erstatten, geschah nichts.

Erste und zweite Instanz: Gelder sind zurückzuzahlen
Das Amtsgericht (AG) Papenburg gab dem Kläger Recht. Es verurteilte das Fitnessstudio, die Beträge zurückzuzahlen. Dagegen legte das Fitnessstudio Berufung ein. Denn die von ihm geschuldete Leistung – Zurverfügungstellung des Studios – könne es jederzeit nachholen. Der Vertrag sei dahingehend anzupassen, dass sich die Vertragslaufzeit um die behördlich angeordnete Schließungszeit verlängere.

Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg: Das Fitnessstudio muss dem Kläger die Beträge erstatten.

Leistung kann nicht nachgeholt werden
Dem Fitnessstudio sei die geschuldete Leistung aufgrund der Schließung unmöglich geworden, sodass sein Anspruch auf die Monatsbeträge für den Zeitraum der Schließung entfalle. Die geschuldete Leistung könne nicht nachgeholt werden.

Ein Anspruch auf Anpassen des Vertrags bestehe nicht: Der Schließungszeitraum kann nicht an das Ende der Vertragslaufzeit (kostenfrei) angehängt werden.

Beachten Sie Der Gesetzgeber sieht für Miet- und Pachtverhältnisse ausdrücklich eine Anpassung der Verträge für die Zeit der Corona-bedingten Schließung vor. Für Freizeiteinrichtungen sei eine solche Regelung dagegen nicht getroffen worden. Vielmehr sei lediglich eine sog. Gutscheinlösung vorgesehen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision ist zugelassen.

Quelle: LG Osnabrück, Urteil vom 9.7.2021, 2 S 35/21, PM 29/21 vom 12.7.2021

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl