Beim Besuch eines Reitturniers müssen Eltern ihr drei Jahre altes Kleinkind so beaufsichtigen, dass es nicht aus dem Blick gelassen wird und ggf. sofort an die Hand genommen werden kann. Erst ab einem Alter von vier Jahren gibt es einen Freiraum, wobei aber eine regelmäßige Kontrolle in kurzen Zeitabständen für erforderlich gehalten wird. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall, in dem ein kleines Kind in einen Pferdetransporter geklettert und vom Huf eines Pferdes am Kopf getroffen worden war.

Der BGH: Eltern müssen bei der Ausübung der elterlichen Sorge dem Kind gegenüber zwar nur für die Sorgfalt einstehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Für grobe Fahrlässigkeit haften sie aber stets. Der Umfang der Aufsicht über Minderjährige bestimmt sich nach deren Alter, Eigenart und Charakter. Die Grenze richtet sich danach, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen in der konkreten Situation tun müssen, um Schädigungen zu verhindern.

Bei einem Reitturnier darf Kindern ohne ausreichendes Gefahren- und Verantwortungsbewusstsein kein Freiraum gewährt werden, der es ihnen ermöglicht, in einen Pferdetransporter oder -anhänger von Turnierteilnehmern zu gelangen. Klettert ein nicht beaufsichtigtes dreijähriges Kind in einen Pferdetransporter und wird dort von einem Pferd getreten, haften Eltern und Pferdehalter als Gesamtschuldner, d.h. gemeinsam. Im Innenverhältnis, also zwischen Eltern und Pferdehalter, hafteten die Eltern in diesem Fall allein. Denn die Pferdehalter durften sich auf eine hinreichende Beaufsichtigung von Kindern verlassen.

Quelle: BGH, Urteil vom 19.1.2021, VI ZR 210/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat aktuell entschieden: Wenn mehrere Wohnungen nur teilweise identischen Miteigentümern gehören oder wenn der Miteigentümer einer Wohnung zugleich Alleineigentümer einer anderen Wohnung ist, haben die Eigentümer jeder Wohnung bei Geltung des Kopfstimmenprinzips je eine Stimme.
Darüber hinaus sei es so, dass das Kopfstimmrecht eines Wohnungseigentümers nicht dadurch entfalle, dass er Miteigentümer einer anderen Wohnung wird oder bleibt. Das gelte auch, wenn er Mehrheitseigentümer anderer Wohnungen ist oder wird.

Quelle: BGH, Urteil vom 20.11.2020, V ZR 64/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat sich vor Kurzem ausführlich mit der Auswirkung von Kurzarbeit auf Urlaubsansprüche der betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen befasst.

Sachverhalt
Die Klägerin ist seit dem 1.3.2011 als Verkaufshilfe mit Backtätigkeiten bei der Beklagten, einem Betrieb der Systemgastronomie, beschäftigt. Sie ist in einer Drei-Tage-Woche teilzeittätig. Vereinbarungsgemäß stehen ihr pro Jahr 28 Werktage bzw. umgerechnet 14 Arbeitstage Urlaub zu. Seit dem 1.4.2020 galt für die Klägerin infolge der Corona-Pandemie von April bis Dezember wiederholt „Kurzarbeit Null“, d. h. der Arbeitsausfall betrug 100 Prozent. In den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 bestand diese durchgehend. Im August und September 2020 hatte die Beklagte ihr insgesamt 11,5 Arbeitstage Urlaub gewährt.

So argumentiert die Arbeitnehmerin
Die Klägerin ist der Ansicht, die Kurzarbeit habe keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche. Konjunkturbedingte Kurzarbeit erfolge nicht auf Wunsch des Arbeitnehmers, sondern im Interesse der Arbeitgeberin. Kurzarbeit sei auch keine Freizeit. So unterliege sie während der Kurzarbeit Meldepflichten. Auch könne die Arbeitgeberin die Kurzarbeit kurzfristig vorzeitig beenden, weswegen es an einer Planbarkeit der freien Zeit fehle. Sie begehrt deshalb die Feststellung, dass ihr für das Jahr 2020 der ungekürzte Urlaub von 14 Arbeitstagen zustehe, d.h. noch 2,5 Arbeitstage.

So argumentiert die Arbeitgeberin
Dem trat die Arbeitgeberin entgegen. Mangels Arbeitspflicht während der „Kurzarbeit Null“ entstünden keine Urlaubsansprüche. Sie habe deshalb den Urlaubsanspruch der Klägerin für 2020 bereits vollständig erfüllt.

Das stellt das Landesarbeitsgericht fest
Das LAG Düsseldorf hat die Klage abgewiesen. Das LAG: Aufgrund der „Kurzarbeit Null“ in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 hat die Klägerin in diesem Zeitraum keine Urlaubsansprüche erworben. Der Jahresurlaub 2020 steht ihr deshalb nur anteilig im gekürzten Umfang zu. Für jeden vollen Monat der „Kurzarbeit Null“ war der Urlaub um 1/12 zu kürzen, was sogar eine Kürzung um 3,5 Arbeitstage ergeben würde. Im Hinblick darauf, dass der Erholungsurlaub bezweckt, sich zu erholen, setzt dies eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus.

Kurzarbeit kürzt Urlaubsanspruch
Da während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben sind, werden Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig zu kürzen ist. Dies entspricht dem Europäischen Recht, weil nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) während „Kurzarbeit Null“ der europäische Mindesturlaubsanspruch nicht entsteht. Das deutsche Recht enthält dazu keine günstigere Regelung. Weder existiert diesbezüglich eine spezielle Regelung für Kurzarbeit noch ergibt sich etwas anderes aus den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes. Insbesondere ist „Kurzarbeit Null“ nicht mit Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen. An alledem hat der Umstand nichts geändert, dass die Kurzarbeit der Klägerin durch die Corona-Pandemie veranlasst ist.

Quelle: LAG Düsseldorf, Urteil vom 12.3.2021, 6 Sa 824/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Ein sich um die Tragfähigkeit seines Grundstücks sorgender Nachbar kann nicht die Aufhebung einer für das angrenzende Grundstück erteilten Baugenehmigung verlangen, die unter der Bedingung steht, dass spätestens bei Baubeginn eine Bescheinigung über die Gewährleistung der Standsicherheit des Bauvorhabens vorzulegen ist. Dies entschied jetzt das Verwaltungsgericht (VG) Mainz.

Widerspruch des Nachbarn
Der Nachbar wandte sich mit seinen Widersprüchen gegen im vereinfachten Genehmigungsverfahren von dem beklagten Landkreis erlassene Baugenehmigungen für zwei Mehrparteienwohnhäuser. Er machte dabei im Wesentlichen geltend, aufgrund der Hanglage des Gebiets bestünde bei Verwirklichung des Bauvorhabens die Gefahr von Erdrutschungen, die die Standsicherheit seines oberhalb des Baugrundstücks gelegenen Wohngebäudes bedrohten.

Untätigkeitsklage der Bauherrin
Nachdem der Kreisrechtsausschuss des Landkreises nach über einem Jahr seit Erhebung der Widersprüche noch nicht über diese entschieden hatte, erhob die Bauherrin Untätigkeitsklage auf Zurückweisung der Widersprüche. Sie machte ihr Recht auf Erhalt einer bestandskräftigen Baugenehmigung geltend und führte aus, dass Nachbarrechte durch die mit den Widersprüchen angegriffenen Baugenehmigungen nicht verletzt würden. Das VG gab der Klage statt und verpflichtete den beklagten Landkreis, die Widersprüche gegen die Baugenehmigungen kostenpflichtig zurückzuweisen.

Begründung des Verwaltungsgerichts
Die Verpflichtungsklage auf Erlass eines Widerspruchsbescheids durch den Beklagten sei zulässig und begründet. Die Baugenehmigungen verletzten keine nachbarschützenden Vorschriften, die ein Grundstücksnachbar allein rügen könne. Der Beigeladene könne insbesondere nicht eine Verletzung seines Eigentums durch Gefährdung der Standsicherheit des auf seinem Grundstück vorhandenen Gebäudes geltend machen. Die Frage der Standsicherheit baulicher Anlagen und der Tragfähigkeit des Baugrundes des Nachbargrundstücks sei nicht Gegenstand des Prüfprogramms der Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten Genehmigungsverfahren.

Instrument der Bedingung ausreichend
Die Baugenehmigungen seien jedoch unter der Bedingung ergangen, dass spätestens bei Baubeginn der Baubehörde Bescheinigungen sachverständiger Personen über die Gewährleistung der Standsicherheit des Vorhabens vorzulegen seien. Diese Regelung in der Baugenehmigung sei geeignet, eine ausreichende Vorsorge vor Verletzungen des Eigentums des Nachbarn zu gewährleisten.

Der Nachbar habe keinen Anspruch darauf, dass bereits im Zeitpunkt der Erteilung der noch nicht endgültig die Bebauung freigebenden Baugenehmigung die Hangrutschgefahr abschließend geklärt werde. Ausreichend sei es, wenn – wie hier – durch das Instrument der Bedingung verhindert werde, dass von der erteilten Baugenehmigung Gebrauch gemacht werde und zulasten des Nachbarn vollendete Tatsachen geschaffen würden.

Quelle: VG Mainz, Urteil vom 24.2.2021, 3 K 248/20.MZ

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

In fast jedem zweiten Haushalt wird mindestens ein Haustier gehalten. Daher hat es große praktische Bedeutung, was jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschieden hat: Eine Tierbetreuung kann danach nämlich bei der Bemessung des Haushaltsführungsschadens zu Buche schlagen.

Der zum Versorgen eines Haustieres erforderliche Zeitaufwand ist grundsätzlich erstattungsfähig, so die Grundaussage des OLG. Eine einschlägige Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) fehlt hierzu allerdings noch.

Doch Vorsicht: Es erscheint angebracht, so das OLG Celle, nicht den gesamten erforderlichen Aufwand zu berücksichtigen, sondern einen Abschlag vorzunehmen für die allgemeine Lebensfreude, die mit der Haltung von Haustieren einhergeht.

Hier war es so, dass die Klägerin unfallbedingt monatelang daran gehindert war, den Familienhund auszuführen. Allerdings gab es einen 730 qm großen Garten, in dem der Hund frei laufen konnte, und es waren auch noch der Ehemann, wenngleich schwerbehindert und nur am Wochenende zu Hause, sowie eine Tochter als Tierbetreuer vorhanden. Es kommt also auch immer auf den individuellen Fall an.

Quelle: OLG Celle, Urteil vom 16.12.2020, 14 U 108/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer trotz durchgeführter Reparatur fiktiv abrechnen möchte, muss die tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten nicht offenlegen. Das bestätigte das Oberlandesgericht (OLG) München.

Der Versicherer hatte eine „Fantasiezahl“ (5.000 Euro statt rund 9.400 Euro laut Sachverständigengutachten) in den Raum gestellt und entsprechend abgerechnet. So wollte er den Geschädigten dazu zwingen, die aufgewendeten Kosten offenzulegen. Das ist ihm nicht gelungen. Denn müsste der Versicherer lediglich irgendeinen Betrag in den Raum stellen, um den Kläger im praktischen Ergebnis zur Vorlage der Reparaturkostenrechnung zu zwingen, sei dies mit der Wahlmöglichkeit des Geschädigten zwischen einer Abrechnung auf der Grundlage tatsächlicher oder fiktiver Reparaturkosten unvereinbar, so das OLG.

Quelle: OLG München, Urteil vom 17.12.2020, 24 U 4397/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Landgericht (LG) Frankfurt a.M. hat entschieden: Die obligatorische Angabe von „Herr“ oder „Frau“ kann eine nicht-binäre Person in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen.

Die Beklagte ist die Vertriebstochter eines Eisenbahnkonzerns. Bucht der Kunde eine Fahrkarte über das Internet, muss er die Anrede „Herr“ oder „Frau“ wählen. Auch die Registrierung erfordert die Festlegung als „Herr“ oder „Frau“. Die klagende Person wurde nach dem Kauf einer Rabattkarte in einer Rechnung als „Herr“ angesprochen.

Das LG: Die klagende Person kann von der Beklagten verlangen, nicht zwingend die Anrede „Herr“ oder „Frau“ angeben zu müssen, wenn sie deren Angebote nutzt. Es muss die Wahl einer geschlechtsneutralen Anrede bestehen. Auch in der Kommunikation und bei der Speicherung der Daten ist eine Bezeichnung als „Herr“ oder „Frau“ zu unterlassen. Durch die notwendige Festlegung als „Herr“ oder „Frau“ wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht der klagenden Person verletzt. Dieses Recht schützt auch die geschlechtliche Identität. Für das Auftreten in einer bestimmten Geschlechtsidentität ist nach allgemeinem Verständnis die Anredeform bedeutsam. Um die Dienstleistungen der Beklagten zu nutzen, ist das Geschlecht des Kunden irrelevant. Sie kann eine andere Grußformel schaffen, etwa „Guten Tag“, oder auf eine geschlechtsspezifische Anrede verzichten.

Quelle: LG Frankfurt a. M., Urteil vom 3.12.20, 2-13 O 131/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Entscheidung über das Durchführen von Schutzimpfungen für ein gemeinsames Kind kann bei Uneinigkeit der Eltern auf den Elternteil übertragen werden, der seine Haltung an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) orientiert. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. wies daher die Beschwerde eines Vaters zurück.

Sachverhalt
Die Eltern eines 2018 geborenen Kindes üben gemeinsam die elterliche Sorge aus. Die Mutter möchte das Kind gemäß den Empfehlungen der STIKO impfen lassen. Der Vater ist damit nicht einverstanden und verlangt eine gerichtliche Prüfung der Impffähigkeit des Kindes. Die Mutter hat deshalb vor dem Amtsgericht (AG) beantragt, ihr die Entscheidungsbefugnis über Standardimpfungen zu übertragen. Diesem Antrag hat das AG stattgegeben.

Kindeswohl im Blick
Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vaters hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Wenn sich Eltern bei gemeinsamer elterlicher Sorge in einer einzelnen Angelegenheit, die für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen können, kann auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen werden. Die Entscheidung über das Durchführen von Schutzimpfungen sei eine derartige Angelegenheit von erheblicher Bedeutung, stellt das OLG fest. Dabei sei die Entscheidungskompetenz dem Elternteil zu übertragen, „dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird“. Gehe es um eine Angelegenheit der Gesundheitssorge, sei die Entscheidung zugunsten des Elternteils zu treffen, der insoweit das für das Kindeswohl bessere Konzept verfolge.

Empfehlungen der Ständigen Impfkommission ersetzt Gerichtsgutachten
Bei der Übertragung der Entscheidungsbefugnis über Schutzimpfungen auf einen Elternteil könne nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich maßgeblich darauf abgestellt werden, „dass ein Elternteil Impfungen offen gegenübersteht und seine Haltung an den Empfehlungen der STIKO orientiert, ohne dass es der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf, wenn im Einzelfall kein Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht“.

Es könne davon ausgegangen werden, „dass eine an den Empfehlungen der STIKO orientierte Entscheidung der Kindesmutter über vorzunehmende Impfungen im Ausgangspunkt das für das Kindeswohl bessere Konzept im Sinne der Rechtsprechung darstellt“, begründet das OLG. Bei der Abwägung zwischen Risiken im Fall einer Impfung und Risiken bei unterbleibender Impfung könne die Entscheidung auf den Elternteil übertragen werden, der den fachlichen Empfehlungen der STIKO folge. Diesen Empfehlungen komme die Funktion eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu.

Da nach den Empfehlungen der STIKO die Impffähigkeit in der konkreten Situation unter Berücksichtigung etwaiger Kontraindikationen ärztlich zu prüfen sei, bedürfe es auch keiner allgemeinen, unabhängig von einer konkreten Impfung vorzunehmenden gerichtlichen Aufklärung der Impffähigkeit des Kindes. Der Sorge des Vaters um die körperliche Unversehrtheit des Kindes im Hinblick auf den Impfvorgang selbst trügen die Empfehlungen der STIKO ebenfalls Rechnung. Für den Impfvorgang werde von der STIKO eine am Kindeswohl orientierte Vorgehensweise mit im Einzelnen dargestellten Handlungsvorschlägen empfohlen. Dass diese Empfehlungen vorliegend unzureichend seien, sei weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 8.3.2021, 6 UF 3/21

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat jetzt entschieden: Das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln; „Berliner Mietendeckel“) ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und deshalb nichtig

Regelungen zur Miethöhe für frei finanzierten Wohnraum, der auf dem freien Wohnungsmarkt angeboten werden kann (ungebundener Wohnraum), fallen in die sog. konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit. Das heißt: Die Länder sind nur zur Gesetzgebung befugt, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat. Da der Bundesgesetzgeber das Mietpreisrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) abschließend geregelt hat, ist aufgrund der Sperrwirkung des Bundesrechts für die Gesetzgebungsbefugnis der Länder kein Raum. Da das MietenWoG Bln im Kern ebenfalls die Miethöhe für ungebundenen Wohnraum regelt, ist es insgesamt nichtig.

Quelle: BVerfG, Beschluss vom 25.3.2021, 2 BvF 1/20, 2 BvL 5/20, 2 BvL 4/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Klagt eine Frau auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das vom Arbeitgeber nach dem Entgelttransparenzgesetz mitgeteilte Vergleichsentgelt der männlichen Vergleichsperson, regelmäßig die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt.

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Abteilungsleiterin beschäftigt. Sie erhielt im August 2018 von der Beklagten eine Auskunft nach dem Entgelttransparenzgesetz, aus der u. a. das Vergleichsentgelt der bei der Beklagten beschäftigten männlichen Abteilungsleiter hervorgeht. Angegeben wurde dieses als „auf Vollzeitäquivalente hochgerechneter statistischer Median“ des durchschnittlichen monatlichen übertariflichen Grundentgelts sowie der übertariflichen Zulage. Weil sowohl das Grundentgelt als auch die Zulage über dem Entgelt der Klägerin lag, hat die Klägerin die Beklagte u. a. auf Zahlung der Differenz zwischen dem ihr gezahlten Grundentgelt sowie der ihr gezahlten Zulage und der ihr mitgeteilten höheren Median-Entgelte für die Monate August 2018 bis Januar 2019 in Anspruch genommen.

Das Arbeitsgericht (ArbG) hatte der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht (LAG) hat das Urteil des ArbG auf die Berufung der Beklagten geändert und die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, es lägen schon keine ausreichenden Indizien vor, die die Vermutung begründeten, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts erfahren habe.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG nun Erfolg. Mit der vom LAG gegebenen Begründung durfte die Klage nämlich nicht abgewiesen werden. Aus der von der Beklagten erteilten Auskunft ergibt sich das Vergleichsentgelt der maßgeblichen männlichen Vergleichsperson. Nach den Vorgaben des Entgelttransparenzgesetzes liegt in der Angabe des Vergleichsentgelts als Median-Entgelt durch einen Arbeitgeber zugleich die Mitteilung der maßgeblichen Vergleichsperson, weil entweder ein konkreter oder ein hypothetischer Beschäftigter des anderen Geschlechts dieses Entgelt für gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit erhält.

Die Klägerin hat gegenüber der ihr von der Beklagten mitgeteilten männlichen Vergleichsperson eine unmittelbare Benachteiligung erfahren, denn ihr Entgelt war geringer als das der Vergleichsperson gezahlte. Entgegen der Annahme des LAG begründet dieser Umstand zugleich die – von der Beklagten widerlegbare – Vermutung, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ erfahren hat. Aufgrund der vom LAG getroffenen Feststellungen konnte das BAG nicht entscheiden, ob die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, diese Vermutung ausreichend widerlegt hat. Zugleich war den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Das BAG hat daher die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen.

Quelle: BAG, Urteil vom 21.1.2021, 8 AZR 488/19, PM Nr. 1/21

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht