Das Amtsgericht (AG) München hat jetzt eine beklagte Mieterin verurteilt, ihre Zwei-Zimmer-Mietwohnung von 59 qm zu räumen und an den auf Eigenbedarf klagenden Vermieter herauszugeben.

Sachverhalt
Zum Hintergrund: Au-pair sind junge Menschen, die gegen „Kost und Logis“ bei einer Gastfamilie – häufig im Ausland – tätig sind. Im Gegenzug erlernen sie Sprache und Kultur des Gastlandes. Der Sachverhalt: Der Kläger ist Vermieter, die Beklagte seit 2002 Mieterin der Wohnung. Der Kläger lebt mit der von zuhause aus berufstätigen Ehefrau und drei Kindern, von denen zwei die Grundschule besuchen und eines erst ein Jahr alt ist, in einer Eigentumswohnung, die nur etwa knapp 700 Meter und damit wenige Gehminuten von seiner vermieteten Wohnung entfernt liegt. Er kündigte das Mietverhältnis und begründete dies damit, dass er und seine Frau ein Au-pair einstellen wollten. In ihrer Wohnung, die aus einem Elternschlafzimmer, drei Kinderzimmern, einem Wohn- und Essbereich mit offener Küche sowie Bad und einem Büro bestehe, gebe es keine Möglichkeit zur Unterbringung des Au-pair, da sämtliche Räume bereits genutzt würden.

Argumentation der Mieterin
Die Beklagte meinte, eine Unterbringung des Au-pair in der Wohnung des Klägers müsse möglich sein. Weiter könne das Au-pair in einer in vergleichbarer Distanz anzumietenden Wohnung untergebracht werden. Sie selbst gelte mit einem Grad der Behinderung von 60 als schwerbehindert. Da sie zudem Hartz-IV-Leistungen beziehe, sei sie auf dem freien Wohnungsmarkt chancenlos. Sie habe sich um Ersatzwohnraum bemüht. Auch drohe eine Verschlechterung ihres mittelgradigen depressiven Syndroms.

Kündigungsgrund lag vor
Das AG gab dem Kläger Recht. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass der Wunsch des Vermieters, ein Au-pair zur Kinderbetreuung in seinen Haushalt aufzunehmen, grundsätzlich vernünftig und nachvollziehbar ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei auch ein anerkennenswerter Kündigungsgrund gegeben, wenn der Vermieter ein Au-pair in einer vermieteten Wohnung unterbringen möchte, die fußläufig von seinem bewohnten Eigenheim entfernt liegt. Der Kläger habe überzeugend dargelegt, nur mithilfe eines Au-pairs könne seine Frau ihrem Beruf wieder nachgehen und sei die Kinderbetreuung gleichzeitig sichergestellt. Es sei auch nicht erforderlich, dass das Bedürfnis für die Hilfskraft bereits bei Ausspruch der Kündigung besteht, sondern es genüge, dass aufgrund äußerer Umstände mit einiger Sicherheit damit gerechnet werden muss, dass der Vermieter die Dienste in naher Zukunft für seine Lebensführung benötigt.

Raumaufteilung private Angelegenheit
Die Argumentation der Beklagten, aufgrund des jungen Alters der Kinder, gerade des Kleinkindes, benötigten diese kein eigenes Zimmer, überzeugte das AG nicht. Die Raumaufteilung innerhalb der eigenen Wohnung sei allein Sache des Klägers und seiner Familie. Diese unterliege nur einer Missbrauchskontrolle dahingehend, ob der verfügbare Wohnraum und die angegebene Nutzung in einem auffälligen Missverhältnis stehen, sodass sich der Verdacht aufdrängen müsste, die volle Ausnutzung des Wohnraums werde nur vorgespiegelt, um die Kündigung zu ermöglichen. Dafür seien hier aber keine Anhaltspunkte erkennbar. Würde man zudem verlangen, dass ein Au-pair stets im selben Haus oder derselben Wohnung lebt, wie die Gastfamilie, würde dies zu einer Schlechterstellung von Familien führen, die kinderreich sind, aber über kein Haus verfügen, sondern in einer Wohnung leben. Ihnen wäre die Anstellung und Unterbringung eines Au-pair als Hilfestellung, damit beide Elternteile wieder berufstätig sein können, praktisch verwehrt.

Fehlende Nachweise
Aufgrund des vorgelegten Attests stehe fest, dass die Beklagte nicht in durchgehender ärztlicher Behandlung war. Sie habe nicht im Ansatz substanziiert dargestellt, dass sie wegen einer Krankheit an der Räumung gehindert sei. Auch die Tatsache, dass sie zu 60 Prozent schwerbehindert ist, reiche für sich genommen nicht aus. Ein Sachverständigengutachten sei daher nicht einzuholen gewesen.

Die Beklagte habe fast ausschließlich nur im zentralsten Innenstadtbereich und nur in besonders beliebten Vierteln nach Ersatzwohnraum gesucht und so nicht nachgewiesen, alles Erforderliche und Zumutbare unternommen zu haben, eine Ersatzwohnung zu erlangen.

Entgegenkommen wegen Pandemiesituation
Da der Kündigungsgrund nicht von ihr zu verantworten sei, Ersatzwohnraum infolge der Corona-Pandemie und des aktuellen Lockdowns derzeit noch erheblich schwerer zu finden sei, andererseits die Kündigungsfrist bereits abgelaufen sei, hat das AG die Räumungsfrist noch einmal um etwa ein halbes Jahr verlängert.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: AG München, Urteil vom 12.1.2021, 473 C 11647/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin hat aktuell in mehreren Entscheidungen festgestellt: Der bloße Hinweis auf die Corona-Pandemie oder einen Umsatzrückgang aufgrund der Pandemie genügt nicht, um eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen.

In einer Entscheidung vom 5.11.20 stellte das ArbG fest, dass der Arbeitgeber anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen muss, warum nicht nur eine kurzfristige Auftragsschwankung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist.

Beachten Sie Wird im Betrieb Kurzarbeit geleistet, spricht dies gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf.

In mehreren Entscheidungen vom 25.8.20 sagte das ArbG: Die Erklärung, es habe einen starken Umsatzrückgang gegeben und man habe nicht anders auf denselben reagieren können, als eine Anzahl von Kündigungen auszusprechen, sei keine ausreichende Begründung zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung.

Schließlich stellte das ArbG am 10.8.20 in einem anderen Verfahren fest: Auch wenn kein allgemeiner Anspruch auf eine Tätigkeit im Home-Office bestehe, könne die mögliche Arbeit von zu Hause aus bei vorhandenen technischen Voraussetzungen einer Änderungskündigung zur Zuweisung eines anderen Arbeitsorts entgegenstehen. Die stärkere Verbreitung des Arbeitens im Home-Office aufgrund der Pandemie zeige, dass Arbeiten von zu Hause aus möglich sei.

Gegen diese Entscheidung wurde Berufung beim LAG Berlin-Brandenburg eingelegt.

Quelle: ArbG Berlin, Urteile vom 5.11.2020, 38 Ca 4569/20; 25.8.2020, 34 Ca 6664/20, 34 Ca 6667/20, 34 Ca 6668/20; 10.8.2020, 19 Ca 13189/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden: Wird ein Grundstück so geteilt, dass eine Giebelmauer, an die von beiden Seiten angebaut ist, auf der neuen Grundstücksgrenze steht, wird die Mauer hierdurch im Zweifel eine sog. gemeinschaftliche Grenzeinrichtung. Das hat Folgen, z. B. wenn es, wie im Fall des BGH, zu einem Brand eines an eine Nachbarwand angebauten Gebäudes kommt.

Das war geschehen
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Ihre Grundstücke sind im Wege der Teilung aus einem größeren Grundstück hervorgegangen. Auf diesem befand sich auf dem heute im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstücksteil eine Scheune, an deren südliche Außenmauer etwa im Jahr 1930 das heutige Wohnhaus des Klägers angebaut wurde. Der Teilungsvereinbarung zufolge verläuft die Grenze „zwischen dem Wohnhaus und der Scheune entlang der Außenmauer des Scheunengebäudes“. Nach der in der Urkunde aus dem Jahr 2000 in Bezug genommenen Flurkarte verläuft die Grenze zwischen den beiden Grundstücken im Bereich der Gebäude mittig durch die Gebäudetrennwand. Im Jahr 2011 wurde die Scheune durch einen Brand stark beschädigt. Die Gebäudeversicherung des Klägers zahlte diesem zur Regulierung des durch den Übertritt des Feuers auf sein Wohnhaus entstandenen Schadens einen Betrag, in dem gutachterlich ermittelte Kosten für die Sanierung der Gebäudetrennwand von 50.824 Euro enthalten sind.

Der Kläger verlangt von den Beklagten Maßnahmen zur Sanierung der Gebäudetrennwand. Das Landgericht (LG) hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) hat die Beklagten verurteilt, „diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um das Gebäude des Klägers […] im Bereich der Gebäudetrennwand ausreichend gegen Witterung zu schützen, gegen Wärmeverlust zu dämmen und Feuchtigkeitsimmissionen abzuwehren“. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision möchten die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen. Mit der Anschlussrevision verfolgt der Kläger seinen u.a. auf Verurteilung der Beklagten zur Beseitigung der an der Gebäudetrennwand entstandenen Schäden gerichteten weiteren Klageantrag weiter.

So sieht es der BGH
Der BGH: Brennt ein an eine gemeinsame Giebelmauer (Nachbarwand) angebautes Gebäude ab, sodass die Mauer freigelegt und in ihrer Funktionstüchtigkeit als Abschlusswand des Nachbargebäudes beeinträchtigt wird, hat der Nachbar einen Anspruch gegen den Eigentümer des von dem Brand betroffenen Grundstücks auf Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der Nachbarwand. Ob und gegebenenfalls in welchem Maß die Wand zu dämmen ist, hängt davon ab, ob und in welchem Umfang sie vor ihrer Freilegung (auch) die Funktion hatte, das Nachbargebäude vor Wärmeverlust zu schützen; dies ist nach den konkreten Umständen bei der Errichtung der Wand bzw. der Teilung des Grundstücks zu beurteilen oder gegebenenfalls nach dem Zustand, den die Wand aufgrund einer gemeinschaftlichen Ertüchtigung durch die Nachbarn zuletzt aufwies.

Beachten Sie Der BGH hat noch auf Folgendes hingewiesen: Der Anspruch des Nachbarn auf Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der durch einen Brand freigelegten gemeinsamen Giebelwand ist kein Ersatzanspruch nach dem Versicherungsvertragsgesetz. Er geht daher nicht auf die Gebäudeversicherung des Nachbarn über, wenn diese den durch den Brand an seinem Gebäude entstandenen Schaden reguliert.

Quelle: BGH, Urteil vom 22.1.2021, V ZR 12/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Mitunter kommt es zu „interessanten“ Erklärungsversuchen, um sich einem Bußgeld zu entziehen. Das Amtsgericht (AG) Frankfurt a. M. hat entschieden: Es handelt sich um eine bloße Schutzbehauptung, wenn ein Verkehrsteilnehmer angibt, er habe statt eines Mobiltelefons lediglich eine Bürste benutzt, um sich den Bart zu kämmen.

Der Betroffene war mit einem von ihm gelenkten Omnibus in eine Polizeikontrolle zur Feststellung von „Handyverstößen“ geraten. Ein Beamter fertigte eine Fotosequenz an, auf der zu erkennen war, dass der Betroffene einen weißen Gegenstand mit der rechten Hand an sein rechtes Ohr hält. Im Verfahren trug der Betroffene Zweierlei vor: Zum einen habe er mit dem Fahrzeug bei dem vermeintlichen Bußgeldverstoß gestanden. Zum anderen würden die aufgenommenen Bilder lediglich zeigen, dass er seinen Bart mit einer weißen Bürste kämme. Es sei auch zu sehen, dass sich seine Hände gar nicht am Lenkrad befunden hätten.

Trotz seiner Einwände hat das AG gegen den Betroffenen wegen vorschriftswidrigen Benutzens eines Mobiltelefons eine Geldbuße in Höhe von 180 Euro festgesetzt. Die Benutzung einer weißen Haarbürste stelle eine bloße Schutzbehauptung dar. Die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommene Bürste habe eine geschwungene, zu den Ecken hin abgerundete Form aufgewiesen, währenddessen auf den Bildern ein rechteckiger Gegenstand durch das bloße Anlegen eines Lineals zu erkennen gewesen sei. Des Weiteren zeige die Fotosequenz das benutzte Gerät immer an gleicher Stelle. Ein Kämmvorgang setze zwangsläufig eine Kammführung nach unten und/oder zur Seite voraus, die den Bildern nicht zu entnehmen sei. Die Bildsequenz belege auch, dass sich der Bus bewegt habe. Der Einwand, das Fahrzeug könne nicht in Bewegung gewesen sein, weil sich keine Hand am Lenkrad befunden habe, gebe zwar u. U. Anlass zu einer allgemeinen Überprüfung der Fahreignung, rechtfertige aber indes nicht den gewünschten Rückschluss auf ein stehendes Fahrzeug. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Quelle: AG Frankfurt a. M., Urteil vom 16.6.2020, 971 Owi 363 Js 72112/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Wie frühzeitig muss eine Reise storniert werden, wenn sich andeutet, dass sie möglicherweise nicht angetreten werden kann? Das Amtsgericht (AG) Bergisch Gladbach sagt: Der Reisende als Versicherungsnehmer einer Reiserücktrittsversicherung muss nicht sofort beim ersten Anzeichen der Möglichkeit, dass er seine Versicherung beanspruchen könnte, die Reise stornieren.

Das war geschehen
Der Versicherungsnehmer der Reiserücktrittsversicherung hatte für sich und seine Ehefrau eine Kreuzfahrt gebucht. Diese sollte am 15.9.18 beginnen. Am 29.7.18 erlitt die Ehefrau einen Fahrradunfall. Am 15.8.18 wurde im Krankenhaus festgestellt, dass sie ein sog. chronisches subdurales Hämatom hatte. Typisch hierfür ist, dass Symptome nicht unmittelbar auftreten, sondern erst nach einigen Tagen. Am 18.8.18 wurde sie aus dem Krankenhaus entlassen. Anlässlich einer Kontrolluntersuchung am 12.9.18 stellte sich heraus, dass sich das Hämatom auf 2,1 cm vergrößert hatte und frischblutige Anteile zu erkennen waren. Es war daher eine Operation am 14.9.18 erforderlich.

Am darauffolgenden Tag stornierte der Versicherungsnehmer die Reise. Von den Stornokosten erstattete die Versicherung nur ca. 1/4. Sie meint, dass der Versicherungsnehmer gegen seine Obliegenheit aus dem Versicherungsverhältnis verstoßen habe. Die Tatsache, dass die Reise nicht angetreten werden kann, sei ihm schon früher bekannt gewesen oder hätte ihm bekannt sein sollen. Er hätte die Reise schon am Tag des Unfalls stornieren müssen, spätestens aber beim ersten Klinikaufenthalt. Dann wären die Stornokosten geringer gewesen.

Amtsgericht widerspricht Versicherungsunternehmen
Das AG sah das anders. Es verurteilte die Versicherung, die vollen Stornogebühren zu zahlen. Der Versicherungsnehmer habe insbesondere nicht gegen seine Obliegenheit aus dem Versicherungsvertrag verstoßen. Denn die Reise wurde unverzüglich im Sinne der Vertragsbedingungen storniert.

Begriff der Unverzüglichkeit
Für die „Unverzüglichkeit“ ist zu beachten, dass das Prognoserisiko Teil des abgesicherten Schadensszenarios ist. Beinahe jeder Reisestornierungsfrage wohnt ein mitunter sogar großer prognostischer Teil inne: Dass ein Reiseantritt völlig ausgeschlossen ist, mag im Einzelfall zutreffen. Oft lassen sich aber Heilungsverlauf, -geschwindigkeit und -wahrscheinlichkeit nur mit Wahrscheinlichkeiten für die Zukunft beurteilen und nicht abschließend sicher für die Zukunft feststellen. Ist dies der Fall, ist dem Versicherungsnehmer ein erheblicher Ermessensspielraum zuzugestehen.

Entsprechend kann dem Versicherungsnehmer seine Stornierung erst kurz vor dem beabsichtigten Reiseantritt nicht entgegengehalten werden. Er konnte selbst zum Zeitpunkt nach dem Sturz noch nicht von einem Versicherungsfall ausgehen. Denn bei der Verletzung, die seine Frau davongetragen hatte, treten Symptome in der Regel erst verspätet auf. Auch kann dem Versicherungsnehmer nicht entgegengehalten werden, dass er nicht im August anlässlich der ersten Untersuchung die Reise stornierte. Es kommt letztlich nicht darauf an, ob er und seiner Frau bei der Entlassung die Reisemöglichkeit zugesagt wurde. Denn schon aus der Tatsache, dass die Ehefrau aus der Klinik entlassen wurde, folgt zwingend, dass einem durchschnittlich ruhigen Tagesablauf keinerlei medizinische Gründe entgegenstehen. Ausweislich des Arztbriefs aus August durfte die Ehefrau auch Auto fahren. Dann aber ist nicht erkennbar, warum trotzdem eine Flussreise ausgeschlossen sein sollte.

Operation war nicht absehbar
Letztlich hat der Versicherungsnehmer auch nicht wegen der Symptomatik und dem Gesundheitszustand im August die Reise storniert, sondern wegen der Notwendigkeit der Operation. Dass diese für ihn im August erkennbar war, ist aber nicht einleuchtend. Denn für die hier vorliegende Verletzung ist typisch, dass eine Operation entweder unnötig ist, da von einer unkomplizierten Heilung ausgegangen wird oder eine Operation unverzüglich nötig ist.

Quelle: AG Bergisch-Gladbach, Urteil vom 5.10.2020, 66 C 95/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Mit einer zurückverlangten Schenkung hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg befasst. Kann eine Schwiegermutter von einem „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ ausgehen, wenn die Ehe scheitert, und daraufhin ihren ehemaligen Schwiegersohn zur Kasse bitten?

Das war der Sachverhalt
Die Klägerin, die Schwiegermutter des Ehemanns, verlangte von diesem 37.600 Euro zurück. Sie argumentierte, es liege ein sogenannter „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ vor: Der Grund für die Schenkung sei die Förderung der Ehe zwischen ihrer Tochter und dem Ehemann gewesen. Ihre Erwartung, dass die Ehe Bestand haben werde, habe sich nicht erfüllt. Sie könne daher den Wert der Schenkung abzüglich eines Abschlags für die Zeit, die die Ehe noch bestanden habe, herausverlangen.

So argumentierte der Ex-Ehemann
Der Ehemann wies den Anspruch zurück. Er trug vor, die Klägerin habe die Wohnung ohnehin nicht mehr haben wollen, weil sie sich mit den Mietern gestritten habe und Renovierungsarbeiten angestanden hätten. Er und seine ehemalige Frau hätten viel Geld in die Wohnung gesteckt.

Schenkung: Keine Gegenleistung erforderlich
Das OLG Oldenburg bestätigte die Auffassung des Amtsgerichts (AG) Osnabrück, nach der kein sogenannter „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ vorliege und der Ehemann daher keine Rückzahlung schulde.

Es habe sich um eine Schenkung gehandelt, deren Rechtsnatur es nun einmal sei, dass keine Gegenleistung geschuldet sei und dass sie grundsätzlich nur bei einer schweren Verfehlung des Beschenkten gegen den Schenker zurückgefordert werden könne.

Beachten Sie Etwas anderes könne bei der Übertragung einer Immobilie an das Kind und Schwiegerkind als Familienheim gelten. In einem solchen Fall einer zur Selbstnutzung geschenkten Immobilie bestehe ein direkter Zusammenhang mit der Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft, sodass unter Umständen beim Scheitern der Ehe eine Rückforderung in Frage komme.

Begründung des Oberlandesgerichts
Hier sei aber die Immobilie als Renditeobjekt geschenkt und genutzt worden. Die Klägerin habe daher nicht damit rechnen können, dass die Immobilie langfristig für die Lebens- und Beziehungsgestaltung der Ehegatten genutzt werde. Hinzu komme, dass Motiv für die Schenkung nicht nur die Ehe der Tochter, sondern auch das Ersparen weiteren Ärgers mit den Mietern und der Renovierungsaufwendungen gewesen sei. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass allein der Fortbestand der Ehe die Geschäftsgrundlage für die Übertragung gewesen sei. Eine Rückforderung komme daher nicht in Betracht.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschluss vom 14.10.2020, 11 UF 100/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Mietern stehen keine Amtshaftungsansprüche zu, wenn eine Landesregierung – hier das Land Hessen – eine Mietenbegrenzungsverordnung mit weitem räumlichem und persönlichem Geltungsbereich erlässt, diese Verordnung keine Begründung enthält, also unwirksam ist. Das gilt auch, wenn der Mieter sich deshalb einer berechtigten Mieterhöhung ausgesetzt sieht und eine nach der (unwirksamen) Begrenzungsverordnung überhöhte Miete nicht zurückverlangen kann. Das hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Gesetze und Verordnungen enthalten generelle und abstrakte Regeln. Daher nimmt der Gesetzgeber in der Regel ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahr, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt. Deshalb ist der Mieter kein sog. geschützter Dritter und kann keine Amtshaftungsansprüche haben. Auch unmittelbar aus einem Grundrechtsverstoß ergibt sich kein Haftungsanspruch gegen den Staat.

Quelle: BGH, Urteil vom 28.1.2021, III ZR 25/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Wird der gegenüber dem Arbeitnehmer erhobene Kündigungsvorwurf in der Betriebsöffentlichkeit grob übertrieben und inhaltlich falsch dargestellt, kann der Arbeitnehmer die Unterlassung genau dieser Äußerung in der Betriebsöffentlichkeit verlangen.

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hin. Im betreffenden Fall hatte der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gegenüber behauptet, der Kläger habe alle Kundendaten in seiner Filiale gefälscht. Tatsächlich sah der Kündigungsvorwurf aber lediglich vor, dass von 10.000 Kundendaten „nur“ 107 gefälscht seien.

Quelle: LAG Düsseldorf, Urteil vom 7.10.2020, 12 SaGa 15/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat einen Landwirt aus Ostwestfalen verpflichtet, dem örtlichen Stromnetzbetreiber Aufwendungsersatz für den jahrelangen vertragslosen Stromverbrauch in seinem Schweinestall zu zahlen.

Der beklagte Landwirt hatte für seinen Schweinestall jahrelang Strom aus dem Niederspannungsnetz des klagenden Stromnetzbetreibers bezogen, ohne dass ein Stromversorgungsvertrag mit einem Stromlieferanten bestand. Die Vertragslosigkeit des Bezugs und die unterbleibende Abrechnung der Stromverbräuche fiel jahrelang nicht auf, weil der Schweinestall eine von mehreren mit einem eigenen Zähler ausgestatteten Verbrauchsstellen des Landwirts war.

Als der Stromnetzbetreiber nach Jahren auf die vertragslose Nutzung seines Netzanschlusses aufmerksam wurde, begehrte er vom Landwirt Ersatz für die Stromverluste in seinem Netz, die er jahrelang hatte ausgleichen müssen. Der Landwirt lehnte die Zahlung unter anderem unter Hinweis darauf ab, dass Stromnetzbetreiber nach dem Energiewirtschaftsgesetz keinen Strom liefern und damit auch nicht in Rechnung stellen dürften.

Während das Landgericht (LG) Dortmund die Klage noch abgewiesen hatte, gab das OLG Düsseldorf dem Stromnetzbetreiber Recht und bejahte einen Aufwendungsersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag. Die exakte Höhe des Anspruchs ist allerdings noch zu klären. Weil es bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu Fällen vergleichbarer Art gibt, ließ das OLG gegen sein Grundurteil die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zu.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.2.2021, I-27 U 19/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Das Landgericht (LG) München I hat nach dem Unfall zwischen einem Pkw und einem Hund auf dem Gelände eines Gewerbeparks den Pkw-Fahrer und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung verurteilt, Schadenersatz von rund 20.000 Euro zu zahlen.

Denn bei einem Unfall zwischen einem Pkw und einem knapp vier Monate alten, angeleinten Hund verwirkliche sich keine typische Tiergefahr. Ein Mitverschulden des Halters sei damit ausgeschlossen. Zudem sei eine Physiotherapie bei der Fraktur der linken Vorderpfote des noch im Wachstum befindlichen Hundes medizinisch notwendig gewesen, so das Gericht.

Was war geschehen? Bei dem o. g. Unfall wurde der Hund an seiner linken Vorderpfote verletzt. Das LG vernahm Zeugen zum Unfallhergang auf dem Privatgelände und hörte einen Gutachter zur Unfallbedingtheit der Verletzungen des Hundes und zur Angemessenheit der geltend gemachten Behandlungskosten an. Ein Angestellter des Besitzers des zum Unfallzeitpunkt knapp vier Monate alten Rhodesian Ridgeback Rüden, der auf dem Gelände als Wachhund eingesetzt werden sollte, hatte den Hund am Tag des Unfalls an der Leine auf dem Privatgelände des Gewerbeparks spazieren geführt (Geschwindigkeitsbegrenzung 10 km/h). Als der Beklagte sich in seinem Pkw mit überhöhter Geschwindigkeit von mindestens 20 km/h näherte, erfasste er den Hund mit seinem Pkw an der linken Vorderpfote.

Zur Überzeugung des Gerichts hat sich die Betriebsgefahr des Pkw verwirklicht. Hinzu komme das Verschulden des Fahrers durch die überhöhte Geschwindigkeit. Ein Mitverschulden des Hundehalters bzw. seines Angestellten – etwa durch die Verwirklichung der sogenannten Tiergefahr – schloss das Gericht vor diesem Hintergrund aus.

Weiter folgte das LG den Ausführungen des Gutachters, der die Verletzungen des Hundes als mit dem Autounfall kompatibel bewertete und die Behandlungskosten für angemessen hielt. Insbesondere die Physiotherapie sei notwendig gewesen, da der junge Hund sich zum Zeitpunkt des Unfalls noch im Wachstum befunden habe. Die Beklagten haften auch für zukünftige Verletzungsfolgen, da diese laut Gutachten nicht ausgeschlossen werden können. Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: LG München I, Urteil vom 15.9.2020, 20 O 5615/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl