Das Bundeskabinett hat einen Gesetzesentwurf zur Änderung versicherungsrechtlicher Vorschriften beschlossen. Danach ist vorgesehen, die Rechte von Versicherten weiter zu stärken.

Wer privat versichert ist, soll künftig einen ausdrücklichen Auskunftsanspruch erhalten. Bei kostenintensiven Behandlungen soll die Versicherung verpflichtet werden, vorab mitzuteilen, ob die Kosten der Behandlung übernommen werden. Die Bundesregierung greift damit auch Beschlüsse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages auf. Die Änderung war notwendig geworden, weil es in Einzelfällen immer wieder zu lang andauernden Prüfungen kam, durch die wesentliche medizinische Eingriffe mit gesundheitlichen Folgen verzögert wurden. Außerdem erhält der Versicherungsnehmer über ein Einsichtsrecht in der privaten Krankenversicherung erleichterten Zugang zu Gutachten und Stellungnahmen, die sein Versicherer eingeholt hat, um seine Leistungspflicht zu prüfen. Den Wechsel aus Unisex-Tarifen wird die Bundesregierung durch diesen Gesetzesentwurf dagegen einschränken, um damit Versicherungsgerechtigkeit für alle Versicherten zu schaffen. Neben den Neuregelungen bei der Krankenversicherung werden Unzulänglichkeiten bei der Kfz-Haftpflichtversicherung beseitigt.

Im Einzelnen ist u.a. vorgesehen:

Der Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung kann von seiner Versicherung Auskunft darüber verlangen, ob für eine geplante Behandlung die Kosten getragen werden. Der Anspruch besteht, wenn die Behandlungskosten den Betrag von 2.000 EUR wahrscheinlich überschreiten werden. Der Versicherungsnehmer hat es in der Hand, eine konkrete Zusage zu erhalten; auf vorgelegte Unterlagen, etwa Kostenvoranschläge, muss der Versicherer in seiner Auskunft eingehen. Die Antwort ist fristgebunden spätestens nach zwei Wochen zu erteilen. Wird sie nicht erteilt, wird zugunsten des Versicherungsnehmers angenommen, dass die beabsichtigte Behandlung notwendig ist. Der Versicherer muss im Streitfall beweisen, dass dies nicht der Fall ist.

Bisher kann ein Versicherungsnehmer in der privaten Krankenversicherung in Unterlagen, die der Versicherer zur Prüfung seiner Leistungspflicht eingeholt hat, nur über einen Arzt oder über einen Rechtsanwalt Einsicht nehmen. Zukünftig soll er selbst Einsicht nehmen können, es sei denn, erhebliche therapeutische oder sonstige Gründe stehen dem entgegen. Die Regelung folgt einer entsprechenden Regelung im Entwurf eines Patientenrechtegesetzes.

Mit der Einführung von Unisex-Tarifen in der privaten Krankenversicherung als Folge der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs soll das Tarifwechselrecht eingeschränkt werden, um Nachteile für die Versichertengemeinschaft zu vermeiden. Aus Unisex-Tarifen soll nicht in herkömmliche Tarife gewechselt werden können; der Wechsel aus herkömmlichen Tarifen in Unisex-Tarife bleibt dagegen möglich. Ohne diese Einschränkung würden Unisex-Tarife nicht „funktionieren“, weil sich diejenigen Versicherungsnehmer, für die Unisex-Tarife zu einer höheren Prämienbelastung führen können, den Tarifen durch Wechsel in herkömmliche Tarife entziehen könnten. Dies würde zu erhöhten Belastungen der zurückbleibenden Versichertengemeinschaft führen. Die Einschränkung erleichtert außerdem die Kalkulation der Unisex-Tarife.

Das Pflichtversicherungsgesetz, das die Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge vorschreibt, wird in zwei Punkten geändert: bei einer Insolvenz des Haftpflichtversicherers soll der dann eintrittspflichtige Entschädigungsfonds – die von der Versicherungswirtschaft getragene Verkehrsopferhilfe e. V. – bis zum Dreifachen der Mindestversicherungssumme haften. Bisher haftet er nur bis zur Mindestversicherungssumme. Der Versicherungsnehmer, der einen Unfall verursacht hat und nach der Insolvenz seines Versicherers existenzbedrohenden Schadenersatzansprüchen ausgesetzt sein kann, wird dadurch geschützt, dass bestimmte Ansprüche gegen ihn auf 2.500 EUR beschränkt werden (Die Schäden des unmittelbaren Unfallopfers werden bei Insolvenz des eintrittspflichtigen Versicherers stets durch den Entschädigungsfonds abgedeckt. Beschränkt werden sollen aber z.B. Ansprüche von anderen Versicherungen, die den Unfallverursacher aus übergegangenem Recht in Anspruch nehmen könnten).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Umfang der Übernahme von Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts eines Empfängers von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II mit seinem in den USA lebenden Kind durch das zuständige Jobcenter bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Diese Klarstellung traf das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz im Fall eines geschiedenen Mannes, dessen Frau mit dem gemeinsamen Kind nach Amerika gezogen war. Vereinbart war ein Umgangsrecht von sieben Tagen im Quartal. Daher verlangte der Mann die Übernahme der Reisekosten für vier Amerika-Reisen im Jahr. Das LSG machte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes deutlich, dass auf die Kosten abgestellt werden müsse, die von einem Durchschnittsverdiener aufgewendet würden. Anhand dieses Maßstabs sei bei einer durch größere Entfernung geprägten Beziehung eine persönliche Ausübung des Umgangsrechts nur einmal im Jahr zu finanzieren. Hierfür spreche vorliegend insbesondere, dass die geforderten Reisekosten einen Einsatz von rund 35 Prozent des Einkommens eines Durchschnittsverdieners ausmachen würden. Zudem bestehe auch bei einem siebenjährigen Kind die Möglichkeit der Kontaktaufnahme über Videokonferenzsoftware (LSG Rheinland-Pfalz, L 3 AS 210/12 B ER).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Erwerber von Wohnungseigentum, der den Erwerbsvertrag vor Entstehen der WEG abschließt, hat eine gesicherte Erwerbsposition erlangt, wenn ein wirksamer Erwerbsvertrag vorliegt, eine Auflassungsvormerkung eingetragen und der Besitz auf den Erwerber übergegangen ist. Er ist dann „werdender Wohnungseigentümer“ mit der Folge, dass er einerseits die Mitwirkungsrechte ausüben kann, andererseits aber die Kosten und Lasten tragen muss.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Streitfall. Die Richter machten deutlich, dass die Rechtsposition des werdenden Erwerbers nicht mit Entstehen der endgültigen WEG durch Eintragung eines anderen Erwerbers in das Grundbuch ende. Es schade auch nicht, wenn der werdende Wohnungseigentümer den Besitz an der Wohnung erst nach dem Entstehen der WEG erlange. Im Hinblick auf die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Rechte und Pflichten trete der werdende Wohnungseigentümer an die Stelle des im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Veräußerers. Dieser hafte aber nicht gesamtschuldnerisch neben dem Erwerber (BGH, V ZR 196/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Shop-in-Shop-Verkäufer ist jedenfalls dann abhängig beschäftigt, wenn er pauschal vergütet wird, kein Gewerbe angemeldet hat und auch kein unternehmerisches Risiko trägt.

Diese Feststellung traf das Sozialgericht (SG) Stuttgart und stellte die Arbeitnehmereigenschaft eines Shop-in-Shop-Verkäufers fest. Der Unternehmer war damit verpflichtet, Sozialabgaben für den Verkäufer abzuführen. Das SG argumentierte dabei, dass der Verkäufer nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung nicht selbstständig beschäftigt gewesen sei. Er sei dem Weisungsrecht des Unternehmers unterworfen gewesen. Ort, Zeit und Dauer des Arbeitseinsatzes wären ihm vorgeschrieben worden. Außerdem seien bestimmte Verhaltensregeln vorgegeben gewesen (z.B. Tragen von Kleidung mit dem Logo des Herstellers, Pflege der Verkaufsfläche, Aktualisierung von Werbematerial). Unerheblich sei, dass der Verkäufer seine Arbeit nicht in der Betriebsstätte des Unternehmers, sondern in einem Baumarkt verrichtet habe. Dies folge aus den Besonderheiten der konkreten Tätigkeit und damit aus der Natur der Sache. Schließlich habe der Verkäufer auch kein unternehmerisches Risiko getragen. Ein Vergütungsrisiko habe nicht bestanden, da eine Tagespauschale von 100 EUR gezahlt worden sei (SG Stuttgart, S 4 R 6197/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Verlangt die Behörde wegen einer Trunkenheitsfahrt die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens und kommt der Betroffene dieser Anordnung nicht nach, muss ihm die Behörde das Führen jeglicher Fahrzeuge ohne Einschränkung untersagen.

Das gelte nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Neustadt/Weinstraße auch für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge. Dies sei nötig, um die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen und die Sicherheit des Straßenverkehrs aufrechtzuerhalten. Sei die Ungeeignetheit erwiesen, könne es üblicherweise nicht ausreichen, das Führen von Fahrzeugen lediglich zu beschränken oder nur Auflagen zu erteilen. Mit dem Feststellen der Nichteignung habe sich nämlich grundsätzlich eine generelle, abstrakte Gefährlichkeit des Betroffenen für den Straßenverkehr manifestiert. In diesen Fällen müsse die Fahrerlaubnisbehörde das Fahrzeugführen untersagen. Ihr Auswahlermessen habe sich auf null reduziert (VG Neustadt/Weinstraße, 3 L 1166/11.NW).

Hinweis: Die Vogel-Strauß-Methode hilft dem Betroffenen in diesem Fall also nicht weiter und verschlimmert seine Position nur. Mit anwaltlicher Beratung kann dagegen das richtige Vorgehen im Einzelfall abgestimmt werden.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ob Geburtsurkunde, Sozialversicherungsausweis oder Unterlagen zur Hausratversicherung: Zur Hand nehmen muss man diese Dokumente nur selten und es ist so herrlich einfach, sie in der Schreibtischschublade verschwinden zu lassen. Das spätere Wiederfinden gestaltet sich dann aber umso schwieriger. Gut, wenn man in dringenden Fällen weiß, wo zu suchen ist. Wer den Überblick nicht verlieren will, kann in wenigen Schritten Ordnung schaffen. Die Übersicht erklärt, worauf zu achten ist und welche Dokumente nicht voreilig entsorgt werden sollten.

Tipp 1: Schluss mit der Zettelwirtschaft

Alle Unterlagen sollten am besten so sortiert und abgeheftet werden, dass sie schnell griffbereit sind. Einzelne, nach Themen getrennte Ordner schaffen einen guten Überblick. Zusammengehörige Dokumente wie Geburts- oder Heiratsurkunden sollten gemeinsam aufbewahrt werden. Daneben lassen sich die Unterlagen rund ums Haus oder die Wohnung sowie Bank- oder Versicherungsdokumente in entsprechenden Ordnern sammeln.

Tipp 2: In doppelter Ausführung

Es ist ratsam, von wichtigen Dokumenten Kopien anzufertigen und diese getrennt vom Original zu hinterlegen. Um sich für den Fall eines Einbruchs oder Hausbrands abzusichern, lässt sich für die Originale ein Safe oder Bankschließfach nutzen. Gut aufbewahrt werden sollte auch eine Liste mit allen wertvollen Einrichtungsgegenständen. „Die Aufstellung hilft der Hausratversicherung im Schadenfall, die Kosten zu beziffern“, sagt Sabine Kreutzer-Martin, Expertin bei CosmosDirekt.

Tipp 3: Regelmäßiger Unterlagencheck

Damit die Papierberge nicht zu groß werden, sollte man alle drei bis fünf Jahre einen Blick in die Ordner werfen und zum Beispiel alte Rechnungen oder Kontoauszüge aussortieren. Dabei ist zu beachten, dass einige Unterlagen länger aufbewahrt werden sollten als andere (siehe Tabelle). Also genau hinschauen, was weg kann – und was nicht.

Tipp 4: Richtig entsorgen

Dokumente mit sensiblen Daten wie Kontonummern oder Kreditkartendaten sollten nicht einfach im Papierkorb entsorgt, sondern zuvor geschreddert werden. Immer wieder nutzen Identitätsdiebe private Informationen für ihre Betrügereien. Deshalb ist stets Vorsicht geboten.

Tipp 5: Digitale Dokumentenablage nutzen

Mit der wachsenden Bedeutung des Internets werden Dokumente immer häufiger digital zur Verfügung gestellt. Per E-Mail empfangene Dokumente, zum Beispiel Rechnungen, sollten in speziell eingerichteten, thematischen Ordnern gespeichert werden. Es ist sicherer, wichtige Dokumente immer an zwei getrennten Orten abzulegen – etwa auf der internen und zusätzlich auf einer externen Festplatte.

Noch praktischer sind Online-Plattformen, zum Beispiel von Banken und Versicherungen, auf denen Kontoauszüge und Schreiben hinterlegt sind. Der Vorteil der digitalen Dokumentenablage ist es, dass die Unterlagen jederzeit abrufbar sind – ob zu Hause am Computer oder unterwegs auf dem Smartphone. Um die Daten optimal zu schützen, ist das Passwort genauso vertraulich zu behandeln wie die Konto-PIN.

Empfehlung für Privathaushalte: In der Regel reicht es aus, folgende Aufbewahrungsfristen* einzuhalten:

Ein Leben lang

Standesamtliche Urkunden (z.B. Geburts- oder Heiratsurkunden, Sterbeurkunden von Angehörigen)

Schul- und Hochschulzeugnisse, Berufsabschlüsse

Ärztliche Gutachten

Belege über Wohneigentum

Mindestens bis zur Rente

Unterlagen, die den beruflichen Werdegang dokumentieren (z.B. Arbeitsverträge, Kündigungen, Gehaltsabrechnungen, Sozialversicherungsnachweise)

Für die gesamte Laufzeit

Versicherungsunterlagen für jegliche Policen

Unterlagen zu Finanz- und Vorsorgeprodukten (z.B. Tagesgeld, Lebensversicherung oder Sparplan)

Für die gesamte Gebrauchsdauer

Nachweise für die Hausratversicherung (z.B. Belege über Möbel, Elektronik oder Schmuck)

30 Jahre

Gerichtsurteile, Mahnbescheide

Kreditunterlagen

4 Jahre

Kontoauszüge oder Überweisungen (Bankunterlagen)

3 Jahre

Alte Mietverträge, Übergabeprotokolle, Kautionsquittungen

2 Jahre

Kassenbelege (Garantiezeit in der Regel zwei Jahre)

Handwerkerrechnungen

* Bitte beachten Sie, dass in Einzelfällen Ausnahmen gelten können.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Erbschaft ist als Einkommen bei der Bemessung der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch II anzurechnen, wenn die Erbschaft nach Antragstellung anfällt.

Diese Entscheidung traf das Bundessozialgericht (BSZ) in einem entsprechenden Fall. Die Erbschaft wird daher voll mit dem Arbeitslosengeld II, das sog. Hartz IV, verrechnet. Grund genug, durch ein notarielles Testament rechtzeitig Vorsorge zu treffen, wenn die eigenen Erben bereits Bezieher von derartigen Sozialleistungen sind. Eine besondere Gestaltung und juristische Beratung bei der Testamentserrichtung ist angezeigt, wenn die Erben aufgrund von Alter, Krankheit, Behinderung oder – wie in dem der Entscheidung des BSG zugrundeliegenden Fall – Arbeitslosigkeit auf Sozialleistungen angewiesen sind. „Zwar können auch diese Personen ohne Weiteres Erben werden“, sagt Daniel Wassmann, Geschäftsführer der Notarkammer Pfalz, „doch kommt dann der Nachlass nicht ihnen, sondern letztlich der Staatskasse zugute.“ Denn im Sozialrecht gilt der sog. Nachranggrundsatz. Dieser bedeutet, dass Sozialleistungen nur dann gewährt werden, wenn der Anspruchsteller seinen Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft, also durch eigenes Vermögen oder Einkommen, bestreiten kann.

Eigenes Einkommen ist dabei grundsätzlich in vollem Umfang auf die beantragten Sozialleistungen anzurechnen. Beim Vermögen wird hingegen zwischen sog. Schonvermögen, wie z.B. einer angemessenen, selbstgenutzten Immobilie oder Vermögen zum Aufbau einer angemessenen Alterssicherung, und dem sonstigen, anrechnungspflichtigen Vermögen unterschieden. „Die durch das BSG vorgenommene Einordnung einer Erbschaft als Einkommen führt also dazu, dass die Verschonungsvorschriften für bestimmte Vermögensarten keine Anwendung finden und die Erbschaft komplett auf die Sozialleistungen anzurechnen ist“, gibt Wassmann zu bedenken. Eine Enterbung des Beziehers von Sozialleistungen ist hierbei auch keine geeignete Lösung. Denn diesem stehen, wenn es sich um ein Kind des Erblassers handelt, Pflichtteilsansprüche zu, die der Sozialleistungsträger auf sich überleiten und damit geltend machen kann. Zwar ist es auch möglich, einen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag zu schließen. Doch ist noch nicht sicher abzusehen, ob ein solcher Vertrag in allen Fällen vor Gericht Bestand hätte oder als sittenwidrig verworfen würde. Hinzu tritt, dass häufig die vollständige Enterbung und der Pflichtteilsverzicht des hilfebedürftigen Kindes weder dem Willen des Erblassers noch dem Wunsch des Kindes entsprechen dürften.

Hinweis: „Es gibt verschiedene Wege, die Ziele des Erblassers mit der sozialrechtlichen Problematik in Einklang zu bringen. Die in diesem Zusammenhang häufig erwähnte Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft mit gleichzeitiger Testamentsvollstreckung ist nur eine dieser Möglichkeiten“, erläutert Wassmann. „Der mit der Testamentsgestaltung beauftragte Notar muss daher stets den konkreten Einzelfall mit allen seinen Facetten betrachten und im Gespräch mit den Beteiligten eine maßgeschneiderte Lösung erarbeiten“ (BSG, B 14 AS 101/11 R).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Jeder Arbeitnehmer hat nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in jedem Kalenderjahr auch dann Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, wenn er im gesamten Urlaubsjahr arbeitsunfähig krank war. Dies gilt auch, wenn er eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bezogen hat und eine tarifliche Regelung bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis während des Bezugs dieser Rente auf Zeit ruht.

So entscheid das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer als schwerbehindert anerkannten Arbeitnehmerin. Diese war von 2001 bis 2009 in der Rehabilitationsklinik der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Im Jahr 2004 erkrankte sie und bezog ab Dezember 2004 eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahm sie ihre Tätigkeit für die Beklagte nicht mehr auf. Nach dem TVöD, der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fand, ruht das Arbeitsverhältnis während des Bezugs einer Rente auf Zeit. Zudem vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen tariflichen Zusatzurlaubs für jeden Kalendermonat des Ruhens um ein Zwölftel. Die Arbeitnehmerin beanspruchte die Abgeltung von 149 Urlaubstagen aus den Jahren 2005 bis 2009. Die Vorinstanzen haben der Klage bezüglich der Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs und des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen stattgegeben, hinsichtlich der Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs dagegen abgewiesen.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem BAG größtenteils Erfolg. Nach dem BUrlG habe die Arbeitnehmerin nur Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs und Zusatzurlaubs aus den Jahren 2008 und 2009. In den Jahren 2005 bis 2007 seien die nicht abdingbaren gesetzlichen Urlaubsansprüche trotz des Ruhens des Arbeitsverhältnisses zwar entstanden. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch stehe nämlich nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien. Die tarifliche Regelung sei daher unbeachtlich. Allerdings stehe der Abgeltung entgegen, dass die Ansprüche vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. März des zweiten auf das jeweilige Urlaubsjahr folgenden Jahres verfallen sind. Bei langjährig arbeitsunfähigen Arbeitnehmern sei die Bestimmung des BUrlG, wonach im Fall der Übertragung der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden muss, unionsrechtskonform so auszulegen, dass der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfalle (BAG, 9 AZR 353/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kann eine Leistung (z.B. die Verlegung von Naturstein) auf mehrere Arten ausgeführt werden (hier: übliches Verlegen oder Verlegung kalibrierter Natursteine), ist der Auftragnehmer jedenfalls dann zu einer umfassenden Beratung des Auftraggebers verpflichtet, wenn dieser besondere Qualitätserwartungen an die auszuführende Leistung hat und selbst nicht fachkundig ist.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hin. Die Richter machten auch die Konsequenzen deutlich, wenn der Auftragnehmer dieser Beratungspflicht nicht nachkommt und die Ausführung nicht den erkennbaren Qualitätserwartungen des Auftraggebers entspricht. In diesem Fall ist der Auftragnehmer sogar dann zum Schadenersatz in Höhe der Kosten einer erneuten Verlegung verpflichtet, wenn die ausgeführte Leistung handwerklich weitestgehend mangelfrei ist (OLG Hamm, 21 U 89/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Vermieter darf dem Mieter, der die durch die Anpassung der Betriebskostenvorauszahlungen entstandenen Mieterhöhungen nicht entrichtet, bereits fristlos kündigen, bevor er ihn auf Zahlung der Erhöhungsbeträge verklagt hat und dieser rechtskräftig zur Zahlung der Erhöhungsbeträge verurteilt worden ist.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer Mieterin. In deren Mietvertrag waren neben der Grundmiete zwei genau bezifferte Beträge als Vorauszahlungen für Betriebskosten und für die Heiz- und Warmwasserkosten vereinbart. Letztere wurden in den folgenden Jahren mehrfach erhöht. Ab November 2003 zahlte die Mieterin die Erhöhungsbeträge und Teile der Grundmiete nicht. Der Vermieter kündigte wegen der im Zeitraum November 2003 bis Dezember 2004 aufgelaufenen Rückstände das Mietverhältnis fristlos. Ein Kündigungsgrund ist allerdings nur gegeben, wenn man die Erhöhungsbeträge der Betriebskostenvorauszahlungen berücksichtigt.

Die Mieterin hat den Vermieter auf Zahlung von Schadenersatz wegen mehrerer Mängel in Anspruch genommen. Der Vermieter hat im Gegenzug die Zahlung von Mietrückständen und Räumung und Herausgabe der Wohnung verlangt. In beiden Instanzen ist die Klage abgewiesen worden. Der Widerklage des Vermieters ist weitgehend stattgegeben worden, insbesondere ist die Mieterin zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt worden. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Kündigung nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil sich der Mietrückstand teilweise aus Mieterhöhungen wegen der Anpassung von Betriebskostenvorauszahlungen errechne.

Die Revision der Mieterin blieb ohne Erfolg. Der BGH entschied, dass die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch den Vermieter wegen eines Zahlungsrückstands mit Beträgen, um die der Vermieter die Betriebskostenvorauszahlungen einseitig erhöht hat, nicht voraussetze, dass der Mieter zuvor im Wege der Zahlungsklage in Anspruch genommen und rechtskräftig zur Zahlung der Erhöhungsbeträge verurteilt worden sei. Ein solches Erfordernis ergebe sich weder aus dem Gesetz noch aus einem schutzwürdigen Interesse des Mieters. Der Mieter sei hinreichend geschützt. So müsse im Räumungsprozess geprüft werden, ob der Vermieter die Vorauszahlungen auf die von ihm festgesetzte Höhe anpassen durfte (BGH, VIII ZR 1/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl