Bei einem standardisierten Geschwindigkeits-Messverfahren ist es verbindlich, die Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers einzuhalten. Nur so kann das hierdurch standardisierte Verfahren sichergestellt werden.

Komme es im konkreten Einzelfall zu Abweichungen von der Gebrauchsanweisung, so handele es sich nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf nicht mehr um ein standardisiertes Messverfahren. Dieses gab einem Autofahrer recht, der bemängelt hatte, dass das Amtsgericht zu Unrecht das Messprotokoll nicht verlesen hätte. Durch diesen nicht erhobenen Beweis hätte es seine Aufklärungspflicht verletzt. Das sahen die Richter am OLG ebenso. Das Amtsgericht hätte die Beweiserhebung von Amts wegen auf das Messprotokoll erstrecken müssen. Komme es nämlich – wie hier, wo nur drei Funktionstests ausgeführt worden waren – im konkreten Einzelfall bei einer Messung mit einem sog. standardisierten Messverfahren zu Abweichungen von der Gebrauchsanweisung, handele es sich nicht mehr um ein standardisiertes Messverfahren. Es lägen dann konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit von Messfehlern vor. Folge sei, dass das Gericht individuell überprüfen müsse, ob das Messergebnis korrekt sei (OLG Düsseldorf, IV 4 RBs 170/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Nach einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung und zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses hat der Scheinvater einen Anspruch gegen die Mutter auf Auskunft über die Person, die ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt hat.

Mit dieser Entscheidung stärkt der Bundesgerichtshof (BGH) die Auskunftsrechte des Scheinvaters. Der Kläger dieses Verfahrens hatte bis zum Frühjahr 2006 für etwa zwei Jahre in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft mit einer Frau zusammengelebt. Im Frühsommer 2006 trennten sie sich endgültig. Einige Monate später gebar die Frau einen Sohn. Nachdem sie den Kläger zuvor aufgefordert hatte, die Vaterschaft für „ihr gemeinsames Kind“ anzuerkennen, erkannte dieser die Vaterschaft an. Er zahlte an die Frau insgesamt 4.575 EUR Kindes- und Betreuungsunterhalt. In einem Rechtsstreit über Betreuungs- und Kindesunterhalt wurde später ein Vaterschaftsgutachten eingeholt. Dabei stellte sich heraus, dass der Kläger nicht der Vater des Kindes ist. Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGH) kann er den zu Unrecht geleisteten Unterhaltsbetrag von dem tatsächlichen Vater zurückfordern. Da ihm dieser jedoch nicht bekannt war, verlangte der Kläger von der Frau Auskunft zur Person des leiblichen Vaters.

Der BGH hat diesen Auskunftsanspruch nun bestätigt. Die Frau schulde dem Kläger nach Treu und Glauben Auskunft über die Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt habe. Ein solcher Anspruch setze voraus, dass in einer besonderen Rechtsbeziehung der eine Teil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen sei, während der andere Teil unschwer in der Lage sei, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen. So liege der Fall hier. Dem Kläger sei nicht bekannt, gegen wen er seinen Anspruch auf Unterhaltsregress richten müsse. Die Frau könne ihm dagegen unschwer die Person benennen, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt habe und gegenwärtig sogar Kindesunterhalt leiste. Die erforderliche besondere Rechtsbeziehung zwischen den Parteien ergebe sich aus dem auf Aufforderung und mit Zustimmung der Mutter abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnis (BGH, XII ZR 136/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Schreibt ein Luftverkehrsunternehmen in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, dass ein Reisender nur befördert wird, wenn er die Kredit- oder Debitkarte vorlegt, mit der er das Ticket bezahlt hat oder aber ein neues Ticket vor Ort kauft, ist diese Regelung unwirksam.

Mit dieser Entscheidung stärkte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. die Rechte von Flugkunden. Die Richter machten deutlich, dass die Fluglinie das Risiko eines Kreditkartenmissbrauchs nicht auf die Reisenden abwälzen könne. Es sei unangemessen, in einem solchen Fall die Leistung zu verweigern. Das gelte umso mehr, da es sich bei der Vorlage der Kreditkarte allenfalls um eine vertragliche Nebenpflicht handele. Diese weise keinen Bezug zur Hauptvertragspflicht, nämlich der Flugbeförderung, auf (OLG Frankfurt a.M., 16 U 43/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei der einvernehmlichen Aufhebung eines Architektenvertrags verliert der Architekt seinen Restvergütungsanspruch nur, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde oder der Auftraggeber anstelle der Vertragsaufhebung zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt gewesen wäre.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken klargestellt. Nach Ansicht der Richter könne bei einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung nicht ohne Weiteres angenommen werden, der Architekt gebe seinen Honoraranspruch wegen noch nicht erbrachter Leistungen lediglich deshalb auf, weil er sich mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses einverstanden erklärt habe. Bestehe für den Auftraggeber kein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung, könne er sich vom Vertrag nur mit der Folge einer vollen Vergütungspflicht (abzüglich ersparter Aufwendungen) lösen (OLG Saarbrücken, 1 U 408/09-105).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Kraftfahrer, der bei einer privaten Autofahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,36 Promille ertappt wird, kann seinen Arbeitsplatz verlieren.

Hierauf wies das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) im Fall eines Kraftfahrers hin. Der Mann war mit einem Grad von 50 schwerbehindert und wog bei einer Körpergröße von 192 cm nur 64 kg. Ab Herbst 2009 war er arbeitsunfähig erkrankt. Im Mai 2010 begann eine Wiedereingliederung, die bis Juni 2010 dauern sollte. Anfang Juni 2010 wurde der Mann bei einer privaten Autofahrt mit 1,36 Promille Alkohol im Blut von der Polizei kontrolliert. Ihm wurde der Führerschein entzogen. Es erging außerdem ein Strafbefehl. Im Juli 2010 kündigte der Arbeitgeber deshalb ordentlich zum 30. September 2010. Mit der dagegen erhobenen Klage wandte der Arbeitnehmer ein, er habe wegen seiner Erkrankung und seines extremen Untergewichts vor der Trunkenheitsfahrt nicht einschätzen können, wie sich die Alkoholkonzentration in seinem Blut entwickeln würde. Außerdem sei kein Schaden entstanden. Seit Juni 2011 sei er auch wieder im Besitz einer Fahrerlaubnis.

Dies ließen das LAG wie auch die Vorinstanz nicht gelten. Wer als Kraftfahrer seine Fahrerlaubnis verliert, müsse sogar mit der fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen. Die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung sei unmöglich geworden. Die Erkrankung des Arbeitnehmers und sein Untergewicht stünden einer Kündigung nicht entgegen. Als langjähriger Kraftfahrer müsse der Mann um die tatsächlichen und rechtlichen Risiken des Alkoholkonsums im Straßenverkehr wissen. Besonders unverantwortlich war nach Ansicht der Richter, dass der Mann sich trotz gerade überstandener schwerer Erkrankung und extremen Untergewichts alkoholisiert in den Straßenverkehr begeben habe. Es sei auch unerheblich, ob ein Schaden entstanden sei. Ohne Bedeutung sei weiterhin, dass der Mann inzwischen wieder im Besitz einer Fahrerlaubnis sei. Es komme auf den Zeitpunkt der Kündigungserklärung an. Zu diesem Zeitpunkt sei gänzlich ungewiss gewesen, ob und wann der Mann seine Fahrerlaubnis zurückerhalte. Das Arbeitsverhältnis hätte jedenfalls neun Monate nicht durchgeführt werden können. Das genüge, um das Arbeitsverhältnis mit ordentlicher Frist zu beenden (Hessisches LAG, 10 Sa 245/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Trennen sich Eheleute und zieht der Mann aus der gemeinsamen Mietwohnung aus, kann ihn der Vermieter auch weiterhin für Mietrückstände der in der Wohnung verbleibenden Ehefrau in Anspruch nehmen.

Eine Entscheidung des Amtsgerichts (AG) Bonn zeigt aber, dass dieses Sicherungsinteresse des Vermieters nicht endlos währt. Es erlischt vielmehr in der Regel nach Ablauf von 10 bis 20 Jahren, wenn in diesem Zeitraum keinerlei Kontakt zu dem eigentlichen Mieter besteht. In dem betreffenden Fall war der Ehemann vor 27 Jahren aus der Ehewohnung ausgezogen. Seine Frau blieb dort wohnen und zahlte seitdem Miete und Nebenkosten alleine. Da sich der Vermieter in dieser Zeit kein einziges Mal bei dem Mieter gemeldet und ein etwaiges Sicherungsinteresse angezeigt hatte, war dem Gericht dieser Zeitraum für eine Haftung des Mieters zu lang. Es entschied, dass der Vermieter keinen Anspruch mehr auf Zahlung rückständiger Mieten gegen den ehemaligen Mieter habe. Er habe ihn vielmehr stillschweigend aus dem Mietverhältnis entlassen (AG Bonn, 201 C 34/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Werden in einer Autowerkstatt die Räder eines Fahrzeugs gewechselt, muss darauf hingewiesen werden, dass ein Nachziehen der Radmuttern nach 50 bis 100 km notwendig ist.

So entschied das Landgericht (LG) Heidelberg im Fall eines Werkstattinhabers. Dieser war von einem Kunden auf Schadenersatz verklagt worden, nachdem sich ein montierter Reifen während der Fahrt gelöst hatte. Die Richter verurteilten den Werkstattinhaber antragsgemäß, weil dieser den erforderlichen Hinweis unterlassen hatte. Sie machten deutlich, dass der Unternehmer seiner Hinweispflicht nur ausreichend nachkomme, wenn er den Hinweis mündlich erteile oder den schriftlichen Hinweis dem Kunden so zugänglich mache, dass unter normalen Verhältnissen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen sei. Es sei kein Allgemeinwissen, dass die Schrauben nach einem Radwechsel nachgezogen werden müssten. Daher müsse schon aus Sicherheitsgründen zwingend hierauf hingewiesen werden (LG Heidelberg, 1 S 9/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Greift eine Hundehalterin in die Beißerei zweier Hunde ein, um ihr eigenes Tier zu schützen, erhält sie von der Halterin des fremden Tieres nur anteiligen Schadenersatz und Schmerzensgeld, wenn sie dabei von dem fremden Hund gebissen und verletzt wird.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Auslöser des Rechtsstreits war der Hund der Beklagten. Dieser hatte sich von der Leine losgerissen, war auf den angeleinten knurrenden Hund der Klägerin zugerannt und hatte diesen mehrfach gebissen. Die Klägerin hielt schützend die Hand über den Kopf ihres Tieres, als der fremde Hund erneut zubiss und das erste Glied ihres linken Zeigefingers abtrennte.

Die gegen die fremde Hundehalterin gerichtete Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadenersatz war nur teilweise erfolgreich. Auch wenn die Klägerin in berechtigter Sorge um ihr Tier eingriff, musste sie nach Ansicht des OLG wissen, dass ihr Handeln die Gefahr mit sich bringt, selbst gebissen und verletzt zu werden. Ihr Mitverschulden haben die Richter mit 50 Prozent bewertet. Das verlangte Schmerzensgeld und der Verdienstausfall wurden entsprechend gekürzt, sodass sie noch gut 3.000 EUR erhielt (OLG Hamm, I-6 U 72/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Selbst wenn sich nur ein Ehegatte endgültig von der Ehe abgewendet hat, ist die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Ehepaares, das über die Voraussetzungen einer Scheidung stritt. Während die Frau die Scheidung betrieb, berief sich der Mann darauf, dass die Voraussetzungen der Scheidung nicht vorlägen. Er hätte dem nicht zugestimmt und wolle die Scheidung nicht. Das nutzte ihm vor dem OLG jedoch nichts. Die Richter waren nämlich von einem endgültigen Scheitern der Ehe überzeugt. Ein solches Scheitern könne auch vorliegen, wenn sich nur ein Ehegatte endgültig von der Ehe abgewendet habe. Es sei daher auch gleichgültig, warum dieser Ehegatte die Ehe nicht mehr fortsetzen wolle. Im vorliegenden Fall sei das Scheitern der Ehe auch daraus ersichtlich, dass die Eheleute seit über einem Jahr getrennt leben würden und sich in letzter Zeit mehrere Rechtsstreitigkeiten geliefert hätten. Ein Wiederherstellen der ehelichen Lebensgemeinschaft sei in einem solchen Fall nicht zu erwarten (OLG Hamm, II-8 UF 5/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist ein Fahrverbot auf einen Monat beschränkt, und kann der Arbeitnehmer diesen Monat weitgehend durch Inanspruchnahme von Urlaub überbrücken, kommt eine Kündigung regelmäßig nicht in Betracht.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern im Fall eines Berufskraftfahrers. Die Richter machten allerdings auch darauf aufmerksam, dass der Verlust der Fahrerlaubnis bei einem Berufskraftfahrer an sich ein Grund sei, der eine Kündigung rechtfertigen könne. Gehe das Fahrverbot auf ein Fehlverhalten bei einer Privatfahrt ohne Bezug zum Arbeitsverhältnis zurück, sei allerdings allenfalls eine personenbedingte ordentliche Kündigung möglich. Dabei müssten die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer an einer Beendigung bzw. an der Fortführung des Arbeitsverhältnisses abgewogen werden. Bei einem lediglich einmonatigen Fahrverbot sei der Arbeitgeber aber nicht so beeinträchtigt, dass seine beeinträchtigten Interessen die Kündigung rechtfertigen würden (LAG Mecklenburg-Vorpommern, 5 Sa 295/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl