Der Unternehmer eines Bauwerks kann seinen Anspruch auf Sicherheitsleistung für Werklohn auch noch geltend machen, nachdem der Besteller den Werkvertrag gekündigt hat.

Hierauf wies das Landgericht (LG) Stuttgart in einem Rechtsstreit hin. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit dem Willen des Gesetzgebers. Dieser wollte dem Unternehmer einen schnell durchzusetzenden Anspruch auf eine Sicherheit gewähren. So sollte er vor einer Insolvenz des Bestellers geschützt werden. Dieses Risiko vermindere sich durch eine Kündigung nicht. Daher könne eine Kündigung auch keinen Einfluss auf den Anspruch haben, mit dem dem Insolvenzrisiko des Bestellers begegnet werden solle (LG Stuttgart, 8 O 284/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer in seinem Betrieb Leiharbeitnehmer einstellen möchte, unterliegt umfangreichen Prüfungspflichten.

Das zeigt eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Danach muss der Arbeitgeber zunächst prüfen, ob der Arbeitsplatz mit einem Schwerbehinderten besetzt werden kann. Diese Prüf- und Konsultationspflicht hinsichtlich der Möglichkeit der Besetzung frei werdender oder neu geschaffener Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besteht nach Ansicht der Richter auch, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, einen frei werdenden oder neu geschaffenen Arbeitsplatz mit einem Leiharbeitnehmer zu besetzen. Verstößt er gegen diese Verpflichtung, kann der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers verweigern (BAG, 7 ABR 3/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Liegt eine Wohnflächenunterschreitung vor, sind der Berechnung der geminderten Miete nicht die höheren Quadratmetermieten zugrunde zu legen, die der örtliche Mietspiegel für entsprechend kleinere Wohnungen ausweist.

Diese mieterfreundliche Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer vermieteten Dachgeschosswohnung. Die Parteien gingen beim Abschluss des Mietvertrags von einer Größe von 76 m² aus. Bei richtiger Berechnungsweise wegen der schrägen Wände betrug die tatsächliche Größe jedoch nur ca. 51 m². Der Mieter verlangte daraufhin die überzahlte Miete zurück. Der Vermieter war mit einer Erstattung grundsätzlich einverstanden, ging aber nun von einem höheren Quadratmeterpreis aus. Seiner Ansicht nach müsse die Wohnung jetzt einer anderen Kategorie des örtlichen Mietspiegels zugeordnet werden.

Das sah der BGH jedoch nicht so. Die Richter entschieden, dass es bei dem bisherigen Quadratmeterpreis bleiben müsse. Es liege hier ein Sachmangel der Wohnung vor. Dieser sei nach den gesetzlichen Gewährleistungsbestimmungen auszugleichen. Die Änderung des Quadratmeterpreises sei dagegen eine zusätzliche Vertragsanpassung. Diese würde nicht nur die gesetzliche Gewährleistungsregelung mindestens teilweise beiseite schieben. Es würde auch die gesetzliche Risikoverteilung unterlaufen, die das Mängelrisiko grundsätzlich dem Vermieter zuweise. Bei Mängeln der Mietsache habe allein der Mieter bestimmte Rechte. Der Vertragsinhalt im Übrigen bleibe unberührt (BGH, VIII ZR 256/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Verspricht ein Verkäufer, dass bei seinem Verkaufsobjekt bestimmte Eigenschaften vorliegen, kann er sich nachher nicht auf einen Gewährleistungsausschluss berufen.

Das schrieb das Amtsgericht (AG) München einer Frau ins Stammbuch, die einen Pkw über die Internetplattform e-bay angeboten hatte. Bei der Beschreibung des Fahrzeugs gab sie an, dass sich dieses in einem gebrauchten, aber gut erhaltenen Zustand befinde. Es sei unfallfrei, scheckheftgepflegt und mit Standheizung und Tempomat ausgestattet. Mit dem Käufer wurde anschließend ein zusätzlicher schriftlicher Kaufvertrag mittels eines ADAC-Kaufvertragsformulars geschlossen. Hierin wurde der Kaufpreis um 50 EUR reduziert, da der linke Außenspiegel des Fahrzeugs beschädigt war. Als der Käufer das Fahrzeug erhielt, stellte sich heraus, dass das Auto weder über Standheizung noch über einen Tempomat verfügte. Zudem lag die letzte Wartung fast fünf Jahre zurück. Der Käufer erklärte deshalb sofort den Rücktritt und wollte seinen Kaufpreis zurück. Die Verkäuferin weigerte sich. Der Kaufvertrag sei gemäß dem ADAC-Kaufvertragsformular zustande gekommen. Hier sei vereinbart worden, dass der Käufer das Fahrzeug wie besehen erwerbe. Daher käme es auf die Fahrzeugbeschreibung bei e-bay nicht an. Es sei ein Gewährleistungsausschluss vereinbart worden. Im Übrigen sei sie nicht zur Nachbesserung aufgefordert worden.

Dieser Ansicht folgte das AG jedoch nicht. Die Richterin entschied vielmehr, dass der Käufer wirksam zurückgetreten sei. Das Fahrzeug weise einen Mangel auf, da es nicht über eine Sitzheizung und einen Tempomaten verfüge. Beides sei nach dem Kaufvertrag geschuldet gewesen. Dass die Sitzheizung und der Tempomat im ADAC-Kaufvertragsformular nicht aufgeführt wurden, ändere daran nichts. Die Parteien hätten insoweit keinen neuen Kaufvertrag geschlossen. Der Kaufvertrag sei vielmehr durch den Zuschlag schon auf e-bay wirksam zustande gekommen. Dieser Vertrag hätte nur hinsichtlich des Preises abgeändert werden sollen. Es lasse sich dem Vertrag nicht entnehmen, dass die Verkäuferin auch von ihren sonstigen Zusagen Abstand nehmen wollte und der Käufer damit einverstanden gewesen sei. Die Parteien hätten auch die Gewährleistung nicht wirksam ausgeschlossen. Die Verkäuferin könne sich nicht durch widersprüchliches Verhalten von ihrer Gewährleistungspflicht befreien. Sie könne nicht eine ganz bestimmte Beschaffenheit angeben und sich dann auf schriftliche Klauseln über den Gewährleistungsausschluss berufen. Im Übrigen habe sie auch arglistig gehandelt, da sie Beschaffenheiten zugesichert habe, die gar nicht vorlagen. Aufgrund dessen habe der Käufer auch gleich zurücktreten dürfen. Sich wegen einer Nachbesserung an die Verkäuferin zu wenden, sei ihm nicht zuzumuten (AG München, 122 C 6879/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch wenn bei winterlichen Verhältnissen mit Sommerreifen gefahren wird und der Pkw von der Straße abkommt, ist darin allein noch kein grob fahrlässiges Handeln zu sehen.

Diese Entscheidung traf das Landgericht (LG) Hamburg im Fall eines Autofahrers, der am 2.1.09 mit Sommerreifen in Hamburg unterwegs war. Nach einsetzendem Schnee mit schneebedeckter Fahrbahn kam er von der Straße ab und prallte gegen eine Mauer. Den Schaden verlangte er von seiner Vollkaskoversicherung erstattet. Diese weigerte sich jedoch zu zahlen. Es liege grobe Fahrlässigkeit vor.

Während das Amtsgericht St. Georg als Vorinstanz ebenfalls grobe Fahrlässigkeit angenommen hat, hat das LG ein Kürzungsrecht des Versicherers verneint. Die seinerzeitige Regelung der Straßenverkehrsordnung begründe keine generelle Winterreifenpflicht. Zwar sei das Verhalten fahrlässig gewesen, am Tatbestand grober Fahrlässigkeit bestünden jedoch zumindest in subjektiver Hinsicht Zweifel. Die Witterungsverhältnisse in Hamburg, keiner typischen Schneeregion, seien wechselhaft gewesen, auch seien nicht alle Straßen „in winterlichem Zustand“ gewesen. Schließlich sei nicht auszuschließen, dass es nicht auch mit Winter- bzw. Ganzjahresreifen zu dem Unfall gekommen wäre (LG Hamburg, 331 S 137/09).

Hinweis: Die Entscheidung betraf noch die alte Regelung der Straßenverkehrsordnung zur Winterreifenpflicht. Zur aktuellen Rechtslage siehe den gesonderten Beitrag zur Winterreifenpflicht.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Abänderung eines titulierten Unterhaltsanspruchs ist nur bei wesentlich geänderten Verhältnissen gerechtfertigt. Hält sich der Unterhaltsberechtigte im Rahmen eines Schüleraustauschs für einige Monate im Ausland auf, besteht die Unterhaltspflicht fort.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Köln im Streit zweier Eltern über den Unterhalt des gemeinsamen Kindes. Die beiden hatten vereinbart, dass zwischen Barunterhaltspflicht und Unterhaltspflicht durch Betreuung aufgeteilt werden solle. Als das Kind für einige Monate ins Ausland ging, konnten sie sich nicht einigen, wie in dieser Zeit der Unterhalt durch Betreuung zu berücksichtigen sei.

Die Richter beschieden jedoch, dass dieser Wegfall unbeachtlich sei. Änderungen bei den bisherigen Unterhaltsleistungen würden sich somit nicht ergeben. Der vorübergehende Auslandsaufenthalt des Kindes ändere nichts an den jeweiligen Unterhaltspflichten. Weder würde sich der Unterhaltsbedarf des Kindes vermindern, noch würde die Betreuungsleistung des anderen Elternteils entfallen. Der Wohnbedarf für das Kind müsse weiter vorgehalten werden. Auch sonstige laufende Kosten wie Kleidung würden fortlaufend anfallen. Es sei sogar davon auszugehen, dass solche Anschaffungen vor Antritt des Auslandsaufenthalts eher in größerem Umfange entstehen würden. Entfallen würden einzig und allein die Kosten für die Verpflegung. Dagegen stehe aber ein erhöhtes angemessenes Taschengeld während des Auslandaufenthalts (OLG Köln, 4 UF 16/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Einem Teilzeitwunsch muss unter Umständen auch stattgegeben werden, wenn die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit dazu führt, dass nicht im betriebsüblichen Wechsel in Vormittags- und Nachmittagsschicht gearbeitet wird.

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in einem einstweiligen Verfügungsverfahren entschieden. Betroffen war eine Arbeitnehmerin, die nach Ende ihrer Elternzeit zum 16.12.2010 eine Teilzeittätigkeit anstrebte. Diesen Wunsch teilte sie ihrem Arbeitgeber erst ohne konkretere Angaben mündlich im August, dann mit Schreiben vom 29.9.2010 konkret mit Angabe der Stundendauer mit. Sie wünschte eine Teilzeittätigkeit von dienstags bis donnerstags von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr, da sie auf Ehemann und Verwandte nicht zurückgreifen könne. Ohne weiteres Gespräch lehnte der Arbeitgeber dieses ab, da die gewünschten Arbeitszeiten aus organisatorischen Gründen so nicht möglich seien. Im Betrieb wird im wöchentlichen Wechsel montags bis freitags von 9.00 Uhr bis 18.30 Uhr bzw. montags bis freitags von 12.15 Uhr bis 19.30 Uhr gearbeitet. Der Arbeitgeber verlangte, dass alle Beschäftigten, auch die Teilzeitbeschäftigten die Nachmittagsschicht mit abdecken.

Das Arbeitsgericht hat den Eilantrag der Klägerin aus formalen Gründen abgewiesen, weil der schriftliche Antrag zu kurzfristig gestellt worden war. Vor dem LAG hatte die Klägerin dann Erfolg. Die Richter stellten klar, dass ein zu kurzfristig gestelltes Teilzeitverlangen, das die gesetzlich geregelte Ankündigungsfrist von drei Monaten nicht wahre, nicht unwirksam sei. Es führe nur dazu, dass nicht schon ab Ende der Elternzeit, sondern erst drei Monate nach dem Verlangen mit der Teilzeit begonnen werden könne. In der Sache selbst dürfe der Arbeitgeber den Teilzeitwunsch nicht mit dem bloßen Hinweis ablehnen, in seinem Betrieb müssten alle Beschäftigten, auch die Teilzeitbeschäftigten im Schichtbetrieb arbeiten und in diesem Zusammenhang die Nachmittagsschicht bis mindestens 18.00 Uhr abdecken. Er müsse vielmehr konkrete Umstände anführen und beweisen, inwiefern die gewünschte zeitliche Lage der Arbeit nicht durch zumutbare Änderung der Betriebsabläufe oder Einsatz einer in sein Schichtsystem integrierten Ersatzkraft ermöglicht werden könne (LAG Schleswig-Holstein, 3 SaGa 14/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Vermieter, der im Mietvertrag die Vornahme der Gartenpflege durch den Mieter vereinbart hat, ist nicht berechtigt, die Gartenpflege anderweitig in Auftrag zu geben, solange die Gartenpflege nicht gänzlich unterlassen wird.

Hierauf wies das Landgericht (LG) Köln in einem Rechtsstreit zwischen Mieter und Vermieter hin. Laut Mietvertrag war es Aufgabe des Mieters, den Garten zu pflegen. Allerdings hatten Mieter und Vermieter unterschiedliche Vorstellungen von dieser Tätigkeit. Während der Vermieter einen englischen Rasen wünschte, fand der Mieter eine Wiese mit Wildkräutern schöner. Da sich der Vermieter mit seiner Vorstellung kein Gehör verschaffen konnte, beauftragte er einen Landschaftsgärtner mit der Neugestaltung des Gartens. Die Kosten verlangte er vom Mieter ersetzt. Dieser weigerte sich zu zahlen. Das LG bestätigte nun diese Weigerung als rechtmäßig. Dabei machten die Richter deutlich, dass dem Vermieter kein Direktionsrecht hinsichtlich der Gartengestaltung zustehe. Eine „Ersatzvornahme“ sei nur zulässig, wenn der Mieter die Gartenpflege gänzlich unterlasse. Davon könne vorliegend aber keine Rede sein. Es liege lediglich eine andere Gartengestaltung vor, die Pflege sei regelmäßig erfolgt (LG Köln, 1 S 119/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Es verstößt nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme, wenn in einem Baugebiet mit dörflichem Charakter zwei Pferde in direkter Nachbarschaft zu einem Wohnhaus gehalten werden.

So entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in einem entsprechenden Verfahren. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme (objektivrechtlich) stelle, hänge nach dieser Entscheidung wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Während beispielsweise eine geruchsintensive Tierhaltung in Wohngebieten mit städtischem Gepräge regelmäßig unzulässig sein dürfte, sei dies in Baugebieten mit dörflichem Charakter anders. Dort sei eine gewisse Geruchs- und Lärmbelästigung durch Nutztiere ortsüblich. Sie sei daher im Hinblick auf das Gebot der Rücksichtnahme hinzunehmen. Gleiches gelte entsprechend für eine gebietstypische Hobbytierhaltung. Wegen der dörflichen Prägung mit zahlreichen Formen von Tierhaltung (Pferde, Rinder, Schafe, Hühner) sei die Haltung von zwei Pferden in Nachbarschaft zu einem Wohnhaus deshalb nicht rücksichtslos (OVG Rheinland-Pfalz, 1 A 11294/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ende 2010 trat die Änderung zur Winterreifenpflicht in Kraft. Die gesetzliche Neuregelung sollte für Klarheit sorgen – trotzdem herrscht Verwirrung allerorten. Wir geben Ihnen daher Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema.

1. Welcher Sinn und Zweck wird mit der Neuregelung verfolgt?

Mit der Regelung soll verhindert werden, dass Kraftfahrzeuge mangels geeigneter Bereifung liegen bleiben und damit erhebliche Verkehrsbehinderungen verursachen.

2. Ist durch die Neuregelung eine generelle Winterreifenpflicht eingeführt worden?

Ja, und zwar insoweit, dass bei den im Gesetz genannten winterlichen Straßenverhältnissen nur mit den in der Vorschrift bezeichneten Reifen gefahren werden darf. Für die alte Regelung war diese Frage umstritten.

3. Ist (jetzt) der Begriff des „Winterreifens“ im nationalen Recht definiert?

Nein, die Neuregelung enthält ebenso wie das alte Recht keine Definition des Begriffs des Winterreifens.

4. Wie wird der „M+S-Reifen“ beschrieben?

Nach derzeitigem EU-Recht heißt es: „M+S-Reifen sind Reifen, bei denen das Profil der Lauffläche und die Struktur so konzipiert sind, dass sie vor allem in Matsch und frischem oder schmelzendem Schnee bessere Fahrleistungen gewährleisten als normale Reifen. Das Profil der Laufflächen der M+S-Reifen ist im Allgemeinen durch größere Profilrillen und/oder Stollen gekennzeichnet, die voneinander durch größere Zwischenräume getrennt sind, als dies bei normalen Reifen der Fall ist.“

5. Welche Reifen können auf der Grundlage als „Winterreifen“ i.S. der Neuregelung angesehen werden?

Benutzt werden können:

M+S-Reifen, die als solche verkauft und mit einem M+S-Symbol gekennzeichnet sind, Reifen, die das sog. Bergpiktogramm mit Schneeflocke aufweisen, Ganzjahresreifen, die den Eigenschaften der Richtlinie 92/23/EWG entsprechen (siehe Frage 4) und mit einem M+S-Symbol versehen sind.

6. Können auch Reifen genutzt werden, die zwar als M+S-Reifen gekennzeichnet sind, aber dennoch keine ausreichende Wintertauglichkeit haben?

Ja, es heißt ausdrücklich: „… als Winterreifen .. verkauft“ werden. Dabei kann es sich z.B. auch um aus Ostasien stammende Importe handeln.

7. Welche Fahrzeuge sind betroffen?

Die Neuregelung gilt für alle Kraftfahrzeuge, also auch für Motorräder und sonstige Krafträder sowie für Quads und Geländewagen (trotz grobstolliger Sommerreifen). Anhänger sind keine Kraftfahrzeuge. Sie sind daher nicht betroffen.

8. Gibt es Ausnahmen?

Ja. Nach der Ausnahmeregelung genügt es für den Betrieb folgender Fahrzeugarten, dass lediglich auf den Antriebsachsen M+S-Reifen montiert sind:

für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kfz mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 5 t (M2) oder darüber (M3) für die Güterbeförderung ausgelegte und gebaute Kfz mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t bis 12 t (N2) oder darüber (N3).

9. Was gilt für land- und forstwirtschaftliche Nutzfahrzeuge?

Für diese gilt die Winterreifenpflicht nicht, wenn bauartbedingt keine M+S-Reifen verfügbar sind.

Gleiches gilt für Einsatzfahrzeuge von Bundeswehr, Bundespolizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz, Polizei und Zolldienst.

10. Gilt die Neuregelung auch für den ruhenden Verkehr?

Nein, aus dem Gesetz folgt ausdrücklich („… gefahren werden“), dass der ruhende Verkehr nicht erfasst wird. Abgestellte Fahrzeuge müssen also nicht mit Winterreifen ausgerüstet sein.

11. Für welche Verkehrslagen gilt die „Winterreifenpflicht“?

Die alte Rechtslage stellte auf die „Wetterverhältnisse“ und damit auf die „winterlichen Wetterverhältnisse“ ab. Jetzt heißt es, dass bei „Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte“ nur mit „Winterreifen“ gefahren werden darf.

Entscheidend ist also, ob sich auf der vom Betroffenen genutzten Straße Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte gebildet hat. Nicht von Bedeutung sind die allgemeinen Wetterverhältnisse unabhängig von der benutzten Straße.

12. Gibt es eine gesetzliche Definition der beschriebenen Straßenverhältnisse?

Nein. In den Gesetzesmaterialien wird auf die die o.a. Straßenverhältnisse verursachenden Niederschlagsarten verwiesen, nämlich auf „Schneefall (inkl. Schneeregen und Schneegriesel), Eiskörner, Glatteis bzw. gefrierender Regen (umgangssprachlich Eisregen), gefrierender Nebel und Schneeverwehungen (fallender bzw. abgesetzter Schnee in Verbindung mit starkem Wind). Diese Wettererscheinungen und -verhältnisse können bereits bei Lufttemperaturen einige Grad über dem Gefrierpunkt auftreten.“ Weiter heißt es, dass bei diesen Wetterverhältnissen mit Sommerreifen nicht mehr sicher am Straßenverkehr teilgenommen werden kann.

13. Was gilt, wenn es gerade erst angefangen hat zu schneien?

So lange nicht Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte vorliegen, kann noch mit Sommerreifen weitergefahren werden.

14. Was gilt bei geräumten Straßen?

Da dann die o.a. Straßenverhältnisse nicht (mehr) vorliegen, kann wieder ohne Winterreifen gefahren werden.

15. Wie wird ein Verstoß geahndet?

Die Bußgeldtatbestände im Bußgeldkatalog sind gegenüber der alten Rechtslage geändert und an die Neuregelung angepasst worden. Außerdem wurden die Geldbußen erhöht. Bei einem Verstoß ohne Behinderung ist eine Geldbuße von 40 EUR verwirkt. Bei einem Verstoß mit Behinderung kann eine Geldbuße von 80 EUR verhängt werden. In beiden Fällen wird ein Punkt im Verkehrszentralregister in Flensburg eingetragen.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl