Eine Vollstreckung österreichischer Geldbußen wegen Nichtbenennung des Fahrers ist in der Bundesrepublik (vorläufig) nicht möglich.

Sie kann nach einer Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Hamburg gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, wie dem Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung oder dem Schutz des Kernbereichs des Angehörigenverhältnisses, verstoßen. Das FG hat darauf hingewiesen, dass § 25a Straßenverkehrsgesetz (StVG) mit der österreichischen Regelung des § 2 i.V.m. § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 nicht vergleichbar sei. § 25a StVG ordne eine bloße Kostenhaftung für den Halter des Fahrzeugs nur für den ruhenden Verkehr an. Dem Halter werde ausschließlich der durch eine ordnungswidrige Kfz-Benutzung verursachte Aufwand auferlegt, wenn Verkehrsverstöße gegen seinen Willen mit vertretbarem Aufwand typischerweise nicht aufgeklärt werden können. Eine Sanktion i.S. einer strafähnlichen Maßnahme ordne § 25a StVG nicht an, da eine Schuld nicht zugewiesen werde. Insbesondere solle die Vorschrift keine Aussage des Halters herbeiführen. Demgegenüber sei eine Schuld bei der Ahndung der Nichtaussage des Halters gem. § 2 i.V.m. § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 ohne Weiteres anzunehmen (FG Hamburg, 1 V 289/09).

Hinweis: Die Fragen werden auch noch von Bedeutung sein, wenn zum 1.10.10 das Gesetz zur Regelung der Vollstreckung von ausländischen Geldsanktionen in Kraft tritt. Allerdings führt der Umstand, dass eine ausländische Geldsanktion auf sog. (bloßer) Halterhaftung beruht dazu, dass dann gem. § 87d Abs. 2 IRG-E die Vollstreckung der ausländischen Geldsanktion im Inland abgelehnt werden kann.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Heimverträge mit Bewohnern, die stationäre Leistungen der sozialen Pflegeversicherung erhalten, enden stets mit dem Sterbetag des Bewohners. Vereinbarungen, die eine Fortgeltung des Vertrags darüber hinaus vorsehen und zur Fortzahlung des Heimentgelts bezüglich der Unterkunft und der gesondert berechenbaren Investitionskosten verpflichten, dürfen mit Leistungsempfängern der Pflegeversicherung nicht geschlossen werden und sind unwirksam.

Diese Klarstellung traf das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und bestätigte damit entsprechende heimaufsichtsrechtliche Anordnungen. Geklagt hatte eine Pflegeeinrichtung, nach derem Mustervertrag der Heimvertrag erst zwei Wochen nach dem auf den Sterbetag des Bewohners folgenden Tag endet, falls der Heimplatz nicht zuvor neu belegt wurde. Für diesen Zeitraum mussten die Unterkunfts- und die anteiligen Investitionskosten weitergezahlt werden. Nur ersparte Aufwendungen wurden angerechnet. Die Aufsichtsbehörde beanstandete diese Vertragsklausel. Sie sei rechtswidrig, soweit sie Leistungsempfänger der Pflegeversicherung betreffe. Deren Zahlungspflicht ende nach dem Pflegeversicherungsrecht mit dem Sterbetag. Gegen die Anordnung, die Heimverträge daran anzupassen, berief sich die Pflegeeinrichtung auf eine inzwischen außer Kraft getretene und durch eine vergleichbare Regelung im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ersetzte Vorschrift des Heimgesetzes. Diese lässt Vereinbarungen über eine Fortgeltung des Heimvertrags in begrenztem Umfang zu.

Die Pflegeeinrichtung blieb in allen Instanzen erfolglos. Das BVerwG führte aus, dass das Pflegeversicherungsrecht für Heimverträge mit Bewohnern, die stationäre Leistungen der sozialen Pflegeversicherung empfangen, eine spezielle, abschließende Regelung treffe. Danach ende der Heimvertrag ebenso wie die Verpflichtung zur Zahlung des Heimentgelts stets mit dem Sterbetag des Leistungsempfängers. Dies schließe eine Anwendung der allgemeinen heimrechtlichen Regelungen aus, die eine Fortgeltungsvereinbarung zugelassen hätte. Sie sei nur anzuwenden auf Verträge mit Bewohnern, die keine stationären Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. Mit der Spezialregelung für Verträge mit Leistungsempfängern der Pflegeversicherung habe der Gesetzgeber eine Doppelfinanzierung von Leerständen verhindern wollen. Diese würden in der Praxis bereits bei den Verhandlungen der Pflegesatzparteien im Rahmen der Auslastungskalkulation berücksichtigt (BVerwG, 8 C 24.09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Allein die Angabe des Arbeitgebers, die Stelle einer Führungskraft sei nur in Vollzeit zu besetzen, ist keine ausreichende Darlegung dringender betrieblicher Gründe, die dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit entgegenstehen.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) zugunsten einer Arbeitnehmerin, die als Leiterin des Controllings mit Prokura bei einem Arbeitgeber in Vollzeit beschäftigt war. Nach der Geburt ihres Kindes beantragte sie Elternzeit. Dieser Antrag enthielt auch den Wunsch, die Arbeitszeit während ihrer Elternzeit auf 20 Wochenstunden zu verringern. Die Arbeitszeit sollte auf zwei Mal acht Stunden und ein Mal vier Stunden verteilt werden. Der Arbeitgeber lehnte den Antrag ab. Daraufhin zog die Arbeitnehmerin vor Gericht.

Das BAG hielt das Vorbringen des Arbeitgebers zur Frage einer möglichen Unteilbarkeit der Arbeitsstelle für unzureichend. Die Richter konnten keine dringenden betrieblichen Gründe erkennen, die einer Teilzeit während der Elternzeit entgegenstanden. Die Ansicht, die ausgeübte Führungsaufgabe einer „Leiterin Controlling“ sei ohne vollzeitige Anwesenheit des Stelleninhabers von Montag bis Freitag nicht zu bewältigen, konnte das Gericht nicht nachvollziehen. Der Arbeitgeber habe kein Organisationskonzept vorgetragen, das die gewünschte Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit ausschließe. Im vorliegenden Fall spreche außerdem gegen die vom Arbeitgeber behauptete Unteilbarkeit der Stelle, dass die Arbeitnehmerin während der Mutterschutzfristen und darüber hinaus mehrere Monate lang durch ihren Vorgesetzten vertreten worden sei. Der Arbeitgeber habe keine Vollzeitvertretung eingestellt, sondern die Aufgaben der Arbeitnehmerin auf mehrere Arbeitnehmer verteilt. Dienstreisen, die nur 15 Prozent der Aufgaben der Arbeitnehmerin ausmachten, könnten an den drei Anwesenheitstagen durchgeführt werden, zumal die Arbeitnehmerin vier Stunden variabel verteilen könne. Dienstreisen könnten außerdem an andere Arbeitnehmer des Controllings delegiert werden. Entsprechendes gelte für die Teilnahme an Besprechungen. Aber auch wenn der Arbeitgeber ein dem Teilzeitbegehren der Arbeitnehmerin entgegenstehendes Organisationskonzept hätte vorweisen können, hätte er, so das BAG mit großer Deutlichkeit, die mit der teilweisen Abwesenheit der Arbeitnehmerin verbundenen Schwierigkeiten hinnehmen bzw. bewältigen müssen. Bei solchen Problemen handele es sich nach Ansicht des BAG um Schwierigkeiten, die mit einer während der Elternzeit in Anspruch genommenen Teilzeit regelmäßig einhergingen. Sie müssten daher nach der gesetzgeberischen Zielvorstellung vom Arbeitgeber überwunden werden (BAG, 9 AZR 72/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kommt ein mit der Verlegung eines 16 mm dicken Standardholzfußbodens beauftragter Werkunternehmer seiner Pflicht zur Beseitigung auftretender Risse nicht nach, kann der Auftraggeber keine Mängelbeseitigungskosten geltend machen, die für den Einbau 22 mm dicker Massivholzdielen entstehen.

Das musste sich ein Bauherr vor dem Landgericht (LG) Kiel sagen lassen. Nachdem der von ihm beauftragte Unternehmer die Mängel an dem Fußboden nicht fristgerecht beseitigt hatte, wollte er den Boden selbst sanieren. Der von ihm eingeklagte Vorschuss für die Beseitigung der Mängel beinhaltete die Kosten für eine vollständige Entsorgung des alten Fußbodens, sowie den Einbau eines qualitativ erheblich höheren Belags. Das ließen die Richter jedoch nicht durchgehen. Sie entschieden, dass Vorschusskosten zur Mängelbeseitigung nur insoweit ersatzfähig seien, wie sie ein wirtschaftlich denkender, vernünftiger Bauherr für erforderlich halten dürfe, um den Mangel zuverlässig zu beheben. Der Werkunternehmer sei nicht verpflichtet, eine Sanierung zu bezahlen, die über die geschuldete Leistung hinausgehe. Der Bauherr dürfe nicht versuchen, sich Luxus auf Kosten des Werkunternehmers zu verschaffen (LG Kiel, 9 O 52/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einer Mietwohnung kann aufgrund einer Flächenabweichung ein Mangel auch vorliegen, wenn der schriftliche Mietvertrag keine Angaben zu der Wohnfläche enthält.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer Mieterin, die eine Dachgeschosswohnung gemietet hatte. Der schriftliche Mietvertrag enthielt keine Angaben zur Größe der Wohnung. Diese waren in dem verwendeten Vordruck auch nicht vorgesehen. Die Wohnung war von einer Immobilienmaklerin mit folgender Annonce in der Zeitung angeboten worden: „3 ZKB-DG, Balkon, ca. 76 m², Parkett, EBK, DM 890,- + NK“. Vor Abschluss des Mietvertrags wurden der Mieterin eine Grundrissskizze sowie eine detaillierte Wohnflächenberechnung übergeben, in der die Gesamtgröße der Wohnung mit 76,45 Quadratmetern ausgewiesen wird. Die Mieterin hat mit der Begründung, die Wohnung habe lediglich eine Wohnfläche von 53,25 Quadratmetern, unter anderem die Rückzahlung überzahlter Miete geltend gemacht.

Der BGH entschied, dass die Rückforderung berechtigt sei. Angesichts der Geschehnisse bis zur Unterzeichnung des Mietvertrags könne alleine dem Fehlen von Angaben zur Wohnungsgröße in dem Vertragstext, die dort auch nicht vorgesehen waren, nicht entnommen werden, dass sich die Parteien bei Vertragsschluss bezüglich der Wohnfläche nicht vertraglich binden wollten. Die Gesamtumstände würden vielmehr darauf schließen lassen, dass die Parteien den schriftlichen Vertrag in der beiderseitigen, dem jeweiligen Vertragspartner erkennbaren Vorstellung geschlossen haben, die Wohnung weise die zuvor angegebene Wohnfläche auf. Dies begründe eine konkludente Vereinbarung über die Wohnungsgröße. Liege – wie im entschiedenen Fall – eine Wohnflächenunterschreitung um mehr als zehn Prozent vor, führe dies nach ständiger BGH-Rechtsprechung zu einer Mietminderung. Die Sache wurde daher an das Landgericht zurückverwiesen, weil weitere Feststellungen getroffen werden müssen (BGH, VIII ZR 256/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Dem Angeklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung zu gewähren, wenn die Versäumung darauf beruht, dass er einer Auskunft seines Verteidigers, dass der Termin aufgehoben werde, vertraut hat.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) zugunsten eines Angeklagten, der nicht zu seiner Berufungshauptverhandlung erschienen war. Seine Berufung wurde daraufhin verworfen. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde damit begründet, dass der Angeklagte einer Auskunft seines Verteidigers vertraut hatte, dass der Termin – weil der Verteidiger krank sei – aufgehoben werde.

Das OLG hielt die Begründung für ausreichend. Solange der Angeklagte auf die Auskunft seines (Pflicht-)Verteidigers vertraut habe, dass dessen Krankheit zu einer Aufhebung des Hauptverhandlungstermins führen werde, müsse ihm eine Wiedereinsetzung gewährt werden (OLG Hamm, 3 Ws 51/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist die vereinbarte fünfjährige Gewährleistungsfrist abgelaufen, kann der Bauherr eines Parkplatzes gegen den Bauunternehmer keine Mängelbeseitigungsansprüche mehr geltend machen, weil dieser kontaminierten Bauschutt und Abbruchmaterial bei der Herstellung des Unterbaus verwendet hat.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Die Richter ließen als Ausnahme nur den Fall zu, dass der Bauunternehmer arglistig gehandelt habe. Das sei vorliegend aber nicht der Fall gewesen. Es liege nämlich kein schwerer Vertragsverstoß vor, zumal das Material einvernehmlich verwendet worden sei. Im Übrigen habe der Bauherr ein entsprechendes Gutachten zur Untersuchung auch erst rund vier Jahre nach Auftreten der Mängel in Auftrag gegeben (OLG Hamm, I-19 U 2/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch aus ungewöhnlichen Kassendifferenzen kann auf mangelnde Sorgfalt beim Kassiervorgang geschlossen werden.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in einem entsprechenden Rechtsstreit. Nach Ansicht der Richter liege hierin eine qualitative Minderleistung der Kassenkraft. Möchte der Arbeitgeber seine Kündigung auf diese qualitative Minderleistung stützen, müsse er allerdings zunächst darlegen, dass die Kassenkraft längerfristig die durchschnittliche Fehlerhäufigkeit aller mit vergleichbaren Arbeiten beschäftigten Arbeitnehmer erheblich überschritten hat (LAG Schleswig-Holstein, 6 Sa 399/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fährt ein Pkw aus einer Einfahrt, wobei er einen kombinierten Fuß- und Radweg überqueren müsste und kommt er nach einem Sturz eines Radfahrers auf diesem Radweg noch vor dem Radweg zu stehen, so lässt sich ohne weitere Anhaltspunkte kein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang herleiten.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg im Fall eines Autofahrers, der von einem Radfahrer in Anspruch genommen worden war. Die Richter entschieden, dass der Autofahrer hier nicht haftbar sei. Zwar sei der Radfahrer möglicherweise aus Schrecken etc. wegen des herannahenden Pkw gestürzt. Der rein zeitliche und räumliche Zusammenhang beider Ereignisse erlaube aber nicht, einen Anscheinsbeweis zulasten des Autofahrers anzunehmen. Dieser hafte also nicht automatisch. Vielmehr müsse der Radfahrer beweisen, dass der Autofahrer an seinem Sturz die Schuld trage. Das habe er vorliegend nicht gekonnt (OLG Naumburg, 1 U 124/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Vorbenutzung eines Fahrzeugs durch einen Pflegedienst mit wechselnden Fahrern ist kein Mangel und daher auch nicht offenbarungspflichtig.

Diese Entscheidung traf das Landgericht (LG) Kassel im Streit um einen Gebrauchwagen. Im Bestellformular war ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der VW Lupo nicht als Taxi/Miet- oder Fahrschulwagen genutzt worden war. Das Autohaus hatte aber nicht erwähnt, dass der Wagen (Leasingrückläufer) 2,5 Jahre lang von wechselnden Fahrern für Einsatzfahrten zur Betreuung pflegebedürftiger Personen eingesetzt worden war. Weil ihr die Vorbenutzung als „Firmenwagen“ verschwiegen worden sei, wollte die Käuferin vom Kaufvertrag zurücktreten. Außerdem rügte sie einen technischen Mangel (plötzlicher Leistungsabfall in der Startphase).

In keinem der beiden Punkte hatte ihre Klage vor dem LG Erfolg: Der technische Mangel sei bei Auslieferung nicht vorhanden gewesen, befand das Gericht nach Auswertung eines Gutachtens. Die Vorbenutzung durch den Pflegedienst sei nicht als Mangel zu qualifizieren und damit auch nicht offenbarungspflichtig. Selbst wenn man die für Taxis und Mietwagen entwickelten Rechtsgrundsätze auf sonstige Firmenwagen übertrage, liege kein Fall der Sachmängelhaftung vor, so die Richter. Dafür sei der Lupo mit zweieinhalb Jahren und 27.007 km verhältnismäßig geringfügig im „gewerblichen“ Einsatz gewesen (LG Kassel, 7 O 2091/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl