Parkt ein Fahrzeug verbotswidrig auf dem Gehweg, kann der Halter nicht in jedem Fall zu den Abschleppkosten herangezogen werden. Dies ist ausnahmsweise unverhältnismäßig und damit rechtswidrig, wenn für die Behörde aufgrund besonders gelagerter Umstände des Einzelfalls Anlass bestanden hätte, Nachforschungen zum Halter des abgeschleppten Fahrzeugs anzustellen.

Mit dieser Entscheidung gab das Verwaltungsgericht (VG) Trier einem Kläger recht. Stein des Anstoßes waren drei seit mehreren Wochen auf einem Gehweg abgestellte Fahrzeuge mit englischem Kennzeichen (ein kleiner Lastkraftwagen, ein Leichtlastkraftwagen und ein Anhänger). Nachdem zuvor zwei Verwarnungen wegen verbotswidrigen Parkens auf dem Gehweg keine Beachtung gefunden hatten, ließ die Stadt die Fahrzeuge abschleppen. Eine an den Fahrzeugen erkennbare Mobiltelefonnummer wurde vergebens kontaktiert. Anschließend beschwerte sich der Kläger, ein Besitzer einer Kfz-Werkstatt, er sei zwar nicht Eigentümer, aber Verfügungsberechtigter der Fahrzeuge. Daraufhin verlangte die Stadt von ihm die entstandenen Abschleppkosten in Höhe von etwa 1.000 EUR erstattet. Der Kläger war der Ansicht, dass das Parken im fraglichen Bereich überhaupt nicht verboten sei und eine Behinderung des Verkehrs nicht stattgefunden habe. Außerdem sei ein vor Ort tätig gewordener Polizeibeamter von einem Zeugen darauf hingewiesen worden, dass die Fahrzeuge ihm zuzuordnen seien. Kontaktiert habe man ihn jedoch nicht, weshalb die Abschleppmaßnahme letztlich unverhältnismäßig gewesen sei.

Das Gericht wies zunächst darauf hin, dass das Parken der Fahrzeuge auf dem Gehweg verbotswidrig gewesen sei. Auch sei der Kläger als Inhaber der tatsächlichen Gewalt über die Fahrzeuge durchaus als Adressat der Maßnahme in Betracht gekommen. Parken auf Gehwegen dürfe nur bei ausdrücklicher Gestattung durch Verkehrszeichen erfolgen. Vorliegend erweise sich die Maßnahme aber aufgrund besonders gelagerter Umstände des Einzelfalls als unverhältnismäßig. So falle zunächst ins Gewicht, dass die Maßnahme aufgrund Anzahl und Art der Fahrzeuge mit weit höheren Kosten als beim Abschleppen handelsüblicher Pkws verbunden gewesen sei. Dies hätte die Stadt angesichts der fehlenden konkreten Verkehrsbehinderung und der Hinnahme des Verstoßes über einen längeren Zeitraum zum Anlass nehmen müssen, besonders sorgfältige Nachforschungen zum Halter der Fahrzeuge anzustellen. Sie sei nämlich zuvor von einem – in der mündlichen Verhandlung vor Gericht als Zeuge vernommenen – Passanten darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Fahrzeuge dem Kläger zuzuordnen seien. Daraufhin hätte die Stadt zunächst Kontakt zum Kläger aufnehmen müssen, um so evtl. das Durchführen der kostenintensiven Maßnahme zu vermeiden (VG Trier, 1 K 677/09.TR).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Lkw-Fahrer, der die erlaubte Arbeitszeit am Steuer überschreitet, muss das Bußgeld selbst bezahlen.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Fernfahrers. Dieser war unter anderem wegen Verstoßes gegen die gesetzlich vorgegebenen Lenkzeiten zu einer Geldbuße von 8.520 Euro verurteilt worden. Diesen Betrag verlangte er vom Arbeitgeber zurück. Begründung: Er habe auf dessen Weisung gehandelt.

Das sah das LAG anders: Der Mann sei als Fahrer im Straßenverkehr selbst dafür verantwortlich, dass er nicht gegen das Gesetz verstößt. Angesichts der strengen Regelungen des Kündigungsschutzes und des umfassenden arbeitsgerichtlichen Schutzes müsse ein Arbeitnehmer auch nicht ohne Weiteres seine Kündigung befürchten, wenn er sich gesetzeswidrigen Weisungen des Arbeitgebers widersetze (LAG Rheinland-Pfalz, 3 Sa 497/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Errichtung eines Mobilfunkmasts in einem Gartenhausgebiet verstößt nicht gegen die Rechte der Grundstücksnachbarn.

Diese Feststellung traf der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) und lehnte daher den Antrag eines Nachbarn (Antragsteller) auf vorläufigen Baustopp ab.

In der Vorinstanz hatte der Nachbar noch Erfolg. Das Verwaltungsgericht hatte auf seinen Antrag einen Baustopp angeordnet. Der Bebauungsplan für das Gebiet sehe nämlich vor, dass dort bauliche Anlagen nur in sehr begrenztem Umfang errichtet werden dürften. Eine Befreiung von diesen Festsetzungen für die Errichtung eines Mobilfunkmasts verletze die Grundzüge der Planung. Auf die Beschwerde der Stadt und des zum Verfahren beigeladenen Mobilfunkbetreibers ist der VGH dieser Ansicht nicht gefolgt. Die Richter führten aus, dass die Genehmigung des Mobilfunkmasts vielmehr als Gewährung einer Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans anzusehen sei. Diese sei in der Baunutzungsverordnung auch für sogenannte fernmeldetechnische Nebenanlagen grundsätzlich vorgesehen. Der Mast diene als eine solche Nebenanlage auch der Versorgung der umliegenden Baugebiete und entspreche deswegen dem Wohl der Allgemeinheit. Die für Mobilfunkstrahlungen festgelegten Grenzwerte seien eingehalten. Auf die vom Antragsteller geltend gemachten Verstöße gegen die Landschaftsschutzverordnung komme es im vorliegenden Verfahren nicht an, da diese nur im öffentlichen Interesse erlassen worden sei und keine subjektiven Rechte des Antragstellers begründe (VGH Baden-Württemberg, 8 S 33/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Für die Kosten eines Erbfalls können nach dem Erbschaftsteuergesetz pauschal und somit ohne Nachweis – insgesamt 10.300 EUR abgezogen werden, auch wenn die tatsächlichen Kosten niedriger sind. Diesbezüglich stellte der Bundesfinanzhof jedoch klar, dass der Pauschbetrag nur einmal pro Todesfall angesetzt werden kann, sodass Miterben den Pauschbetrag

untereinander aufteilen müssen.

Unter die pauschale Regelung fallen Aufwendungen für

die Bestattung des Erblassers, ein angemessenes Grabdenkmal und die übliche Grabpflege.

Auch die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung des Nachlasses entstehen, sind mit dem Pauschbetrag abgegolten.

Hinweis: Sofern die tatsächlichen Kosten über dem Pauschbetrag liegen, sollten die Aufwendungen per Einzelnachweis geltend gemacht werden (BFH, II R 31/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einem Vertrag zwischen Vermieter und Hausverwaltung handelt es sich um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Mieters. Meldet die Hausverwaltung dem Stromversorgungsunternehmen fehlerhaft einen Mieterwechsel und stellt dieses daraufhin den Strom ab, haben die Mieter gegenüber der Hausverwaltung einen Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens.

Mit dieser Begründung gab das Amtsgericht (AG) München einem Mieter recht. Während seines Urlaubs wurde in seiner Wohnung für 11 Tage der Strom abgestellt. Dadurch wurden der Kühlschrank und die Gefriertruhe nicht mehr gekühlt. Als er wieder nach Hause kam und sich beim Stromversorgungsunternehmen beschwerte, erfuhr er, dass die Hausverwaltung fälschlicherweise einen Mieterwechsel angezeigt hatte. Auf Rückfrage durch das Stromunternehmen sei dieser sogar noch einmal bestätigt worden. Daraufhin wollte der Mieter die verdorbenen Lebensmittel ersetzt bekommen. Außerdem seien die Geräte wegen des Schimmels und des Geruchs nicht mehr benutzbar, sodass neue anzuschaffen wären.

Die zuständige Richterin bestätigte seinen Schadenersatzanspruch gegen die Hausverwaltung. Bei dem Vertrag zwischen dem Vermieter und der Hausverwaltung handele es sich um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Mieters. Außerdem hätte der Mieter auch einen deliktischen Anspruch, da die Hausverwaltung auch sein Eigentum beschädigt hätte. Die Hausverwaltung habe durch die falsche Mitteilung des Mieterwechsels die Ursache für den weiteren Verlauf und letztlich für das Abstellen des Stroms gesetzt. Durch die fehlende Stromversorgung seien Teile der Lebensmittel verdorben. Diese könnte der Mieter ersetzt verlangen. Ersetzt verlangen könnte er auch den Aufwand für die Reinigung der Geräte. Der vollständige Ersatz der Geräte käme allerdings nicht in Betracht, da eine Reinigung noch möglich sei. Gegen das Stromversorgungsunternehmen gebe es allerdings keinen Anspruch. Dieses habe sich noch einmal durch Nachfrage vergewissert, sodass es kein Verschulden träfe. Es habe sich auf die Angaben der Hausverwaltung verlassen dürfen (AG München, 212 C 16694/09, n.rkr.).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Widerruf einer Waffenbesitzkarte ist gerechtfertigt, wenn der Inhaber mit Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig umgeht.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Falle eines Mannes, dem als Inhaber eines Jagdscheins im Jahr 1977 eine Waffenbesitzkarte erteilt worden war. Im Juni 2007 gab er vom Balkon seines – außerhalb der Ortslage gelegenen – Hauses mit seiner Schrotflinte drei Schüsse in die Luft ab, weil er sich durch den Lärm einer in der Nähe stattfindenden Party gestört gefühlt hat. Darauf widerrief die Kreisverwaltung die ihm erteilte Waffenbesitzkarte.

Das Verwaltungsgericht wies die hiergegen erhobene Klage ab. Das OVG ließ die Berufung gegen das Urteil nicht zu. Der Widerruf sei nach Ansicht der Richter rechtmäßig, denn der Mann besitze nicht mehr die für eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit. Er habe seine nur zur Jagdausübung zugelassene Waffe zu einem anderen Verwendungszweck benutzt. Ein Missbrauch liege zugleich darin, dass er die Waffe dazu genutzt habe, andere Menschen aufzuschrecken (OVG Rheinland-Pfalz, 7 A 10410/10.OVG).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

In manchen Fällen lohnt es sich, das Messverfahren bei einer Geschwindigkeitsmessung zu hinterfragen.

Das zeigt eine Entscheidung des Amtsgerichts (AG) Lübben. Dort hatte bei einer Messung mit dem Messgerät ES 3.0 die in der Bedienungsanleitung geforderte „nachvollziehbar“ gekennzeichnete Fotolinie gefehlt. Das Gericht entschied, dass daher nicht klar erkennbar sei, ob es sich bei dem gemessenen Kfz tatsächlich um das Betroffenenfahrzeug handele und ob die gemessene Geschwindigkeit im Einklang mit der Fotodokumentation stehe. Die Messung sei daher unverwertbar (AG Lübben, 40 OWi 1321 Js 2018/10 (58/10)).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wendet der Erblasser die Todesfallleistung aus einem Lebensversicherungsvertrag einem Dritten über ein widerrufliches Bezugsrecht schenkweise zu, so berechnet sich ein Pflichtteilsergänzungsanspruch weder nach der Versicherungsleistung noch nach der Summe der vom Erblasser gezahlten Prämien.

Diese Feststellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) und gab damit seine bisherige Rechtsauffassung auf. Nach der aktuellen Entscheidung soll sich die Pflichtteilsergänzung nunmehr allein nach dem Wert richten, den der Erblasser aus den Rechten seiner Lebensversicherung in der letzten – „juristischen“ – Sekunde seines Lebens nach objektiven Kriterien für sein Vermögen hätte umsetzen können. In aller Regel ist dabei auf den Rückkaufswert abzustellen. Je nach Lage des Einzelfalls kann gegebenenfalls auch ein – objektiv belegter – höherer Veräußerungswert heranzuziehen sein (BGH, IV ZR 73/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Sind Grundstückseigentümer zugleich Stromanschlussnehmer, müssen sie grundsätzlich dulden, dass auf ihrem Grundstück Stromleitungen verlegt werden, mit denen andere Straßenanlieger versorgt werden. Sie können das Versorgungsunternehmen nicht darauf verweisen, vorrangig öffentliches Grundeigentum (den Straßenraum) in Anspruch zu nehmen.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Grundstückseigentümers, der von der Beklagten, dem örtlichen Stromversorgungsunternehmen, mit Elektrizität versorgt wird. Als das für die Versorgung der Straßenanlieger mit Elektrizität erforderliche Kabel verlegt wurde, erfolgte dies nicht im Straßenkörper, sondern auf einer Länge von rund 20 Metern unmittelbar neben der Straße in einem bereits zum Grundstück der Kläger gehörenden Grundstücksstreifen. Der Grundstückseigentümer verlangt nun die Entfernung der Leitung von seinem Grundstück.

Der BGH bestätigte in seiner Entscheidung die Klageabweisung in den Vorinstanzen. Die Richter entschieden, dass der Grundstückseigentümer nicht die Entfernung der Leitungen verlangen könne. Ein solcher Anspruch sei ausgeschlossen, weil er als Stromanschlussnehmer und gleichzeitiger Grundstückseigentümer nach der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden verpflichtet sei, die Verlegung der Leitungen unentgeltlich zuzulassen. Sei – wie hier – die Inanspruchnahme von privatem und öffentlichem Grundeigentum beim Verlegen von Elektrizitätsleitungen gleichwertig möglich, sei das Auswahlermessen des Stromversorgungsunternehmens nicht dahin eingeschränkt, dass es öffentliches Grundeigentum vorrangig in Anspruch zu nehmen habe. Auch aus etwaigen Ansprüchen des Versorgungsunternehmens auf Gestattung einer Leitungsverlegung im Straßenraum folge nicht, dass die hier gewählte Inanspruchnahme des Privatgrundstücks ermessensfehlerhaft war (BGH, VIII ZR 223/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Allein der Verdacht der inkorrekten Spesenabrechnung berechtigt ohne vorherige Änderung einer (fehlerhaften) Abrechnungspraxis keine fristlose Kündigung.

Das hat das Arbeitsgericht (ArbG) Cottbus im Fall eines Arbeitnehmers entschieden. Dieser hatte über Jahre hinweg gleichartige Spesenabrechnungen eingereicht, in denen er die Abwesenheitszeiten jeweils auf halbe und volle Stunden gerundet hatte. Der Arbeitgeber hatte die Abrechnungen geprüft und unbeanstandet hingenommen. Später dann hat der Arbeitgeber den Mitarbeiter observiert und festgestellt, dass der Mitarbeiter bei minutengenauer Abrechnung den geltend gemachten Spesenbetrag nicht hätte beanspruchen können. Trotzdem – so die Cottbusser Richter – könne der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht außerordentlich fristlos bzw. hilfsweise ordentlich fristgerecht kündigen. Dazu hätte er erst die Abrechnungspraxis auf minutengenaue Abrechnung umstellen müssen (ArbG Cottbus, 7 Ca 868/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl