Opferentschädigung kann nur verlangen, wer vor der Geburt durch den fortgesetzten Alkoholmissbrauch seiner Mutter in der Schwangerschaft dadurch geschädigt wird, dass die Grenze zum kriminellen Unrecht überschritten wird, der Alkoholmissbrauch also auf einen versuchten Abbruch der Schwangerschaft gerichtet ist. Das hat jetzt das Bundessozialgericht (BSG) entschieden.

Die Klägerin ist schwerbehindert. Sie beantragte im Jahr 2009 erfolglos Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz. Begründung: Sie sei durch ein fetales „Alkohol-Syndrom“ aufgrund des Alkoholkonsums ihrer leiblichen Mutter in der Schwangerschaft geschädigt worden. Die Vorinstanzen haben die Klage nach Vernehmung der leiblichen Eltern als Zeugen abgewiesen, obwohl beide erheblichen mütterlichen Alkoholkonsum in der Schwangerschaft eingeräumt hatten.

Das BSG hat die Entscheidungen zwar im Ergebnis bestätigt. Es hat aber auch festgestellt, dass bereits die Leibesfrucht vom Schutzbereich des Opferentschädigungsgesetzes umfasst ist. Ein vorgeburtlicher Alkoholmissbrauch während der Schwangerschaft kann einen tätlichen Angriff auf das ungeborene Kind oder eine gleichgestellte Beibringung von Gift darstellen. Wichtig: Dies gilt jedoch nur, wenn der Alkoholkonsum einer Schwangeren auf einen versuchten Abbruch der Schwangerschaft gerichtet ist, also auf eine versuchte Tötung des ungeborenen Kindes.

Die Körperverletzungstatbestände gelten nach dem Willen des Gesetzgebers für die Schwangere nicht im Verhältnis zu ihrem ungeborenen Kind. Der nötige mindestens bedingte Vorsatz zum Abbruch einer Schwangerschaft war der Mutter der Klägerin hier nicht nachzuweisen. Aus dem Vorversterben zweier Geschwister nach der Geburt ergab sich nicht zwingend, dass die Mutter nun den Tod der ungeborenen Klägerin infolge ihres Alkoholkonsums als möglich angesehen und billigend in Kauf genommen hat.

Quelle: BSG, Urteil vom 24.9.2020, B 9 V 3/18 R, Abruf-Nr. 218883 unter www.iww.de; PM Nr. 21/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Frau wollte nach der Trennung von ihrem Mann von ihrer Schwiegermutter in Ruhe gelassen werden. Die Schwiegermutter hatte der Frau in drei Wochen u. a. drei WhatsApp-Nachrichten geschrieben und sie dreimal angerufen, um Umgang mit dem minderjährigen Enkel zu erhalten. Die Frau stützte ihr Begehren allerdings ausdrücklich nicht auf das Gewaltschutzgesetz. Ein Fehler – denn sie blieb in allen Instanzen erfolglos.

Das Landgericht (LG) Karlsruhe hielt insoweit fest: Kontaktaufnahmen per Fernkommunikation verletzen das allgemeine Persönlichkeitsrecht – hier das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden – nur, wenn sie eine bestimmte Erheblichkeitsschwelle überschreiten. Dies war im vorliegenden Fall nicht gegeben, denn die drei WhatsApp-Nachrichten und Anrufe innerhalb von drei Wochen hielten sich im üblichen Umfang für innerfamiliäre Kontakte. Absender von WhatsApp-Nachrichten können technisch unkompliziert blockiert werden. Das Störpotenzial sei damit gering gewesen. Auch ein sog. Nachstellen sah das Gericht nicht als gegeben an.

Die Frau konnte keine einstweilige Verfügung gegen ihre Schwiegermutter erwirken und musste die Kontaktaufnahmen dulden. Denn anderen Familienmitgliedern muss es möglich sein, einen Konflikt innerfamiliär zu klären, ohne dabei staatliche Eingriffe befürchten zu müssen.

Quelle: LG Karlsruhe, Beschluss vom 6.8.2020, 20 T 29/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Es ist eine häufig wiederkehrende Streitfrage: Eine Eigentumswohnung wird veräußert oder der Mieter wechselt. Wie ist nun mit den Kosten für angeschaffte, aber noch nicht verbrauchte Brennstoffe zu verfahren? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine Antwort gegeben.

Da eine entsprechende Regelung in der Heizkostenverordnung fehlt, sind die Kosten zunächst nach dem Wohnungseigentumsgesetz (hier § 16 WEG) oder einem sonst vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel zu verteilen.

In die Jahresgesamtabrechnung sind alle im Abrechnungszeitraum geleisteten Zahlungen aufzunehmen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung von Brennstoff stehen. Für die Verteilung in den Einzelabrechnungen sind dagegen die Kosten des im Abrechnungszeitraum tatsächlich verbrauchten Brennstoffs maßgeblich. Der Unterschiedsbetrag ist in der Abrechnung verständlich zu erläutern.

Beachten Sie: Zeichnet sich ein Eigentums- oder Mietwechsel einer WEG-Immobilie ab, wird auf der Ebene der Jahresabrechnung regelmäßig kein Ausgleich zu finden sein. Es bietet sich daher an, dass Verkäufer und Käufer bzw. Vor- und Nachmieter entsprechende Vereinbarungen treffen.

Quelle: BGH, Beschluss vom 13.2.2020, V ZR 29/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Auch wenn ein Infektionsrisiko in der Corona-Pandemie besteht, kann ein Arbeitnehmer nach Vorlage eines ärztlichen Attests keine Ansprüche darauf stellen, wo sich sein Arbeitsplatz befindet. Dem Arbeitgeber obliegt die Ausgestaltung seiner Fürsorgepflicht für seine Arbeitnehmer. Dies stellte jetzt das Arbeitsgericht (ArbG) Augsburg klar.

Ein 63jähriger Arbeitnehmer teilte sich am Sitz der Beklagten ein Büro mit einer Mitarbeiterin. Des Weiteren erteilte er nebenamtlich einmal wöchentlich einen 90minütigen Unterricht. Mit der Vorlage eines ärztlichen Attests leitete er einen Anspruch gegenüber der Beklagten darauf ab, seine Tätigkeit an seinem Wohnsitz im Homeoffice zu erbringen sowie von der Unterrichtsverpflichtung freigestellt zu werden, solange für ihn das Risiko einer Ansteckung mit dem Sars-CoV-2-Virus bestünde. Sofern dem Arbeitgeber eine Homeoffice-Genehmigung nicht möglich sei, verlangte er die Bereitstellung eines konkreten Einzelbüros. Bei Zuwiderhandlung solle der Arbeitgeber mit einem Zwangsgeld in Höhe von 25.000 Euro belegt werden.

Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch des Klägers auf einen Arbeitsplatz an seinem Wohnsitz (Homeoffice) – ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus dem Vertrag noch aus dem Gesetz. Es obliege allein dem Arbeitgeber, wie er seinen gesetzlichen Verpflichtungen, den Arbeitnehmer zu schützen, gerecht wird und sie ermessensgerecht durch entsprechende Ausübung seines Leistungsbestimmungsrechtes umsetzt, um das Ziel zu erreichen, den hausärztlichen Empfehlungen des Klägers zu entsprechen. Dies treffe ebenso für ein Einzelbüro zu. Der Unterricht in Präsenzform war zwischenzeitlich Pandemie-bedingt eingestellt worden.

Quelle: ArbG Augsburg, Urteil vom 7.5.2020, 3 Ga 9/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Ist der Schaden bei einer vereinbarten Probefahrt passiert oder hat der Kaufinteressent den Wagen eigenmächtig in Gang gesetzt? Vor dieser Frage stand das Amtsgericht (AG) Essen-Steele. Es hat den „Probefahrer“ zum Schadenersatz verurteilt.

Der Interessent war mit seiner Ehefrau bei einem großen Auto-Händler erschienen. Sie interessierten sich für einen gebrauchten Pkw. Dieser stand vorwärts vor einer „Steinblockade“ eingeparkt auf dem Gelände. Unter ungeklärten Umständen hatte der Verkaufsberater dem Interessenten die Fahrzeugschlüssel ausgehändigt. Dieser setzte sich ans Steuer, startete den Motor und fuhr los – direkt in die „Steinblockade“. Schaden: knapp 1.800 Euro netto. Musste der Interessent nun zahlen?

Das AG vernahm den Verkaufsberater und die Ehefrau des Interessenten, war aber danach nicht überzeugt, dass eine Probefahrt vereinbart worden war. Wäre das der Fall gewesen, hätte der Interessent nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gehaftet. Diesen Vorteil gewährte ihm das Gericht aber nicht. So musste er auch für einfache Fahrlässigkeit haften, die zu bejahen war, und den vollen Schaden ersetzen.

Quelle: AG Essen-Steele, Urteil vom 24.7.2020, 17 C 136/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Verlangt der Auftraggeber bei einem Partnerschaftsvermittlungsvertrag ausdrücklich, dass die Ausführung des Vertrags schon während der Widerrufsfrist beginnt, widerruft er den Vertrag dann aber, ist der von ihm geschuldete Betrag zeitanteilig zu berechnen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun auf ein Vorabentscheidungsersuchen aus Deutschland entschieden.

Beachten Sie Nur wenn der Vertrag ausdrücklich vorsieht, dass eine oder mehrere der Leistungen gleich zu Beginn der Vertragsausführung vollständig und gesondert zu einem getrennt zu zahlenden Preis erbracht werden, ist der volle für eine solche Leistung vorgesehene Preis an den Partnerschaftsvermittler zu zahlen.

Quelle: EuGH, Urteil vom 8.10.2020, C-641/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Endlich haben die Angehörigen für die Seniorin einen Platz in einem Seniorenheim gefunden. Gut soll es ihr dort gehen und „auf Dauer“ soll sie dort bleiben. Mit einer Kündigung rechnet man nicht. Doch auch hier kann es zu Kündigungen kommen. Nicht jede Kündigung ist aber rechtens, wie eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg zeigt.

Was war geschehen?
Völlig überrascht waren die Angehörigen einer Seniorin von der Kündigung des Heimvertrags. Die Dame war vor etwa fünf Jahren in die Demenzabteilung eines Heims gezogen. Nach einem Krankenhausaufenthalt zeigte sie sich viel unruhiger als zuvor. Das Heim erklärte die Kündigung und forderte den Auszug der Seniorin. Die Heimleitung behauptete, sie störe den Heimfrieden erheblich, laufe ständig umher, gehe in die Zimmer anderer Bewohner, öffne dort Türen und Fenster und schaue bei der Intimpflege zu. Sie sei aggressiv und boxe die Pflegekräfte, stelle ihnen und anderen Bewohnern das Bein und fahre sie mit dem Rollator an. Außerdem esse und trinke sie nicht mehr richtig. Sie sei eine Gefahr für sich und andere.

Keine Unzumutbarkeit für das Heim
Die Räumungsklage des Heims war erfolglos, die Kündigung unwirksam. Das OLG Oldenburg stellte klar: Die Seniorin darf im Heim wohnen bleiben. Ein Heimvertrag kann nämlich vonseiten des Heims nur aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn dem Heim ein Festhalten am Vertrag nicht zumutbar ist. Das sei hier nicht der Fall. Abzuwägen seien die Interessen des alten Menschen, einen Umzug und die damit verbundenen Schwierigkeiten zu vermeiden und die Interessen des Heims, sich von dem Vertrag zu lösen.

Verhalten bleibt im Rahmen
Im Fall des OLG war zu berücksichtigen, dass dem Heim die Demenzerkrankung der alten Dame bereits bei deren Einzug bekannt gewesen sei. Gewisse Verhaltensauffälligkeiten seien daher hinzunehmen. Es sei auch nicht erkennbar, dass es tatsächlich schon zu Sach- oder gar Körperschäden gekommen sei. Das Heim habe auch nicht dargestellt, dass es bereits Maßnahmen ergriffen habe, um die Seniorin von dem geschilderten Verhalten abzuhalten. Die Abwägung ergebe, dass sich das behauptete Verhalten der alten Dame in dem Rahmen bewege, der von dem Betreiber eines Pflegeheims von Bewohnern einer Demenzabteilung noch hingenommen werden müsse.

Quelle: OLG Oldenburg, Urteil vom 28.5.2020, 1 U 156/19, Abruf-Nr. 218330 unter www.iww.de

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Irrtümer passieren. Dass diese nicht immer nachteilige finanzielle Folgen haben müssen, zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf. Erkältet sich ein Mieter zum Zeitpunkt einer irrtümlich unterbrochenen Gasversorgung, muss er nicht nur den ursächlichen Zusammenhang nachweisen, sondern auch selbst zur Vermeidung eines Gesundheitsschadens durch eigene Vorkehrungen beitragen. Einen „automatischen“ Schadenersatzanspruch hat er nicht.

Was war geschehen?
Der Kläger war Mieter. Er wohnte zusammen mit seiner 81-jährigen Mutter in einer Wohnung und betrieb dort auch eine Rechtsanwaltskanzlei. Die Beklagte versorgte die Wohnung mit Gas und Strom. Im November 2017 sperrte sie irrtümlich den zur Wohnung des Klägers gehörenden Gas-Anschluss, statt den eines anderen Mieters. Noch am selben Tag brachte der Kläger seine Mutter im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt zu Bekannten. Sie kehrte in die Wohnung zurück, nachdem die Beklagte aufgrund einer vom Kläger erwirkten einstweiligen Verfügung die Gasversorgung wiederhergestellt hatte.

Einen Tag nach der o. g. Sperre legte der Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Allgemeinarztes für zunächst vier Tage und anschließend eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines anderen Allgemeinarztes für zwei Tage vor. Etwa einen Monat später musste seine Mutter erneut ins Krankenhaus.

Mieter macht Schadenersatz geltend
Der Kläger hat behauptet, ihm seien durch die unberechtigte Unterbrechung der Gasversorgung erhebliche Schäden entstanden, wobei die Schadensentwicklung bei Klageerhebung noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Er selbst habe durch die Versorgungsunterbrechung eine schwere Erkältung und Infektion der Atemwege erlitten, für die eine Entschädigung von mindestens 1.500 Euro angemessen sei. Zudem habe er vier Tage lang seine Kanzlei nicht betreiben können und zwei Mandantentermine absagen müssen. Infolge der Absage habe er beide Mandate verloren. Hierdurch sei ein Schaden in Höhe von 5.000 Euro und ein weiterer Vermögensschaden in Höhe von 250 Euro pro Tag entstanden, da er die Kanzlei für vier Tage nicht habe betreiben können. Der Gesundheitszustand seiner Mutter habe sich durch die Gassperre verschlechtert. Als ehrenamtlicher Pfleger seiner Mutter habe er hierdurch einen Mehraufwand bei der Versorgung seiner Mutter gehabt. Ferner sei ihm ein Haushaltsführungsschaden für drei Wochen in Höhe von mindestens 500 Euro entstanden. Darüber hinaus hat der Kläger behauptet, dass ein nach drei Wochen unstreitig aufgetretener Defekt an dem in der Wohnung befindlichen Heizgerät durch die Gassperre verursacht worden sei. Insgesamt forderte er 8.650 Euro.

So argumentiert das OLG
Wie die Vorinstanz wies auch das OLG die Klage zurück. Zwar hatte der Kläger Beweis durch Vernehmung der behandelnden Ärzte als Zeugen angetreten. Dem musste das Gericht jedoch nicht nachgehen, da es sich um einen unzulässigen, sog. Ausforschungsbeweis handelte. Die behandelnden Ärzte können aus eigener Wahrnehmung nämlich nur bekunden, dass der Patient an einer Erkältung leidet. Zu den Ursachen der Erkältung können sie keine Angaben machen.

Das OLG: Während der Wintermonate leiden weite Teile der Bevölkerung zeitweise an einer Erkältung oder einem grippalen Infekt. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Der Kläger kann sich die behauptete schwere Erkältung und Infektion der Atemwege ebenso gut durch Ansteckung von anderen Personen zugezogen haben. Ursächlich muss nicht eine Verkühlung infolge des Aufenthalts in der unbeheizten Wohnung sein. Hierfür spreche im Übrigen auch der zeitliche Zusammenhang zwischen der Versorgungsunterbrechung und den aufgetretenen Erkältungssymptomen. Dass die Symptome einer Verkühlung sich bereits in wenigen Stunden bemerkbar machen, ist unwahrscheinlich und widerspricht der Lebenserfahrung, wonach solche Symptome in der Regel erst nach zwei bis drei Tagen auftreten. Ein Schadenersatzanspruch des Klägers würde aber in jedem Fall an einem überwiegenden Mitverschulden scheitern. Der Kläger habe nämlich die ihm in eigenen Angelegenheiten obliegende Sorgfalt verletzt. Zur Vermeidung eines Gesundheitsschadens durch Aufenthalt in der unbeheizten Wohnung hätte sich der Kläger durch warme Kleidung, Übernachtung in einem Ausweichquartier (bei Bekannten oder in einer Pension) oder durch Beschaffen eines elektrischen Heizgeräts schützen können und bei der gebotenen Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten auch schützen müssen.

Insgesamt war dem Gericht der Vortrag des Klägers zu pauschal.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.02.2020, 27 U 8/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Ein Polizeibeamter auf Probe darf nach Tritten gegen einen am Boden liegenden und fixierten Tatverdächtigen bereits vor Ablauf der regulären Probezeit aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden. Dies entschied jetzt das Verwaltungsgericht (VG) Mainz.

Das war geschehen
Der 25-jährige Antragsteller wurde nach Abschluss der Anwärterzeit zum Mai 2018 als Polizeivollzugsbediensteter in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen. Im Mai 2019 fuhr ein Fahrzeug im Rahmen einer Verfolgungsfahrt auf den Streifenwagen auf, in dem der Antragsteller saß. Nachdem andere Polizeibeamte die beiden Personen aus dem Tatfahrzeug zu Boden gebracht und fixiert hatten, trat der Antragsteller auf einen der Tatverdächtigen mehrfach ein. Darauf erklärte das Land Rheinland-Pfalz mit sofortiger Wirkung die Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe.

Mit seinem Eilrechtsantrag begehrte der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Entlassungsentscheidung wiederherzustellen. Das VG lehnte den Eilantrag ab.

So argumentiert das Verwaltungsgericht
Ein Beamter auf Probe könne entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewähre. Eine Bewährung setze voraus, dass der Probebeamte nach seiner Eignung und Befähigung voraussichtlich den Anforderungen gerecht werde, die mit einem Beamtenstatus auf Lebenszeit verbunden seien. Vorliegend seien schon angesichts des körperlichen Angriffs auf einen bereits gefesselten Tatverdächtigen ernsthafte Zweifel des Dienstherrn an der charakterlichen Eignung des Antragstellers berechtigt. Das Fehlverhalten, das in einer Videoaufnahme dokumentiert sei, stelle sich als so gravierend dar, dass das für den Polizeivollzugsdienst unabdingbar erforderliche Vertrauen in eine zukünftige ordnungsgemäße, an rechtsstaatlichen Regeln ausgerichtete Amtsführung durch den Antragsteller nachhaltig zerstört sei.

Mangelnde Bewährung
Deshalb komme es nicht mehr darauf an, ob auch aus anderen Gründen Bedenken an der charakterlichen Eignung des Antragstellers oder an seiner dienstlichen Befähigung bestünden. Stehe eine mangelnde Bewährung fest, dürfe eine Entlassung auch bereits vor Ablauf der Probezeit ausgesprochen werden.

Quelle: VG Mainz, Beschluss vom 13.10.2020, 4 L 587/20.MZ

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Wechselt ein sog. Hartz IV-Bezieher den Stromanbieter und nimmt hierdurch einen Bonus als geldwerten Betrag in Empfang, muss er sich diesen als Einkommen anrechnen lassen und eine entsprechende Kürzung der Sozialleistung hinnehmen. Dies entschieden sowohl erstinstanzlich das Sozialgericht (SG) Dortmund als auch aktuell das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Der Kläger und seine Ehefrau wechselten während des SGB II-Leistungsbezugs den Stromanbieter. Der neue Energieversorger zahlte fünf Wochen nach Vertragsbeginn einen „Sofortbonus“ in Höhe von 242 Euro aus. Zu diesem Zeitpunkt waren die SGB II-Leistungen für den laufenden Monat schon überwiesen worden. Der Beklagte, das zuständige Jobcenter, hob die Leistungen für den nächsten Monat teilweise in Höhe von 91 Euro gegenüber dem Kläger auf. Der Sofortbonus wurde dabei hälftig unter Abzug eines Freibetrags von 30 Euro als Einkommen berücksichtigt. Das wollte der Kläger nicht hinnehmen. Doch seine Klage blieb ohne Erfolg.

Zur Begründung hat das Sozialgericht (SG) ausgeführt: Der Sofortbonus sei eine Einnahme in Geld und deshalb als Einkommen zu berücksichtigen. Auch sonst lasse sich nicht herleiten, dass Boni für den Abschluss eines neuen Versorgungsvertrags von der Einkommensanrechnung ausgenommen seien. Ausnahmen gebe es nur bei Rückzahlungen für Haushaltsenergie.

So sah es nun auch das Bundessozialgericht (BSG). Ein Bonus sei keine Rückerstattung. Der Antragsteller könne ihn frei verwenden. Der Stromanbieter habe ihn zudem unabhängig vom Stromverbrauch gezahlt. Folge: Es handelt sich um eine Einnahme, die als Einkommen zu berücksichtigen ist.

Quelle: BAG, Urteil vom 14.10.2020, B 4 AS 14/20 R

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl