Der Anspruch auf Abschlagszahlung kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Bauleistung abgenommen ist und der Auftragnehmer die Schlussrechnung gestellt hat.

Mit dieser Entscheidung bestätigt der Bundesgerichtshof (BGH) noch einmal seine bisherige Rechtsprechung. Gleiches gelte nach der Entscheidung, wenn die Abnahme erfolgt sei, die Leistung des Auftragnehmers fertiggestellt und die Frist abgelaufen sei, binnen derer der Auftragnehmer die Schlussrechnung einzureichen habe. Daran ändere nach Ansicht der Richter nichts, dass eine Klage auf Abschlagszahlung bereits erhoben worden sei. Diese Klage könne, auf eine Schlussrechnung gestützt, fortgeführt werden (BGH, VII ZR 205/07).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine denkmalrechtliche Verfügung kann im Einzelfall rechtswidrig sein, wenn die zuständige Denkmalschutzbehörde das ihr zustehende Ermessen nicht ordnungsgemäß betätigt, weil sie nicht hinreichend ermittelt hat, ob die Maßnahme verhältnismäßig ist.

Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des (VG) Verwaltungsgerichts Koblenz. Geklagt hatte die Eigentümerin eines Fachwerkhauses, das innerhalb der Denkmalzone „Altstadt Linz“ steht. Sie hatte beantragt, ihr den Austausch von Fenstern zu genehmigen und hierbei angegeben: „Erneuerung der Fenster wie vorhanden in weiß“. Der Landkreis erteilte daraufhin eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung. Nachdem er festgestellt hatte, dass die Klägerin einflügelige Kunststofffenster ohne Sprossenteilung in ihr Haus hatte einbauen lassen, verlangte er die eingebauten Fenster durch Holzfenster, weiß lasiert mit Sprossenteilung, auszutauschen. Die hiergegen erhobene Klage war erfolgreich. Der Landkreis holte in der Folge die Stellungnahme der Generaldirektion Kulturelles Erbe ein. Nach deren Eingang forderte er die Eigentümerin auf, den ursprünglichen Zustand durch Austausch in zweiflügelige Holzfenster, weiß lasiert, wiederherzustellen. Hiergegen erhob die Eigentümerin nach erfolglosem Widerspruchsverfahren wiederum Klage, die erfolgreich war.

Die Verfügung, so die Richter, sei rechtswidrig. Es sei bereits fraglich, ob die Kunststofffenster im Haus der Klägerin die Denkmalzone „Altstadt Linz“ überhaupt beeinträchtige. Im Kernbereich der Altstadt von Linz seien Fenster unterschiedlichster Art eingebaut, u.a. bereits in mehreren Gebäuden Kunststofffenster. Jedenfalls habe der Landkreis das ihm zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Die Forderung nach zweiflügeligen Fenstern sei nicht gerechtfertigt, wenn derselbe Erfolg durch weniger belastende Maßnahmen hätte herbeigeführt werden können. Dies sei vorliegend nicht auszuschließen. Der Landkreis habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob der Einbau anderer Fenster eine denkmalschutzrechtlich ausreichende und für die Klägerin kostengünstigere Alternative hätte sein können. Eine Auseinandersetzung hiermit sei notwendig gewesen. Denn der Vertreter des Landkreises habe in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass aus denkmalschutzrechtlicher Sicht durchaus auch einflügelige Fenster in das Haus der Klägerin eingesetzt werden könnten (VG Koblenz, 1 K 221/09.KO).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Enthält das Zuschlagschreiben des öffentlichen Auftraggebers nach verzögerter Vergabe neue Fertigstellungsfristen, handelt es sich um eine modifizierte Annahme des Bietergebots und damit unter Ablehnung des ursprünglichen Angebots um ein neues Angebot.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Celle. Die Richter machten deutlich, dass es in einem solchen Fall Sache des Bieters sei, auf während der verlängerten Zuschlagsfrist eingetretene Preiserhöhungen hinzuweisen. Er müsse also gegebenenfalls das neue Angebot ablehnen und einen neuen Preis verlangen. Versäume er dies, könne der öffentliche Auftraggeber davon ausgehen, dass der Bieter trotz der eingetretenen Preiserhöhungen auskömmlich kalkuliert hatte. Der öffentliche Auftraggeber sei dann nicht verpflichtet, sich nach Ablauf der Annahmefrist auf einen geänderten Preis einzulassen (OLG Celle, 14 U 62/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Unterschreitung der HOAI-Mindestsätze kann durch Umstände gerechtfertigt sein, die das Vertragsverhältnis deutlich von durchschnittlichen Vertragsverhältnissen unterscheiden.

Derartige Umstände können nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm in einer bereits bestehenden und auf Dauer angelegten engen sozialen und freundschaftlichen Beziehung liegen, wenn sie das Vertragsverhältnis geprägt hat. Allerdings machten die Richter auch deutlich, dass eine bloß über Dritte zum Zweck des Vertragsschlusses vermittelte Bekanntschaft, die sich erst im Lauf einer bereits bestehenden Geschäftsbeziehung entwickelt hat, hierfür nicht genügt (OLG Hamm, 17 U 1/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei wichtigen Bauabschnitten muss derjenige, der die Bauüberwachung innehat, sich persönlich oder durch erprobte Erfüllungsgehilfen unmittelbar von der Ordnungsmäßigkeit der Ausführung der Arbeiten überzeugen.

Dabei muss er nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a.M. gerade bei gefahrträchtigen kritischen Bauabschnitten seine Verpflichtung besonders sorgfältig erfüllen. Dies habe der Architekt im vorliegenden Fall gerade nicht getan. Nachdem bei dem Altbau für längere Zeit das Dach abgedeckt war, hätte er für eine Abstützung der Giebelwände sorgen müssen. Dass eine Abstützung der Giebelwände notwendig war lag auf der Hand. Der Architekt hätte daher ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass die Giebelwände schon einer üblichen Windbelastung möglicherweise nicht standhalten würden. Er hätte auch gegenüber dem bauausführenden Unternehmen ausdrücklich darauf dringen müssen, dass entsprechende Sicherungsmaßnahmen unverzüglich getroffen werden. Schließlich hätte er zeitnah nach einem entsprechenden Hinweis überprüfen müssen, ob das bauausführende Unternehmen entsprechend tätig geworden war. Da er jedoch untätig geblieben war, verurteilte ihn das OLG zum Ersatz des Schadens, der dem Bauherrn durch den Einsturz der Giebelwand entstanden war (OLG Frankfurt a.M., 4 U 149/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einer gezielten Ampelüberwachung kann grundsätzlich die Feststellung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes aufgrund der Schätzung von Polizeibeamten festgestellt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Diese grundsätzliche Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Autofahrers, der wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße verurteilt und mit einem Fahrverbot belegt worden war. Das OLG bestätigte nun diese Entscheidung. Die Richter machten allerdings deutlich, dass für die Feststellung des Rotlichtverstoßes drei Voraussetzungen erfüllt sein müssten:

Der polizeiliche Zeuge müsse zumindest in Gedanken gezählt haben („einundzwanzig, zweiundzwanzig“). Die Rotlichtphase müsse nach der so gewonnenen Schätzung zumindest bereits zwei Sekunden angedauert haben. Die Schätzung müsse für das Rechtsbeschwerdegericht überprüfbar sein, nämlich durch Angaben im tatrichterlichen Urteil zur Messmethode, zum Ablauf des Rotlichtverstoßes sowie zur Entfernung des Fahrzeugs von der Lichtzeichenanlage bzw. gegebenenfalls von der Haltelinie.

Gegen eine mögliche Ungenauigkeit dieser Schätzung würden nach Ansicht des Gerichts zwei Gründe sprechen. Zum einen wüssten die Polizeibeamten bei einer gezielten Rotlichtüberwachung, worauf es ankomme. Ihre Wahrnehmung sei daher entsprechend geschärft. Seien die Polizisten zum anderen durch Sekundenzählen zum Ergebnis gekommen, dass das Rotlicht im Zeitpunkt des Überfahrens der Haltlinie bereits zwei Sekunden aufgeleuchtet habe, sei sicher, dass die Rotlichtphase jedenfalls mehr als eine Sekunde angedauert habe (OLG Hamm, 3 Ss OWi 55/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch der Fahrlehrer, der sich während einer Fahrschulübungsfahrt nur auf dem Beifahrersitz befindet, ist neben dem das Fahrzeug lenkenden Fahrschüler Fahrzeugführer im Sinne der Straßenverkehrsordnung. Daher begeht er eine Ordnungswidrigkeit, wenn er während der Fahrt ein Mobiltelefon benutzt.

Mit dieser Entscheidung hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg darauf hingewiesen, dass auch als Fahrzeugführer gelten könne, wer nicht selbst hinter dem Steuer sitze. Es sei Aufgabe des Fahrlehrers, den Fahrschüler ständig zu beobachten. Notfalls müsse er sofort eingreifen können. Damit unterliege er den gleichen straßenverkehrsrechtlichen Ge- und Verboten wie der das Fahrzeug steuernde Fahrschüler (OLG Bamberg, 2 Ss OWi 127/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Kosten eines Mietfahrzeugs nach einem Verkehrsunfall muss die gegnerische Haftpflichtversicherung nur in Höhe des ortsüblichen Normaltarifs erstatten. Wer teurer anmietet, läuft Gefahr, einen Teil der Kosten selbst tragen zu müssen. Der Autovermieter ist allerdings verpflichtet, den Kunden unmissverständlich darauf hinzuweisen, wenn sein Tarif deutlich über diesem Satz liegt. Versäumt er das, bleibt er (und nicht der Kunde) auf der Differenz sitzen.

Das zeigt eine jetzt veröffentlichte Entscheidung des Landgerichts (LG) Coburg, mit der der Anspruch eines Autovermieters auf den Normaltarif gekürzt wurde. Er hatte den Mieter nicht über die Gefahr aufgeklärt, dass die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners wegen der Höhe der vereinbarten Mietwagenkosten möglicherweise nicht den kompletten Betrag übernehmen würde. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass der Mietwagenunternehmer jedoch eine solche Hinweispflicht habe. Komme er dieser nicht nach, habe sein Kunde einen Schadenersatzanspruch, den er der Mietzinsforderung entgegenhalten könne. So habe der Fall hier gelegen: Der angebotene Tarif habe 41,5 Prozent über dem Ortsüblichen gelegen. Der Kunde musste daher nur den Normaltarif bezahlen.

Hinweis: Unabhängig von dieser Hinweispflicht sind dem Verbraucher Nachfragen und Preisvergleich gerade beim Anmieten von Unfallersatz-Fahrzeugen anzuraten (LG Coburg, 14 O 492/08, rkr.).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Vor der Verhängung einer Fahrtenbuchauflage darf sich die Bußgeldbehörde nicht immer darauf beschränken, den Halter des Kraftfahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen worden ist, als Betroffenen anzuhören. Sie kann auch verpflichtet sein, den Halter als Zeugen zu vernehmen.

Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) entschieden und damit auf den Antrag einer Kfz-Halterin (Antragstellerin) vorläufigen Rechtsschutz gewährt. Mit dem Pkw der Antragstellerin war die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträchtlich überschritten worden. Das hinreichend deutliche Geschwindigkeitsmessfoto zeigt einen Mann als Fahrer. Die Bußgeldstelle hörte die Antragstellerin gleichwohl ausschließlich als Betroffene (als mutmaßliche Täterin) an. Im Anhörungsschreiben war davon die Rede, dass ihr eine Ordnungswidrigkeit zur Last gelegt werde. Der Vordruck enthielt auch einen Hinweis auf das Aussageverweigerungsrecht des Betroffenen. Nachdem die Antragstellerin keine Angaben zum Fahrer gemacht hatte und dieser nicht ermittelt werden konnte, verpflichtete die Bußgeldstelle die Antragstellerin, für die Dauer von sechs Monaten ein Fahrtenbuch zu führen.

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz war in der Beschwerdeinstanz erfolgreich. Der VGH war der Ansicht, dass die Fahrtenbuchauflage voraussichtlich rechtswidrig sei. Die Verwaltungsbehörde könne gegenüber einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einem Verkehrsverstoß nicht möglich gewesen sei. Dies setze voraus, dass die für die Verfolgung des Verkehrsverstoßes zuständige Behörde sämtliche nötigen und möglichen, auch angemessenen und zumutbaren Schritte zur Ermittlung des Kraftfahrzeugführers unternommen habe, diese aber erfolglos geblieben seien. Hier hätte die Antragstellerin zum Zweck der Klärung der Täterschaft der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht als Betroffene, sondern als Zeugin angeschrieben und zur Aussage aufgefordert werden müssen. Aufgrund des Messfotos sei die Antragstellerin von vornherein als Täterin des Verkehrsverstoßes ausgeschieden. Damit sei sie lediglich Zeugin gewesen. Als solche sei sie grundsätzlich verpflichtet gewesen, bei der Behörde auf eine entsprechende Ladung hin zu erscheinen und zur Sache auszusagen. Diese generelle Aussagepflicht könne durch Zeugnisverweigerungsrechte, z. B. zugunsten von Angehörigen, eingeschränkt werden. Aus der rechtmäßigen Aussageverweigerung bei der förmlichen Anhörung als Betroffene könne auch nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass die Antragstellerin auch als Zeugin entgegen ihrer grundsätzlichen Auskunftspflicht keine Aussage zur Sache gemacht und damit nicht zur Klärung der Täterschaft beigetragen hätte (VGH Baden-Württemberg, 10 S 1499/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Wohnbedarf eines Schwagers des Vermieters kann Eigenbedarf zumindest begründen, wenn ein besonders enger Kontakt besteht.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die Beklagte war Mieterin einer Wohnung im Haus der dort auch selbst mit ihrer Familie wohnenden Klägerin. Diese kündigte das Mietverhältnis mit der Begründung, sie wolle die Wohnung dem Bruder ihres Ehemanns und dessen Ehefrau sowie zwei minderjährigen Kindern zur Verfügung stellen. Es bestehe zwischen den Familien ein besonders enger persönlicher Kontakt und deshalb ein Wunsch nach größerer Nähe. Dies lasse sich nur durch einen Einzug in die bislang von den Beklagten genutzte Wohnung verwirklichen. Die Räumungsklage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass nach dem Gesetz ein berechtigtes Interesse des Wohnraumvermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses vorliege, wenn er die Räume u.a. für seine Familienangehörigen benötige. Allerdings beschreibe der Gesetzeswortlaut den Begriff des Familienangehörigen nicht. Allgemein werde zwischen den engen Familienangehörigen und solchen Angehörigen differenziert, die mit dem Vermieter nur entfernt verwandt oder verschwägert sind. Letztere würden nur in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezogen, wenn zu ihnen ein besonderer sozialer Kontakt bestehe. So würden Geschwister kraft ihres nahen Verwandtschaftsverhältnisses zu den privilegierten Angehörigen gehören. Bei ihnen bedürfe es des zusätzlichen einschränkenden Tatbestandsmerkmals einer engen sozialen Bindung zum Vermieter nicht. Für einen Schwager treffe dies jedoch nicht ohne Weiteres zu. Nur wenn besondere Umstände vorlägen, die eine enge Bindung des Vermieters zu seinem Schwager ergeben würden, könne dessen Wohnbedarf eine Eigenbedarfskündigung begründen. Dies sei vorliegend der Fall gewesen (BGH, VIII ZR 247/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl