Hat der Kaskoversicherer ein Schadensgutachten erstellen lassen, ist er verpflichtet, es dem Versicherungsnehmer zur Verfügung zu stellen. Das ergibt sich aus den gegenseitigen Treuepflichten des Versicherungsvertrags. Der Versicherer muss das Gutachten nur vorlegen, wenn der Versicherungsnehmer dies verlangt. So entschied jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig.

Außerdem muss, so das OLG, für den Versicherer das verfolgte Ziel des Versicherungsnehmers ersichtlich sein. Das ist etwa der Fall, wenn der Versicherungsnehmer den Reparaturauftrag im vom Versicherer akzeptierten Umfang, also auf der Grundlage der gutachterlichen Feststellungen, erteilen möchte, oder die Werte kennen möchte, um ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen und das Unfallfahrzeug zu verkaufen.

Quelle: OLG Schleswig, Urteil vom 13.7.2020, 16 U 137/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Biegt ein Vorausfahrender nach links ab, ohne zu blinken, und kollidiert er dabei mit einem überholenden Pkw, haftet er voll. Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) München klargestellt.

Für das OLG stand folgender Sachverhalt fest: Die Fahrerin des den Unfall verursachenden Pkw fuhr auf einer 5,4 Meter breiten Fahrbahn rechtsorientiert und ohne den Fahrtrichtungsanzeiger zu setzen plötzlich unter Verletzung der zweiten Rückschaupflicht nach links, um in ein Grundstück abzubiegen. Sie hatte daher die höchste Sorgfaltspflicht zu erfüllen, die die Straßenverkehrsordnung (StVO) kennt. Der überholende und deutlich schnellere Pkw wäre bei Wahrnehmung der Rückschaupflicht jederzeit erkennbar gewesen.

Die Fahrerin räumte selbst ein, zunächst den hinter ihr befindlichen Pkw gesehen zu haben, kurz vor dem Abbiegevorgang aber nicht mehr darauf geachtet zu haben. Soweit sie angab, ca. drei Meter vor dem Abbiegen geblinkt zu haben, wäre das nicht rechtzeitig gewesen. Denn der hinter ihr befindliche Fahrer hätte sich hierauf nicht mehr einstellen können. Für ihn war der Unfall daher unvermeidbar.

Quelle: OLG München, Urteil vom 22.7.2020, 10 U 601/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Die Regeln in Corona-Zeiten ändern sich mitunter schnell. Wann und in welchem Umfang private Feiern erlaubt sind, kann da schon einmal zweifelhaft sein. So waren zum Zeitpunkt, zu dem der Fall des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz spielte, private Feiern in Rheinland-Pfalz mit maximal 75 Personen zulässig, gewerbliche Veranstaltungen jedoch mit mehr Personen. Also könnte man auf die Idee kommen, dass es sich bei Feiern in einer Eventhalle um gewerbliche Veranstaltungen handelt, und versuchen, diese mit 250 Gästen durchzuführen. Das VG hat jetzt aber klargestellt, dass dies ein Trugschluss ist.

So durfte eine geplante Hochzeit nicht stattfinden. Die Veranstaltung, so das VG, unterliege der 11. Corona-Bekämpfungsverordnung für Veranstaltungen nicht gewerblicher Art mit zuvor eindeutig festgelegtem Teilnehmerkreis. Daher sei die Teilnehmerzahl auch hier auf 75 Personen begrenzt.

Entscheidend für das VG: Veranstalter der Feier sei nicht der Inhaber der Eventhalle als Gewerbetreibender, sondern die die Hochzeit ausrichtenden Personen. Dies ergebe sich aus der Systematik der Corona-Verordnung.

Eine Ausnahmegenehmigung komme im Hinblick auf die Corona-Fälle in dem betroffenen Landkreis, die seit Wochen zunähmen, nicht infrage. Außerdem seien gerade auf Hochzeiten in dieser Festhalle vermutlich einige Infektionsfälle im Landkreis zurückzuführen.

Der Beschluss ist allerdings nicht rechtskräftig. Es ist die Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht möglich.

Beachten Sie: Die Personenobergrenzen im Hinblick auf private Feierlichkeiten können kurzfristigen Änderungen durch länderspezifische oder lokale Vorgaben unterliegen. Verantwortlich Ausrichtende von privaten Feiern tun gut daran, sich entsprechend auf dem Laufenden halten.

Quelle: VG Koblenz, Beschluss vom 25.9.2020, 3 L 849/20.KO

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Bundeskabinett hat am 23.9.20 den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts beschlossen. Der Entwurf sieht umfassende Änderungen vor, die die Rechte und Position betreuter Personen stärken. Der Entwurf geht nun in den Bundestag.

Unter anderem finden sich im Entwurf zahlreiche Verbesserungen für betreute Personen:

• Es soll klarer geregelt sein, dass die Betreuung zunächst der Unterstützung des Betreuten dient, seine Angelegenheiten stets selbstbestimmt zu erledigen. Eine Stellvertretung soll nur eingesetzt werden, wenn es notwendig ist.
• Zudem sollen Betreute in allen Abschnitten des Betreuungsverfahrens intensiver eingebunden werden.
• Ferner soll ein Registrierungsverfahren mit persönlichen und fachlichen Mindesteignungsvoraussetzungen für berufliche Betreuer eingeführt werden.

Die einzelnen Punkte des Reformpakets werden vom Bundesjustizministerium zusammengefasst und sind hier abrufbar: Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts.

Der Sozialverband VdK Deutschland fordert angesichts des Gesetzentwurfs weitere Verbesserungen, zum Beispiel eine niederschwellige, barrierefreie und für die Betreuten gut erreichbare Beschwerdestelle, und hat zum Entwurf umfassend Stellung genommen.

Stellungnahme des Sozialverbands VdK Deutschland

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Vermieter müssen Modernisierungsmaßnahmen ankündigen. Es gibt zwar keine gesetzlich geregelte Höchstfrist, nach deren Überschreiten der Vermieter seine Ansprüche aus einer Modernisierungsankündigung verliert, wenn er nicht mit der angekündigten Modernisierungsmaßnahme beginnt. Allerdings ist ein auf eine weit vor dem beabsichtigten Beginn der Modernisierungsmaßnahme ausgesprochene Ankündigung gestützter Duldungsanspruch nicht durchsetzbar. Er verstößt gegen Treu und Glauben.

Das Landgericht (LG) Berlin hat eine ca. 17 Monate angekündigte Maßnahme als zu früh angesehen. Grund: Sie benachteilige den Mieter in bestimmten Rechten, die an den Zugang der Duldungsankündigung geknüpft sind. Gleichzeitig beschränke der Vermieter damit unzulässig zulasten des Mieters dessen Möglichkeit, Härtegründe gegenüber der Duldungspflicht geltend zu machen.

Quelle: LG Berlin, Urteil vom 1.9.2020, 67 S 108/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern hat jetzt verdeutlicht: Ein Arbeitnehmer, der eine Rechnung als sachlich und rechnerisch richtig zeichnet, ohne dies geprüft zu haben bzw. in dem Wissen, dass dieses nicht zutrifft, haftet für einen Schaden, der durch die Begleichung der Rechnungssumme entsteht.

Im Streitfall ging es um eine aufaddierte Rechnungssumme von über 260.000 Euro im Baugewerbe, die – trotz eines sog. Vier-Augen-Prinzips im betrieblichen Ablauf – beglichen wurde, ohne dass entsprechende Leistungen erbracht wurden. Das Arbeitsgericht (AG) Stralsund als Vorinstanz erkannte eine Schadenersatzsumme von rund 170.000 Euro an.

Im vorliegenden Fall erfülle das Verhalten des Arbeitnehmers zumindest die Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit, die regelmäßig eine volle Haftung bewirke, so das LAG Mecklenburg-Vorpommern.

Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12.5.2020, 2 Sa 180/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Das Landgericht (LG) Flensburg hat jetzt entschieden: Beim Entstehen eines Schadens kommt es für den Beginn der Verjährung auf die Abnahme der Werkleistung an. Das gilt auch bei einem sog. Weiterfresserschaden.

Das Ziel beim weiterfressenden Schaden (hier: behaupteter mangelhafter Aufbau der Ölheizungsanlage mit späterem Ölschaden) sei es nämlich, die Verjährungsfrist zu verlängern. Daraus darf aber nicht der Schluss gezogen werden, dass für den Beginn der Verjährungsfrist bei mangelhafter Werkleistung auf den Eintritt des Folgeschadens abzustellen ist. Vielmehr ist auf die Werkleistung an sich abzustellen.

Quelle: LG Flensburg, Urteil vom 28.8.2020, 2 O 148/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Die Erblasserin hinterließ zwei Testamente mit unterschiedlichen Erbeinsetzungen. Das erste handschriftliche Testament begünstigte ihre Enkelin, das zweite notarielle Testament ihren Sohn. Die Enkelin war nun der Auffassung, die Erblasserin sei zum Zeitpunkt der Errichtung des zweiten Testaments testierunfähig gewesen. Daraufhin hat das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft für die „unbekannten Erben“ der Erblasserin angeordnet und einen Nachlasspfleger bestellt. Zu Recht? Ja, sagt das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg.

Der Sohn wehrte sich zwar dagegen. Denn er sah keinen Grund für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft. Aufgrund des notariellen Testaments stehe fest, dass er Alleinerbe geworden sei. Der Erbe sei somit nicht unbekannt, sondern vielmehr bekannt. Er habe die Erbschaft auch angenommen. Damit biss er beim OLG aber „auf Granit“.

Denn das Nachlassgericht kann dem unbekannten Erben einen Nachlasspfleger bestellen, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht. Dabei sei die Frage, ob der Erbe „unbekannt” ist und ob ein Sicherungsbedürfnis bestehe, vom Standpunkt des Nachlassgerichts aus zu beurteilen. Es sei allgemein anerkannt, dass der Erbe auch dann unbekannt ist, wenn mehrere Erben in Betracht kommen und sich der Tatrichter nicht ohne weitere Ermittlungen davon überzeugen kann, wer Erbe ist. Dies gelte insbesondere, wenn Streit über die Testierfähigkeit des Erblassers und damit über die Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung bestehe – so wie hier.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.2.2020, 3 W 137/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird der Bewerber in einer Stellenanzeige dazu aufgefordert, seine Konfession anzugeben, kann dies ein ausreichendes Indiz für einen Verstoß (unterschiedliche Behandlung wegen der Religion) nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sein. So hat es nun das Arbeitsgericht (ArbG) Karlsruhe entschieden.

Es ging um die Stellenanzeige in Bezug auf eine Sekretariatsstelle im Büro einer geschäftsleitenden Oberkirchenrätin. Die Klägerin hatte angegeben, konfessionslos zu sein. Sie war bei der Besetzung der Stelle nicht berücksichtigt worden.

Die Klägerin wurde, so das ArbG, wegen ihrer Religion benachteiligt. Eine berufliche Anforderung – hier: Angehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft – wäre nur gerechtfertigt gewesen, wenn sie angesichts des Ethos der Kirche und der Art der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Erbringung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. Die Beweislast hierfür trägt der Arbeitgeber.

Hier ging es jedoch (lediglich) um eine Mitarbeit im Sekretariat. Die Klägerin hätte die Beklagte also nicht in ihren Glaubensgrundsätzen und in Fragen der Verkündigung oder des Selbstverständnisses der Kirche vertreten (sog. verkündungsferne Tätigkeit). Am Ende musste die Beklagte der Klägerin über 5.000 EUR als Entschädigung zahlen.

Quelle: ArbG Karlsruhe, Urteil vom 18.9.2020, 1 Ca 171/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Existenzgründer stehen vor vielfältigen organisatorischen – aber auch finanziellen – Herausforderungen. Das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen hat seine Broschüre mit Steuertipps für Existenzgründer aktualisiert.

Neben wichtigen steuerlichen Aspekten bei der Existenzgründung enthält die rund 70 Seiten umfassende Broschüre des Finanzministeriums darüber hinaus auch Informationen zum Gründungszuschuss und zeigt, wie eine ordnungsgemäße (umsatzsteuerliche) Rechnung aussehen muss.

Die Broschüre (Stand: Februar 2020)

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl