Das Halten im Bereich von scharfen Kurven ist verboten. Das musste jetzt ein Autofahrer teuer lernen.

Der Kläger eines beim Verwaltungsgericht (VG) München anhängigen Verfahrens hatte sich gegen die Kosten des Abschleppens seines geparkten Pkw gewendet. Er war der Meinung, er habe verkehrsgerecht geparkt. Bei dem Bereich, in dem er seinen Pkw abgestellt hat, habe es sich nicht um eine scharfe Kurve gehandelt, sondern um einen weitgezogenen Bogen. Eine scharfe Kurve wäre nur gegeben, wenn dort ein parkendes Fahrzeug ein unvermutetes Hindernis für den Straßenverkehr darstellen würde.

Das VG hat das anders gesehen: Denn die Straße verlief an der Stelle, an der das klägerische Fahrzeug geparkt war, im 90°-Winkel. Aufgrund des Radius des Straßenverlaufs ist dies eine scharfe Kurve. Zudem sei für den einzelnen Verkehrsteilnehmer aufgrund der gesamten Gestaltung des Kurvenbereichs auch erkennbar gewesen, dass der Kurvenbereich von haltenden Fahrzeugen freizuhalten ist, um eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch haltende Fahrzeuge und die durch diese bedingten Brems- und Ausweichmanöver auszuschließen.

Quelle: VG München, 28.4.2020, M 7 K 18.5617

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist ein Ehegatte zwar 16, aber noch nicht 18 Jahre alt, hat ein Gericht ein eingeschränktes Ermessen, wenn es darum geht, ob eine Auslandsehe aufzuheben ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt klargestellt: Steht fest, dass die Aufhebung in keiner Hinsicht unter Gesichtspunkten des Minderjährigenschutzes geboten ist, sondern sprechen gewichtige Umstände dagegen, kann das Gericht hiervon absehen. Denn die einschlägige Vorschrift des BGB besagt, dass die Ehe aufgehoben werden „kann“, nicht „muss“ .

Sachverhalt
Die Ehe wurde 2001 im Libanon geschlossen. Damals war die Ehefrau 16, der Ehemann 21 Jahre alt. Sie lebten seit 2003 in Deutschland. Sie trennten sich 2016 und bekamen bis dahin vier Kinder. Die zuständige Behörde beantragte 2018, die Ehe aufzuheben. Dies war vor dem AG Tempelhof-Kreuzberg und dem Kammergericht erfolglos.

Aufhebungsrecht verwirkt
Der BGH sah es zwar als möglich an, dass die Ehe aufgehoben werden könne. Denn allein das Fortsetzen der Ehe nach Eintritt der Volljährigkeit bestätige diese nicht. Jedoch müsse der Ehegatte die den Ehemangel begründenden Tatsachen kennen und es müsse ihm wenigstens allgemein bewusst sein, dass er die Ehe wegen eines Eingehungsmangels auflösen lassen könne. Dies, so der BGH, sei der Ehefrau hier nicht bewusst gewesen. Sie habe nicht gewusst, dass sie durch ihr Verhalten ein möglicherweise vorhandenes Aufhebungsrecht aufgibt.

Entscheidung des BGH
Der BGH: Von der Aufhebung ist abzusehen. Denn dies steht in krassem Gegensatz zur 15 Jahre lang bewusst im Erwachsenenalter gelebten Familienwirklichkeit. Nach fast 14 Jahren des ehelichen Zusammenlebens in Deutschland und vier Kindern ist eine Aufhebung nicht geboten. Die Ehefrau kann sich zudem scheiden lassen.

Quelle: BGH Beschluss vom 22.7.2020, XII ZB 131/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bemusterungen werden durchgeführt, um Materialien, Farben oder Bauteile nebst Eigenschaften festzulegen. So soll deren Ausführungsart endgültig geklärt werden. Doch was, wenn die Ergebnisse solcher nachträglicher Bemusterungen zum Vertragssoll erhoben werden sollen? Dann müssen die Parteien dies eindeutig vereinbaren. So hat es jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt.

Die Parteien hatten einen Vertrag über das Herstellen und Liefern von Glaselementen aus Weißglas geschlossen. Anlässlich eines anschließenden Bemusterungstermins zur Bestimmung der Oberflächenbeschichtung stellte sich heraus, dass Glaselemente aus Grünglas verwendet wurden. Das führt aber laut BGH nicht dazu, dass nun Grünglas geschuldet ist. Das Bausoll, so der BGH, wird in der Regel im Vertrag bestimmt, nicht bei der Bemusterung.

Quelle: BGH, Beschluss vom 26.2.2020, VII ZR 89/19, Abruf-Nr. 214964 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Das Zeugnisdatum, mit dem ein qualifiziertes Arbeitsendzeugnis versehen wird, muss den Tag der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezeichnen. Nicht bezeichnen muss es dagegen den Tag, an dem das Zeugnis physisch ausgestellt worden ist. So entschied jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln.

Im Arbeitsleben ist es üblich, in ein Arbeitszeugnis als Zeugnisdatum das Datum der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufzunehmen. Das hat das Bundesarbeitsgericht auch höchstrichterlich gebilligt. Dies schafft zum einen Rechtssicherheit. Zum anderen beugt es der Gefahr von Spekulationen vor, ob zwischen den Arbeitsvertragsparteien ein Streit über Erteilung und Inhalt des Zeugnisses ausgetragen worden ist. Ein solcher Streit könnte entstehen, wenn zwischen dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Erstellung eines Zeugnisses ein längerer Zeitraum verstrichen ist.

Quelle: LAG Köln, Beschluss vom 27.3.2020, 7 Ta 200/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Der Unfallgeschädigte wollte ohne teures Schadensgutachten allein auf der Basis eines Kostenvoranschlags den Unfallschaden abrechnen. Das hätte dem gegnerischen Haftpflicht-Versicherer Geld gespart. Doch der wollte nicht. Und bekam vom Amtsgericht (AG) Recklinghausen Recht.

Was war passiert? Das AG hat die Klage als „unschlüssig“ abgewiesen, weil der Unfallschaden – nur anhand des Kostenvoranschlags – nicht hinreichend dargelegt sei. Hierfür wäre ein Gutachten erforderlich gewesen. Im Kostenvoranschlag fanden sich z. B. keine Angaben zum Wiederbeschaffungs-, Rest- und Minderwert, was das AG ebenfalls bemängelt hatte. Die Entscheidung ist allerdings umstritten.

Quelle: AG Recklinghausen, Urteil vom 29.4.2020, 53 C 113/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts (VG) Aachen reicht allein der einmalige Konsum einer harten Droge (z. B. Kokain) aus, um die Fahreignung zu verneinen und die Fahrerlaubnis zu entziehen. Eine Teilnahme am Straßenverkehr ist nicht erforderlich.

Doch was, wenn der Fahrerlaubnisinhaber behauptet, er habe die Drogen unbewusst eingenommen? Hierzu jetzt das VG Lüneburg: Der Fahrerlaubnisinhaber muss in diesen Fällen einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt darlegen, der einen solchen Geschehensablauf als nachvollziehbar und ernsthaft möglich erscheinen lässt. Das gelte vor allem, wenn behauptet werde, das bei ihm festgestellte Benzoylecgonin rühre von einem Konsum des Getränks „Red Bull Cola“ her. Dieser Argumentation folgte das VG Lüneburg hier nicht.

Quelle: VG Aachen, Beschluss vom 19.5.2020, 3 L 309/20 und VG Lüneburg, Beschluss vom 18.5.2020, 1 B 19/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main hat entschieden: Storniert ein Kunde vor Reiseantritt eine Reise zu einem Zeitpunkt, zu dem zwar noch keine Reisewarnung des Auswärtigen Amts, aber bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Corona-Virus vorliegt, ist der Reiseveranstalter zur Rückzahlung des vollen Reisepreises verpflichtet.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine im Mai 2019 gebuchte Reise auf die italienische Insel Ischia im Golf von Neapel, die im April 2020 stattfinden sollte, wurde vom Kläger Anfang März 2020 storniert – zu einem Zeitpunkt, zu dem (noch) keine offizielle Reisewarnung durch das Auswärtige Amt ausgesprochen war.

Der Reiseveranstalter verlangte anteilige Stornierungskosten nach seinen Geschäftsbedingungen. Der Kläger argumentierte hiergegen, dass die Corona-Pandemie einen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand darstelle, der zu einer vollständigen Reisepreiserstattung führt. Für das Gericht kam es auf das Vorliegen der offiziellen Reisewarnung zum Zeitpunkt der Stornierung jedoch nicht an. An den Nachweis der außergewöhnlichen Umstände zum Rücktrittszeitpunkt sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen, um den Reisenden nicht zu überfordern. Es genügt bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das gesundheitsgefährdende Ereignis, hier der Ausbreitung des Corona-Virus. Diese Wahrscheinlichkeit habe zum Stornierungszeitpunkt der Reise für das Reiseziel vorgelegen. Das Gericht macht jedoch ausdrücklich darauf aufmerksam, dass es entgegen einer schematischen Betrachtung auf jeden konkreten Einzelfall ankommt.

Quelle: AG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.7.2020, 32 C 2136/20 (18)

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren angemeldete Provisionen können gleichwohl als laufender Arbeitslohn das Elterngeld erhöhen, wenn die Bindungswirkung der Anmeldung für die Beteiligten des Elterngeldverfahrens weggefallen ist. Dies hat jetzt das Bundessozialgericht (BSG) entschieden.

Die Klägerin ist Steuerfachwirtin. Sie erzielte vor der Geburt ihrer Tochter neben ihrem monatlichen Gehalt jeden Monat eine Provision in Höhe von 500 bis 600 EUR, die lohnsteuerrechtlich von ihrer Arbeitgeberin als sonstiger Bezug eingestuft wurde. Der beklagte Freistaat bewilligte ihr deshalb Elterngeld, ohne die Provisionen bei der Elterngeldbemessung zu berücksichtigen. Das Landessozialgericht (LSG) hat – anders als das Sozialgericht – der Klage auf höheres Elterngeld stattgegeben.

Das BSG hat das LSG bestätigt. Die der Klägerin in den arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnzahlungszeiträumen regelmäßig und lückenlos gezahlten Provisionen sind materiell steuerrechtlich als laufender Arbeitslohn einzustufen. Die anderslautende Lohnsteueranmeldung ihrer Arbeitgeberin steht dem nicht entgegen. Die Lohnsteueranmeldung bindet zwar grundsätzlich die Beteiligten im Elterngeldverfahren. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Regelungswirkung der Lohnsteueranmeldung weggefallen ist, weil sie – wie hier aufgrund eines nachfolgenden Einkommensteuerbescheids – überholt ist.

Quelle: BSG, Pressemitteilung Nr. 13/20 vom 25.6.20, B 10 EG 3/19 R

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Kläger hatten eine Eigentumswohnung von den Beklagten erworben. Die Stadt errichtete auf einer gegenübergelegenen Freifläche, von den Verkäufern in Verkaufsprospekt und -verhandlungen „Piazza“ genannt, in etwa 20 Metern Abstand eine Containeranlage zur Wertstoffentsorgung (Altglas, Altpapier). Die Verkäufer hatten die Anlage zwar weder im Verkaufsprospekt, den Verkaufsverhandlungen noch auf der Website der Beklagten jemals erwähnt. Die Käufer meinten, die Anlage stelle einen Mangel des Kaufvertrags dar. Wohnwert und Brauchbarkeit seien erheblich beeinträchtigt. Sie verfolgten ihre Ansprüche bis zum Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf – erfolglos.

Die Wertstoffsammelstelle begründe, so das OLG, keinen Sachmangel der Kaufsache. Die damit einhergehenden Beeinträchtigungen (Geräusche durch das Herabfallen der Flaschen und Metallklappen) seien als sozialadäquat hinzunehmen, selbst in Wohngebieten mit gehobenen Preisen. Denn auch hier müsse die Abfallentsorgung sichergestellt sein. Zudem hatte die Stadt die Containeranlage im Einklang mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet. Deren Abstand zu Wohngebäuden war sogar größer als verwaltungsrechtlich empfohlen.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.1.2020, I-21 U 46/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

In einem aktuellen Fall des Landgerichts (LG) Leipzig hätte der Mieter der Genehmigung für das Halten seines Hundes bedurft. Auf diese hätte er auch einen Anspruch gehabt. Doch rührte er sich nicht. Dennoch durfte ihm der Vermieter deswegen nicht kündigen.

Denn, so das LG, der Vermieter hatte die Hundehaltung über einen längeren Zeitraum geduldet. Und es war zu keinerlei Störungen durch den Hund gekommen. Schließlich sprach auch die Wohnungsgröße von 53 qm nicht gegen eine Hundehaltung.

Der Mieter hatte zudem angeboten, Hunde Dritter entgeltlich auszuführen oder auch länger zu betreuen. Dies allein verstieß laut LG ebenfalls nicht gegen den Mietvertrag. Denn der Vermieter konnte nicht nachweisen, dass es tatsächlich zu längeren Beherbergungen gekommen war. Und das Nutzen der Wohnung zur Vertragsanbahnung über solche Beherbergungsverträge sei so minimal „gewerblich“, dass weder die Wohnung noch Mitmieter oder der Vermieter beeinträchtigt würden.

Quelle: LG Leipzig, Urteil vom 12.5.2020, 02 S 401/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht