Der Vermieter von öffentlich gefördertem Wohnraum darf nicht mit Mietrückständen gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters aufrechnen.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Bremen. Es wies darauf hin, dass bei öffentlich gefördertem Wohnraum eine Sicherheitsleistung mit dem Mieter nur vereinbart werden kann, wenn damit Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter aus Schäden an der Wohnung oder unterlassenen Schönheitsreparaturen gesichert werden sollen.

Aus diesem Urteil folgt damit, dass der Vermieter gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch nur eingeschränkt aufrechnen darf. Er darf nur mit Ersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache oder unterlassenen Schönheitsreparaturen aufrechnen.

Quelle: Amtsgericht Bremen, Urteil vom 8.11.2019, 3 C 52/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

An den Verfügungsgrund (§ 940 ZPO) sind im einstweiligen Rechtsschutzverfahren strenge Anforderungen zu stellen.

Hierauf machte das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen aufmerksam. Die Richter machten dabei deutlich, dass der Antragsteller auf die sofortige Erfüllung seines Anspruchs dringend angewiesen sein muss. Die geschuldete Handlung ist, wenn sie ihren Sinn nicht verlieren soll, so kurzfristig zu erbringen, dass die Erwirkung eines Titels im Hauptsacheverfahren nicht möglich ist. Auch muss der dem Antragsteller aus der Nichterfüllung drohende Schaden außer Verhältnis zu dem Schaden stehen, der dem Antragsgegner aus der sofortigen – vorläufigen – Erfüllung droht.

In dem vorliegenden Fall lag eine solche Dringlichkeit nicht vor. Der Verfügungskläger hatte seit seiner Freistellung von der Arbeit trotz bestehendem Arbeitsverhältnis fünfzehn Wochen gewartet, bis er seine Beschäftigung mit einer einstweiligen Verfügung erreichen wollte. Das war dem LAG deutlich zu lange. Es wies den Antrag daher wegen des fehlenden Verfügungsgrunds ab.

Quelle: LAG Hessen, Urteil vom 17.12.2019, 15 SaGa 1242/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Wird in der Nähe einer gehobenen Neubauwohnung eine Altglas- und Altpapiercontaineranlage errichtet, haben die Käufer der Wohnung keinen Schadenersatzanspruch wegen hierdurch entstehender Beeinträchtigungen.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall eines Ehepaars. Die Eheleute hatten von einem Bauträger für rund 550.000 EUR eine 140 qm große Vierzimmerwohnung im zweiten Obergeschoss einer Wohnanlage gekauft. Die Wohnung liegt in einem größeren Neubaugebiet, in dem insgesamt rund 1.800 Wohnungen entstehen sollen.

Auf der anderen Straßenseite gegenüber der Wohnung errichtete die Stadt Düsseldorf eine Containeranlage für Altglas und Altpapier. Dass dies geschehen würde, wussten die Eheleute bei Kaufabschluss nicht. Sie fühlen sich deshalb von dem Bauträger arglistig getäuscht. Ihre Wohnung sei wegen der optischen Beeinträchtigungen und Lärm- und Geruchsbelästigungen, die von der Containeranlage ausgingen, rund 30.000 EUR weniger wert. Ihre auf Zahlung eines Teilbetrags in Höhe von 10.000 EUR gerichtete Klage blieb jedoch ohne Erfolg.

In seinem Urteil führt der Senat aus, die ökologisch sinnvolle Abfallentsorgung gehöre zum urbanen Leben, für das die Eheleute sich mit der Standortwahl ihrer Eigentumswohnung entschieden hätten. Die damit einhergehenden Beeinträchtigungen seien unvermeidbar und hinzunehmen. Aus der Höhe des von den Eheleuten gezahlten Kaufpreises ergebe sich kein anderer Maßstab: Auch in Wohnvierteln mit gehobenen Quadratmeterpreisen müsse die Abfallentsorgung sichergestellt sein.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.1.2020, I-21 U 46/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Will eine Kommune eine Straße wegen einer Lärmbelästigung der Anwohner für Motorräder sperren, muss sie zuvor den entstehenden Lärm ermitteln und dokumentieren.

Hierauf wies das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hin und hob eine straßenverkehrsbehördliche Anordnung auf, die das Befahren einer Kreisstraße mit Krafträdern verboten hatte.

Gegen die Anordnung hatte ein Motorradfahrer geklagt, der die Strecke befahren wollte. Sein zuvor eingereichter Eilantrag war erfolgreich. Das VG hatte bereits mit Beschluss vom 21.11.2019 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Die Stadt hatte das letztlich in ihrem Ermessen stehende Verbot nicht allein auf Verkehrsgefährdungen, sondern zugleich auch auf eine durch die Krafträder entstehende Lärmbelästigung der Anwohner gestützt. Sie hatte im Vorfeld der Maßnahme jedoch den Lärm für den betroffenen Streckenabschnitt gar nicht gemessen. Das Gericht stellte deshalb im Eilverfahren zunächst fest, dass die Stadt ihre Aufklärungspflicht verletzt hatte. Die Lärmmessung wurde während des Klageverfahrens von der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr nachgeholt. Ergebnis war, dass die einschlägigen Grenzwerte deutlich unterschritten würden. Deshalb hat das Gericht der Klage stattgegeben. Vor einer eventuell neuen Anordnung der Sperrung der Strecke für Krafträder im Hinblick auf Unfallzahlen kämen auch eine weitere Geschwindigkeitsbegrenzung oder eine gesteigerte Verkehrsüberwachung in Betracht, so die Richter.

Quelle: VG Hannover, Urteil vom 19.02.2020, 7 A 5411/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hat die Fördermittel für Maßnahmen zur Barrierereduzierung für dieses Jahr auf 100 Mio. EUR erhöht. Bislang standen dafür 75 Mio. EUR bereit. Die Zuschüsse können ab sofort bei der KfW beantragt werden. BMI und die KfW reagieren damit auf die anhaltend hohe Nachfrage nach Barrierereduzierung.

Für einzelne Maßnahmen vergibt die KfW Zuschüsse in Höhe von 10 Prozent der förderfähigen Kosten (max. 5.000 EUR). Wer sein Haus zum Standard „Altersgerechtes Haus“ umbaut, bekommt 12,5 Prozent der förderfähigen Kosten (max. 6.250 EUR) von der KfW erstattet. Private Bauherren und Mieter können ihren Förderantrag vor Beginn der Vorhaben im KfW-Zuschussportal online stellen und erhalten nach Aussage der KfW innerhalb weniger Augenblicke ihre Förderzusage.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Es besteht kein Anlass, ein Sachverständigengutachten zur Frage der Testierunfähigkeit des Erblassers einzuholen, wenn die erforderlichen Anknüpfungstatsachen, die ein Sachverständiger auswerten könnte, nicht vorliegen und vom Beschwerdeführer auch nicht vorgetragen sind.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hin. Zwar dürfe nur ausnahmsweise davon abgesehen werden, ein Gutachten einzuholen. Ein solcher Ausnahmefall liege aber vor, wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangt, die von ihm festgestellten Tatsachen reichen auch bei Beauftragung eines Sachverständigen nicht aus, um sichere Rückschlüsse auf die Testierunfähigkeit des Erblassers zuzulassen.

Nach der Entscheidung steht der Wirksamkeit eines Testaments nicht entgegen, dass der vorgesehene Erbe die Errichtung des Testaments maßgeblich veranlasst hat. Der Notar, der das Testament beurkundet, muss nämlich den Willen des Erblassers erforschen. Er muss sich bei der Beurkundung davon überzeugen, dass der von dem Dritten vorgetragene Wille mit den eigenen Vorstellungen des Erblassers übereinstimmt. Dies muss er sich von dem Erblasser persönlich bestätigen lassen.

Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 15.11.2019, 10 W 143/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Beleidigt ein bereits einschlägig abgemahnter Arbeitnehmer einen Kollegen mit dunkler Hautfarbe in Anwesenheit mehrerer anderer Kollegen durch den Ausstoß von Affenlauten wie „Ugah Ugah“, so kann dies ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung sein.

Das musste sich der betroffene Arbeitnehmer vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln sagen lassen. Die Richter führten dazu weiter aus: Eine Beharrlichkeit des Pflichtverstoßes und damit eine nachhaltig negative Verhaltensprognose sei insbesondere dann begründet, wenn nach Einschaltung der AGG-Beschwerdestelle der Beleidigende in der Anhörung durch den Arbeitgeber uneinsichtig äußert, sein Verhalten habe „der Auflockerung der Gesprächsatmosphäre“ gedient und gehöre zum „gepflegten Umgang“.

Quelle: LAG Köln, Urteil vom 6.6.2019, 4 Sa 18/19, Abruf-Nr. 212031 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Trägt ein Mietinteressent hinreichende Indizien dafür vor, dass die mehrfachen Absagen für Wohnungsbesichtigungen offensichtlich aufgrund seines türkisch klingenden Namens erfolgten, muss der Vermieter beweisen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen haben.

So entschied es das Amtsgericht Charlottenburg. Der Mieter kann sich für die Sammlung von Indizien des sog. Testing-Verfahrens bedienen, d. h., er kann nach der Absage eine erneute Anfrage unter anderem Namen starten. Gelingt dem Vermieter der ihm obliegende Beweis nicht, liegt ein Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung wegen ethnischer Herkunft vor.

Etwas anderes kann gelten, wenn der Rechtfertigungsgrund gemäß § 19 Abs. 3 AGG gegeben ist: Danach ist eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf das Schaffen und Erhalten sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig. Es bestehen aber Zweifel an der Europarechtskonformität dieser Norm, sodass sie bereits das AG Hamburg-Barmbek (3.2.17, 811b C 273/15) nur anwendet, wenn es sich bei der gezielten Vermietung an bestimmte Personen oder Personengruppen um „positive Maßnahmen“ i. S. v. § 5 AGG handelt. Dem schließt sich das AG Charlottenburg an.

Der Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld wird nach teilweise vertretener Auffassung nur bei einer vorsätzlichen Diskriminierung zugestanden. Dem hat sich das AG Charlottenburg ausdrücklich nicht angeschlossen. Das ergebe sich nicht aus dem Gesetz und könne auch nicht hineininterpretiert werden.

Quelle: Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 14.1.2020, 203 C 31/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Nimmt der Empfänger ein Vertragsangebot an und besteht darauf, dass der Vertrag durchgeführt wird, obwohl er den Kalkulationsirrtum des Erklärenden im Angebot kennt, kann ein Fall unzulässiger Rechtsausübung vorliegen.

Das machte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden im Fall eines Bauunternehmers deutlich, der an einem Vergabeverfahren einer Gemeinde teilgenommen hatte. Dabei war ihm ein Kalkulationsfehler unterlaufen. Er hatte einen falschen Rechenfaktor benutzt. Darum lag sein Angebot ca. 50.000 EUR niedriger als die anderen Angebote. Der Bauunternehmer erklärte daraufhin die Rücknahme seines Angebots. Die Gemeinde schloss ihn jedoch nicht von der Wertung aus, sondern erteilte ihm wegen des günstigsten Angebots den Zuschlag. Weil der Bauunternehmer die Arbeiten nicht ausführte, beauftragte die Gemeinde einen der anderen Bieter und verlangte den Differenzbetrag als Schadenersatz.

Zu Unrecht, entschieden die Richter am OLG. Zwischen den Parteien ist zwar ein Bauvertrag zustande gekommen, indem die Gemeinde das Angebot des Bauunternehmers innerhalb der laufenden Zuschlagsfrist angenommen hat. Allerdings verstößt die Gemeinde mit dieser Annahme gegen ihre Rücksichtnahmepflicht. Es kann nämlich eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn der Empfänger ein Vertragsangebot annimmt und auf der Durchführung des Vertrags besteht, obwohl er wusste (oder sich treuwidrig der Kenntnisnahme entzog), dass das Angebot auf einem Kalkulationsirrtum des Erklärenden beruht. Die Voraussetzungen hierfür liegen vor. Zum einen besteht ein für die Gemeinde erkennbarer erheblicher Kalkulationsirrtum des Bauunternehmers. Zum anderen ist es dem Bauunternehmer unzumutbar, den Auftrag durchzuführen. Der Kalkulationsfehler bezieht sich auf Lohnstunden. Dem Bauunternehmer ist deshalb eine alternative Kompensation, wie sie bei Materialpreisen durch den Einsatz anderer Baustoffe im Einzelfall herbeigeführt werden könnte, nicht möglich.

Quelle: OLG Dresden, Beschluss vom 2.7.2019, 16 U 975/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist das Fahrzeug bei Gefahrübergang in das Schengener Informationssystem (SIS) eingetragen, ist dies ein Rechtsmangel. Hierfür muss der Verkäufer grundsätzlich haften.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Das SIS ist ein Informationssystem für die Sicherheitsbehörden der Schengen-Länder. Es dient der automatisierten Personen- und Sachfahndung in der Europäischen Union (EU). In der Datenbank sind u. a. gestohlene Kraftfahrzeuge registriert.

Kommt es erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einer SIS-Eintragung, liegt dagegen kein Rechtsmangel vor. Das gilt auch, wenn das dazu führende Geschehen bei Gefahrübergang bereits vorlag.

Quelle: BGH, Urteil vom 26.2.2020, VIII ZR 267/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl