Verrichtet der Arbeitnehmer teils die Tätigkeit von gewerblichen Arbeitnehmern und teils die Tätigkeit von Angestellten, so ist für die Einordnung der gemischten Tätigkeit entscheidend, welche der Tätigkeiten dem Arbeitsverhältnis in seiner Gesamtheit das Gepräge gibt.

Dabei kommt es nach einer Entscheidung des LAG Niedersachsen nicht auf den Zeitaufwand der Einzelarbeiten, sondern auf eine umfassende Betrachtung an.

Beispiel Geben Verkaufs- und Kassiertätigkeiten oder auch allgemeine Aufgaben der Bestellabwicklung, die grundsätzlich eher als Angestelltentätigkeiten angesehen werden, der gesamten tatsächlich verrichteten Tätigkeit nicht das Gepräge, sondern ist die Tätigkeit vorwiegend körperlich ausgestaltet, ist diese als gewerbliche einzustufen.

Quelle: LAG Niedersachsen, Beschluss vom 12.8.2019, 8 TaBV 19/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Vereinbart eine Kommune die Herstellung von Stellplätzen mit einem Grundstückseigentümer, muss sie dabei bestimmte Anforderungen berücksichtigen. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, ist der Vertrag nichtig.

Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln im Fall einer Grundstückseigentümerin entschieden. Auf dem Grundstück befindet sich ein Gebäude mit einer Arztpraxis, drei Wohneinheiten, einem Parkhaus und einem Lebensmittelmarkt. In der Baugenehmigung ist bestimmt, dass hierfür 67 notwendige Stellplätze auf dem Grundstück herzustellen und zu erhalten sind. Im April 2014 schloss die Eigentümerin mit der Stadt einen Vertrag, wonach sie auf ihrem Grundstück 81 Stellplätze für Kraftfahrzeuge herstellen und dauerhaft betreiben sollte. Der Vertrag sieht vor, dass die Eigentümerin die Stellplätze der Öffentlichkeit montags bis samstags in der Zeit von 8 bis 21 Uhr als Kurzzeitparkplätze zur Verfügung stellt. Im Gegenzug verpflichtete sich die Stadt, 200.000 EUR aus sogenannten Stellplatzablösemitteln zu zahlen. Diese Mittel werden dadurch erlangt, dass bei einzelnen Bauvorhaben statt der Herstellung von Stellplätzen eine bestimmte Geldsumme an die Stadt gezahlt wird.

In der Folgezeit errichtete die Grundstückseigentümerin 68 Stellplätze. Weitere 13 Stellplätze konnten nicht errichtet werden, da an der vorgesehenen Stelle ein Gebäude, anders als geplant, nicht abgerissen werden konnte. Die Stadt Lohmar zahlte daraufhin 100.000 EUR an die Eigentümerin. Diese wies die errichteten Parkplätze als „Kundenparkplätze“ aus und beschränkte die Nutzung mit einer Parkscheibenregelung auf eine Höchstparkdauer von 90 Minuten.

Da sich die Parteien über die Frage der Parkraumüberwachung nicht einigen konnten, kündigte die Stadt im Jahr 2017 den Vertrag und verlangte die gezahlten 100.000 EUR zurück. Als Kündigungsgrund führte sie an, dass die restlichen Stellplätze nicht geschaffen worden seien, eine Einigung über die Parkplatzkontrolle nicht zustanden gekommen sei und die Klägerin die Parkfläche vertragswidrig als Kundenparkplatz ausweise.

Die Grundstückseigentümerin verlangt nun mit ihrer Klage die aus ihrer Sicht aufgrund des Vertrags noch ausstehenden 100.000 EUR. Sie hält die Kündigung für unwirksam. Die Stellplätze würden vertragskonform der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Die Grundstückseigentümerin habe keinen Anspruch auf die ausstehenden 100.000 EUR, weil der Vertrag aus April 2014 nichtig sei. Er verstoße gegen die Regelung der Bauordnung, dass Stellplatzablösemittel nur für die Herstellung zusätzlicher, der Öffentlichkeit zugänglicher Parkeinrichtungen im Gemeindegebiet verwendet werden dürften. Daraus folge, dass die Stellplätze, die mit diesen Mitteln finanziert werden, der Öffentlichkeit uneingeschränkt zur allgemeinen Benutzung zur Verfügung gestellt werden müssen. Das sei hier nicht der Fall, weil die Stellplätze als notwendige Plätze für den Lebensmittel-Markt dienten und dementsprechend auch als „Kundenparkplätze“ ausgewiesen worden seien. Auch sei es mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar, dass der Vertrag eine zeitliche Begrenzung der Nutzung vorsehe und die Parkplätze der Öffentlichkeit damit nicht uneingeschränkt zur Verfügung stünden.

Quelle: VG Köln, Urteil vom 3.12.2019, 2 K 2417/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hat die Verkehrsüberwachung des fließenden Verkehrs durch private Dienstleister in drei Kommunen im Amtsgerichtsbezirk Hanau (Hammersbach, Niederdorfelden, Schöneck) für gesetzeswidrig erklärt.

In dem Fall war gegen den Betroffenen ein Bußgeld wegen einer in Hammersbach begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung festgesetzt worden. Zugleich war ein Fahrverbot von einem Monat erlassen worden.

Das Amtsgericht Hanau hatte den Betroffenen auf seinen Einspruch hin freigesprochen. Die Verkehrsüberwachung des fließenden Verkehrs in der Gemeinde Hammersbach sei durch einen vom Landrat des Main-Kinzig-Kreises nichtig zum „Ordnungspolizeibeamten“ bestellten privaten Dienstleister im Wege der unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung durchgeführt worden. Dies sei gesetzeswidrig. Das Regierungspräsidium Kassel hätte infolgedessen den Bußgeldbescheid nicht erlassen dürfen.

Nach den Ausführungen im amtsgerichtlichen Urteil hatte der private Dienstleister zunächst für seine rechtswidrigen Dienste 70 Prozent der Buß- und Verwarngelder für sich behalten dürfen. Als diese Praxis bei einer anderen Kommune aufgefallen sei und der Senat dies ausdrücklich untersagt hatte, habe die Gemeinde Hammersbach das System unter absichtlicher Verschleierung der Tatsachen fortgesetzt und lediglich die Bezahlung des Dienstleisters umgestellt.

Das OLG hat die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde aus den zutreffenden Gründen des Amtsgerichts als unbegründet verworfen und den Freispruch bestätigt. Neben der Gemeinde Hammersbach dürfte dies auch für die Gemeinden Niederdorfelden und Schöneck gelten. Dort ist nach den getroffenen Feststellungen in gleicher gesetzwidriger Weise agiert worden. Es ist nach Gelnhausen der zweite Amtsgerichtsbezirk im Bereich des Regierungspräsidiums Darmstadt, in dem es zu derartigen gesetzeswidrigen Handlungen durch kommunale Polizeibehörden gekommen ist.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 27.11.2019, 2 Ss-Owi 1092/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat die Praxis der Doppelbescheidung durch Heranziehungsbescheid für rechtswidrig erklärt.

Wenn ein Ehegatte im Heim gepflegt werden muss, trägt das Sozialamt dem Grunde nach die Kosten. Bei der genauen Ermittlung der Kostenhöhe rechnet es das Einkommen der Eheleute auf die Heimkosten an und zahlt danach nur die ungedeckten Restkosten. Obwohl das Familieneinkommen bereits abgezogen wird, erlässt die Region Hannover zugleich gegenüber dem anderen Ehegatten einen Heranziehungsbescheid in Höhe des Einkommens.

Gegen einen solchen Bescheid hatte ein Mann geklagt, dessen Frau wegen einer Demenzerkrankung in einem Pflegeheim untergebracht werden musste. Die Eheleute hatten ein anrechenbares Einkommen von rund 890 EUR. Es verblieben ungedeckte Heimkosten von ca. 430 EUR. Auf dieser Grundlage erließ die Region einen Bewilligungsbescheid gegenüber der Frau und einen Heranziehungsbescheid gegenüber dem Mann.

Das LSG hat den Heranziehungsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Region für die Heranziehung keine Rechtsgrundlage habe. Hierzu hat sich der Senat auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum sog. Nettoprinzip gestützt. Nach diesem Grundsatz würden Leistungen nur in Höhe des Betrags gezahlt, der bestimmte Einkommensgrenzen überschreite. Für eine Heranziehung des Klägers sei daneben auch nach anderen Rechtsgrundlagen kein Raum, weil schon keine Leistungsgewährung nach dem sog. Bruttoprinzip, also eine vollständige Kostenübernahme durch die Beklagte gegen Kostenerstattung, erfolgt sei.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.1.2020, L 8 SO 109/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat die Rechte von Müttern gestärkt, die neben ihrem Angestelltengehalt monatliche Umsatzbeteiligungen erhalten.

Geklagt hatte eine angestellte Zahnärztin. Sie erhielt von ihrem Arbeitgeber eine Grundvergütung von 3.500 EUR pro Monat. Daneben erhielt sie Umsatzbeteiligungen, die zwischen 140 EUR und 2.300 EUR pro Monat schwankten. Nach der Geburt ihres Kindes beantragte sie Elterngeld bei der Stadtgemeinde Bremen.

Bei der Berechnung des Anspruchs ließ die Gemeinde die Umsatzbeteiligungen unberücksichtigt. Zur Begründung vertrat sie die Auffassung, dass dieser Teil des Einkommens steuerlich als „sonstige Bezüge“ behandelt werde und das Elterngeld damit nicht erhöhe. Als laufende Bezüge könne es auch deshalb nicht angesehen werden, da es nur bei Überschreitung bestimmter Mindestbeträge gezahlt werde.

Das LSG hat die Gemeinde verurteilt, auch die Umsatzbeteiligungen zu berücksichtigen. Es handele sich dabei um laufenden Arbeitslohn, da die Beteiligungen nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen jeweils bezogen auf einen Monat berechnet und gezahlt würden. Die Beteiligung sei damit einem Lohnzahlungszeitraum zugehörig. Daher müsse sie dem Arbeitslohn zugerechnet werden wie etwa eine Überstundenvergütung. Entscheidend seien auch nicht die Einzelheiten der Berechnung, sondern allein der Zahlungszeitraum. Solange der erforderliche Bezug zwischen dem Monatszeitraum und dem variablen Lohnbestandteil gewahrt bleibe, wirke sich dies auch auf das Elterngeld aus. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der Senat die Revision zugelassen.

Hinweis Das Urteil betrifft allerdings nicht den häufigeren Fall des Jahresbonus. Der Monatslohn steigt nur durch Monatszahlungen.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 6.11.2019, L 2 EG 7/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Herabwürdigung eines Mitarbeiters wegen seiner ostdeutschen Herkunft ist keine Benachteiligung im Sinne des § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen der ethnischen Herkunft oder Weltanschauung.

Dies hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden. Der Kläger wurde von einem Zeitungsverlag als stellvertretender Ressortleiter beschäftigt. Er hat den Arbeitgeber auf Entschädigung, Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen, weil er von zwei vorgesetzten Mitarbeitern wegen seiner ostdeutschen Herkunft stigmatisiert und gedemütigt worden sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe keine Entschädigung nach dem AGG zu, weil keine Benachteiligung wegen seiner ethnischen Herkunft oder Weltanschauung erfolgt sei. Menschen ostdeutscher Herkunft seien nicht Mitglieder einer ethnischen Gruppe oder Träger einer einheitlichen Weltanschauung.

Einen Schadenersatzanspruch wegen einer Persönlichkeits- oder Gesundheitsverletzung hat das Arbeitsgericht abgelehnt, weil der Kläger den Arbeitgeber nicht rechtzeitig auf das Verhalten seiner Vorgesetzten und die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens – es waren ca. 800.0000 EUR im Streit – aufmerksam gemacht hatte. Das Mitverschulden des Klägers an dem – einmal angenommenen – Schaden wiege derart schwer, dass eine Ersatzpflicht des Arbeitgebers entfalle.

Quelle: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 15.8.2019, 44 Ca 8580/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Wird in einer Wohnanlage fehlerhaft Müll getrennt und werden dem Vermieter daher erhöhte Müllbeseitigungskosten für das Prüfen der Mülltrennung und das Nachsortieren berechnet, kann er auch diese als Betriebskosten auf die Mieter umlegen.

Dies gebiete nach Ansicht des Amtsgerichts Frankenthal die Zuordnung nach Risikosphären. Ein Ergebnis, wonach der Vermieter für pflichtwidriges Verhalten der Mieter hafte, sei im Ergebnis nicht sachgerecht, zumindest dann nicht – wenn wie im zu entscheidenden Fall – der Vermieter hinreichende Bemühungen entfaltet hat, um eine bessere Mülltrennung zu erreichen (Informationen an die Mieter).

Quelle: Amtsgericht Frankenthal, Urteil vom 15.2.2019, 3a C 288/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Das nicht für das Unternehmen, sondern für den privaten Gebrauch bei einem Unternehmer erstandene Fahrzeug unterliegt voller gesetzlicher Gewährleistung.

Das stellte das Amtsgericht München klar und verurteilte einen Gebrauchtwagenhändler, Schadenersatz in Höhe von 4.100,29 EUR zu zahlen. Bei diesem Händler hatte der Kläger einen Fiat 500 gekauft. Dafür hatte er einen Smart in Zahlung gegeben. Der Händler hatte den vorgedruckten Kaufvertrag ausgefüllt und dabei den Unterpunkt „Geschäft unter Händlern ohne Gewährleistung“ angekreuzt. Der Vertrag wurde von beiden unterschrieben. Schon auf der Heimfahrt bemerkte der Kläger, dass das Fahrzeug nicht mehr „zog“ und rüttelte. Die Fiat-Werkstatt stellte einen Defekt an der Lamdasonde und an einem Heckklappendämpfer fest. Zudem waren beide Seitenschweller eingedrückt und das Fahrzeug hatte einen nicht fachgerecht reparierten Unfallschaden. Der Kläger forderte den Händler auf, die Mängel zu beheben und Ersatz für die Wertminderung zu zahlen. Das lehnte der Händler ab. Er behauptete, dass der Kläger ein Geschäft mit zehn Filialen und zwölf Firmenwägen führe. Von daher sei der schriftlich unter Unternehmern vereinbarte Gewährleistungsausschluss wirksam. Sowohl der Unfallschaden als auch der defekte Heckklappendämpfer seien dem Kläger bei Übergabe bekannt gewesen.

Der Kläger trug vor, dass er das Fahrzeug nicht für sein Ein-Mann-Elektronikunternehmen, sondern als normaler Verbraucher für seine Frau gekauft habe. Diese gab als Zeugin an, dass der Fiat den von ihr bisher genutzten Smart habe ersetzen sollen. Ihr Mann nutze einen Mercedes als Firmenwagen. Damit läge ein Kauf eines Verbrauchers von einem Unternehmer vor, bei dem der Ausschluss von Gewährleistungsrechten gesetzlich ausgeschlossen ist.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab dem Kläger recht. Die Behauptung, der Kläger sei Inhaber eines Paketdienstes und besitze über zehn Fahrzeuge, erfolgte offensichtlich ins Blaue hinein. Darüber hinaus hat die Beweisaufnahme für das Gericht eindeutig ergeben, dass nach dem vom Kläger objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorlag. Das Gericht hält es daher für nachvollziehbar und glaubwürdig, dass der Kläger den Vertragspassus bei Unterzeichnung schlicht übersehen hat.

Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Fahrzeug Mängel aufwies. Diese Mängel waren bereits bei Gefahrübergang vorhanden. Nach dem Gesetz wird vermutet, dass ein Mangel, der sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigt, bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das Fahrzeug bereits auf dem Nachhauseweg nach Kaufvertragsabschluss nicht mehr zog und rüttelte, die Warnleuchte aufleuchtete und die Schäden noch am Tag des Kaufes von dem Fiat-Werkstattmeister festgestellt wurden. Daher hätte der Händler beweisen müssen, dass die Mängel bei Gefahrübergang noch nicht vorhanden waren. Einen dahin gehenden Beweis hat der Händler aber nicht angetreten. Der Schaden betrug laut Gutachten 4.100,29 EUR. Diesen Betrag müsse der Händler zahlen.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 18.10.2018, 174 C 4185/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein als Maschineneinrichter tätiger Versicherungsnehmer, der für diese Tätigkeit eine dreieinhalbjährige Ausbildung als Industriemechaniker benötigt, kann wegen des unterschiedlichen Anforderungsprofils nicht auf den Beruf eines Lageristen verwiesen werden.

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Heidelberg. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass die Tätigkeit eines Lageristen eine reine Anlerntätigkeit ist. Sie erfordert keine spezielle Ausbildung. Gegen die Verweisbarkeit eines Mechanikers auf die Tätigkeit eines Lageristen spricht auch eine Einkommenseinbuße von etwa 30 Prozent.

Quelle: LG Heidelberg, Urteil vom 25.1.2019, 4 O 165/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer ein Testament verfasst, sollte dies eindeutig formulieren. Denn nach der Erfahrung gibt es mit der Auslegung von Testamenten immer wieder Schwierigkeiten.

So auch in einem Fall, den das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg zu entscheiden hatte. Dort hatten sich Eheleute in einem notariellen Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Erben des Letztversterbenden sollten „unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge zu gleichen Anteilen“ sein. Der Überlebende sollte allerdings auch die Erbfolge „unter den gemeinschaftlichen Abkömmlingen abändern“ können. Tatsächlich setzte die ihren Ehemann überlebende Ehefrau in einem zweiten Testament ihre eine Tochter und deren Sohn zu ihren Erben ein. Die andere Tochter hielt dies für nicht möglich. Denn die Eheleute hätten verfügt, nur die „gemeinschaftlichen Abkömmlinge“ könnten als Erben eingesetzt werden. Unter „gemeinschaftliche Abkömmlinge“ seien aber nur die gemeinsamen Kinder zu verstehen. Der Enkelsohn könne daher nicht als Erbe eingesetzt werden. Deswegen sei die Erbeinsetzung der überlebenden Ehefrau unwirksam. Erben seien – nach dem ersten, gemeinsamen Testament – daher weiterhin alle Kinder der Eheleute.

Das Landgericht gab der Klägerin recht. Erben seien die gemeinsamen Kinder der Eheleute geworden. Die Einsetzung des Enkelsohns durch die Ehefrau sei nach dem gemeinsamen Testament nicht möglich gewesen.

Die Berufung der von der Ehefrau eingesetzten Tochter und deren Sohn hatte vor dem OLG Erfolg. Die Richter dort entschieden, dass das Wort „Abkömmlinge“ nicht allein auf Kinder beschränkt sei. „Abkömmlinge“ heiße auch Enkel, Urenkel usw. Dies ergebe sich bereits aus dem Gesetz (§ 1924 BGB). Seien nur die Kinder gemeint gewesen, hätten die Eheleute auch den Begriff „Kinder“ gewählt. Es sei auch plausibel, dass die Eheleute alle ihre zum Zeitpunkt des Erbfalls lebenden Abkömmlinge – ob Kinder, Enkel oder Urenkel – gleichbehandeln wollten. Denn häufig hätten die eigenen Kinder beim Versterben der Eltern bereits eine gefestigte Lebensstellung, während die Enkel und gegebenenfalls die Urenkel sich noch ihr eigenes Lebensumfeld schaffen müssten und eher finanzielle Unterstützung nötig hätten. Es sei auch nachvollziehbar, dass die Eheleute alle Abkömmlinge gleich behandeln wollten und der Umfang des Erbes der einzelnen Enkelkinder nicht davon abhängen sollte, ob ihre Eltern noch lebten und wie viele Geschwister sie jeweils hätten.

Quelle: OLG Oldenburg, Urteil vom 11.9.2019, 3 U 24/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl