Um die Elektromobilität zu fördern möchte der Bundesrat den privaten Einbau von Ladestellen für Elektrofahrzeuge erleichtern. In einem am 11.10.2019 beschlossenen Gesetzentwurf schlägt er Änderungen im Mietrecht und im Wohnungseigentumsgesetz vor.

Danach soll jeder Mieter einen Anspruch darauf haben, dass an seinem Stellplatz eine Ladestation eingebaut wird. Der Vermieter kann die Erlaubnis nur ausnahmsweise verweigern: Wenn er sich selbst verpflichtet, eine entsprechende Lademöglichkeit zu schaffen, oder wenn sein Interesse am unveränderten Erhalt des Gebäudes überwiegt.

Um auch Wohnungseigentümern den Einbau von Ladestationen zu erleichtern, soll nach Ansicht der Länder künftig ein einfacher Mehrheitsbeschluss der Miteigentümer ausreichen. Bislang müssen nach dem Wohnungseigentumsgesetz sämtliche Miteigentümer diesem Umbau am Gemeinschaftseigentum zustimmen.

Der Gesetzentwurf wird nun über die Bundesregierung dem Bundestag zugeleitet. Dieser entscheidet, ob er den Vorschlag des Bundesrats aufgreifen will. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

Der Gesetzentwurf ist nicht der erste Ländervorstoß zu diesem Thema: Im Dezember 2017 hat er einen ähnlichen Gesetzentwurf beschlossen und dem Bundestag zugeleitet (BR-Drs. 730/17). Darin geht es zusätzlich noch um die Förderung des altersgerechten Wohnens. Der Bundestag hat den Vorschlag bislang noch nicht beraten.

Quelle. Plenarsitzung des Bundesrats am 11.10.2019

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben, noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen und zu einer inhaltlichen Verwirklichung der Lebensgemeinschaft gekommen ist.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M., in dem eine Frau nach dem Scheitern ihrer Ehe Trennungsunterhalt verlangt hatte. Die Eheleute hatten im August 2017 geheiratet. Die Ehe war von ihren Eltern, die einen indischen kulturellen Hintergrund haben, arrangiert worden. Zum Zeitpunkt der Heirat lebte die Frau im Haushalt ihrer Eltern in Deutschland und arbeitete bei einer Bank. Der Mann arbeitete in Paris als Wertpapierhändler. Nach der Eheschließung fanden an den Wochenenden regelmäßige gemeinsame Übernachtungen ohne sexuelle Kontakte statt. Es war geplant, dass die Frau sich nach Paris versetzen lässt und die Ehepartner dort gemeinsam leben. Die Eheleute verfügten über kein gemeinsames Konto. Sie verbrauchten ihre Einkünfte jeweils für sich selbst.

Nach einer Aussprache im August 2018 trennten sich die Eheleute. Das Scheidungsverfahren ist noch anhängig. Die Frau begehrt nun Trennungsunterhalt, da der Mann mehr verdient habe als sie. Sie hätten „ein ganz normales Eheleben“ geführt.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem OLG überwiegend Erfolg. Der Frau stehe Trennungsunterhalt zu. „Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben, noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen und zu einer inhaltlichen Verwirkung der Lebensgemeinschaft gekommen ist“, betonte das OLG. Eine nur formell bestehende Ehe mit modifizierten bzw. verminderten als den gesetzlichen Rechten gebe es nicht. Der Unterhaltsanspruch während bestehender Ehe setze auch nicht voraus, dass die Beteiligten sich eine Zeit lang wirtschaftlich aufeinander eingestellt hätten. Da der Unterhaltsanspruch kraft Gesetzes nicht durch eine Vereinbarung beschränkt werden dürfe, könne er auch nicht durch ein Verhalten der Beteiligten für die Zukunft eingeschränkt werden.

Der Anspruch sei auch nicht verwirkt. Der Verwirkungsgrund der kurzen Ehedauer gelte für den Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht. Darüber hinaus liege hier auch keine nur kurze Ehedauer vor, da die Ehe bis zur Scheidung fortdauere. Dass die Eheleute vereinbart hätten, nach der Eheschließung keine eheliche Lebensgemeinschaft aufzunehmen, sodass aus diesen Gründen Verwirkung im Raum stehe, könne hier ebenfalls nicht festgestellt werden. Die Parteien hätten vielmehr geplant, dass die Antragstellerin sich nach Paris versetzen lässt, um ein gemeinsames Leben zu führen.

Quelle: OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 12.7.2019

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Energetische Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutztem Wohneigentum sollen schon ab 2020 für einen Zeitraum von zehn Jahren durch einen prozentualen Abzug der Aufwendungen von der Steuerschuld gefördert werden. Dazu soll das EStG um § 35c ergänzt werden. So steht es in Art. 1 des Referentenentwurfs für ein „Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht“.

Förderfähig sind danach Maßnahmen, die auch von der KfW als förderfähig eingestuft sind, wie z. B.
• die Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen oder Geschossdecken,
• die Erneuerung der Fenster oder Außentüren,
• der Einbau, die Erneuerung einer Lüftungs- bzw. Heizungsanlage,
• der Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung und
• die Optimierung bestehender Heizungsanlagen.

Je Objekt beträgt die Steuerermäßigung 20 Prozent der Aufwendungen, maximal insgesamt 20.000 EUR (über drei Jahre verteilt zweimal 7.000 EUR und einmal 6.000 EUR als Abzug von der Steuerschuld). Die konkreten Mindestanforderungen sollen in einer Rechtsverordnung festgelegt werden. Das soll sicherstellen, dass die steuerlichen Anforderungen der noch zu konzipierenden Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) entsprechen.

Quelle. „Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht“

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der rabiate Vergleich einer Verhandlungsführung vor Gericht mit nationalsozialistischen Sondergerichten und Hexenprozessen kann im Einzelfall von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Dann liegt keine strafbare Schmähkritik vor.

Das folgt aus einer Entscheidung des BVerfG. Die Richter stellten klar, dass grundsätzlich über die Frage, ob eine Äußerung als Beleidigung zu bestrafen ist oder von der Meinungsfreiheit geschützt ist, im Wege einer Abwägung entschieden werden muss. Wird die Äußerung als Schmähkritik eingeordnet, tritt demgegenüber die Meinungsfreiheit von vornherein zurück. Dann muss ausnahmsweise im Einzelfall nicht mehr abgewogen werden. Deshalb sind hinsichtlich des Vorliegens von Schmähkritik strenge Maßstäbe anzuwenden. Maßgeblich ist hierfür nicht einfach eine wertende Gesamtbetrachtung. Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob die Äußerung einen Sachbezug hat. Nur wenn eine Äußerung der Sache nach allein auf die Diffamierung einer Person als solche, etwa im Rahmen einer Privatfehde zielt, kommt eine Beurteilung als Schmähung in Betracht; insoweit sind Anlass und Kontext der Äußerung zu ermitteln. Wenn die Äußerung hingegen – wie in der Regel – im Kontext einer Sachauseinandersetzung steht, bedarf es einer Abwägung, die die Bedeutung der Äußerung unter den konkreten Umständen des Einzelfalls gewichtet.

Vor diesem Hintergrund hat das BVerfG der Verfassungsbeschwerde eines wegen Beleidigung Verurteilten stattgegeben, der die Verhandlungsführung einer Amtsrichterin mit nationalsozialistischen Sondergerichten und Hexenprozessen verglichen hatte. Dies war von den Fachgerichten unzutreffend als Schmähkritik eingeordnet worden, obwohl es sich nicht um eine reine Herabsetzung der Betroffenen handelte, sondern ein sachlicher Bezug zu dem vom Beschwerdeführer geführten Zivilprozess bestand.

Quelle. BVerfG, Beschluss vom 14.6.2019, 1 BvR 2433/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Erbrecht kann auch aufgrund der Vorlage einer Kopie des Originaltestaments nachgewiesen werden. Jedoch gelten für den Fall, dass ausschließlich eine Kopie vorhanden ist, strenge Anforderungen an den Nachweis der Existenz eines entsprechenden Originals.

Hierauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hingewiesen. Es machte deutlich, dass eine Kopie des Originaltestaments nur dann als Nachweis ausreicht, wenn mit ihr die formgerechte Errichtung des Originaltestaments nachgewiesen wird. So war es hier: Nach Auffassung des Gerichts ergab eine Gesamtbeurteilung der Lebenssituation der Erblasserin, des Testamentsinhalts und der Auffindesituation nahezu keinen Anlass für die Annahme, dass das Testament gefälscht wäre. Es war auch nicht davon auszugehen, dass das Testament widerrufen war.

Soweit der Beweis der formgültigen Errichtung und des genauen Inhalts eines Testaments erbracht ist, ist die Rechtslage nicht anders als bei Vorlage eines Testaments im Original zu beurteilen. Ein formgültiges Testament behält seine Wirkung so lange, bis es vom Erblasser wirksam widerrufen wird. Die bloße Tatsache der Unauffindbarkeit der Urkunde besagt für sich allein noch nichts; sie begründet insbesondere keine tatsächliche Vermutung oder einen Erfahrungssatz, dass das Testament durch den Erblasser vernichtet worden ist.

Quelle. OLG Hamburg, Beschluss vom 25.1.2019, 2 W 45/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Unterschlagung einer im Eigentum des Arbeitgebers oder seines Auftraggebers stehenden Sache (hier: Sauerstoffgerät im Wert von mindestens 1.500 EUR) stellt ebenso wie der dringende Verdacht einer solchen Tatbegehung an sich einen wichtigen Grund zur fristlosen (Tat- bzw. Verdachts-)Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar. Der kündigende Arbeitgeber muss allerdings die Tatbegehung bei der Tatkündigung bzw. die den dringenden Verdacht begründenden Tatsachen bei der Verdachtskündigung nachweisen.

Diese grundsätzliche Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf. Zum Nachweis des Arbeitgebers wies das Gericht auf die prozessualen Regeln hin. Fehlen im erstinstanzlichen Urteil Ausführungen zur Glaubwürdigkeit des maßgeblichen Belastungszeugen oder sind diese nicht schlüssig begründet worden, sondern wird begründungslos allein mit einem Wort pauschal die Glaubwürdigkeit attestiert, obwohl diese bereits erstinstanzlich ein Kernstreitpunkt der Parteien war und sich aufklärungsbedürftige Zweifel an der Glaubwürdigkeit durch ein naheliegendes Eigeninteresse des Zeugen und durch seine Bekundungen im Rahmen der erstinstanzlichen Vernehmung aufdrängen, entfalten die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen insoweit keine Bindungswirkung. Auf eine entsprechende Rüge im Berufungsverfahren muss das Berufungsgericht die Feststellungen selbst vornehmen, indem es den Zeugen erneut vernimmt.

Kann das Berufungsgericht jedoch keine erneute Feststellung mehr treffen, weil das angebotene Hauptbeweismittel – Vernehmung des Belastungszeugen – aufgrund dauerhafter Vernehmungsunfähigkeit des Zeugen unerreichbar ist, geht dies zulasten der beweispflichtigen Partei. Es kann dann nicht ersatzweise doch wieder auf die unvollständigen, weil die Frage der Glaubwürdigkeit offenlassenden Feststellungen des Arbeitsgerichts zurückgegriffen werden. Das entsprechende Beweismittel gilt bei über einen Zeitraum von drei Monaten hinaus und auf absehbare Zeit fortdauernd attestierter Vernehmungsunfähigkeit als unerreichbar.

Quelle: LAG Düsseldorf, Urteil vom 19.2.2019, 3 Sa 559/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Gibt ein gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) das Mietobjekt eigenmächtig an den Vermieter zurück, kann eine verbotene Eigenmacht gegenüber der GbR vorliegen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. hin. Es ging auch im vorliegenden Fall von einer solchen verbotenen Eigenmacht aus. Darum hat es einem Gesellschafter im Wege der einstweiligen Verfügung einen Anspruch auf Herausgabe der Praxisräume einer als GbR betriebenen ärztlichen Gemeinschaftspraxis zugestanden. Diese war zuvor eigenmächtig von dem anderen Gesellschafter an den Vermieter zurückgegeben worden. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Rückgabe die Aufgabe der tatsächlichen Gewalt erfordere. Das setze wiederum den Willen voraus, die Sachherrschaft aufzugeben. Dieser Wille könne hier nur durch die beiden zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigten Mitgesellschafter gemeinsam ausgeübt werden.

Die Rückgabe war auch nicht als Notgeschäftsführungsmaßnahme berechtigt. Sie war nämlich nicht erforderlich, um eine akute Gefahr für die Gesellschaft abzuwenden, ohne dass der andere Vertretungsberechtigte hätte rechtzeitig erreicht werden können.

Quelle: OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.5.2019, 2 U 39/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Auf einem kombinierten Fuß- und Radweg haben Fußgänger gegenüber Elektrokleinstfahrzeugen (hier: Segway) absoluten Vorrang.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Fall einer Segway-Fahrerin, die als Teil einer Gruppe von Segway-Fahrern einen kombinierten Geh-/Radweg befahren hatte. Der Beklagte war dort als Fußgänger unterwegs und gerade damit beschäftigt, Fotos zu fertigen. Als er rückwärtsging, stieß er mit der Segway-Fahrerin zusammen. Diese stürzte und verletzte sich dabei erheblich. Sie verlangte Schadenersatz. Das Landgericht wies die Klage bereits mit der Begründung ab, dass die Frau den Unfall verschuldet habe, weil sie auf den Fußgänger nicht hinreichend Rücksicht genommen habe. Damit habe sie ihre Pflichten als Fahrzeugführerin erheblich verletzt. Eine Haftung des Beklagten scheide daher aus.

Das OLG hat diese Entscheidung nun bestätigt. Maßgebend war hierbei, dass nach der Gesetzeslage der Beklagte als Fußgänger auf dem kombinierten Fuß- und Radweg absoluten Vorrang gegenüber der Segway-Fahrerin gehabt habe. Ein Fußgänger müsse deshalb dort nicht fortwährend nach Fahrzeugen Ausschau halten, um ihnen ausweichen zu können. Der Beklagte habe vielmehr darauf vertrauen dürfen, dass die den Weg befahrenden Verkehrsteilnehmer auf ihn Acht geben, also ihre Fahrweise und -geschwindigkeit anpassen, durch Warnsignale rechtzeitig auf sich aufmerksam machen und sicherstellen, dass diese Warnsignale auch rechtzeitig von ihm wahrgenommen und verstanden werden. Hierzu sei, wenn erforderlich, Blickkontakt herzustellen oder auf andere Weise eine Verständigung zu suchen gewesen. Achte oder reagiere ein Fußgänger nicht auf Warnsignale, müsse das Fahrzeug angehalten werden, wenn nur so vermieden werden kann, dass der Fußgänger behindert oder gefährdet wird. Diese erhöhten Sorgfaltspflichten habe die Segway-Fahrerin nicht beachtet. Sie war auch nach ihrem eigenen Vortrag nicht sicher, dass der Beklagte sie wahrgenommen hatte. Sie treffe aufgrund dieses Versäumnisses ein so hohes Verschulden an dem Unfall, dass ein etwaiges Mitverschulden des Beklagten (unachtsames Rückwärtsgehen) zurücktrete.

Quelle: OLG Koblenz, Beschluss vom 16.4.2019, vorgehend Hinweisbeschluss vom 6.3.2019, 12 U 692/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Ein Grundstückseigentümer kann von seinem Nachbarn in aller Regel nicht verlangen, dass dieser Bäume wegen der von ihnen ausgehenden natürlichen Immissionen auf seinem Grundstück beseitigt, wenn die für die Anpflanzung bestehenden landesrechtlichen Abstandsregelungen eingehalten sind.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall zweier Nachbarn. Auf dem Grundstück des Beklagten stehen in einem Abstand von mindestens zwei Metern zur Grenze drei ca. 18 Meter hohe, gesunde Birken. Von den Birken gehen Immissionen aus (Pollenflug, Herausfallen der Samen und Früchte, Herabfallen der leeren Zapfen sowie der Blätter und Birkenreiser). Der Kläger verlangt daher, dass die Bäume entfernt werden. Hilfsweise verlangt er einen monatlichen Entschädigungsbetrag von jeweils 230 EUR in den Monaten Juni bis November.

Der BGH hielt beide Anträge für unbegründet. Ein Beseitigungsanspruch besteht nur, wenn der Beklagte Störer im Sinne des Gesetzes ist. Hierfür genügt nicht bereits das Eigentum an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht. Vielmehr muss festgestellt werden, ob es jeweils Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen. Beruhen die Störungen auf Naturereignissen, ist entscheidend, ob das betroffene Grundstück im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung genutzt wird. So hat der BGH die Störereigenschaft beispielsweise verneint bei Umstürzen nicht erkennbar kranker Bäume infolge von Naturgewalten. In aller Regel ist von einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung auszugehen, wenn die für die Anpflanzung bestehenden landesrechtlichen Abstandsregelungen eingehalten sind. Kommt es zu natürlichen Immissionen auf dem Nachbargrundstück, obwohl die Abstandsgrenzen eingehalten sind, ist der Eigentümer des Grundstücks hierfür nach der Wertung des Gesetzgebers regelmäßig nicht verantwortlich.

Es gibt hier auch keinen Konflikt zwischen den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs und den landesrechtlichen Vorschriften. Richtig ist zwar, dass der Landesgesetzgeber nicht dem Nachbarn Rechte nehmen kann, die sich aus dem BGB ergeben. Darum geht es hier jedoch nicht. Vielmehr stellt sich die (Vor-)Frage, ob ein Grundstückseigentümer für natürliche Immissionen überhaupt verantwortlich ist. Scheidet dies aus, liegt kein Konflikt vor.

Zudem soll der Grundstückseigentümer für natürliche Einwirkungen auf das Nachbargrundstück, die vom BGB (Überhang) nicht erfasst werden, regelmäßig nicht verantwortlich sein, wenn die Anpflanzungen mit dem Landesnachbarrecht in Einklang stehen. Das folgt aus den Gesetzesmaterialien. Ein Beseitigungsanspruch lässt sich auch nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis herleiten. Die Beeinträchtigungen sind zwar erheblich. Sie sind aber nicht derart schwer, dass der Kläger sie trotz der Wertung des Gesetzgebers nicht mehr hinzunehmen hätte.

Der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf eine Entschädigung von monatlich 230 EUR in den Monaten Juni bis November besteht nicht. Da der Beklagte für die Beeinträchtigungen nicht verantwortlich ist, kommt ein Ausgleichsanspruch nicht in Betracht.

Quelle: BGH, Urteil vom 20.9.2019, V ZR 218/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kommt es zu einem Kampf zwischen zwei Hunden, bei dem ein Hundehalter durch einen Biss schwer verletzt wird, muss er die Hälfte seines Schadens selber tragen. Das gilt zumindest in den Fällen, in denen der konkrete Ablauf der Rangelei nicht mehr nachvollzogen werden kann.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall einer Frau, die ihren Retriever unangeleint ausgeführt hatte. Unterwegs begegnete sie einem Mann, der seinen – ebenfalls nicht angeleinten – Schäferhund ausführte. Obwohl beide Parteien versuchten, ihre Hunde festzuhalten, kam es zum Kampf zwischen den Hunden. Die Frau wurde in die Hand gebissen und zog sich eine offene Mittelhandfraktur zu. Nach der Operation dieser Verletzung erlitt sie am selben Tage eine Lungenembolie und einen Schlaganfall mit schweren Folgen.

Die Frau behauptet, sie habe ihren Hund am Halsband festgehalten. Der Hund des Mannes sei auf sie zugelaufen und habe sie in die Hand gebissen. Der Mann wiederum behauptet, die Frau habe versucht, die raufenden Hunde mit bloßen Händen zu trennen. Dadurch sei es zu der Verletzung gekommen.

Das Landgericht hatte den Mann verurteilt, ein Schmerzensgeld von 50.000 EUR zu zahlen. Er hafte voll, da er seinen Hund nicht unter Kontrolle gehabt habe. Ihm sei die Aggressivität des Hundes bekannt gewesen sei. Eine Lungenembolie und ein Schlaganfall seien zwar keine typischen Folgen eines Hundebisses. Sie waren aber hier nach den Feststellungen eines Sachverständigen durch den Biss verursacht.

Auf die Berufung des Mannes hat das OLG Karlsruhe entschieden, dass der beklagte Hundehalter nur zur Hälfte für die Folgen des Hundebisses haftet. Er muss daher nur ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 EUR zahlen. Zwar hat sein Hund die Verletzung der Frau (mit-) verursacht. Dies hat zur Folge, dass der Mann als Tierhalter für den Schaden der Frau haftet. Dabei kommt es nicht darauf an, welcher der beiden Hunde die Frau gebissen hat.

Die Frau muss sich jedoch die Tiergefahr ihres eigenen Hundes anrechnen lassen. Beide Hunde haben die Rauferei verursacht, die letztlich zur Verletzung der Frau führte. Daher war sowohl die Tiergefahr des Hundes des Mannes als auch die Tiergefahr des Hundes der Frau zu berücksichtigen. Der konkrete Ablauf, wie es zu der Verletzung kam, war nicht mehr aufzuklären. Das OLG konnte weder ein Verschulden des Beklagten feststellen, etwa weil ihm bekannt war, dass der Hund aggressiv ist, noch ein Verschulden der Klägerin, etwa durch Eingreifen in die Hunderauferei.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.9.2019, 7 U 24/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl