Gerade bei geringer Distanz der Wohnorte der Kindeseltern muss ein Ausschluss von Übernachtungen besonders gerechtfertigt werden, weil Übernachtungen des Kindes beim umgangsberechtigten Elternteil in der Regel dem Kindeswohl entsprechen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Köln hin. Kinder haben das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit den Kindern verpflichtet und berechtigt. Das Umgangsrecht soll den Eltern die Möglichkeit geben, sich laufend von der Entwicklung und dem Wohlergehen des Kindes zu überzeugen und die bestehenden natürlichen Bande zu pflegen, d.h. einer Entfremdung vorzubeugen und dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen. Dem Kind soll das Umgangsrecht ermöglichen, die Beziehung zu dem nicht mit ihm zusammenlebenden Elternteil aufrechtzuerhalten, sie durch Begegnungen und gegenseitige Ansprache zu pflegen.

Maßstab ist daher stets das Kindeswohl. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass es das Kindeswohl fordere, dass der Umgang beschränkt und insbesondere Übernachtungskontakte ausgeschlossen werden müssten. Die Kontakte sind grundsätzlich geeignet, die Beziehung des Kindes zum umgangsberechtigten Elternteil zu festigen. Sie tragen dazu bei, dass der Elternteil vom Kind nicht ausschließlich als „Sonntagselternteil“ erlebt wird. Konkrete, gegen eine Übernachtung sprechende Umstände bringt die Mutter hier nicht vor. Solche ergeben sich auch nicht aus der Stellungnahme des Verfahrensbeistands. Das Kind ist eine normal entwickelte Erstklässlerin. Sie hat die bisherigen Kontakte zum Vater positiv aufgenommen. Die Sorge, dass Übernachtungen das Kind „überfordern“ könnten und der Vater nicht in der Lage sei, altersgerecht die Übernachtung zu begleiten, teilt das Gericht nicht. Das bloße Alter eines Kindes ist kein maßgebliches Kriterium für die Frage der Anordnung von Übernachtungskontakten.

Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 8.2.2019, 10 UF 189/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Vermieter hat bei Ende des Wohnungsmietverhältnisses keinen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Mieter wegen gewöhnlicher Gebrauchsspuren der Wohnung.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Wiesbaden im Fall eines Mieters, der nach 14 Jahren aus der Wohnung ausgezogen war. Der Vermieter machte Schadenersatzansprüche wegen Beschädigungen an der Mietwohnung geltend. Er trug in der Klageschrift vor, der in der Wohnung verlegte Laminatboden habe mehrere Einkerbungen aufgewiesen und der Teppichboden zahlreiche Verfärbungen. Hierbei handle es sich nicht um Gebrauchsspuren, sondern um ersatzfähige Beschädigungen. Die Lebensdauer solcher Bodenbeläge liege bei weit über 15 Jahren. Demgegenüber vertrat der Mieter die Auffassung, dass es sich bei den geltend gemachten Schäden an den Böden um nicht ersatzfähige Gebrauchsspuren handele.

Der Richter des Amtsgerichts Wiesbaden begründet sein Urteil damit, dass es sich bei dem verlegten Laminatboden um einen solchen von einfacher Qualität gehandelt habe. Die Einkerbungen im Boden seien bei einem Laminatboden einfacher Qualität nach 14 Jahren der Nutzung gewöhnliche Abnutzungserscheinungen. Es lägen keine ersatzfähigen Schäden vor. Es handle sich vielmehr um gewöhnliche Verschleißerscheinungen. Die wirtschaftliche Lebensdauer eines einfachen Laminatbodens betrage nicht mehr als 14 Jahre. Dies sei der Zeitraum des Mietverhältnisses zwischen den Parteien.

Selbst für den Fall, dass die Einkerbungen als Schäden angesehen würden, müsste ein Abzug „neu für alt“ vorgenommen werden. Hierdurch würde sich der Schadenersatzanspruch des Vermieters auf Null reduzieren.

Auch die Kosten für den Austausch des Teppichbodens wurden dem Vermieter nicht zugesprochen. Selbst bei einem hochwertigen Teppichboden könne nur eine durchschnittliche Lebensdauer von 10 Jahren angenommen werden. Damit hat das Gericht die Verfärbungen des mindestens 14 Jahre alten Teppichbodens ebenfalls als gewöhnliche Abnutzungserscheinungen gewertet.

Das Gericht stellte weiterhin fest, dass Instandhaltungsmaßnahmen an der Mietsache, die in einem Zeitraum von 14 Jahren naturgemäß anfallen, als nicht ersatzfähige Sowieso-Kosten gelten. Hierzu gehöre etwa das Abschleifen, Grundieren und Lackieren einer Holztreppe, die Gebrauchsspuren aufweise. Die Entscheidung ist durch das Landgericht Wiesbaden bestätigt worden.

Quelle: Amtsgericht Wiesbaden, Urteil vom 6.12.2018, 93 C 2206/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist ein Arbeitszeitkonto eingerichtet, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass dieses Konto korrekt geführt wird.

Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern. Die Richter erläuterten, dass ein Arbeitszeitkonto festhält, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste. Es drückt damit – in anderer Form – seinen Vergütungsanspruch aus. Wird das Arbeitszeitkonto falsch geführt, kann der Arbeitnehmer eine Korrektur des Fehlers verlangen und gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen. Das gilt nicht nur für den Fall, dass der Arbeitgeber unberechtigt zuvor gebuchte Stunden streicht. Es gilt nach der Entscheidung auch, wenn der Arbeitgeber tatsächlich geleistete Arbeitsstunden nicht verbucht.

Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.3.2019, 2 Sa 11/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Mit dem Baukindergeld wird der erstmalige Erwerb von Wohneigentum oder die Neuanschaffung von Wohnraum gefördert. Handwerkerleistungen sind nicht Inhalt der Förderung. Daher schließt die Gewährung von Baukindergeld eine Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nicht aus – im Unterschied zu anderen Förderprogrammen der KfW-Bankengruppe für investive Maßnahmen der Bestandssanierung.

Hintergrund: Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen erhalten Steuerpflichtige eine Steuerermäßigung in Höhe von 20 Prozent der Aufwendungen (nur Lohnkosten), höchstens 1.200 EUR im Jahr. Dies gilt nach dem gesetzlichen Ausschluss jedoch nicht für öffentlich geförderte Maßnahmen, für die zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse beansprucht werden.

Quelle: FinMin Schleswig-Holstein, Verfügung vom 18.6.2019, VI 3012 – S 2296b – 025

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Fahrzeugführer muss trotz eingeschaltetem Tempomat die gefahrene Geschwindigkeit kontrollieren und darauf achten, dass er Beschränkungen einhält. Das gilt auch, wenn das Fahrsystem an eine Verkehrszeichenerkennung gekoppelt ist.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Köln hin. Die Richter machten deutlich, dass derartige Systeme lediglich Hilfsmittel sind. Sie stellen den Fahrer nicht von seiner Kontroll- und Überwachungspflicht in Bezug auf die Höchstgeschwindigkeit frei.

Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 7.6.2019, III-1 RBs 213/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer Grundsicherungsleistungen haben will, muss ein teures Auto grundsätzlich vorher verwerten. Dabei muss die Behörde aber auf das Zusammenspiel der Freibeträge achten.

Das zeigt eine Entscheidung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen. Dort hatte ein 58-jähriger Geringverdiener geklagt. Vom Geld seiner Eltern hatte er sich vor fünf Jahren einen riesigen Pick-Up Truck, Ford F 150, US-Import für 21.000 EUR gekauft. Das Jobcenter wollte ihm nun keine Grundsicherungsleistungen bewilligen. Der Mann sei nicht hilfebedürftig. Er müsse vorhandenes Vermögen in Form des Autos zunächst verwerten. Nach eigenen Internetrecherchen des Jobcenters und dem Angebot eines örtlichen Gebrauchtwagenhändlers sei von einem Wert von 20.000 EUR auszugehen.

Das LSG hat das Jobcenter im Eilverfahren vorläufig zur Leistung verpflichtet. Die Freibeträge zur Hilfebedürftigkeit würden nicht überschritten. Um die Mobilität zur Arbeitsaufnahme zu erhalten, gelte ein seit Jahren unveränderter Kfz-Freibetrag von 7.500 EUR. Hinzu komme ein Vermögensfreibetrag, der mit zunehmendem Alter ansteige. Er betrage bei dem Mann 9.300 EUR. Da außer dem Auto kein weiteres Vermögen vorhanden war, hätte der Mann das Auto nur verkaufen müssen, wenn der Wert 16.800 EUR übersteigen würde. Allerdings konnte das Gericht die Berechnung des Jobcenters nicht nachvollziehen. Der Gesamtfreibetrag werde selbst bei einem jährlichen Wertverlust von nur fünf Prozent durch Alter und Laufleistung unterschritten. Auch die vom Jobcenter beantragte richterliche Inaugenscheinnahme des Autos brachte keine anderen Erkenntnisse. Vielmehr beanstandete der Senat, dass bei solch unterschiedlichen Einschätzungen bisher kein Wertgutachten eingeholt wurde. Da im Eilverfahren nur geschätzt werden könne, sei dies im Hauptsacheverfahren nachzuholen. „Die Wertermittlung von Autos ist ein nüchterner Rechenvorgang ohne soziale Missbilligung“, erläutert das Gericht. „Hätte der Kläger einen Golf für 7.500 EUR in der Garage und 9.300 EUR auf dem Konto, wäre seine Bedürftigkeit nie angezweifelt worden.“

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16.5.19, L 11 AS 122/19 B ER

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird der sog. „Stinkefinger“ gezeigt, kann dies ein Verstoß gegen das zum Zweck des Gewaltschutzes ausgesprochene Verbot sein, mit der geschützten Person in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen. In diesem Fall kann ein Ordnungsmittel verhängt werden.

Das musste sich ein Mann vor dem Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken sagen lassen. Er hatte dem Antragsteller und dessen Frau (der Mutter des gemeinsamen Kindes) bei einem zufälligen Zusammentreffen den sog. „Stinkefinger“ (Faust mit nach oben gestrecktem Mittelfinger) gezeigt. Damit hat er gegen das ihm gegenüber durch einstweilige Anordnung des Amtsgerichts ausgesprochene Verbot verstoßen, mit den Antragstellern in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen. Es handelte sich, wie die Antragsteller zu Recht geltend machen, um eine Kontaktaufnahme durch körperliche Gestik.

Es war daher ein Ordnungsmittel zu verhängen. Das Gericht hält ein Ordnungsgeld für ausreichend, das sich mit 100 EUR im unteren Bereich des gesetzlichen Rahmens von 5 bis zu 250.000 EUR bewegt. Es handelte sich um einen erstmaligen und weniger gewichtigen Verstoß. Für diesen scheint der genannte Betrag ausreichend. Dabei wurde bereits berücksichtigt, dass bei dem Vorfall das gemeinsame 7-jährige Kind anwesend war.

Quelle: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.4.2019, 6 WF 44/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Liegen schwerwiegende Gründe vor, kann jeder Wohnungs- oder Teileigentümer von einem anderen Miteigentümer die Abänderung der Stimmkraftregelung gem. Teilungserklärung, d. h. den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung, verlangen.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) hin. Er bejahte solche schwerwiegenden Gründe in einem Fall, in dem der Bauträger einer Wohnanlage von den vier geplanten Häusern nur zwei errichtet hatte: Auf die nicht errichteten Wohnungs- und Teileigentumseinheiten entfiel entsprechend dem Wohnflächenanteil ein Stimmanteil von 48 Prozent. Dies könne dazu führen, dass in wichtigen Angelegenheiten die übrigen Eigentümer letztlich fremdbestimmt werden durch einen Eigentümer mit faktischer Mehrheitsmacht, der gar keine Wohnungen hat. Daher könne das Stimmrecht maßvoll und vorübergehend bis zur Fertigstellung der verbleibenden Sondereigentumseinheiten beschränkt werden.

Quelle: BGH, Urteil vom 18.1.2019, V ZR 72/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Bei der Änderungskündigung ist Voraussetzung für die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung, dass der geltend gemachte Kündigungsgrund geeignet ist, die angestrebte Vertragsänderung zu rechtfertigen. Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist deshalb zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den gekündigten Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist.

Hierauf weist eine Entscheidung des Landearbeitsgerichts (LAG) Hessen hin. Darin wird der Prüfungsvorgang wie folgt präzisiert: Notwendig ist ein organisatorisches Konzept, aus dem sich das Bedürfnis nach Änderungen der Arbeitsbedingungen ergibt, also eine „konzeptionelle Unternehmerentscheidung“. Auch bei der betriebsbedingten Änderungskündigung unterliegt die ihr zugrunde liegende Unternehmerentscheidung nur einer Rechts- und Missbrauchskontrolle. Es ist jedoch zu prüfen, ob die Organisationsänderung eine Beendigungs- oder Änderungskündigung notwendig macht, und ob das unternehmerische Konzept nicht mit anderen Maßnahmen realisiert werden kann, ohne dass hierdurch die Organisationsentscheidung selbst einer inhaltlichen Prüfung unterliegt.

Quelle: LAG Hessen 5.12.18, 6 Sa 1103/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Ist ein Tiefgaragenstellplatz sehr eng, kann er mangelhaft sein.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig. In dem Rechtsstreit hatte der Kläger von einem Bauträger eine Eigentumswohnung mit einem Tiefgaragenstellplatz erworben, der allein rund 20.000 EUR gekostet hatte. Der Stellplatz maß an der engsten Stelle nur 2,50 m. Damit war er nach Ansicht des Klägers zu schmal zum mühelosen Einparken. Der Kläger verlangte daher vom Bauträger zwei Drittel des Kaufpreises für den Stellplatz zurück.

Die Richter am OLG gaben dem Kläger recht. Sie hielten den Tiefgaragenstellplatz für mangelhaft. Vorliegend fehle die für den Stellplatz vereinbarte Beschaffenheit. Angesichts der Gesamtumstände der verkauften Wohnung, wie z. B. Preis und Lage, gehöre hier dazu, dass ein Durchschnittsfahrer den Abstellplatz zumindest mit einem gehobenen Mittelklassefahrzeug in zumutbarer Weise nutzen könne.

Der gerichtliche Sachverständige habe anhand von Parkversuchen und Berechnungen festgestellt, dass auf dem Stellplatz weder vorwärts noch rückwärts eingeparkt werden könne, wenn der Fahrer vorwärts auf den Parkplatz zufahre. Nur wenn ein Fahrer entweder 58 m vom Eingang der Tiefgarage bis zu seinem Stellplatz rückwärtsfahre oder aber in der 6 m breiten Fahrgasse wende, sei ein Parken auf dem Stellplatz möglich. Beides sei ihm, so das Gericht, aber nicht zumutbar.

Ob der Stellplatz gemäß den Regelungen der Niedersächsischen Garagen- und Stellplatzverordnung errichtet worden sei, sei für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht wesentlich. Es komme allein darauf an, ob der Garagenstellplatz seine Funktion erfülle. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Richter hielten eine Wertminderung von zwei Drittel des Kaufpreises für angemessen. Der Stellplatz könne für die weit überwiegende Zahl von Personenkraftwagen nur eingeschränkt genutzt werden.

Quelle: OLG Braunschweig, Urteil vom 20.6.2019, 8 U 62/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht