Werden mehrere Bewerber um das Amt des Verwalters zur Wahl gestellt, muss über jeden Kandidaten abgestimmt werden, sofern nicht ein Bewerber die absolute Mehrheit erreicht und die Wohnungseigentümer nur eine Ja-Stimme abgeben können.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Bei der Wahl des Verwalters standen neben der bisherigen Verwalterin drei weitere Bewerber zur Verfügung. Bei der Abstimmung über den Beschlussvorschlag 1 entfielen auf die Ja-Stimmen 463,40/1.000 Miteigentumsanteile und auf die Nein-Stimmen 382,25/1.000 Miteigentumsanteile sowie 89,70/1.000 Miteigentumsanteile auf Enthaltungen. Der Versammlungsleiter stellte daraufhin fest, dass die bisherige Verwalterin wiedergewählt sei und es daher keiner weiteren Abstimmungen bedürfe.

Diese Vorgehensweise hielt der BGH für unwirksam. Bedingt durch den vorzeitigen Abbruch des Wahlaktes fehle es an der notwendigen Stimmenmehrheit. Würden die Stimmenthaltungen nicht mitgezählt, wäre zwar die bisherige Verwalterin wiedergewählt. Dieses Abstimmungsergebnis genüge aber nicht, da mehrere Kandidaten zur Wahl gestanden hätten. Es sei nicht auszuschließen, dass alle diejenigen, die sich bei dem ersten Kandidaten enthalten oder gegen ihn gestimmt hätten, sich für einen anderen Kandidaten entschieden hätten, auf diesen also mehr Stimmen entfallen wären als auf den ersten Kandidaten. Bei der gewählten Vorgehensweise sei das Ergebnis ein zufälliges, denn es hänge davon ab, über welchen Vorschlag zuerst abgestimmt werde.

Quelle: BGH, Urteil vom 18.1.2019, V ZR 324/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Fingiert der Arbeitgeber Kündigungsgründe, um unliebsame Betriebsratsmitglieder aus dem Betrieb zu entfernen, muss er den Betroffenen Entschädigung leisten.

Das schrieb das Arbeitsgericht Gießen einem Arbeitgeber ins Stammbuch und verurteilte ihn, einer ehemaligen Mitarbeiterin eine Entschädigung in Höhe von 20.000 EUR wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu zahlen.

Die Kammer sah es nach der Beweisaufnahme als erwiesen an, dass der Betreiber von Senioreneinrichtungen im Jahr 2012 ein Strategiekonzept entwickelt hatte, um unliebsame Betriebsratsmitglieder aus dem Betrieb zu entfernen. Danach sollten eingeschleuste Lockspitzel die Betriebsratsmitglieder in Verruf bringen, Kündigungsgründe provozieren und erfinden. Ein als Zeuge vernommener Detektiv bestätigte den Vorwurf, man habe der Arbeitnehmerin einen Verstoß gegen das betriebliche Alkoholverbot untergeschoben, um ihre fristlose Kündigung gerichtlich betreiben zu können. Zur strategischen Umsetzung habe auch gehört, dass die Kollegin der Betroffenen, die Betriebsratsvorsitzende, von zwei weiteren Detektiven durch Beschimpfen und Bespucken zu Tätlichkeiten provoziert werden sollte. Als diese nicht zuschlug, verletzte einer der Detektive den anderen und bezichtigte die Betriebsratsvorsitzende dieser Tätlichkeiten.

Das Gericht sah in dieser strategischen Vorgehensweise des Arbeitgebers eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung. Diese rechtfertige eine Entschädigung in der entsprechenden Höhe.

Quelle: Arbeitsgericht Gießen, Urteil vom 16.5.2019, 3 Ca 433/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Die Kfz-Zulassungsbehörde durfte das Auto-Kennzeichen „HH 1933“ einziehen. Es erinnert an die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ist daher sittenwidrig.

Das hat das   entschieden. Das Straßenverkehrsamt des Kreises Viersen hatte das Kennzeichen „HH 1933“ zunächst als Wunschkennzeichen vergeben. Auf eine Bürgerbeschwerde zog es das Kennzeichen jedoch wieder ein. Dagegen wandte sich der Fahrzeughalter im Wege der Klage und eines Eilrechtschutzverfahrens.

Das VG hat im Eilrechtsschutzverfahren festgestellt, dass das Straßenverkehrsamt bei der Einziehung des Kennzeichens rechtmäßig gehandelt hat. Der durchschnittliche Bürger assoziiere „HH 1933“ mit dem Nationalsozialismus im Dritten Reich. 1933 sei das Jahr, das zeitgeschichtlich für die Machtergreifung der Nationalsozialisten stehe, und „HH“ sei eine Abkürzung des im Dritten Reich üblichen Grußes „Heil Hitler“, der in der rechtsextremistischen Szene verwendet werde.

Nur soweit das Straßenverkehrsamt den Halter zugleich dazu verpflichtet hat, die alten Kennzeichen entwerten und neue prägen und anbringen zu lassen, ist die Behörde nach Auffassung des Gerichts zu weit gegangen. Die Fahrzeug-Zulassungsverordnung sehe nicht vor, die Behebung von Mängeln des Fahrzeugs mit Befehl und Zwang durchzusetzen. Ob der Halter den Wagen mit einem neuen Kennzeichen ausstatte, entscheide er allein. Ohne neues Kennzeichen könne das Straßenverkehrsamt den Wagen allerdings stilllegen. Er dürfe dann auf öffentlichen Straßen nicht mehr gefahren werden.

Quelle: VG Düsseldorf, Beschluss vom 30.4.2019, 6 L 175/19, Abruf-Nr. 209636 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Zahnersatz im Ausland kann eine preiswerte Alternative sein. Wurde die Behandlung aber zuvor nicht von der Krankenkasse genehmigt, kann die Auslandsreise für den Betroffenen sehr teuer werden.

Das zeigt eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen im Fall einer Frau, die große Brücken im Ober- und Unterkiefer brauchte. Der Heil- und Kostenplan ihres Helmstedter Zahnarztes belief sich auf 5.000 EUR. Die Kasse bewilligte den Festzuschuss von 3.600 EUR. Um keinen Eigenanteil zahlen zu müssen, ließ die Frau die Behandlung in Polen für 3.300 EUR durchführen. Die Rechnung reichte sie danach bei ihrer Krankenkasse ein. Die Kasse erstattete aber nur die Kosten für die Brücke im Oberkiefer. Für den Unterkiefer lehnte sie die Erstattung ab, da die Brücke nicht den in Deutschland geltenden Qualitäts- und Konstruktionskriterien entsprach. Dies ergab sich aus einem Gutachten des Medizinischen Dienstes (MDK).

Das LSG hat die Klage der Frau abgewiesen. Ob die Brücke mangelhaft war, spielte dabei keine Rolle. Entscheidend hat das Gericht vielmehr darauf abgestellt, dass die Auslandsbehandlung nicht zuvor von der Krankenkasse genehmigt wurde. Hierfür hätte ein Heil- und Kostenplan der polnischen Praxis vorgelegt werden müssen. Der Plan der Helmstedter Praxis ersetze dies nicht. Zwar könne ein Patient sich auch im EU-Ausland behandeln lassen. Gleichwohl müsse er vor der Behandlung einen Heil- und Kostenplan des behandelnden Zahnarztes vorlegen. Das Verfahren zur Prüfung des Heil- und Kostenplans gelte unterschiedslos im Inland wie im Ausland. Die Kasse müsse vor einer Auslandsbehandlung die Möglichkeit haben, den vorgesehenen Zahnersatz auf Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu überprüfen und ggf. auch begutachten zu lassen. Wenn diese Möglichkeit nicht besteht, sei der Anspruch des Patienten ausgeschlossen.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 14.5.2019, L 4 KR 169/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Familiengericht muss den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich auch dann regeln, wenn sich die Eheleute formwirksam auf einen von der gesetzlichen Regelung abweichenden Ausgleich geeinigt haben.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. im Fall eines Ehepaares, das sich einvernehmlich scheiden lassen wollte. Die Eheleute hatten bereits vorgerichtlich eine notarielle Vereinbarung auch zum Versorgungsausgleich getroffen. Das Familiengericht hat die Ehe geschieden und entschieden, dass kein Versorgungsausgleich durch gerichtliche Entscheidung stattfinde. Hiergegen hatten die Versorgungsträger Rechtsmittel eingelegt.

Das OLG hat den Beschluss zum Versorgungsausgleich aufgehoben und die Sache an das Familiengericht zurückverwiesen. Die Richter stellten dazu fest: Entscheidet das Familiengericht, dass kein Versorgungsausgleich stattfindet, und entspricht dies materiell-rechtlich nicht der gesetzlichen oder von den Beteiligten vereinbarten Rechtslage, haben die Versorgungsträger ein Beschwerderecht.

In der Sache selbst ist das Amtsgericht einem Irrtum unterlegen, indem es davon ausging, dass die Eheleute den vereinbarten Versorgungsausgleich selbst durchführen können. Eine Übertragung von Anrechten durch interne Teilung kann ebenso wie die Begründung von Anrechten durch externe Teilung allein durch richterlichen Gestaltungsakt erfolgen. Die Entscheidung des Amtsgerichts zum Versorgungsausgleich war daher aufzuheben. Der Scheidungsausspruch ist davon nicht betroffen. Der Versorgungsausgleich muss nunmehr gerichtlich durchgeführt werden. Ob dabei die notarielle Vereinbarung der Ehegatten einer Inhaltskontrolle standhält und Grundlage für den Versorgungsausgleich sein kann, kann erst beurteilt werden, wenn sämtliche aktuellen Auskünfte der Versorgungsträger vorliegen.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 24.1.2019, 2 UF 266/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Weigert sich der Mieter, die Beseitigung von Mängeln durch den Vermieter, dessen Mitarbeiter oder von diesem beauftragte Handwerker zu dulden, hat das weitreichende Folgen.

Das stellte jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) fest. Die Richter machten deutlich, dass der Mieter ab diesem Zeitpunkt wegen der Mängel zu keiner weiteren Minderung berechtigt ist.

• Von Mieten, die ab diesem Zeitpunkt fällig werden, ist kein Einbehalt mehr zulässig.
• Auch für die Vergangenheit entfällt ein etwaiges Zurückbehaltungsrecht, sodass einbehaltene Beträge sofort nachzuzahlen sind.

Den Einwand des Mieters, er habe die Mangelbeseitigung verweigert, um in einem anderen Rechtsstreit über rückständige Miete (hier: Prozess mit dem Rechtsvorgänger des Vermieters) den bestehenden mangelhaften Zustand beweisen zu können, lässt der BGH nicht gelten. Diese Mängel hätten, bevor sie beseitigt werden, leicht durch Fotos oder durch Zeugnis der reparierenden Handwerker oder sonstiger Zeugen bewiesen werden können.

Quelle: BGH, Urteil vom 10.4.19, VIII ZR 12/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Ist das Arbeitsverhältnis beendet, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass eine in seiner Personalakte befindliche Abmahnung entfernt wird.

So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen-Anhalt. Das folge aus der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Diese gebe der betroffenen Person das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass ihre personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht werden, wenn u. a. die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind. Zu den personenbezogenen Daten gehöre auch die Personalakte des Arbeitnehmers und entsprechend die Abmahnung.

Hier waren die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der Arbeitgeber noch ein Interesse daran hat, das Abmahnungsschreiben in der Personalakte des Arbeitnehmers zu behalten. Mit einer Abmahnung übt ein Arbeitgeber sein arbeitsvertragliches Gläubigerrecht in doppelter Hinsicht aus. Zum einen weist er den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rüge und Dokumentationsfunktion). Zum anderen fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragsgetreuen Verhalten auf und kündigt, sofern ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion). Diese Warnfunktion entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist. Hinsichtlich der Rüge- und Dokumentationsfunktion könnte der Arbeitgeber noch ein Interesse am Erhalt der Abmahnung haben, soweit dies zur Abwehr von etwaigen Ansprüchen des Arbeitnehmers oder zur Begründung eigener Ansprüche gegen den Arbeitnehmer erforderlich erscheint. Im vorliegenden Fall sind solche Gründe offensichtlich nicht gegeben. Zwischen den Parteien bestehen keine weiteren arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen, bei denen es für den Arbeitgeber dienlich sein könnte, die Abmahnung noch heranziehen zu können.

Quelle: LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.11.2018, 5 Sa 7/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Hat der Auftraggeber einen Architekten mit der Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4) beauftragt, nimmt er dessen Leistung ab, wenn er die Planungsunterlagen im Rahmen des Baugenehmigungsantrags einreicht und die Schlussrechnung vorbehaltlos zahlt.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln klargestellt. Ob das Bauamt auf der Grundlage der genehmigungsfähigen Planungsunterlagen auch tatsächlich eine Baugenehmigung erteilt, fällt ohne abweichende Vereinbarung in die Risikosphäre des Auftraggebers. Dieser muss ggf. seinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung öffentlich-rechtlich durchsetzen.

Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 21.2.2019, 16 U 140/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Das Amtsgericht München verurteilte einen 24-jährigen Mann wegen einer fahrlässigen und fünf vorsätzlichen Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von insgesamt 1.504 EUR und zu einem dreimonatigen Fahrverbot.

Der Mann war am 23.5.2018 zwischen 0.00 und 1.27 Uhr mit seinem Pkw in München unterwegs. In der Zeit wurde er innerorts elfmal wegen überhöhter Geschwindigkeit geblitzt. Er war dabei zwischen 34 und 64 km/h zu schnell. Der Mann machte zunächst keine Angaben zur Sache. Das Gericht hörte die zuständigen polizeilichen Messbeamten, verlas Messprotokolle und Eichscheine und sah die gefertigten Licht- und Messbilder ein. Über seinen Verteidiger ließ der Mann schlussendlich die Fahrereigenschaft einräumen.

Die zuständige Strafrichterin ist zugunsten des Betroffenen hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitungen Nr. 1 und Nr. 2 von Fahrlässigkeit ausgegangen. Sie verwies darauf, dass aber spätestens ab der Geschwindigkeitsüberschreitung Nr. 3 von Vorsatz ausgegangen werden muss. Dies ergibt sich daraus, dass der Betroffene während eines Zeitraums von 00.19 Uhr bis 00.33 Uhr zwei Geschwindigkeitsüberschreitungen von 34 und 39 km/h vorgenommen hat. Daraus ist ersichtlich, dass er am Tattag während der insgesamt über eine Stunde dauernden Fahrt sich bewusst an keine Geschwindigkeitsbeschränkung innerhalb des Stadtgebiets München gehalten hat und damit die Geschwindigkeitsüberschreitungen zumindest billigend in Kauf nahm. Spätestens nach den ersten 14 Minuten Fahrtstrecke ist dieser Entschluss auch hinreichend deutlich nach außen in Erscheinung getreten, dass von einem vorsätzlichen Verhalten ausgegangen werden kann.

Da einige Geschwindigkeitsüberschreitungen zeitlich jeweils innerhalb weniger Minuten begangen wurden, ist das Gericht zugunsten des Betroffenen jeweils von Tateinheit ausgegangen. Für diese „zusammengefassten“ Taten wurde jeweils die im Bußgeldkatalog vorgesehene Regelbuße festgesetzt.

Die einzelnen Regelbußen hätten zusammengerechnet eine Summe von 3.760 EUR ergeben. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen hat das Gericht sich entschlossen, von diesen Sätzen lediglich jeweils 40 Prozent in Ansatz zu bringen. Somit ergebe sich der Bußgeldbetrag von 1.504 EUR. Außerdem wurde ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt. Dieses konnte im Hinblick der Vielzahl der Geschwindigkeitsüberschreitungen sowie die Vorahndungen des Betroffenen nicht reduziert werden. Der Betroffene hatte bereits am 13. und 20.5.2018 Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen, für die er zwischenzeitlich ebenfalls Bußgelder und Fahrverbote erhalten hat.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 1.3.2019, 953 OWi 435 Js 216208/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Der Betreiber eines öffentlichen Schwimmbads ist nicht verpflichtet, die Besucher vor Gefahren zu warnen, die sich beim Schwimmen oder Tauchen ohne ausreichende Sicht ergeben können.

Das folgt aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Coburg im Fall eines Mannes, der das „Spaßbecken“ eines öffentlichen Schwimmbads besucht hatte. Dort war er längere Zeit durch das Becken getaucht. Beim Auftauchen im Bereich der Kinderrutsche übersah er den Rutschenauslauf. Er stieß mit dem Kopf dagegen und zog sich dabei eine Platzwunde zu. Weil der Betreiber des Schwimmbads ihn nicht vor der Rutsche als einer Gefahrenquelle gewarnt hatte, verlangte der Mann nun Schmerzensgeld. Außerdem wollte er weitere Kosten erstattet haben, insgesamt eine knapp vierstellige Summe. Diese Forderung wies der Schwimmbadbetreiber zurück. Schließlich habe sich der Mann beim Tauchen ohne die erforderliche Sicht auf Gegenstände im und am Wasser selbst in Gefahr begeben.

Das Amtsgericht Coburg konnte weder die Verletzung vertraglicher Schutzpflichten noch eine Verkehrssicherungspflichtverletzung erkennen und wies die Klage ab. Danach muss zwar grundsätzlich derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft, alles Notwendige und Zumutbare tun, um Schäden anderer zu verhindern. Das gilt auch für den Betreiber eines Schwimmbads. Allerdings geht diese Verkehrssicherungspflicht nicht so weit, dass jede Gefahr und damit jede Schädigung ausgeschlossen werden muss. Ausreichend ist vielmehr, einen verständigen, umsichtigen, vorsichtigen und gewissenhaften Schwimmbadbesucher vor Schäden zu bewahren.

Diesen Pflichten hatte der Schwimmbadbetreiber hier aber genügt. Insbesondere entsprach die Rutsche den maßgeblichen DIN-Vorschriften. Für seine Behauptungen, der Auslauf der Rutsche sei besonders scharfkantig und dort hätten sich schon in der Vergangenheit Besucher verletzt, hatte der Schwimmer einen Beweis nicht bzw. erst zu spät angeboten. Zu einer Warnung der Schwimmbadbesucher, im Bereich der Rutsche nicht ohne ausreichende Sicht zu schwimmen oder zu tauchen, war aber der Badbetreiber nach dem Urteil des Amtsgerichts nicht verpflichtet. Die Gefahr, sich beim Schwimmen oder Tauchen ohne entsprechende Sicht verletzen zu können, kann ein umsichtiger und vorsichtiger Badegast nämlich ohne Weiteres selbst erkennen. Schließlich ist der Besucher auch selbst dafür verantwortlich, dort wo er taucht, sein Umfeld zu beobachten.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Coburg zeigt erneut, dass nicht für jeden eingetretenen Schaden die Schuld bei anderen zu suchen ist. Wer sich im öffentlichen Bereich bewegt, muss vielmehr selbst vorausschauend und umsichtig agieren, um offensichtlichen Gefahrenquellen auch ohne gesonderten Hinweis von selbst ausweichen zu können.

Quelle: Amtsgericht Coburg, Urteil vom 29.1.2018, 11 C 1432/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl