Bei der Frage, wann in einem Hotel auf eine mögliche Rutschgefahr hingewiesen werden muss, kommt es auch darauf an, ob die baulichen Verhältnisse den maßgeblichen örtlichen Bauvorschriften entsprechen.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Reisenden hin. Der Mann ist linksseitig oberschenkelamputiert, trägt eine Prothese und ist auf eine Unterarmstütze angewiesen. Der Mann hatte eine Pauschalreise nach Lanzarote gebucht. Am Tag nach der Ankunft geriet er beim Verlassen des Hotels zu Fall, als er die regennasse Rollstuhlrampe vor dem Hoteleingang zu Fuß passieren wollte. Bei dem Sturz erlitt er eine Handgelenksfraktur. Er verklagte daraufhin das Reiseunternehmen unter anderem auf Rückzahlung des Reisepreises, Ersatz materieller Schäden, Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit und Schmerzensgeld. Damit blieb er in den ersten beiden Instanzen jedoch ohne Erfolg.

Der BGH hat die zweitinstanzliche Entscheidung aufgehoben und das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses wird im weiteren Prozessverlauf klären müssen, ob der Bodenbelag der Rollstuhlrampe den für die Hotelanlage maßgeblichen örtlichen Bauvorschriften entsprach. Das Berufungsgericht hielt diese Frage für nicht entscheidungserheblich. Es sei ausreichend, einen Hotelgast vor einer Rutschgefahr bei Nässe mit einem Warnschild zu warnen.

Das gelte nach Ansicht der Richter am BGH aber nur für den Fall, dass die Rollstuhlrampe den maßgeblichen örtlichen Bauvorschriften entsprach und damit den Sicherheitsstandard bot, den ein Hotelgast erwarten durfte. Sollte die Rollstuhlrampe diesem Standard nicht entsprochen haben, bestand hingegen eine besondere Gefährdungslage. Dann reiche ein Warnschild im Bereich der Rampe nicht aus.

Quelle: BGH, Urteil vom 14.1.2020, X ZR 110/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Versicherungsvertrag ist auch beendet, wenn der Versicherer die Kündigung des Versicherungsnehmers nicht bestätigt.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig deutlich gemacht. Der Versicherungsnehmer hatte eine Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Weil sein Fahrzeug im März 2016 bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden war, wollte er vom Versicherer Ersatz – obwohl er selbst den Versicherungsvertrag anderthalb Jahre zuvor gekündigt hatte.

Das OLG wies darauf hin, dass der Versicherer die Zahlung zu Recht abgelehnt hatte. Der Versicherungsvertrag sei aufgrund der Kündigung wirksam beendet worden. Der Versicherer habe weder gegenüber dem Versicherungsnehmer bestätigen müssen, dass er die Kündigung erhalten habe, noch dass er diese als wirksam anerkenne. Hätte der Versicherungsnehmer Zweifel hieran gehabt, hätte er selbst beim Versicherer nachfragen müssen. Der Versicherungsnehmer habe auch nicht durch späteres Verhalten gegenüber dem Versicherer zu erkennen gegeben, dass er den Versicherungsvertrag doch habe fortsetzen wollen. Insbesondere habe er auch keine weiteren Beiträge mehr gezahlt. Der Versicherer sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Versicherungsnehmer auf seinen fehlenden Versicherungsschutz hinzuweisen.

Quelle: OLG Braunschweig, Hinweisbeschluss vom 2.9.2019, 11 U 103/18, Abruf-Nr. 211898 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einem aggressiv gewalttätigen Verhalten im Jobcenter kann ein Hausverbot verhängt werden.

Diese Klarstellung traf das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) im Fall eines 56-jährigen Mannes, der im Jobcenter eine Heizkostenbeihilfe beantragen wollte. Im Laufe des Gesprächs kam es zu einem Disput. Dabei geriet der Mann in Wut, warf das Telefon des Sachbearbeiters in dessen Richtung und verrückte den Schreibtisch. Das Jobcenter verhängte daraufhin ein 14-monatiges Hausverbot. Der Mann habe mit seinem ungebührlichen, handgreiflichen Verhalten den Hausfrieden gestört. Zudem seien weitere Störungen zu befürchten. Zukünftige Anträge könnten schriftlich oder telefonisch gestellt werden. Demgegenüber bestand der Mann darauf, seine Anliegen ungehindert vortragen zu können. Er meinte, sein Verhalten sei nicht als nachhaltige Störung zu bewerten. Das Jobcenter wolle an ihm ein Exempel statuieren, da er sich schon mehrfach beschwert habe.

Das LSG hat das Hausverbot im Eilverfahren vorläufig bestätigt. Das Verhalten des Mannes störe den Dienstbetrieb nachhaltig. Es handele sich nicht mehr nur um eine deutliche Grenzüberschreitung. Vielmehr liege eine strafbare Handlung vor, die schon nach ihrem Wesensgehalt ein aggressives und bedrohliches Verhalten beinhalte. Damit werde mehr als deutlich die Grenze zu einem „schwierigen Besucher“ überschritten. Schon drei Jahre zuvor sei der Mann durch Drohungen im Jobcenter in Erscheinung getreten. Selbst wenn sein damaliges Verhalten zwar bedrohlich, aber noch nicht strafbar gewesen sein mag, reiche dies für ein Hausverbot dennoch aus. Denn prognostisch sei schon aufgrund des letzten Vorfalls mit weiteren Störungen zu rechnen. Dem Mann könne auch zugemutet werden, mit dem Jobcenter postalisch, telefonisch oder per E-Mail zu verkehren ohne die Diensträume zu betreten.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16.6.2019, L 11 AS 190/19 B ER

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Gastgeber einer Hochzeitsfeier müssen für das Servieren von Getränken an ihre Gäste selbst nicht zahlen, wenn zuvor mit dem Gastronomiebetrieb vereinbart worden war, dass nur bestimmte Spirituosen/Getränke angeboten werden sollen und die ausgeschenkten hiervon nicht umfasst sind.

Das musste sich ein Gastronom vor dem Amtsgericht Frankfurt a.M. sagen lassen. Er hatte einen Veranstaltungsraum für eine Hochzeitsfeier einschließlich gastronomischer Leistungen vermietet. Vereinbart war eine Getränkekostenobergrenze i.H.v. 5.000 EUR. Nach den Feierlichkeiten stellte der Gastronom dem Brautpaar den Maximalbetrag von 5.000 EUR in Rechnung. Die Brautleute wollten jedoch einen Teilbetrag von 1.022,50 EUR nicht bezahlen. Dieser war für die folgenden Getränke angefallen: Jackie Cola (416,50 EUR), Wodka Orange (289,00 EUR), Tequila (108,50 EUR), Gin Tonic (170,00 EUR), Sky Wodka (21,00 EUR) und Absolut Wodka (17,50 EUR). Daraufhin erhob der Gastronom Klage.

Das Amtsgericht Frankfurt a. M. kam nach einer Beweisaufnahme zu der Überzeugung, die Parteien hätten vereinbart, dass an Getränken lediglich Prosecco, Rotwein, Weißwein, Bier, Wodka Red Bull, Whisky Sour, Wasser und Säfte haben ausgeschenkt werden dürfen. Der Wortlaut der Getränkeabsprache sei hierbei eindeutig gewesen. Die Interpretation des Wirtes, dass auch „wesensgleiche“ Getränke erfasst seien, war daher nicht tragbar. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen hätte der Gastronom keinen weitergehenden Anspruch mehr.

Quelle: Amtsgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 3.9.2019, 31 C 376/19 (23)

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das unkontrollierte Umherlaufen von Hunden als Reaktion auf das Zusammentreffen mit anderen Hunden ist eine typische tierische Verhaltensweise. Daher haftet der Hundehalter, wenn infolge des so entstandenen „Hundegetümmels“ ein Schaden entsteht.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz kürzlich im Fall einer Frau entschieden, die ihre beiden Jack-Russell-Terrier an der Leine ausführte. Als sie am Grundstück des Beklagten vorbeiging, lief plötzlich dessen Hund vom Grundstück hinunter und auf die beiden Terrier zu. In der Folge entstand zwischen den Hunden ein „Getümmel“. Dabei stürzte die Klägerin, die weiterhin die Leinen ihrer Hunde festhielt. Sie zog sich hierbei eine Radiuskopffraktur zu. Wegen der erlittenen Verletzung und der hiermit einhergegangenen Einschränkungen forderte sie ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 6.000 EUR. Die Klägerin machte erstinstanzlich geltend, ihr Sturz sei durch den heranstürmenden Hund des Beklagten verursacht worden. Der Beklagte wandte unter anderem ein, die Klägerin habe sich in den Leinen der eigenen Hunde verheddert und sei hierdurch gestürzt.

Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, der Klägerin sei es nicht gelungen darzulegen, dass der Sturz auf das Verhalten des Hundes des Beklagten zurückzuführen sei. Vielmehr sei nicht auszuschließen, dass sich lediglich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht habe.

Dem sind die Richter am OLG entgegengetreten. Es sei unschädlich, dass die Klägerin nicht eingrenzen könne, weshalb sie letztlich zu Fall kam. Entscheidend sei, dass der Hund des Beklagten Auslöser des „Getümmels“ und der Sturz unmittelbare Folge dieses „Getümmels“ gewesen sei. Damit habe sich die von dem Hund ausgehende sogenannte Tiergefahr, das heißt die in dem unberechenbaren, instinktgesteuerten Verhalten des Tieres liegende Gefahr, in dem Sturz realisiert. Denn das unkontrollierte Umherlaufen von Hunden als Reaktion auf das Zusammentreffen mit anderen Hunden stelle eine in vorgenanntem Sinne typische tierische Verhaltensweise dar. Allerdings müsse sich die Klägerin die von ihren eigenen Hunden ausgehende und mitursächlich gewordene Tiergefahr anspruchsmindernd anrechnen lassen. Die Höhe des Mitverschuldens sei im konkreten Fall mit einem Drittel zu bewerten.

Quelle: OLG Koblenz, Urteil vom 9.12.19, 12 U 249/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat die Praxis der Doppelbescheidung durch Heranziehungsbescheid für rechtswidrig erklärt.

Wenn ein Ehegatte im Heim gepflegt werden muss, trägt das Sozialamt dem Grunde nach die Kosten. Bei der genauen Ermittlung der Kostenhöhe rechnet es das Einkommen der Eheleute auf die Heimkosten an und zahlt danach nur die ungedeckten Restkosten. Obwohl das Familieneinkommen bereits abgezogen wird, erlässt die Region Hannover zugleich gegenüber dem anderen Ehegatten einen Heranziehungsbescheid in Höhe des Einkommens.

Gegen einen solchen Bescheid hatte ein Mann geklagt, dessen Frau wegen einer Demenzerkrankung in einem Pflegeheim untergebracht werden musste. Die Eheleute hatten ein anrechenbares Einkommen von rund 890 EUR. Es verblieben ungedeckte Heimkosten von ca. 430 EUR. Auf dieser Grundlage erließ die Region einen Bewilligungsbescheid gegenüber der Frau und einen Heranziehungsbescheid gegenüber dem Mann.

Das LSG hat den Heranziehungsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Region für die Heranziehung keine Rechtsgrundlage habe. Hierzu hat sich der Senat auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum sog. Nettoprinzip gestützt. Nach diesem Grundsatz würden Leistungen nur in Höhe des Betrags gezahlt, der bestimmte Einkommensgrenzen überschreite. Für eine Heranziehung des Klägers sei daneben auch nach anderen Rechtsgrundlagen kein Raum, weil schon keine Leistungsgewährung nach dem sog. Bruttoprinzip, also eine vollständige Kostenübernahme durch die Beklagte gegen Kostenerstattung, erfolgt sei.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.1.2020, L 8 SO 109/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein als Maschineneinrichter tätiger Versicherungsnehmer, der für diese Tätigkeit eine dreieinhalbjährige Ausbildung als Industriemechaniker benötigt, kann wegen des unterschiedlichen Anforderungsprofils nicht auf den Beruf eines Lageristen verwiesen werden.

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Heidelberg. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass die Tätigkeit eines Lageristen eine reine Anlerntätigkeit ist. Sie erfordert keine spezielle Ausbildung. Gegen die Verweisbarkeit eines Mechanikers auf die Tätigkeit eines Lageristen spricht auch eine Einkommenseinbuße von etwa 30 Prozent.

Quelle: LG Heidelberg, Urteil vom 25.1.2019, 4 O 165/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wann und wie lange musiziert werden darf, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Es kommt dabei insbesondere auf das Ausmaß der Geräuscheinwirkung, die Art des Musizierens und die örtlichen Gegebenheiten an. Als grober Richtwert kann eine Beschränkung auf zwei bis drei Stunden an Werktagen und ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen dienen – jeweils unter Einhaltung üblicher Ruhezeiten.

Diese Eckwerte stellt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Streit unter Nachbarn auf. Geklagt hatte ein Mann, der im Nachtdienst arbeitete. Weil er tagsüber schlief, wollte er seinem Nachbarn das Musizieren verbieten lassen. Dieser war Berufsmusiker und übte zweimal die Woche auf seiner Trompete. Das Landgericht untersagte daraufhin dem Musiker, auf seinem Anwesen Instrumentalmusik zu spielen. Ausgenommen wurde davon nur das Dachgeschoss seines Hauses. Diese Entscheidung hob der BGH auf. Er traf folgende Klarstellungen:

• Das häusliche Musizieren einschließlich des dazugehörigen Übens gehört zu den sozialadäquaten und üblichen Formen der Freizeitbeschäftigung. Die daraus folgenden Geräuscheinwirkungen sind jedenfalls in gewissen Grenzen zumutbar. Sie gelten in diesem Rahmen als unwesentliche Beeinträchtigung des benachbarten Grundstücks. Insoweit hat ein Berufsmusiker, der sein Instrument im häuslichen Bereich spielt, nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte als ein Hobbymusiker und umgekehrt.

• Zwar lassen sich Geräuscheinwirkungen verhindern oder verringern, wenn Nebenräume wie ein Dachgeschoss- oder ein Kellerraum genutzt werden. Das rechtfertigt es jedoch nicht, dem Nachbarn das Musizieren in den Haupträumen seines Hauses gänzlich zu untersagen.

• Bei der Bestimmung der einzuhaltenden Ruhezeiten kommt es grundsätzlich nicht auf die individuellen Lebensumstände des Nachbarn an. Es ist insofern unerheblich, ob dieser im Nachtdienst arbeitet. Vielmehr sind beim häuslichen Musizieren die üblichen Ruhestunden in der Mittags- und Nachtzeit einzuhalten.

Quelle: BGH, Urteil vom 26.10.2018, V ZR 143/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Erwirbt der Versicherungsnehmer, nachdem sein versicherter Pkw gestohlen worden war, ein regelbesteuertes Neufahrzeug, ist der Wiederbeschaffungswert mit voller Umsatzsteuer (und nicht nur differenzbesteuert) jedenfalls dann zu erstatten, wenn gleichwertige Gebrauchtfahrzeuge überwiegend regelbesteuert werden.

So entschied es das Landgericht (LG) Wuppertal im Fall eines Mannes, dem der Pkw gestohlen worden war. Nach dem Gutachten des Versicherers betrug der Wiederbeschaffungswert 19.902,54 EUR und differenzbesteuert 20.400 EUR. Der Mann erwarb ein Neufahrzeug. Der Versicherer zahlt daraufhin 19.902,54 EUR zzgl. MwSt. aus. Anschließend berief er sich auf einen Irrtum und forderte den über 20.400 EUR gehenden Betrag zurück.

Mit seiner entsprechenden Klage hatte er vor dem LG keinen Erfolg. Nach Ansicht der Richter könne dahinstehen, ob der Auffassung zu folgen ist, nach der jedenfalls in den Fällen, in denen der Versicherungsnehmer ein regelbesteuertes Ersatzfahrzeug erwirbt, also in der Rechnung die Mehrwertsteuer mit (derzeit) 19 Prozent ausgewiesen wurde, der Versicherungsnehmer den Netto-Wiederbeschaffungswert zuzüglich des in der Rechnung konkret enthaltenen Mehrwertsteueranteils erhält und nur in den Fällen, in denen eine Ersatzbeschaffung unterblieben ist, zu klären ist, ob ein gleichwertiges Fahrzeug regel- oder differenzbesteuert hätte erworben werden können.

Denn auch, wenn man darauf abstellt, dass bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts immer der tatsächlich vorhandene Gebrauchtwagenmarkt zu berücksichtigen ist und jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen ist, ob der Schadensausgleich durch Erwerb eines differenzbesteuerten Fahrzeugs möglich gewesen wäre, bestünde im vorliegenden Fall ein Anspruch auf Ersatz der Mehrwertsteuer i. H. v. 19 Prozent. Denn der Versicherer muss als Bereicherungsgläubiger die Umstände darlegen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich die Voraussetzungen des Anspruchs ergeben. Vorliegend hätte er also nachweisen müssen, dass es dem Versicherungsnehmer zumutbar war, ein „lediglich“ differenzbesteuertes Fahrzeug zu erwerben, sodass er die gezahlte Mehrwertsteuer ohne Rechtsgrund erhielt. Dies hat der Versicherer bereits nicht hinreichend dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen.

Quelle: LG Wuppertal, Urteil vom 14.11.2019, 9 S 106/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Weist eine Werkstatt bei der Reparatur eines Pkw nicht auf weiteren Reparaturbedarf hin, muss sie ihrem Kunden Schadenersatz leisten.

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall einer Kfz-Werkstatt entschieden. Diese hatte ein Fahrzeug repariert und dabei umfangreiche Arbeiten am Motor durchgeführt. Unter anderem hatte sie alle hydraulischen Ventilspielausgleichselemente und einen Kettenspanner erneuert. Den Zustand der zu diesem Zeitpunkt bereits stark gelängten und austauschbedürftigen Steuerketten untersuchte sie jedoch nicht. Deshalb erlitt der Motor nach einigen hundert Kilometern einen Totalschaden.

Das OLG hat nun festgestellt, dass die Werkstatt den Zustand der Steuerketten hätte überprüfen und dem Kunden einen Austausch empfehlen müssen. Denn sie musste auch auf Unzulänglichkeiten an den Teilen des Fahrzeugs achten, mit denen sie sich im Zuge der durchgeführten Reparatur befasste und deren Mängel danach nicht mehr ohne Weiteres entdeckt und behoben werden konnten.

Wegen Verletzung dieser Prüf- und Hinweispflicht muss sie ihrem Kunden die ihm dadurch entstandenen Kosten für den Erwerb und Einbau eines Austauschmotors erstatten. Davon abzuziehen sind jedoch die Kosten, die dem Kunden ohnehin durch den Austausch der Steuerketten entstanden wären. Weil diese Kosten im konkreten Fall fast gleich hoch waren (jeweils rund 3.500 EUR), konnte der Kunde im Ergebnis nur den Nutzungsausfall (1.000 EUR) und die Kosten für ein zur Aufklärung privat eingeholtes Sachverständigengutachten verlangen (rund 2.400 EUR).

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.10.2019, I-21 U 43/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl