Täuscht der Verkäufer bewusst wahrheitswidrig vor, das Fahrzeug sei scheckheftgepflegt, kann der Käufer den Kaufvertrag anfechten.

So entschied es das Amtsgericht München und verurteilte den Autoverkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises von 4.500 EUR Zug um Zug gegen Übergabe des Mercedes Benz Sprinter. Der Beklagte hatte im Internet unter seinem Namen einen Gebrauchtwagen inseriert. Die Parteien einigten sich auf einen Preis von 4.500 EUR. Abends trafen sie sich in der Wohnung des Käufers. Dort war auch der Vater des Käufers zugegen. Unstreitig übergab der Beklagte bei diesem Treffen dem Käufer alle Fahrzeugpapiere und Schlüssel und überließ ihm auch das Fahrzeug selbst. Es wurde ein Kaufvertrag ausgefüllt und von beiden Parteien unterschrieben, vom Beklagten unter der Bezeichnung „Verkäufer“.

Der Käufer meint, der Beklagte selbst sei sein Vertragspartner gewesen. Von einer dahinterstehenden dritten Person sei nie die Rede gewesen. Der Käufer trägt weiter vor, bereits in der Internetanzeige sei gestanden, dass das Fahrzeug scheckheftgepflegt sei, und der Beklagte habe ihm dies auch bei den mündlichen Verkaufsgesprächen nochmals ausdrücklich versichert. Er habe den vereinbarten Kaufpreis an den Beklagten ausbezahlt, und zwar habe er ihm 4.500 EUR in bar in seiner Wohnung übergeben.

Der Beklagte ist der Auffassung, nicht er, sondern sein Vater sei Vertragspartner des Klägers, da dieser der Eigentümer des Fahrzeugs gewesen sei. Der Beklagte habe es nur in dessen Auftrag verkauft. Er habe auch kein Geld erhalten, insbesondere nicht in der Wohnung des Klägers. Das Fahrzeug sei ohne Garantie und Gewährleistung verkauft worden. Er habe nie behauptet, dass der Sprinter scheckheftgepflegt sei.

Die Richterin gab dem Kläger recht. Beide Parteien haben übereinstimmend vorgetragen, dass das Verkaufsinserat Namen und Kontaktdaten des Beklagten selbst enthielt und keinen Hinweis auf dessen Vater. Die Behauptung des Beklagten, er habe im Verkaufsgespräch gesagt, im Auftrag zu handeln, ist bestritten. Beweis hierfür hat er nicht angeboten. Der Beklagte hat auch den Kaufvertrag ausdrücklich mit dem Zusatz „Verkäufer“ unterschrieben. Er ist also selbst als Verkäufer und nicht nur als Vertreter aufgetreten.

Zusätzlich zur Aussage des Zeugen stützen weitere Indizien die Angabe des Käufers, dass die Geldübergabe stattgefunden hat. Erstens hat er durch Vorlage eines Kontoauszugs belegt, dass er an dem betreffenden Tag tatsächlich genau 4.500 EUR von seinem Konto abgehoben hat. Das belegt zwar nicht, dass auch eine Geldübergabe stattgefunden hat. Es handelt sich aber auch nicht um eine Summe, die man üblicherweise anlasslos abhebt. Zweitens spricht für die Übergabe des Geldes auch, dass der Beklagte dem Kläger bei derselben Gelegenheit sämtliche Fahrzeugpapiere, die Fahrzeugschlüssel und das Fahrzeug selbst überlassen hat. Hätte er dies ohne Geldübergabe getan, hätte er keinerlei Sicherheit mehr gehabt.

Der Zeuge habe glaubhaft bestätigt, dass das Onlineinserat die Angabe „scheckheftgepflegt“ enthielt. Bei der Eigenschaft der Scheckheftpflege handelt es sich um ein wesentliches wertbildendes Merkmal. Daher kann wegen arglistiger Täuschung angefochten werden, wenn wahrheitswidrig behauptet wird, ein Gebrauchtwagenfahrzeug sei scheckheftgepflegt.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 10.1.2018, 142 C 10499/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Werden Patienten fixiert, ist dies ein Eingriff in deren Grundrecht auf Freiheit der Person. Aus dem Freiheitsgrundrecht sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben sich strenge Anforderungen an die Rechtfertigung eines solchen Eingriffs: Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage muss hinreichend bestimmt sein. Sie muss den materiellen und verfahrensmäßigen Anforderungen genügen.

Hierauf wies das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hin. Die Richter machten deutlich, dass es  sich bei einer nicht nur kurzfristigen Fixierung um eine Freiheitsentziehung handelt. Dafür sieht das Grundgesetz (Art. 104 Abs. 2 GG) einen verfahrensrechtlichen Vorbehalt vor. Erforderlich ist, dass ein Richter darüber entscheidet. Aufgrund ihrer besonderen Eingriffsintensität ist die nicht nur kurzfristige Fixierung sämtlicher Gliedmaßen auch im Rahmen eines bereits bestehenden Freiheitsentziehungsverhältnisses als eigenständige Freiheitsentziehung zu qualifizieren. Sie löst den Richtervorbehalt abermals aus. Die Maßnahme ist also von einer richterlichen Unterbringungsanordnung nicht gedeckt. Aus dem Grundgesetz folgt daher ein Regelungsauftrag an den Gesetzgeber, verfahrensrechtliche Bestimmungen für die richterliche Anordnung freiheitsentziehender Fixierungen zu treffen.

Mit dieser Begründung hat das BVerfG auf zwei Verfassungsbeschwerden hin die einschlägige Vorschrift des Landes Baden-Württemberg für verfassungswidrig erklärt. Es hat bestimmt, dass der baden-württembergische und der bayerische Gesetzgeber – der bislang keine spezielle Rechtsgrundlage für Fixierungen erlassen hat – verpflichtet sind, bis zum 30.6.2019 einen verfassungsgemäßen Zustand herbeizuführen.

Quelle: BVerfG, Urteil vom 24.7.2018, 2 BvR 309/15, 2 BvR 502/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Werden Patienten fixiert, ist dies ein Eingriff in deren Grundrecht auf Freiheit der Person. Aus dem Freiheitsgrundrecht sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben sich strenge Anforderungen an die Rechtfertigung eines solchen Eingriffs: Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage muss hinreichend bestimmt sein. Sie muss den materiellen und verfahrensmäßigen Anforderungen genügen.

Hierauf wies das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hin. Die Richter machten deutlich, dass es  sich bei einer nicht nur kurzfristigen Fixierung um eine Freiheitsentziehung handelt. Dafür sieht das Grundgesetz (Art. 104 Abs. 2 GG) einen verfahrensrechtlichen Vorbehalt vor. Erforderlich ist, dass ein Richter darüber entscheidet. Aufgrund ihrer besonderen Eingriffsintensität ist die nicht nur kurzfristige Fixierung sämtlicher Gliedmaßen auch im Rahmen eines bereits bestehenden Freiheitsentziehungsverhältnisses als eigenständige Freiheitsentziehung zu qualifizieren. Sie löst den Richtervorbehalt abermals aus. Die Maßnahme ist also von einer richterlichen Unterbringungsanordnung nicht gedeckt. Aus dem Grundgesetz folgt daher ein Regelungsauftrag an den Gesetzgeber, verfahrensrechtliche Bestimmungen für die richterliche Anordnung freiheitsentziehender Fixierungen zu treffen.

Mit dieser Begründung hat das BVerfG auf zwei Verfassungsbeschwerden hin die einschlägige Vorschrift des Landes Baden-Württemberg für verfassungswidrig erklärt. Es hat bestimmt, dass der baden-württembergische und der bayerische Gesetzgeber – der bislang keine spezielle Rechtsgrundlage für Fixierungen erlassen hat – verpflichtet sind, bis zum 30.6.2019 einen verfassungsgemäßen Zustand herbeizuführen.

Quelle: BVerfG, Urteil vom 24.7.2018, 2 BvR 309/15, 2 BvR 502/16, Abruf-Nr. 202573 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Im Falle der Insolvenz eines Reiseveranstalters sind auch Reisegutscheine im Rahmen einer Reisepreisversicherung abgesichert.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Frankfurt a. M. im Fall einer Frau, die einen Reisegutschein im Wert von 438 EUR für eine Flugreise nach Rom erworben hatte. Sie erhielt eine Buchungsbestätigung und einen Sicherungsschein, der den beklagten Versicherer als Reisepreisversicherer auswies. Die Reiseveranstalterin teilte der Frau vor der Abreise mit, dass ihre Reise storniert werde. Über das Vermögen der Reiseveranstalterin sei nämlich das Insolvenzverfahren angeordnet worden. Daraufhin nahm die Frau den Versicherer als Reisepreisversicherer in Anspruch.

Der Versicherer meinte, es läge kein Versicherungsfall vor. Die Frau habe nämlich keine Reise bezahlt, sondern diese lediglich mit einem Gutschein bezahlt. Der Versicherer ist der Ansicht, dass nur ein tatsächlich gezahlter Reisepreis am Schutz der Kundengeldabsicherung teilnehme. Reisegutscheine und Rabatte seien hiervon nicht umfasst, da ihnen eine Zahlung nicht gegenüberstünde.

Das Amtsgericht sah das jedoch anders und hat der Klage in vollem Umfange stattgegeben. Eine Reisepreisabsicherung bezwecke, den konkreten Schaden abzudecken, wenn eine Insolvenz des Reiseveranstalters eintritt. Wenn ein Reiseveranstalter und ein Reisepreisabsicherer einen Gutschein als Zahlung gemäß § 364 BGB akzeptierten, dann stehe dieser Gutschein einer Zahlung gleich. Entsprechend müsse der Reisepreisversicherer im Insolvenzfall auch zahlen wie bei einer direkten Zahlung.

Quelle: Amtsgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 22.2.2018, 30 C 3256/17 (71)

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ändert der Versicherungsnehmer seine Bankverbindung, muss er dem Versicherer die neue Kontonummer so frühzeitig mitteilen, dass unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme durch den zuständigen Mitarbeiter des Versicherers vor der anstehenden Zahlungsanweisung gerechnet werden kann.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschieden. Zugrunde lag folgende Konstellation:

Der Versicherungsnehmer hatte einem Dritten am 7.12.11 eine Einziehungsermächtigung/Inkassovollmacht erteilt. Mit Schreiben vom 20.12.11 kündigte der Dritte die Lebensversicherung in seinem Namen und verlangte, „jedwedes Guthaben“ auf sein Konto auszuzahlen. Der Versicherer erklärte dem Versicherungsnehmer mit Schreiben vom 3.1.12, er erkenne die Kündigung zum 1.2.12 an. Mit Telefax vom 25.1.12 forderte der Versicherungsnehmer den Versicherer auf, den Auszahlungsbetrag auf sein Konto bei der T.-Bank zu überweisen. Der Versicherer überwies den Rückkaufswert auf das Konto des Dritten. Darüber informierte er den Versicherungsnehmer mit Schreiben vom 1.2.12. Der Versicherungsnehmer forderte den Versicherer am 3.2.12 auf, den Betrag erneut an ihn auszuzahlen. Mit diesem Wunsch kam er nicht durch.

Das OLG sieht einen Verstoß des Versicherungsnehmers gegen eine Nebenpflicht darin, dass er dem Versicherer das neue Empfängerkonto lediglich 5 Tage vor der Fälligkeit unter einer allgemeinen Servicenummer des VR mitgeteilt hat. Nennt der Versicherungsnehmer ein neues Empfängerkonto für die Überweisung, muss er weitaus früher seine Kontonummer mitteilen oder zumindest in seiner Mitteilung auf die Dringlichkeit wegen der bevorstehenden Fälligkeit hinweisen.

Quelle: OLG Köln, Urteil vom 22.4.2016, 20 U 210/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Betreiber einer Waschstraße hat die Pflicht, seine Kunden in geeigneter und ihm zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln zu informieren. Tut er dies nicht und kommt es daher wegen des Fehlverhaltens eines Kunden zu einem Schaden, haftet der Betreiber auf Schadenersatz.

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Autofahrers, der seinen BMW in einer Waschstraße waschen lassen wollte. Es handelte sich um eine vollautomatisierte Anlage. Die Fahrzeuge werden während des Waschvorgangs von einem Schleppband mit einer geringen Geschwindigkeit gezogen. Dabei befinden sich die linken Räder auf der Fördereinrichtung, während die rechten Räder frei über den Boden laufen. Vor dem BMW befand sich ein Mercedes, hinter dem BMW befand sich ein Hyundai. Während des Waschvorgangs betätigte der Fahrer des Mercedes grundlos die Bremse, wodurch dieses Fahrzeug aus dem Schleppband geriet und stehenblieb, während der BMW sowie der dahinter befindliche Hyundai weitergezogen wurden. Hierbei wurde der BMW auf den Mercedes und der Hyundai auf den BMW geschoben.

Das Amtsgericht hat den Betreiber der Waschanlage zum Schadenersatz verurteilt. Auf dessen Berufung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der BGH hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. 

Bei einem Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeugs besteht die Schutzpflicht des Betreibers der Waschstraße, das Fahrzeug des Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren. Dabei kann allerdings nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden. Es sind nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Umständen erforderlich und zumutbar sind. Die Zumutbarkeit von Sicherungsvorkehrungen bestimmt sich dabei unter Abwägung der Wahrscheinlichkeit der Gefahrverwirklichung, der Gewichtigkeit möglicher Schadensfolgen und der Höhe des Kostenaufwands, der mit den Sicherungsvorkehrungen einhergeht. Zu den gebotenen Sicherungsvorkehrungen kann auch die Erfüllung von Hinweispflichten gehören.

Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts sind technische Sicherungsvorkehrungen, die ein Auffahren bei einem Bremsvorgang eines vorausfahrenden Fahrzeugs verhindern, bei Waschstraßen nicht üblich. Zudem ist eine ununterbrochene Überwachung der Anlage, sei es durch den Einsatz von Videoanlagen oder durch Mitarbeiter, die neben dem Schleppband mitlaufen, wegen des damit verbundenen technischen und personellen Aufwands nicht zumutbar und unverhältnismäßig. 

Der Schutz der Rechtsgüter der Benutzer erfordert es, dass von dem Betreiber der Waschstraße nicht nur die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangt wird. Sind Schädigungen zu besorgen, wenn die Kunden bei der Nutzung der Anlage – zwar selten, aber vorhersehbar – nicht die notwendigen Verhaltensregeln einhalten, muss der Betreiber in geeigneter Weise darauf hinwirken, dass kein Fehlverhalten vorkommt. Den Betreiber einer Waschstraße trifft deshalb die Pflicht, die Benutzer der Anlage in geeigneter und ihm zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln zu informieren.

Ob die Beklagte diese Pflicht erfüllt und den Fahrer des Mercedes entsprechend informiert hat, hat das Landgericht nicht geprüft. Dies muss es nun nachholen. 

Quelle: BGH, Urteil vom 19.7.2018, VII ZR 251/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer unter einem Nussbaum parkt, trägt das allgemeine natürliche Lebensrisiko.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht Frankfurt a. M. Das Gericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Grundstückseigentümer für Schäden an einem Fahrzeug haftet, welche durch herabfallende Walnüsse verursacht wurden. Im konkreten Fall ragten die Äste eines Walnussbaumes 1,5 m auf ein Nachbargrundstück, auf dem der Kläger seinen Pkw abgestellt hatte. Der Beklagte hatte diesen Walnussbaum regelmäßig zurückgeschnitten. Der Kläger behauptet, dass durch starke Winde mehrere mit Nüssen behangene Äste von dem Walnussbaum des Beklagten auf das Klägerfahrzeug gefallen seien. Dabei hätten sie mehrere Dellen am Gehäuse, der Motorhaube und dem Dach verursacht. Insgesamt sei ein Sachschaden von ca. 3.000 EUR entstanden. Der Kläger war der Ansicht, dass der Beklagte dafür sorgen müsse, dass von dem Walnussbaum keine Gefahren ausgehen.

Das Gericht folgte dieser Einschätzung nicht. Es entschied, dass der Kläger im Herbst bei einem Walnussbaum mit dem Herabfallen von Nüssen rechnen musste, denn dies ist eine natürliche Gegebenheit. Anhaltspunkte dafür, dass der Baum krank gewesen sei, habe es nicht gegeben. Grundsätzlich sei es auch im Interesse der Allgemeinheit wünschenswert, dass in Städten Nussbäume vorhanden seien. Daher müssen die Verkehrsteilnehmer im Herbst damit rechnen, dass Walnussbäume ihre Nüsse verlieren. Wer unter einem Nussbaum parkt, trägt das allgemeine natürliche Lebensrisiko.

Quelle: Amtsgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 10.11.2017, 32 C 365/17 (72)

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird eine Eiche von einem Schädling befallen, haftet der Grundstückseigentümer nicht für die Kosten der Beseitigung.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg. Dort stritt ein Grundstückseigentümer mit der Behörde, ob er für den Befall der auf seinem Grundstück stehenden Eichen mit Eichenprozessionsspinnern ordnungsrechtlich verantwortlich ist und die Tiere auf seine Kosten beseitigen lassen musste. Mit Bescheid der beklagten Stadt wurde der Eigentümer verpflichtet, die dort befindlichen Eichenprozessionsspinner durch Absaugen zu entfernen. Mit seiner Klage wandte er sich gegen diesen Bescheid. Er möchte die für die Beseitigungsmaßnahme entstandenen Kosten erstattet haben.

Das Gericht hob den angefochtenen Bescheid auf. Gleichzeitig verurteilte es die Stadt, die für die Beseitigung angefallenen Kosten zu erstatten. Zur Begründung führte das Gericht aus, der Befall der Eichen mit Eichenprozessionsspinnern stelle keine von dem Grundstück ausgehende unmittelbare Gefahr dar. Die ordnungsrechtliche Haftung des Grundstückseigentümers sei daher abzulehnen. Dementsprechend seien ihm auch die durch die Beseitigung entstandenen Kosten zu erstatten.

Quelle: VG Magdeburg, Urteil vom 24.4.2018, 1 A 94-15 MD

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Haben Hartz-IV-Empfänger Vermögenswerte auf einem Schweizer Konto verschwiegen, müssen sie erhaltene Grundsicherungsleistungen zurückzahlen.

Diese Klarstellung traf das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) im Fall eines Ehepaars aus dem Landkreis Emsland. Die Eheleute bezogen seit dem Jahr 2005 Grundsicherungsleistungen, da sie im Antragsformular gegenüber dem Jobcenter kein verwertbares Vermögen angegeben hatten. Nachdem das Land Rheinland-Pfalz eine CD mit Kontodaten von deutschen Staatsbürgern bei der Credit Suisse erworben hatte, erfuhr das Jobcenter Ende 2014 von einem Konto des Ehemanns im Wert von ca. 147.000 EUR. Es forderte daher die bisherigen Leistungen i.H.v. 175.000 EUR zurück. Der Mann bestritt jedoch, dass es sich um sein Vermögen handele. Hierfür gebe es keine Beweise. Er sehe sich als „Opfer eines totalen Vernichtungsfeldzugs von Behörden und Justiz“.

Das LSG vermochte sich der Ansicht des Paares nicht anzuschließen. Es habe sich bei dem Schweizer Konto um ihr Vermögen gehandelt, das sie arglistig verschwiegen hätten. Ohne das Geld wären ihr Finanzgebaren und ihr aufwendiger Lebensstil nicht erklärlich. Als Indizien hat das Gericht zahlreiche Bareinzahlungen auf das Girokonto, den Barkauf eines Autos, Sondertilgungen des Hauskredits und die schulgeldpflichtigen Privatgymnasien für die Söhne angesehen. Durch die selektive Vorlage von Kontoauszügen hätten sie versucht, den Eindruck der völligen Überschuldung zu erwecken. So sei ein Saldo von ca. -33.000 EUR dokumentiert worden, der nur wenig später durch verschwiegene Wertpapierverkäufe von 88.000 EUR ausgeglichen wurde. Durch stetige, aggressive Beschwerden und Beleidigungen von Behördenmitarbeitern hätte das Paar planvoll versucht, sich einer näheren Überprüfung zu entziehen. Zwar sei der Mann im Strafverfahren wegen eines querulatorischen Wahns für schuldunfähig erachtet worden. Er sei deshalb aber nicht außerstande gewesen, gegenüber dem Jobcenter wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Denn sobald es ihm opportun erschien, habe er seine Anliegen auch sachlich, höflich und eloquent vertreten können.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 14.3.2018, L 13 AS 77/15, Abruf-Nr. 201644 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Verursachen Kinder in einer Reithalle Geräusche, durch die ein Pferd erschreckt wird, haften sie (bzw. die Aufsichtspersonen) nicht in jedem Fall für einen entstandenen Schaden.

So entschied es das Amtsgericht Nürnberg im Fall einer Frau, die zusammen mit ihren damals drei und fünf Jahre alten Enkelkindern eine Reithalle besuchte. Sie hielt sich dort im Zuschauerbereich auf. Damit der dreijährige Enkel besser sehen konnte, setzte die Frau diesen auf die Holzbande. Der Enkel schlug mit seinen Füßen gegen die Bande. Dadurch entstand ein Poltergeräusch. Die Klägerin führte ihr Pferd am Zügel durch die Halle. Dieses soll durch das Geräusch erschrocken und nach hinten gegangen sein. Durch die plötzliche Rückwärtsbewegung des Pferdes rutschte die Hand der Klägerin in den Zügel und wurde nach hinten gerissen. Die Klägerin erlitt eine Verletzung an der Schulter. Sie erhob Klage und verlangte von der Frau ein Schmerzensgeld von 3.000 EUR sowie Ersatz des Haushaltsführungsschadens in Höhe von 1.879,22 EUR.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Dabei geht das Gericht grundsätzlich davon aus, dass sich der Vorfall so zugetragen hat, wie ihn die Klägerin schildert. Es verneint aber aus rechtlichen Gründen eine Haftung der beklagten Frau. Zwar sei ihr Verhalten ursächlich für die Verletzungen der Klägerin. Dies genüge aber nicht für eine Haftung. Es sei zusätzlich erforderlich, dass der Schaden der Frau auch adäquat zurechenbar sei. Nach Auffassung des Amtsgerichts fehlt es an dieser Voraussetzung. Die Frau habe sich überwiegend sozialadäquat verhalten, da der Besuch der Reithalle grundsätzlich erlaubt sei. Es sei auch nachvollziehbar, dass sie ihrem Enkel ermöglichen wollte, den Reitern zuzusehen. Sie habe dann allerdings geringfügig eine Grenze überschritten, weil die Füße des Kindes in das „Reitfeld“ hineinragten. Maßgeblich für die Verletzungen der Klägerin ist nach Ansicht des Amtsgerichts Nürnberg aber das Verhalten des Pferdes, welches grundsätzlich in der Sphäre der Klägerin liegt. Für die Frau sei es nicht vorhersehbar und vermeidbar gewesen, dass das Pferd auf das Poltergeräusch so schreckhaft reagieren werde.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung beim Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth eingelegt, diese aber nach einem Hinweis des Gerichts zurückgenommen. Das LG hatte ausgeführt, dass die rechtliche Würdigung des Amtsgerichts zutreffend sei. Die Frau sei auch vor Betreten der Reithalle nicht darauf hingewiesen worden, dass man sich dort geräuscharm verhalten müsse. Ein solcher Hinweis hätte u. a. beinhalten müssen, dass Pferde auch durch alltägliche Geräusche, wie z. B. das Treten eines Kleinkindes gegen die Innenseite der Absperrung, erschreckt werden könnten.

Quelle: Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 18.7.2017, 239 C 1390-17; LG Nürnberg-Fürth, Hinweisbeschluss vom 16.10.2017, 16 S 5049/17.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl