Eine während der Geschäftszeiten im Kundenbereich eines Bekleidungsgeschäfts geöffnete Fußbodenluke mit den Maßen 2,11 m x 0,8 m ist eine überraschende Gefahrenquelle. Ein Kunde muss damit nicht rechnen. Daher kann ihm beim Sturz in den Schacht unter der Luke 100 Prozent Schadenersatz zustehen.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Dort wurde ein Modehaus von einer Krankenkasse in Anspruch genommen. Die Krankenkasse verlangt aus übergegangenem Recht Ersatz aufgewandter Behandlungskosten für ein Kassenmitglied. Die 66-jährige Frau war als Kundin in das Modehaus gekommen. Sie wollte einen Pullover für ihre Tochter kaufen. Im Gang zur Kasse befand sich ein Schacht im Boden mit den Maßen 2,11 m x 0,8 m, der in den daruntergelegenen Bügelkeller führte. Dessen Abdeckung stand offen. Weil die Kundin zur Seite sah, wo sich eine Verkäuferin mit dem Geschäftsinhaber unterhielt, übersah sie die offene Luke und stürzte in den Schacht. Sie erlitt diverse Verletzungen an Schulter, Oberarm, Sprunggelenk und Fuß, unter anderem eine Oberarmfraktur und eine Fraktur des Innenknöchels.

Der Haftpflichtversicherer des Modehauses hat die Hälfte der Behandlungskosten von ca. 21.000 EUR übernommen. Im vorliegenden Rechtsstreit wird darum gestritten, ob das Modehaus auch die andere Hälfte der Behandlungskosten zahlen muss, oder ob es wegen eines Mitverschuldens der Kundin keine weitergehende Kostenerstattung schuldet.

Das Landgericht hat im erstinstanzlichen Urteil ein Mitverschulden der Kundin in Höhe von 30 Prozent angenommen. Demgegenüber hat das OLG das Modehaus dazu verurteilt, den Schaden vollständig zu erstatten.

Die Richter konnten kein Mitverschulden der Kundin feststellen. Der Unfall habe sich in einem Ladenlokal ereignet. Dort sei die Aufmerksamkeit der Kunden zielgerichtet durch die auf den Kleiderständern angebotenen Waren, Preisschilder und sonstigen Hinweisschilder in Anspruch genommen. Die Kunden würden so beabsichtigt auch von anderen Dingen abgelenkt. In einem solchen Bekleidungsgeschäft müsse ein Kunde allenfalls mit herabgefallenen Kleidungsstücken rechnen, nicht jedoch mit einer während des Publikumsverkehrs geöffneten Bodenluke. Eine solche Luke sei eine so überraschende Gefahrenquelle, dass sie nur außerhalb der Geschäftszeiten geöffnet werden dürfe. So werde im Geschäftslokal des Modehauses nach den Angaben des Geschäftsführers auch üblicherweise verfahren.

Ließen sich, wie im vorliegenden Fall, die Sichtverhältnisse der Kundin beim Annähern an den Schacht nicht mehr exakt rekonstruieren, sei die kurze Ablenkung der Kundin durch das rechts von ihr stattfindende Gespräch nicht als Mitverschulden zu bewerten. Jedenfalls trete ein etwaiges – geringes – Mitverschulden der Kundin hinter die gravierende Verkehrssicherungspflichtverletzung, die das Modehaus zu vertreten habe, zurück. Deswegen schulde das Modehaus 100 Prozent Schadenersatz.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 19.1.2018, 9 U 86/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einem elektronischen Camcorder mit aufgeschraubtem Objektiv im Wert von insgesamt 13.500 EUR handelt es sich nicht um einen „wertvollen Gegenstand kleineren Formats“ i.S.d. Allgemeinen Vertragsbedingungen. Er muss daher nicht ständig beobachtet oder bewacht werden.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. In dem Fall war von einem Messestand ein Camcorder entwendet worden. Der Versicherer berief sich auf einen Ausschluss im Versicherungsvertrag (besonderen Bedingungen für die laufende Versicherung von Ausstellungen und Messen der DTV-Güterversicherungsbedingungen 2000 in der Fassung 2008). Danach sind „wertvolle Gegenstände kleineren Formats (z.B. Schmucksachen, Ferngläser, Fotoapparate, Kunstgegenstände)“ vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Das sah das OLG anders. Ein Camcorder mit aufgeschraubtem Objektiv ist schon wegen seiner äußeren Abmessungen kein wertvoller Gegenstand kleineren Formats im Sinne der Bedingungen.

Der Versicherungsnehmer muss die Gegenstände am Messestand auch nicht mit aufwendigem Personalaufwand beaufsichtigen. Es reicht aus, dass ein einzelner Mitarbeiter die Aufsicht über den Messestand führt. Eine ständige Beobachtung jedes einzelnen Ausstellungsstücks kann nicht gefordert werden.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 14.8.2017, 3 U 11/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer im Anschluss an eine Impfung gegen Schweinegrippe im Jahr 2009 an Narkolepsie, auch Schlafkrankheit genannt, erkrankt ist, kann Anspruch auf Versorgung nach dem Infektionsschutzgesetz haben.

Dies hat das Sozialgericht (SG) Koblenz entschieden. Im Jahr 2009 wurde weltweit vor den Folgen der Schweinegrippe gewarnt und die Bevölkerung aufgefordert, sich impfen zu lassen. Die seinerzeit zwölfjährige Klägerin unterzog sich deshalb ebenfalls einer Influenzaimpfung. Einige Monate nach der Impfung traten bei ihr Müdigkeit und weitere Symptome auf, die erst einige Jahre später als erste Anzeichen einer Narkolepsieerkrankung erkannt wurden. Der Antrag auf Versorgung nach dem Infektionsschutzgesetz wurde durch die zuständige Behörde abgelehnt. In dem stattgebenden Urteil stützt sich das Gericht zum einen auf das Gutachten eines medizinischen Sachverständigen und zum anderen darauf, dass europaweit zahlreiche Fälle mit einem Zusammenhang der Impfung und Narkolepsie dokumentiert sind und zu Entschädigungsansprüchen geführt haben. Deshalb wurde der Klägerin eine Versorgungsrente zugesprochen.

Quelle: SG Koblenz, Urteil vom 5.4.2018, 4 VJ 4/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesrat unternimmt erneut einen Versuch, Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor Werbeanrufen zu schützen. Die bisherigen Maßnahmen hätten die Situation noch nicht ausreichend verbessert, heißt es in einem Gesetzesentwurf, den die Länder am 27.4.2018 beschlossen. Er wird nun dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegt.

Bisherige Maßnahmen nicht ausreichend
Trotz der seit 2013 geltenden Verschärfungen, belegten Erhebungen von Verbraucherzentralen eindrücklich, dass das Geschäft mit überraschenden Werbeanrufen oder untergeschobenen Verträgen weiterhin floriert, begründen die Länder ihre Initiative. Mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken hatte die Bundesregierung damals einen Bußgeldbestand für unerlaubte Werbeanrufe eingeführt. Außerdem sind Verträge im Bereich der Gewinnspiele seitdem nur gültig, wenn sie schriftlich gefasst wurden. Der Bundesrat kritisiert, dass das Gesetz bislang noch immer nicht evaluiert wurde. Eine weitere Verzögerung gesetzlicher Maßnahmen sei nicht hinnehmbar. Dabei müsse gezielt auf die Wirksamkeit der Folgeverträge abgestellt werden.

Verbraucher müssen Verträge bestätigen
Der Gesetzentwurf sieht daher vor, dass Verträge, die durch ungebetene Telefonanrufe zustande kommen, nur dann gültig sind, wenn Verbraucher sie ausdrücklich und formgerecht bestätigen. Der Lösungsvorschlag entspreche dem europäischen Ansatz aus der Verbraucherrechterichtlinie. Die Bundesländer halten diese sogenannte Bestätigungslösung schon seit Längerem für erforderlich und hatten mehrfach Versuche zu ihrer Einführung unternommen.

Erneuter Versuch
Bereits 2017 hatte der Bundesrat einen gleichlautenden Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Dort wurde er jedoch nie beraten, weshalb er zum Ende der vergangenen Legislaturperiode der Diskontinuität unterfiel. Die jetzt nochmals inhaltsgleich beschlossene Initiative wird nun erneut über die Bundesregierung an den Bundestag weitergeleitet.

Quelle: Bundesrat, PlenumKOMPAKT

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Es ist mit dem Unionsrecht vereinbar, einen Rundfunkbeitrag zu erheben.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Privatmannes, der gegen die Erhebung von rückständigen Rundfunkbeiträgen durch den beklagten Südwestrundfunk (SWR) geklagt hatte. Er machte insbesondere geltend, dass die Rundfunkbeitragserhebung verfassungswidrig und mit Unionsrecht unvereinbar sei. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Das OVG bestätigte diese Entscheidung und lehnte den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.

Die Rundfunkbeitragserhebung sei nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz und des Bundesverwaltungsgerichts verfassungsgemäß. Sie sei auch mit Unionsrecht vereinbar. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, dass die Einführung des Rundfunkbeitrags für den privaten Bereich – im Zuge der Neuregelung der Rundfunkfinanzierung ab dem 1.1.2013 – nicht der Zustimmung der Kommission der Europäischen Union bedurft habe. Entgegen der Auffassung des Klägers, der eine ungerechtfertigte Privilegierung des Beklagten im Vergleich zu den Angeboten privater Dritter rüge, stehe auch die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (2007/65/EG, neu kodifiziert durch die Richtlinie 2010/13/EU) der Rundfunkbeitragserhebung nicht entgegen. Vielmehr mache ein Erwägungsgrund der genannten Richtlinie deutlich, dass das Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem Rundfunk und privaten Anbietern gesehen werde. Mit dem unionsrechtlich anerkannten dualen Rundfunksystem sei zwangläufig eine unterschiedliche Finanzierung verbunden. Während private Anbieter mit Werbung den von ihnen veranstalteten Rundfunk finanzierten, seien die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, bei denen die Werbung deutlich beschränkt sei, auf Abgabeneinnahmen angewiesen.

Quelle: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 1.1.2018, 7 A 11938/17.OVG

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Dem Schadenersatzanspruch eines verletzten Täters kann der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen.

Das musste sich ein Mann vor dem Bundesgerichtshof (BGH) sagen lassen, der zusammen mit einem Mittäter einen Motorroller entwendet hatte. Auf diesem Roller war er als Beifahrer unterwegs, als der Fahrer – der Mittäter – einen Verkehrsunfall verursachte. Der Mann wurde dabei verletzt. Er wollte daraufhin den ihm gegen den fahrenden Mittäter zustehenden Schadenersatzanspruch direkt gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung des bestohlenen Halters geltend machen.

Damit hatte er vor dem BGH jedoch keinen Erfolg. Nach Ansicht der Richter steht dem Schadenersatzanspruch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine unzulässige Rechtsausübung unter anderem vorliegen kann, wenn sich ein Berechtigter auf eine formale Rechtsposition beruft, die er durch ein gesetz-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erlangt hat.

Quelle: BGH, Urteil vom 27.2.2018, VI ZR 109/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kann ein Pflegebedürftiger ein Hilfsmittel aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend nicht nutzen, muss die Pflegekasse die Kosten für ein leihweises Ersatzmittel (hier ein Pflegebett) übernehmen.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Sozialgericht (SG) Detmold. Geklagt hatte ein Pflegeversicherter, der die Übernahme der Kosten für ein leihweise beschafftes Pflegebett i.H.v. 480 EUR begehrte. Diese waren ihm zuvor von der Pflegekasse mit der Begründung verweigert worden, dass er bereits über ein entsprechendes Hilfsmittel in Form eines Einlegerahmens im Ehebett verfüge. Hilfsmittel könnten nur in einfacher Stückzahl gewährt werden. Eine erneute Versorgung komme erst in Betracht, wenn das vorhandene Hilfsmittel aufgrund technischer Mängel nicht mehr genutzt werden könne.

Dem folgte das SG wegen der besonderen Situation des Klägers nicht. Dieser verfügte zwar nach Anerkennung der Pflegestufe 2 über ein entsprechendes Hilfsmittel. Das Ehebett im Obergeschoss seiner Wohnung war mit einem Einlegerahmen ausgestattet. Aufgrund eines Sturzes und einer Fraktur des rechten Sprunggelenkes war er aber vorübergehend nicht in der Lage, den Treppenlift zu nutzen. Er konnte daher das Ehebett im Obergeschoss nicht erreichen. Aus diesem Grund war er auf ein Pflegebett im Erdgeschoss angewiesen. Die geltend gemachte Versorgung mit einem weiteren Pflegebett nach entsprechender Verordnung stelle auch keine doppelte Versorgung dar – so die Richter –, da der Kläger das vorhandene Bett nicht nutzen konnte. Insofern hätte die beklagte Pflegekasse den Rahmen für das Bett im Obergeschoss auch abholen und gegen das Pflegebett im Erdgeschoss tauschen können.

Soweit die Pflegekasse darauf verweist, dass für die Frage der Notwendigkeit eines Hilfsmittels nicht auf die individuellen Wohnverhältnisse, sondern auf den allgemeinen Wohnstandard abzustellen sei, wozu das Wohnen über mehrere Etagen nicht zähle, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Kläger benötigte das Pflegebett nicht aufgrund einer Besonderheit seines individuellen Wohnumfelds. Vielmehr war das Erfordernis allein in der pflegerischen Situation des Klägers begründet. Ohne ein Pflegebett im Erdgeschoss hätte sich der Kläger nach dem Krankenhausaufenthalt zudem nicht in sein Haus und die häusliche Pflege zurückbegeben können. Ein weiterer Aufenthalt im Krankenhaus wäre aber nicht infrage gekommen. Das Krankenhaus durfte den Kläger über das erforderliche Maß hinaus nicht stationär weiter behandeln.

Quelle: SG Detmold, Urteil vom 28.9.2017, S 18 P 121/16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird ein Gast auf einer Feier von einem dort frei herumlaufenden Hund gebissen, muss er sich kein Mitverschulden zurechnen lassen, wenn er sich lediglich zu dem Tier heruntergebeugt hat.

Mit dieser Klarstellung bestätigte das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Osnabrück. Geklagt hatte eine Frau, die bei einem Bekannten zur Feier seines 75. Geburtstags eingeladen war. Dort lief ein Hund frei herum. Der Bekannte hatte ihn drei Wochen vorher aus einem Tierheim in Rumänien mitgebracht. Der Hund biss der Frau ins Gesicht, als sie sich zu ihm herunterbeugte. Sie erlitt schmerzhafte Biss,- Riss- und Quetschwunden, musste notärztlich behandelt werden und wurde mehrfach operiert. Später verklagte sie ihren Bekannten auf Schadenersatz. Dieser lehnte jede Verantwortung ab. Die Frau hätte auf eigene Gefahr gehandelt und den Hund begrüßt. Dabei sei sie ausdrücklich darum gebeten worden, dem Hund kein Leckerli zu geben und ihn nicht anzufassen. Zumindest treffe sie ein erhebliches Mitverschulden.

Das LG hatte den Mann zu vollem Schadenersatz verurteilt. Das haben die Richter am OLG nun bestätigt. Mit dem plötzlichen Biss des Hundes habe sich eine typische Tiergefahr verwirklicht. In einen solchen Fall müsse der Halter nur dann nicht haften, wenn sich jemand ohne triftigen Grund bewusst in eine Situation drohender Eigengefährdung begebe. Dies könne vorliegend nicht festgestellt werden. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Frau den Hund nicht gefüttert oder gestreichelt, sondern sich lediglich zu ihm heruntergebeugt habe. Angesichts der Tatsache, dass der Hund auf der Feier frei herumlief, habe sie nicht damit rechnen müssen, dass hierdurch bereits ein Beißreflex ausgelöst werde. Ein Gast dürfe bei einem freilaufenden Haustier nach Treu und Glauben damit rechnen, dass ein Haustier bei einem normalen Herunterbeugen nicht bereits zu einem Angriff gereizt werde.

Der Frau sei auch kein Mitverschulden zuzurechnen. Wer einen Hund auf einer Feier frei herumlaufen lasse, könne sich nicht auf ein Mitverschulden eines Geschädigten berufen, wenn dieser bei der bloßen Zuwendung zu dem Tier gebissen werde. Es handele sich um einen adäquaten Umgang mit einem Tier. Die bloße Warnung, den Hund nicht zu füttern und nicht zu streicheln, ändere an dieser Beurteilung nichts, so das Gericht.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschluss vom 8.11.2017, 9 U 48/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Sparkasse enthaltene Klausel „Aufrechnung durch den Kunden: Der Kunde darf Forderungen gegen die Sparkasse nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.“ ist bei Bankgeschäften mit Verbrauchern unwirksam.

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Rechtsstreit zwischen einem Verbraucherschutzverband und der betroffenen Sparkasse. Der Verbraucherschutzverband bemängelt die Klausel, welche die Sparkasse in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet. Er verlangt, dass die Sparkasse die Klausel künftig nicht mehr verwendet. Während das Landgericht der Klage stattgegeben hatte, hatte das Oberlandesgericht sie abgewiesen.

Der BGH hat entschieden, dass die angefochtene Klausel einer AGB-Inhaltskontrolle unterliegt und dieser nicht standhält. Denn es darf von den gesetzlichen Vorschriften zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Eine Ausnahme gilt nur, wo dies ausdrücklich im Gesetz bestimmt ist. Bei den gesetzlichen Vorgaben für das Widerrufsrecht handelt es sich damit um halbzwingendes Recht zugunsten des Verbrauchers. AGB, die zum Nachteil des Kunden gegen (halb-)zwingendes Recht verstoßen, benachteiligen diesen unangemessen. Sie sind daher unwirksam. Die angefochtene Klausel erfasst auch solche Forderungen, die dem Verbraucher im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses erwachsen und die er den Ansprüchen der Bank aus diesem Verhältnis entgegensetzen kann. Hiermit wird das Widerrufsrecht unzulässig erschwert.

Quelle: BGH, Urteil vom 20.3.18, XI ZR 309/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Tritt ein Versicherungsfall ein, kann ein Versicherter seinen tatsächlich entstandenen Schaden immer nur einmal ersetzt verlangen. Wenn er zwei Versicherungen für dieselbe Gefahr abgeschlossen hat („Mehrfachversicherung“) kann er also nicht zweimal kassieren, sondern nur einen Betrag, der seinem Schaden entspricht. Wenn er die beiden Verträge gar abgeschlossen hat, um mehrfach abzurechnen, sind die Verträge nichtig und der Versicherte erhält gar kein Geld.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. Geklagt hatte ein Mann. Er verlangte nach einem Brandschaden von seiner Hausratversicherung 40.000 EUR. Die Versicherung verweigerte die Zahlung mit dem Argument, es liege eine Mehrfachversicherung vor. Der Mann habe bei Abschluss des Versicherungsvertrags im Jahr 2012 bewusst wahrheitswidrig verneint, bereits eine andere Hausratversicherung zu haben. Der Versicherte bestritt dies. Er behauptete, diese andere Hausratversicherung habe seine Frau 1996 abgeschlossen. Er sei des Deutschen damals noch nicht ausreichend mächtig gewesen.

Die Richter glaubten dem Mann aber nicht. Sie sahen es als erwiesen an, dass er den Vertrag im Jahr 2012 in betrügerischer Absicht abgeschlossen hatte. Denn er hatte bereits vier Monate nach dem Abschluss der Versicherung im Jahr 2012 beiden Versicherungen einen Wasserschaden gemeldet und von beiden jeweils 800 EUR abkassiert. Es sei fernliegend, dass der Mann sich erst anlässlich dieses Schadensfalls an die Versicherung aus dem Jahr 1996 erinnert habe und bei Abschluss der zweiten Versicherung kurz vor dem Schadensfall nicht an die erste Versicherung gedacht habe. Kurz nach dem Wasserschaden hatte der Mann dann den Versicherungsvertrag aus dem Jahr 1996 auf eine höhere Versicherungssumme umgestellt. Weitere zwei Monate später kam es zu dem Brandschaden, den der Mann beiden Versicherungen meldete. Bei den Schadensmeldungen gab er jeweils an, nicht anderweitig versichert zu sein. Durch einen Zufall kam dann aber heraus, dass eine Mehrfachversicherung vorlag. Vor dem gesamten Hintergrund sei davon auszugehen, dass der Mann von Anfang an beabsichtigt habe, im Schadensfalle doppelt abzurechnen, so die Richter. Dies führe dazu, dass der 2012 abgeschlossene Versicherungsvertrag nichtig sei.

Quelle: OLG Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 21.8.2017, 5 U 18/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl