Ist das verkaufte Fahrzeug sowohl bei Gefahrübergang als auch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung in dem Schengener Informationssystem (SIS) eingetragen, ist dies ein erheblicher Rechtsmangel. Der Käufer kann daher vom Kaufvertrag zurücktreten.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Die Richter wiesen darauf hin, dass der Verkäufer eines Kraftfahrzeugs redlicherweise gehalten sei, einen potenziellen Käufer über das Bestehen einer Eintragung des Fahrzeugs in dem Schengener Informationssystem aufzuklären.

Im SIS werden u.a. Fahrzeuge gespeichert, die aufgrund einer Diebstahlanzeige sichergestellt werden sollen.

Quelle: BGH, Urteil vom 26.4.2017, VIII ZR 233/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Gebrauchtwagenhändler muss ungefragt offenbaren, wenn es sich bei dem Gebrauchtwagen um einen ehemaligen Mietwagen handelt.

Deshalb entschied das Landgericht (LG) Hamburg einen Prozess zugunsten des Kunden. Der Händler hatte auf Zahlung des Kaufpreises geklagt, der Kunde verlangte mit einer Widerklage seine Anzahlung zurück.

Streitobjekt war ein Pkw Nissan, Laufleistung 15.000 km, Erstzulassung vor acht Monaten auf einen Autovermieter (vermutlich inländisch). Die Papiere mit Vorbesitzereintrag haben bei den Verkaufsverhandlungen nicht vorgelegen. Im Bestellschein findet sich kein Hinweis. Zunächst hatte der Händler behauptet, den Käufer mündlich ausdrücklich auf die Mietwageneigenschaft hingewiesen zu haben. Später hat er durch seinen Anwalt vortragen lassen, darüber sei nicht gesprochen worden, und es habe auch keine Offenbarungspflicht bestanden. Demgegenüber behauptete der Käufer, er habe bei den Verhandlungen ausdrücklich erklärt, an einem Ex-Mietwagen kein Interesse zu haben. Diese Behauptung bestätigte ein Zeuge des Käufers.

Das genügte dem Gericht für die Annahme einer arglistigen Täuschung. Doch Täuschung hin oder her: Auch ohne Täuschung sah das Gericht den Händler in der Haftung. Alternative Begründung: Sachmangelhaftung oder fahrlässige Verletzung einer Nebenpflicht. Die Mietwageneigenschaft sei eine unübliche und erwartungswidrige Beschaffenheit. Auf sie müsse ein Händler auch ungefragt, also aus eigener Initiative, ausdrücklich hinweisen

Quelle: LG Hamburg, Urteil vom 28.10.2016, 326 O 31/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einem Energielieferungsvertrag wird eine mit einer Preisanpassungsklausel verbundene unangemessene Benachteiligung des Kunden i. d. R. nicht dadurch ausgeglichen, dass dem Kunden ein (Sonder-)Kündigungsrecht bei Preisänderungen eingeräumt wird.

Dies gilt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) auch, wenn sich die unangemessene Benachteiligung des Kunden aus einer Intransparenz der Preisanpassungsklausel ergibt. Mit seinem Urteil widerspricht der BGH einer älteren Entscheidung des OLG Hamm, das die Kombination von Preisanpassungsklausel und Sonderkündigungsrecht als wirksam angesehen hatte (OLG Hamm 7.6.11, 19 U 184/10).

Beachten Sie Ein Gasversorgungsunternehmen kann sich nicht unmittelbar auf das gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 4 AVBGasV stützen, wenn es mit dem Kunden aus dessen Sicht einen Sonderkundenvertrag zu Sondertarifen im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit und damit von vornherein außerhalb des sachlichen Geltungsbereichs der AVBGasV abgeschlossen hat (BGH NJW 11, 1342).

Quelle: BGH, Urteil vom 21.9.2016, VIII ZR 27/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer eine Kostenübernahmeerklärung für die Heimkosten eines Elternteils unterschrieben hat, kann sich seiner Schuldnerschaft nicht entziehen, indem er nach dem Erbfall des Elternteils die Erbschaft ausschlägt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg sieht die Kostenübernahmeerklärung als Schuldbeitritt. Nach seiner Ansicht ändert das Ausschlagen der Erbschaft nichts an der Zahlungspflicht, weil es nicht um den Anspruch des Pflegeheims gegen die verstorbene Mutter geht, sondern um einen direkten Anspruch des Pflegeheims gegen die Tochter aufgrund der von ihr unterschriebenen Erklärung.

Die Besonderheit des Falls: § 14 Abs. 1 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz in Baden-Württemberg sieht – vergleichbar mit anderen Bundesländern – vor, dass der Heimträger von den Pflegebedürftigen nur Sicherheitsleistung verlangen darf, wenn diese im Vertrag bezeichnet ist. Die Tochter meinte, ihr Schuldbeitritt sei eine solche Sicherheit, die aber nur in einer Anlage vereinbart sei. Dem ist das OLG nicht gefolgt.

Beachten Sie Der Schuldbeitritt ist auch gültig, wenn er separat vom Heimvertrag abgeschlossen worden ist. Selbst, wenn man einen Verstoß gegen das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz annehmen würde, müsste die Tochter haften. Denn dieses Gesetz schützt nur den Heimbewohner, nicht aber dessen Angehörige.

Quelle: OLG Oldenburg, Urteil vom 21.12.2016, 4 U 36/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gibt der Käufer einer Ebay-Transaktion eine falsche Bewertung ab, ist dies eine Pflichtverletzung im Rahmen des Kaufvertrags. Der falsch bewertete Verkäufer hat dann einen Löschungsanspruch.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht München im Fall eines Verkäufers, der bei Ebay einen gebrauchten Vorverstärker der Marke Burmester angeboten hatte. In der Beschreibung dazu hieß es: Der 808 MK3 wird in der Originalverpackung geliefert. Der Beklagte kaufte den Artikel zum Preis von 7.500 EUR. Der Verkäufer verschickte das Gerät an den Beklagten mit der Originalverpackung. Der Beklagte gab auf dem Bewertungsportal über den Kauf folgende negative Bewertung ab: „Keine Originalverpackung, deshalb ist jeglicher Versand mehr als ein Risiko!!!“. Die Bewertung des Verkäufers wurde daraufhin von 100 Prozent auf 97,1 Prozent herabgesetzt. Der Verkäufer forderte den Beklagten mehrfach auf, die Bewertung zurückzunehmen. Der Beklagte weigerte sich. Der Verstärker sei gegen seinen Willen versandt worden. Er habe dem Verkäufer mitgeteilt, dass er die Ware persönlich abholen oder mit einer Spedition abholen lassen werde. Dennoch sei die Ware vom Verkäufer versandt worden und zwar nicht im aktuellen Karton von Burmester.

Der zuständige Richter am Amtsgericht verurteilte den Beklagten, der Entfernung der von ihm abgegebenen negativen Bewertung auf dem von der eBay International AG gestellten Formular Antrag auf Bewertungslöschung zuzustimmen.

Der Beklagte habe im Rahmen des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrags die Nebenpflicht, eine wahrheitsgemäße Bewertung im eBay Bewertungsportal über den Verkäufer und die Transaktion abzugeben. Wahrheitsgemäße Bewertungen nach einer Ebay-Auktion sind ein zentrales Informationsinstrument der Internetplattform Ebay. Damit werden anderen potenziellen Käufern Informationen über frühere Käufe vermittelt. Sie erlangen damit Kenntnisse über den Verkäufer, der ansonsten nicht greifbar ist und zuweilen lediglich als beliebiger Ebay- Mitgliedsname erscheint. Bewertungen stellen damit quasi eine Kundenempfehlung bzw. Warnung dar. Daraus ergibt sich ein zentrales Interesse des Verkäufers an einer zutreffenden Bewertung. Dies spiegelt sich auch in § 6 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Ebay wider. Danach besteht eine Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben und sachlich gehaltenen Bewertungen, so das Urteil.

Die Bewertung des Beklagten „keine Originalverpackung“ war unzutreffend und falsch. Es hat sich tatsächlich um die originale Verpackung gehandelt. Außerdem habe sich der Beklagte im Rahmen des E-Mail-Verkehrs mit der Versendung der Ware einverstanden erklärt. Er hat sogar ausdrücklich darum gebeten, dass ihm die Sendungsnummer mitgeteilt wird.

Durch die Abgabe der falschen Bewertung ist dem Kläger ein Schaden entstanden. Außerdem wurden seine Rechte beeinträchtigt. Gerade das Bewertungsprofil eines Ebay-Verkäufers trägt ganz wesentlich dazu bei, ob und wie viele Käufer mitbieten und wie viel damit letztlich als Kaufpreis gezahlt wird. Wird dieses Profil durch eine negative Bewertung beeinflusst, ist darin selbst schon der Schaden zu sehen. Die Bewertung eines Verkäufers ist das Aushängeschild für sein Gewerbe. Negative Bewertungen führen jedoch dazu, dass ein Käufer vom ersten Eindruck abgeschreckt ist und einen Verkäufer mit besseren Bewertungen vorzieht, so das Urteil.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 23.9.2016, 142 C 12436 /16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einem groben Behandlungsfehler ändert sich die Beweislast. Dann muss der Tierhalter nicht beweisen, dass der Tierarzt einen Fehler gemacht hat. Dies wird vielmehr vermutet und der Tierarzt muss sich entlasten.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof (BGH). In dem Verfahren hatte eine Frau von einem Tierarzt wegen fehlerhafter Behandlung Schadenersatz verlangt. Sie hatte ihr Pferd wegen einer Verletzung am rechten hinteren Bein zur Behandlung vorgestellt. Der Tierarzt verschloss die Wunde, nahm aber keine weiteren Untersuchungen vor. Einige Tage später wurde eine Fraktur des verletzten Beines diagnostiziert. Die Operation der Fraktur gelang nicht, das Pferd wurde noch am selben Tag getötet. Das Pferd hatte durch den Tritt eines anderen Pferdes eine Fissur des Knochens erlitten, die sich zu einer vollständigen Fraktur entwickelt hatte.

Das Oberlandesgericht hat den Tierarzt dem Grunde nach verurteilt, der Tierhalterin Schadenersatz wegen der fehlerhaften Behandlung ihres Pferdes zu zahlen. Der Tierarzt habe einen groben Behandlungsfehler in Form eines Befunderhebungsfehlers begangen. Er hätte erkennen müssen, dass die Möglichkeit einer Fissur bestand. Hätte er weitere Untersuchungen vorgenommen, hätte sich die Fissur bestätigt.

Im Streitfall blieb ungeklärt, ob der grobe Behandlungsfehler dafür ursächlich war, dass sich das Pferd beim Aufstehen das Bein brach. Es kam daher darauf an, ob die Tierhalterin – wie es die Regel wäre – oder der Tierarzt die Beweislast hinsichtlich der Kausalität trägt.

Der BGH hat das Urteil des Oberlandesgerichts bestätigt. Die in der Humanmedizin entwickelten Rechtsgrundsätze hinsichtlich der Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern, insbesondere auch bei Befunderhebungsfehlern, sind auch im Bereich der tierärztlichen Behandlung anzuwenden. Beide Tätigkeiten beziehen sich auf einen lebenden Organismus. Bei der tierärztlichen Behandlung kommt – wie in der Humanmedizin – dem für die Beweislastumkehr maßgeblichen Gesichtspunkt eine besondere Bedeutung zu. Es soll ein Ausgleich dafür geschaffen werden, dass das Spektrum der für die Schädigung in Betracht kommenden Ursachen wegen der elementaren Bedeutung des Fehlers besonders verbreitert oder verschoben worden ist. Auch der grob fehlerhaft handelnde Tierarzt hat durch einen schwerwiegenden Verstoß gegen die anerkannten Regeln der tierärztlichen Kunst Aufklärungserschwernisse in das Geschehen hineingetragen. Damit hat er die Beweisnot aufseiten des Geschädigten vertieft. Dies soll durch die Beweislastumkehr ausgeglichen werden.

Quelle: BGH, Urteil vom 10.5.2016, VI ZR 247/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine per E-Mail übersandte Bestätigung eines Überweisungsauftrags kann gefälscht sein. Allein ein Überweisungsauftrag lässt regelmäßig nicht erkennen, dass das vermeintlich angewiesene Geld auch tatsächlich auf dem Empfängerkonto ankommen wird.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Geklagt hatte ein Mann, der seinen Pkw Mercedes Benz E 200 CDI für 26.800 EUR an einen Herrn M verkauft hatte. In den Fahrzeugpapieren war die Ehefrau des Klägers als Halterin vermerkt. Ein persönlicher Kontakt zwischen den Kaufvertragsparteien fand nicht statt. Auf eine Verkaufsanzeige des Klägers im Internet hatte sich – dies ergaben die späteren Ermittlungen – ein Dritter unter dem Namen des Herrn M beim Kläger gemeldet. In dem schriftlichen Kaufvertrag wurde Herr M als Käufer genannt. Der Kaufpreis sollte auf das Konto des Klägers überwiesen werden. Noch am Tage der Vertragsunterzeichnung erhielt der Kläger eine gefälschte Bankbescheinigung. Darin wurde bestätigt, dass Herr M den Kaufpreis auf das Konto des Klägers überwiesen habe. Im Vertrauen hierauf händigte der Kläger dem beauftragten Transportunternehmen das Fahrzeug nebst Schlüsseln und Papieren aus. Den Kaufpreis erhielt der Kläger nicht.

Bereits zuvor, wenige Tage nach der Abgabe des Fahrzeugs durch den Kläger, kaufte der Beklagte aus Gelsenkirchen das Fahrzeug auf einem Gebrauchtwagenmarkt in Essen. Den Kaufpreis von 15.500 EUR zahlte er bar an den Verkäufer. Der hatte einen serbischen Reisepass vorgezeigt. Mit dem Fahrzeug übernahm der Beklagte die Fahrzeugpapiere und Schlüssel. Als der Beklagte den Pkw anmelden wollte, wurde das mittlerweile zur Fahndung ausgeschriebene Fahrzeug von der Polizei sichergestellt.

Die Parteien stritten daraufhin über das Eigentum an dem Fahrzeug. In erster Instanz hat das Landgericht Essen das fortbestehende Eigentum des Klägers bestätigt und einen gutgläubigen Erwerb des Beklagten verneint. Die Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil ist erfolglos geblieben.

Das OLG hat die Parteien in der mündlichen Berufungsverhandlung angehört. Es hat dann darauf hingewiesen, dass die Berufung keinen Erfolg haben wird. Der Kläger habe, so der Senat, das Eigentum an dem Mercedes Benz nicht verloren:

 

  • Es liege keine wirksame Übereignung an den im Kaufvertrag genannten Herrn M vor. Dieser habe das Vertretergeschäft nicht bevollmächtigt und auch nicht nachträglich genehmigt. Zudem sei im Vertrag ein Eigentumsvorbehalt vereinbart gewesen.

 

  • Der Beklagte seinerseits habe das Eigentum an dem Fahrzeug bei seinem späteren Erwerbsgeschäft nicht gutgläubig erworben. Weil die Ehefrau des Klägers und nicht der Verkäufer als Fahrzeughalter in den Fahrzeugpapieren eingetragen gewesen sei, hätte der Beklagte nachforschen müssen. Dieser Nachforschungspflicht sei er nicht ausreichend nachgekommen. Er habe letztlich allein einer nicht überprüften Äußerung des Verkäufers geglaubt, nach welcher dieser das Fahrzeug von einer Frau erworben habe, die es unbedingt habe verkaufen wollen.

Nach dem rechtlichen Hinweis des OLG hat der Beklagte die Berufung in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Quelle: OLG Hamm, 5 U 69/16 OLG Hamm, beendet mit der Rücknahme der Berufung am 5.12.2016.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird jemand grundlos in die Flucht geschlagen und verletzt sich dabei, liegt ein sogenannter Herausforderungsfall vor, der einen Schmerzensgeldanspruch nach sich ziehen kann.

Der Beklagte ist Eigentümer eines mehrgeschossigen Büro- und Geschäftshauses. In dem Haus hat der Kläger Räume für seine Firma angemietet. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten kam es bereits mehrfach zu Streitigkeiten wegen des Mietverhältnisses. Der Beklagte hatte daraufhin dem Mieter gegenüber ein Hausverbot für das gesamte Gebäude ausgesprochen. Einige Tage später trafen die beiden Männer erneut aufeinander. Dabei sprühte der Vermieter Pfefferspray in Richtung des Klägers. Am Folgetag traf der Kläger wiederum auf seinen Vermieter, als er gerade das Gebäude verlassen wollte. Aus Angst vor ihm lief er in Richtung der Straße. Dabei fiel er über die Bordsteinkante und stürzte auf die Fahrbahn. Er zog sich zwei Schürfwunden an der linken Hand und eine Schürfwunde am linken Oberarm zu. Zudem prellte  er sich die linke Hüfte. Deshalb verlangte er von dem Vermieter 2.500 EUR Schmerzensgeld. Dieser weigerte sich zu zahlen. Er ist der Meinung, er sei berechtigt gewesen, das Hausverbot durchzusetzen. Außerdem trage der Kläger ein Mitverschulden.

Der Kläger erhob Klage vor dem Amtsgericht München. Der zuständige Richter sprach ihm Schmerzensgeld wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu, jedoch nur in Höhe von 800 EUR.

In dem Gerichtstermin wurde eine Videoaufzeichnung in Augenschein genommen. Wegen des Vorfalls am Vortag hatte der Kläger eine Videoaufzeichnung gestartet, bevor er das Gebäude verlassen hatte. Dazu stellt das Gericht Folgendes fest: Es ist unzweifelhaft zu erkennen, dass der Beklagte dem Kläger vor dem Gebäude auflauerte, ohne weitere Vorwarnung wild auf ihn zu stürmte, dabei laut „jetzt aber“ schrie und den Kläger in Richtung zur Straße verfolgte. Zur Überzeugung des Gerichts steht damit fest, dass der Beklagte den Kläger durch den Angriff mit anschließender Verfolgung zur Flucht veranlasste. Das Stolpern des Klägers sei durch die Verfolgung des Beklagten herausgefordert worden. Dies zumal der Beklagte auch noch ein Pfefferspray in der Hand gehalten habe. Der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, das Hausverbot zu verhängen. Bei vermieteten Räumen sei alleine der Mieter Hausrechtsinhaber.

Das Gericht erachtete für die erlittenen Verletzungen des Klägers ein Schmerzensgeld in Höhe von 800 EUR als angemessen. Dabei hat es berücksichtigt, dass es sich nur um leichte und oberflächliche Schürfungen gehandelt hat. Die Hüftprellung hat sich in einem großen Bluterguss mit nicht unerheblichen Schmerzen über einen längeren Zeitraum hinweg manifestiert. Ein Mitverschulden des Klägers sei nicht ersichtlich.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 22.12.2016, 173 C 15615/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Färben eingelagerte Winterreifen auf den Granitboden einer Garage ab, besteht kein Anspruch auf Schadenersatz, sofern kein Konstruktions- oder Fabrikationsfehler vorliegt.

Zu diesem Ergebnis kam das Amtsgericht Hannover im Fall eines Autofahrers. Der hatte an seinem Fahrzeug vier neue Winterreifen montiert. An den Reifen befand sich noch blaue Reifenmarkierungsfarbe. Der Mann parkte das Fahrzeug in den folgenden Tagen in seiner Garage, deren Boden mit Granitplatten ausgelegt ist. Nach einer Woche musste er feststellen, dass auf der Höhe der Standflächen aller vier Reifen blaue Farbe in den Granitboden eingezogen war. Der Mann musste ca. 2.200 EUR zahlen, um den Schaden zu beseitigen. Diesen Betrag verlangt er nun als Schadenersatz von dem Autohaus. Er sei beim Kauf des Fahrzeugs nicht darauf hingewiesen worden sei, dass die Reifenmarkierungsfarbe zu Verfärbungen an Granitböden führen könne.

Das Gericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige hat festgestellt, dass die Verfärbungen an dem Granitboden auf das Ausblühen des in den Reifen vorhandenen Alterungsschutzmittels zurückzuführen sei. Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass das Alterungsschutzmittel unverzichtbarer Bestandteil des Reifens sei. Die Reifen seien nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik hergestellt worden.

Aus diesem Grunde ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass kein Konstruktions- oder Fabrikationsfehler der Reifen vorliegt. Es hat die Klage insgesamt abgewiesen. Zwar ist der Hersteller verpflichtet, den Verwender eines Produkts vor denjenigen Gefahren zu warnen, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch oder naheliegendem Fehlgebrauch drohen. Dennoch war die Beklagte hier nicht verpflichtet, den Autofahrer darauf hinzuweisen, dass der Reifen Flecken auf dem Granitboden hinterlassen könnte. Denn bei dem in der Garage verlegten Boden handelte es sich um einen Granitboden – also einen offenporigen Naturstein. Der ist keineswegs alltäglich in Garagen zu finden, da er sehr hochwertig und sehr teuer ist.

Quelle: Amtsgericht Hannover, Urteil vom 10.3.2017, 520 C 1372/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Hat ein volljähriges Kind über den Internetanschluss seiner Eltern illegal Musik zum Download angeboten (Filesharing), haben die Eltern zwei Möglichkeiten, wenn sie wegen der Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden: Entweder sie nennen den Namen des verantwortlichen Kindes oder sie haften selber für den Verstoß.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Geklagt hatte ein Unternehmen, das die Verwertungsrechte an den Musiktiteln auf dem Album „Loud“ der Künstlerin Rihanna besitzt. Es verlangt von den beklagten Eltern wegen einer Urheberrechtsverletzung Schadenersatz in Höhe von mindestens 2.500 EUR sowie Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.379,80 EUR. Die Musiktitel wurden über den Internetanschluss der Eltern im Wege des „Filesharing“ öffentlich zugänglich gemacht. Die Eltern haben bestritten, die Rechtsverletzung begangen zu haben. Sie verweisen auf ihre bei ihnen wohnenden und bereits volljährigen drei Kinder. Diese hätten jeweils eigene Rechner besessen. Sie hätten über einen WLAN-Router mit einem individuellen Passwort Zugang zum Internetanschluss gehabt. Die Eltern haben erklärt, sie wüssten, welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen habe. Nähere Angaben hierzu haben sie jedoch verweigert.

Das Landgericht hat die Eltern verurteilt, Schadenersatz und Abmahnkosten zu zahlen. Der BGH hat die Revision der Eltern zurückgewiesen. Im Ausgangspunkt muss das Unternehmen darlegen und beweisen, dass die Eltern für die Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich sind. Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen – etwa die Familienangehörigen – diesen Internetanschluss benutzen konnten. Zu dieser Frage muss sich der Anschlussinhaber im Rahmen einer sogenannten sekundären Darlegungslast erklären. Das folgt daraus, dass es sich um Umstände auf seiner Seite handelt, die der Klägerin unbekannt sind. In diesem Umfang muss der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren nachforschen. Er muss dann weiterhin mitteilen, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der klagenden Partei, die für eine Haftung der Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.

Die Eltern haben im Streitfall ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Sie haben den Namen des Kindes nicht angegeben, das ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hat. Diese Angabe war den Eltern auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Parteien zumutbar. Zugunsten der Klägerin sind das Recht auf geistiges Eigentum nach der EU-Grundrechtecharta und dem Grundgesetz sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf zu berücksichtigen. Für die Eltern spricht dagegen der Schutz der Familie nach der EU-Grundrechtecharta und dem Grundgesetz. Diese jeweiligen Grundrechte müssen in ein angemessenes Gleichgewicht gebracht werden. Danach ist der Anschlussinhaber etwa nicht verpflichtet, die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren und dessen Computer auf die Existenz von Filesharing-Software zu untersuchen. Hat der Anschlussinhaber jedoch im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er dessen Namen offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will.

Quelle: BGH, Urteil vom 30.3.2017, I ZR 19/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl