Der Verkäufer eines Wohnhauses mit einem Keller aus dem Jahre 1938 muss einen Kaufinteressenten darüber aufklären, dass bei starken Regenfällen Wasser in den Keller eindringt.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Mannes entschieden, der ein Wohnhaus gekauft hatte. Bei der Besichtigung des 1938 gebauten Kellers erklärte er, den Keller als Lagerraum nutzen zu wollen. Farb- und Putzabplatzungen an den Wänden wiesen auf Feuchtigkeitsschäden hin. Dass bei starken Regenfällen Wasser in den Keller eindringt, war nicht sichtbar. Der Verkäufer wies vor Abschluss des Kaufvertrags auch nicht darauf hin. Im Kaufvertrag vereinbarten die Parteien einen Gewährleistungsausschluss. Als der Käufer später den aus seiner Sicht mangelhaften Keller entdeckte, erklärte er den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Das OLG stellte fest, dass der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten durfte. Das Haus sei mangelhaft, weil in den Keller bei starkem Regen regelmäßig breitflächig Wasser eindringe. Hiermit müsse ein Käufer auch bei einem älteren, im Jahre 1938 gebauten Keller nicht rechnen. Derartige Keller könnten üblicherweise zumindest als Lagerraum genutzt werden.

Der vereinbarte Gewährleistungsausschluss verhindere nicht die Haftung des Verkäufers. Dieser habe den Mangel arglistig verschwiegen. Er hätte den Käufer darüber aufklären müssen, dass bei starken Regenfällen Wasser breitflächig in den Keller eindringe. Als Verkäufer müsse er auf Fragen eines Kaufinteressenten vollständig und richtig Auskunft geben. Darum habe er auch die Situation im Keller zutreffend schildern müssen. Dies habe er aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht getan. Für den Käufer sei bei der Besichtigung des Kellers lediglich erkennbar gewesen, dass dessen Mauern Feuchtigkeitsspuren aufwiesen. Auf seine Fragen nach der Möglichkeit, Gegenstände gefahrlos im Keller zu lagern, habe der Verkäufer die ihm bekannten Wassereinbrüche verschwiegen. Wegen dieses arglistigen Handelns sei der im notariellen Kaufvertrag vereinbarte Gewährleistungsausschluss wirkungslos. Der Käufer konnte somit aufgrund des Mangels vom Kaufvertrag zurücktreten.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 18.7.2016, 22 U 161/15, Revision beim BGH (V ZR 186/16)

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Macht eine Kundin in einem Supermarkt einen Rückwärtsschritt und bringt hierbei eine andere Kundin zu Fall, die an ihr vorbei gehen will, können beide hälftig für den entstandenen Schaden haften.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer 63-jährigen Frau entschieden, die sich bei einem Sturz im Supermarkt den Ellenbogen gebrochen hatte. Hierzu war es gekommen, als eine andere Kundin beim Abbiegen von einem Haupt- in einen Seitengang einen Schritt rückwärts machte, ohne sich zuvor umzusehen. Nach ihren Angaben wollte sie eine ihr entgegenkommende Verkäuferin mit einer sog. Ameise nebst einer Palette vorbeilassen. Durch den Rückwärtschritt kam es zum Zusammenstoß mit der Frau, die aus einem Seitengang kommend die Beklagte an der Seite ihres Rückens passieren wollte. Dir Frau verlagt nun weiteren Schadenersatz, unter anderem ein Schmerzensgeld von 9.700 EUR.

Mit ihrer Klage war sie vor dem OLG nur teilweise erfolgreich. Die Richter entschieden, dass die Beklagte nur zu 50 Prozent für den Schaden hafte. Zwar habe die Beklagte die Frau schuldhaft verletzt. Wegen der in einem Supermarkt bestehenden Kollisionsgefahr mit anderen Kunden oder von diesen benutzten Einkaufswagen bewege sich ein verständiger Kunde im eigenen Interesse nicht rückwärts von einem Regal in den Gang zurück, ohne sich zuvor umzuschauen. Jedenfalls müsse ein Besucher, der sich rückwärts in die Verkaufsgänge zurückbewege, mit Hindernissen verschiedenster Art rechnen, weil diese dem Treiben im Supermarkt immanent seien. Auf diese habe sich der Kunde einzurichten. Das habe die Beklagte versäumt, weil sie – ohne zuvor zurückzusehen – zurückgegangen sei.

Die Geschädigte treffe aber ein hälftiges Mitverschulden an dem Unfall. Sie habe ebenso wie die Beklagte zu der Kollision beigetragen. So habe sie ihrerseits nicht auf die Bewegungen der sich in ihrer Nähe bewegenden Beklagten geachtet, als sie diese passiert habe. Hierdurch habe sie ebenso wie die Beklagte gegen die beschriebenen Sorgfaltspflichten eines Kunden beim Besuch eines Supermarkts verstoßen.

Das OLG berücksichtigte dieses Mitverschulden sowie die im Prozess bewiesenen Verletzungsfolgen. Es sprach der Frau letztendlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 EUR sowie einen Haushaltsführungsschaden von 500 EUR zu.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 6.6.2016, 6 U 203/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Was ist die gesetzliche Unfallversicherung? Was versteht man unter einem Arbeitsunfall? Und was bedeutet Haftungsablösung? Die passenden Antworten geben drei Kurzfilme, die die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), Spitzenverband der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen barrierefrei im Netz zur Verfügung stellt. Schritt für Schritt werden darin die wichtigsten Begriffe und Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung erklärt.

Grundlagen bietet der Clip „Ihre gesetzliche Unfallversicherung“. Er erklärt den Aufbau, die Aufgaben und Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie versichert rund 79 Millionen Menschen in Deutschland gegen die Folgen von Arbeits-, Schul- und Wegeunfällen, Unfällen im Ehrenamt sowie Berufskrankheiten.

Der Kurzfilm „Die Vorteile der Haftungsübernahme für Ihr Unternehmen“ richtet sich in erster Linie an die Unternehmen.  Er erläutert das Prinzip der Haftungsablösung. Verletzt sich also ein Mitarbeiter im Betrieb, entschädigt die gesetzliche Unfallversicherung den erlittenen Schaden umfassend. Der Arbeitgeber ist von der zivilrechtlichen Haftung freigestellt.

Der Film „Der Arbeitsunfall – was ist das?“ richtet sich primär an Menschen, die einen Arbeitsunfall erlitten haben. Am Beispiel von Dachdecker Walter werden die Abläufe vom Unfall bis zum Wiedereinstieg in den Beruf Schritt für Schritt beschrieben. Die Versorgung „Alles aus einer Hand“ ist ein Leitmotiv der Unfallversicherung.

Alle drei Filme, stehen auch in einer Fassung mit Untertiteln zur Verfügung:

 

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer ein Kraftfahrzeug anmietet hat eine Nachforschungs- und Sorgfaltspflicht bezüglich der notwendigen Kraftstoffsorte des Mietfahrzeugs.

Hierauf wies das Amtsgericht München im Fall einer Frau hin, die bei einer gewerblichen Autovermietung einen PKW gemietet hatte. Ihr wurde zunächst ein Fahrzeug der Mercedes-Benz A-Klasse mit Benzinmotor vermietet. Dieses wurde später gegen einen Mercedes-Benz B-Klasse B 180 CDI ausgetauscht. Dieses Fahrzeug betankte die Frau mit Benzin anstelle von Diesel. Sie fuhr damit weiter ohne den Irrtum zu bemerken, bis das Fahrzeug wegen des falschen Kraftstoffs liegen blieb. Da die verständigte Pannenhilfe nicht erfolgreich war, musste das Fahrzeug abgeschleppt werden. Der Schaden am Pkw wurde von einem Sachverständigen auf 1.080,57 EUR beziffert. Das Sachverständigengutachten kostete 45,00 EUR.

Die Autovermietung verlangt von der Frau diese Kosten sowie eine Auslagenpauschale von 25 EUR, insgesamt 1.150,57 EUR. Die Mieterin weigerte sich zu zahlen. Sie ist der Meinung, dass das ursprüngliche Mietfahrzeug von der Klägerin zurückgefordert wurde und man ihr ein vergleichbares Fahrzeug angeboten habe. Bei dem ursprünglichen Fahrzeug habe es sich um ein Fahrzeug der Mercedes A-Klasse gehandelt, welches mit Benzin betrieben wurde. Im Rahmen des Austausches sei durch einen Mitarbeiter der Klägerin versichert worden, dass das Austauschfahrzeug (Mercedes-Benz B180 CDI) ein vergleichbares Fahrzeug wäre, welches genauso zu fahren und zu bedienen sei. Auf die unterschiedliche Kraftstoffart sei sie nicht hingewiesen worden. Außerdem habe sie den Aufdruck auf dem Tankdeckel aufgrund von Dunkelheit und Schneetreiben nicht erkannt.

Die Autovermietung erhob Klage vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin gab der Autovermietung recht und verurteilte die Frau zur Zahlung von 1.150,57 EUR. Die Frau habe ihre Sorgfaltspflicht aus dem Mietverhältnis verletzt, indem sie das Fahrzeug mit dem falschen Kraftstoff betankte. Der Mieter muss sich im Rahmen des Schuldverhältnisses so verhalten, dass das Eigentum des Vertragspartners nicht verletzt wird. Aus diesem Grund besteht eine Nachforschungs- und Sorgfaltspflicht bezüglich der notwendigen Kraftstoffsorte des Mietfahrzeugs, so das Gericht. Trotz deutlicher Hinweise – sowohl auf dem Tankdeckel als auch auf dem Tankverschluss – habe sie Benzin statt Diesel getankt. Daher habe sie grob fahrlässig gehandelt. Bei der Übernahme eines Mietfahrzeugs ist es die Pflicht des Mieters, sich mit der Handhabung und den notwendigen Betriebsmitteln wie die Kraftstoffart des Fahrzeugs vertraut zu machen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, sich vor dem Tankvorgang eines fremden, nur vorübergehend gemieteten Fahrzeugs über den zulässigen Kraftstoff zu informieren bzw. sich zu vergewissern, dass der richtige Kraftstoff getankt wird, so das Urteil.

Das Fahrzeug sei zudem mit einem roten Tankdeckel ausgestattet gewesen, auf dem sich der weiße Aufdruck „Diesel“ befunden habe. Das habe beim Öffnen des Tankdeckels ins Auge stechen müssen. Auch hätte die Frau nachdenklich machen müssen, dass sich ein Dieselfahrzeug im Regelfall grundsätzlich in der Fahrweise von einem Benzinfahrzeug unterscheidet. Diese Argumente ließen sich nach Ansicht des Gerichts auch nicht damit ausräumen, dass die Frau aufgrund von Dunkelheit und Schneetreiben die Aufschrift auf dem Tankdeckel nicht sehen konnte. Die weiße Aufschrift auf dem Tankdeckel lasse sich auch bei Dunkelheit erkennen. Außerdem könne davon ausgegangen werden, dass eine Tankstelle bei Betrieb ausreichend beleuchtet sei.

Quelle: amtsgericht-muenchen-urteil-vom-2-9-2016-113-c-27219-14.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fehlt einem BMW das in der – auf www.mobile.de veröffentlichten – Fahrzeugbeschreibung genannte Ausstattungsmerkmal „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“, kann der Fahrzeugkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Autokäufers entschieden. Dieser hatte einen BMW X1 sDrive 18d (EZ 09/2012) zum Kaufpreis von ca. 21.200 EUR gekauft. Er war über die Internetplattform www.mobile.de auf das Fahrzeug aufmerksam geworden. Das Autohaus hatte es dort – das ergab die im Prozess durchgeführte Beweisaufnahme – zum Verkauf unter Hinweis auf Ausstattungsmerkmal „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ angeboten. Nach telefonischen Kontakten der Parteien unterzeichnete der Käufer ein vom Autohaus übersandtes Bestellformular. Darin war das vorgenannte Ausstattungsmerkmal nicht erwähnt. Tatsächlich verfügte das Fahrzeug auch über keine werkseitige Freisprecheinrichtung. Nachdem er das Auto erhalten hatte, beanstandete der Käufer, dass die Freisprecheinrichtung fehlte. Das Autohaus wies dies unter Hinweis auf die nicht zugesagte Freisprecheinrichtung zurück. Daraufhin hat der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und seine Rückabwicklung begehrt.

Seine Klage war in allen Instanzen erfolgreich. Das OLG hat das Autohaus zur Rückzahlung von ca. 20.750 EUR gegen Rückgabe des Fahrzeugs verurteilt. Angerechnet wurde eine Nutzungsentschädigung. Das verkaufte Fahrzeug sei mangelhaft, so die Richter, weil der BMW keine werkseitige Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle aufweise.

Der Käufer habe nachweisen können, dass das Ausstattungsmerkmal in der vom Autohaus bei www.mobile.de veröffentlichten Fahrzeugbeschreibung aufgeführt gewesen sei. Dies habe er als Beschaffenheitsvereinbarung verstehen dürfen. Er könne erwarten, dass es sich um das offiziell von BMW angebotene Ausstattungsmerkmal „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ handele. Die Beschaffenheitsangabe sei nicht dadurch widerrufen worden, dass das Ausstattungsmerkmal im später unterzeichneten Bestellformular nicht mehr erwähnt worden sei. Mache ein Kfz-Verkäufer im Vorfeld eines Vertragsschlusses konkrete Angaben zur Beschaffenheit des Fahrzeugs, könne er sich von diesen nur dann distanzieren, wenn er gegenüber dem Kaufinteressenten vor dem Vertragsschluss eindeutig klarstelle, dass das Ausstattungsmerkmal doch nicht vorhanden sei. Dies habe das  Autohaus im vorliegenden Fall nicht getan.

Aufgrund des Fahrzeugmangels sei der Käufer wirksam vom Vertrag zurückgetreten. Er habe dem Autohaus keine weitere Gelegenheit zur Nachbesserung geben müssen. Eine solche habe das Autohaus zum einen ernsthaft und endgültig abgelehnt. Zum anderen sei es auch technisch nicht möglich gewesen, das Fahrzeug mit der werkseitig von BMW angebotenen Freisprecheinrichtung nachzurüsten. Auf den nachträglichen Einbau einer Freisprecheinrichtung eines anderen Herstellers habe sich der Käufer nicht einlassen müssen. Wenn dem Fahrzeug eine vereinbarte Beschaffenheit fehle, spreche das für eine erhebliche Pflichtverletzung, die zum Rücktritt berechtige.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 21.7.2016, 28 U 2/16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Mandant fragt: Zwei Fahrzeuge einer Handwerkerfirma sind bei der Anfahrt einer Baustelle zusammengestoßen. Die Fahrzeuge sind bei verschiedenen Gesellschaften versichert. Der Versicherer des verursachenden Fahrzeugs lehnt die Schadenregulierung ab und verweist auf die Vollkaskoversicherung. Die möchte der Mandant aber wegen der relativ hohen Selbstbeteiligung nicht in Anspruch nehmen. Hat der Versicherer recht?

Unsere Antwort: Der Versicherer hat leider recht. Denn ein Haftpflichtschaden liegt nur vor, wenn ein anderer (also ein Dritter) geschädigt wird. Gehören beide Fahrzeuge derselben Firma, hat die sich als Halter beider Fahrzeuge bei dem Unfall selbst geschädigt. Dass unterschiedliche Fahrer am Steuer saßen, und dass die Autos bei verschiedenen Gesellschaften versichert sind, ändert nichts, weil die Haftung am Halter hängt.

Solche Fälle kommen auch immer wieder innerfamiliär vor, nämlich wenn Erst- und Zweitwagen die „Unfallgegner“ sind. Einer fährt vorneweg, der andere hinterher, es kommt zum Auffahrunfall. Ebenfalls höchst schadensträchtig sind die Situationen, wenn auf dem Hof rangiert wird.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Juwelier ist generell nicht verpflichtet, zur Reparatur oder zum Ankauf entgegengenommenen Kundenschmuck gegen das Risiko des Verlusts durch Diebstahl oder Raub zu versichern. Besteht kein Versicherungsschutz, muss er den Kunden aber möglicherweise hierüber aufklären.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Juweliers, der von einem Kunden Schmuck im Wert von maximal 2.930 EUR zur Reparatur erhalten hatte. Diese Schmuckstücke wurden bei einem Raubüberfall auf das Geschäft des Juweliers entwendet. Gegen dieses Risiko war der Juwelier nicht versichert. Er hatte auch den Kunden nicht darauf hingewiesen, als er die Schmuckstücke entgegennahm. Der Kunde verlangt nun Wertersatz für die geraubten Schmuckstücke. Das Amtsgericht hat dem Kunden den Ersatzbetrag zugesprochen. Das Landgericht hat das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Anders als das Gericht erster Instanz sah es keine Aufklärungspflicht über den mangelnden Versicherungsschutz.

Auf die Revision des Kunden hat der BGH das Urteil des Landgerichts aufgehoben. Die Sache wurde an das Landgericht zurückverwiesen. Sie muss dort neu verhandelt und entschieden werden. Nach Ansicht der Richter am BGH ist ein Juwelier zwar generell nicht verpflichtet, zur Reparatur oder Abgabe eines Ankaufsangebots entgegengenommenen Kundenschmuck gegen das Risiko des Verlusts durch Diebstahl oder Raub zu versichern.

Der Juwelier muss aber über den nicht bestehenden Versicherungsschutz aufklären, wenn es sich um Kundenschmuck von außergewöhnlich hohem Wert handelt. Gleiches gilt, wenn der Kunde erwarten darf, aufgeklärt zu werden, weil der Versicherungsschutz branchenüblich ist.

Einen außergewöhnlich hohen Wert hat der BGH vorliegend verneint. Für die Beurteilung der zwischen den Parteien streitigen Frage der Branchenüblichkeit einer Diebstahls- oder Raubversicherung bei Juwelieren hat das Landgericht nicht die erforderlichen Feststellungen getroffen und keinen Beweis erhoben. Das muss es nun nachholen.

Quelle: BGH, Urteil vom 2.6.2016, VII ZR 107/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Assistant stood with bossVor dem Amtsgericht Hannover wurde ein Verfahren auf Feststellung, dass ein Reisevertrag gültig ist, durch einen Vergleich beendet.

Der Kläger hatte auf dem Buchungsportal „Holiday Check“, das zu dem Unternehmen eines hannoverschen Reiseunternehmens gehört, eine 14-tägige Reise auf die Malediven gebucht. Der Preis betrug 2.570 EUR. Enthalten war eine Junior-Suite mit Meerblick all inclusive für zwei Personen. Er leistete für sich und seine Lebensgefährtin eine Anzahlung von 642,50 EUR.

Der tatsächliche Wert der Reise betrug 13.562 EUR. Der Reiseveranstalter weigerte sich, die Reise zu dem ausgeschriebenen Betrag zu leisten. Er hat den Reisevertrag wegen Irrtums angefochten. Eine Mitarbeiterin habe bei der Eingabe der Reise in das System einen gewährten Rabatt nicht nur einmalig, sondern für jeden Tag eingegeben. Das sei ein irrtümliches Verhalten, das auch für den Kläger wegen der extremen Preisdifferenz erkennbar gewesen sei.

Der Kläger verlangte nun vor Gericht die Feststellung, dass der geschlossene Reisevertrag wirksam sei. Auf Vorschlag der Richterin einigten sich die Parteien. Der Reiseveranstalter gewährt dem Kläger einen Reisegutschein im Wert von 4.750 EUR und zahlt die geleistete Anzahlung zurück. Dafür verzichtete der Kläger auf seine extrem günstige Reise.

Quelle: Amtsgericht Hannover, 554 C 11333/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Paragraph Typewriter 3Ein berufsbedingter Wohnortwechsel berechtigt den Kunden grundsätzlich nicht dazu, seinen langfristigen Fitnessstudio-Vertrag außerordentlich zu kündigen.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer Fitnessstudio-Betreiberin hin. Sie verlangte von einem Kunden restliches Nutzungsentgelt für die Zeit von Oktober 2013 bis einschließlich Juli 2014. Die Parteien hatten 2010 einen Nutzungsvertrag für einen Zeitraum von 24 Monaten geschlossen. Das monatliche Nutzungsentgelt betrug 65 EUR. Ferner enthielt der Vertrag eine Verlängerungsklausel um jeweils zwölf Monate für den Fall, dass er nicht bis zu drei Monate vor Ablauf gekündigt wird. Der Vertrag verlängerte sich entsprechend bis zum 31.7.2014.

Im Oktober 2013 wurde der bis dahin in Hannover lebende Beklagte zum Soldaten auf Zeit ernannt. Ab diesem Zeitpunkt zahlte er keine Mitgliedsbeiträge mehr. Als Soldat wurde er für die Zeit von Oktober bis Dezember 2013 nach Köln und für die Zeit von Januar bis Mai 2014 nach Kiel abkommandiert. Seit Juni 2014 ist er in Rostock stationiert. Am 5.11.2013 kündigte er den Fitness-Studiovertrag und zahlte das monatliche Entgelt nicht mehr. Die Fitnessstudio-Betreiberin klagte daraufhin den bis Juli 2014 ausstehenden Betrag ein.

Zu Recht, entschied der BGH. Der Beklagte habe den Vertrag nicht wirksam vorzeitig gekündigt. Er schulde deswegen bis zum regulären Vertragsende das Nutzungsentgelt.

Ein Dauerschuldverhältnis, wie der vorliegende Fitnessstudio-Vertrag, kann zwar von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund gekündigt werden, ohne dass eine Kündigungsfrist eingehalten werden muss. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Allerdings trägt der Kunde grundsätzlich das Risiko, die vereinbarte Leistung des Vertragspartners aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Etwas anderes gilt nur, wenn ihm aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann, eine weitere Nutzung der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht mehr zumutbar ist.

Bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios kann ein solcher – nicht in seinen Verantwortungsbereich fallender – Umstand etwa in einer Erkrankung gesehen werden, wegen der das Studio nicht mehr genutzt werden kann. Ebenso kann eine Schwangerschaft die weitere Nutzung der Leistungen des Studiobetreibers bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar machen. Ein Wohnsitzwechsel ist dagegen grundsätzlich kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung eines Fitness-Studiovertrags. Die Gründe für einen Wohnsitzwechsel – sei er auch berufs- oder familienbedingt – liegen in aller Regel allein in der Sphäre des Kunden und sind von ihm beeinflussbar. Besondere Umstände, die hier die Übernahme des Verwendungsrisikos für den Kunden gleichwohl als unzumutbar erscheinen ließen, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich.

Quelle: BGH, Urteil vom 4.5.2016, XII ZR 62-15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gesetz, Gesetzbuch, Recht, Gericht, SchönfelderAllgemeine Geschäftsbedingungen in einem Wahlleistungsvertrag mit einer Klinik, wonach der Patient zum Schadenersatz verpflichtet wird, wenn er einen Operationstermin absagt, sind in der Regel unwirksam.

Hierauf wies das Amtsgericht München im Fall einer Patientin hin. Sie hatte mit einer Schönheitsklinik eine Wahlleistungsvereinbarung über eine Magenballonbehandlung getroffen. Die Vereinbarung enthält unter anderem folgende Geschäftsbedingungen:

  • Bei Absage oder Verschiebung eines durch den Patienten zugesagten Eingriffstermins erhebt die (Name der Klinik) stets eine Verwaltungsgebühr von 60 EUR brutto.
  • Bei Abwesenheit des Patienten am Eingriffstag oder einer kurzfristigen Absage des Eingriffstermins …erhebt die (Name der Klinik) darüber hinaus eine Stornogebühr. Sie beträgt bei Absage
    • weniger als 14 Tage vor dem Eingriff 40 Prozent
    • innerhalb von 7 Tagen vor dem Eingriff 60 Prozent
    • innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff oder bei Abwesenheit am Eingriffstag 100 Prozent

des Gesamtrechnungsbetrags brutto.

Am 29.7.2015 sagte die Patientin den für den 31.7.2015 vereinbarten Behandlungstermin ab. Die Schönheitsklinik stellte ihr eine Rechnung über 60 Prozent der Behandlungsgebühren, insgesamt 1.494 EUR. Das Amtsgericht hat die Zahlungsklage der Klinik abgewiesen. Es hielt die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Schönheitsklinik für unwirksam.

Die geforderte Stornogebühr übersteige den normalerweise zu erwartenden Schaden und sei unangemessen hoch. Denn der Patient müsse für den Fall einer Absage innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff nicht nur 100 Prozent des Bruttobetrags vergüten, sondern auch noch eine Verwaltungsgebühr von 60 EUR zahlen. Damit müsse er bei einer kurzfristigen Absage des Eingriffs mehr bezahlen, als er für die Operation zu leisten hätte. Ein derart hoher Schaden ist völlig realitätsfern und offenkundig einseitig zugunsten des Verwenders festgelegt, so das Gericht. Nicht berücksichtigt sei zudem, dass die Klinik bei Absage eines Operationstermins Aufwendungen wie Medikamente und Verbrauchsmaterialen, Strom- und Reinigungskosten spare. Diese seien zugunsten des Patienten abzuziehen. Die Klausel benachteilige die Patientin daher unangemessen.

Eine Heilbehandlung setze ein gesteigertes persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Behandler und Patient voraus. Daher sei in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass der Patient den Behandlungsvertrag jederzeit fristlos kündigen könne. Begründen müsse er die Absage nicht. Der Patient müsse jederzeit frei entscheiden können, ob er einen Eingriff in den Körper oder seine Gesundheit zulassen will. Das wirtschaftliche Interesse des Behandlers müsse gegenüber diesem schützenswerten Interesse des Patienten zurücktreten.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 28.1.2016, 213 C 27099/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl