Gesetz 1In vielen Unternehmen können die Beschäftigten ein breit gefächertes Angebot zum Betriebssport nutzen. Kommt es während des Betriebssports zu Unfällen, sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesetzlich unfallversichert.

Hinweis: Entscheidend für den Versicherungsschutz ist, dass der Sport Ausgleichs- und nicht Wettkampfcharakter hat. Betriebssport beschränkt sich im Wesentlichen auf Beschäftigte

eines Betriebs, findet regelmäßig statt und muss unternehmensbezogen organisiert werden. Etwa, wenn das Unternehmen feste Zeiten vorgibt oder die Sportstätten und -geräte zur Verfügung stellt.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Accident with two carsNichtmitglieder, die bei Tätigkeiten für den Verein zu Schaden kommen, haben ohne Verschulden des Vereins keinen Schadenersatzanspruch. Aus dem Auftragsverhältnis kann sich aber ein Anspruch auf Aufwandsersatz ergeben.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Celle im Fall einer Frau. Diese war verunglückt, als sie ihre Enkelin mit dem Pkw zu einem Wettkampf bringen wollte. Sie machte Kostenersatz für eine erforderliche Zahnbehandlung sowie Schmerzensgeld geltend. Die Versicherung des Vereins lehnte die Erstattung ab. Ein Nichtmitglied genieße keinen Versicherungsschutz. Auch seien die Anforderungen an eine „offiziell eingesetzte“ Helferin nicht erfüllt.

Das OLG gab der Geschädigten teilweise recht. Ob die Frau vom Verein ausdrücklich beauftragt war, die Spielerin zum Wettkampf zu bringen, sei ohne Belang. Denn die Übernahme des Fahrdienstes entsprach dem Interesse des Vereins. Aus dem Gesetz ergebe sich ein Aufwandsersatzanspruch für Schäden, die bei Ausführung des Auftrags entstehen, wenn ein geschäftstypisches und nicht nur ein allgemeines Lebensrisiko bestand. Für das OLG war die Teilnahme am Straßenverkehr ein „auftragsspezifisches Risiko“ (OLG Celle, Urteil vom 16.10.2014, 5 U 16/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Klage mit Buch, Hand und BrilleDas Land NRW kann verpflichtet sein, eine Ausnahmegenehmigung zum Besuch einer Schule in Kerkrade in den Niederlanden zu erteilen.

Hierauf wies das Verwaltungsgericht (VG) Aachen im Fall einer 12-jährigen Schülerin hin. Die Richter machten deutlich, dass nach dem nordrhein-westfälischen Schulgesetz die Schulpflicht grundsätzlich durch den Besuch einer deutschen Schule zu erfüllen sei. Dies diene unter anderem der Integration in die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland. Hier liege aber ein wichtiger Grund für eine Ausnahme vor. Die Schülerin besitze neben der deutschen auch die niederländische Staatsangehörigkeit. Ihr Vater sei Niederländer. Es lasse sich auch kein Lebensmittelpunkt der Schülerin in Deutschland feststellen. Bis zur Scheidung ihrer Eltern habe sie ununterbrochen in den Niederlanden gelebt und dort die achtjährige Basisschool nahezu durchlaufen. Seit der Trennung der Eltern lebe sie wöchentlich von mittwochs bis freitags und alle zwei Wochen zusätzlich von freitags bis montags bei ihrem Vater in den Niederlanden. Sie halte sich damit überwiegend dort auf.

Von Bedeutung sei auch die „Gemeinsame Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung von schulischen Bildungsabschlüssen und Berechtigungen zwischen dem Königreich der Niederlande und dem Land NRW“. Darin werde das außerordentliche Interesse beider Seiten betont, in einem zusammenwachsenden Europa die Mobilität von Schülern und deren Familien durch eine Vereinfachung der Anerkennung schulischer Bildungsabschlüsse und eine Erleichterung des Wechsels zwischen den unterschiedlichen Schulsystemen zu fördern. Das niederländische Havo-Diplom, das die Schülerin anstrebe, entspreche der deutschen Fachhochschulreife (VG Aachen, Urteil vom 19.5.2015, 9 K 2036/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Haftung onlineIn der Freibadsaison zur Sommerzeit haben Langfinger Hochkonjunktur. Es stellt sich daher die Frage, wann ein solcher Diebstahl ersetzt wird und in welchen Fällen der Betroffene leer ausgeht.

Frage: Der Versicherungsnehmer verbringt einen Nachmittag im Freibad. Als er vom Schwimmen aus dem Becken zur Liegewiese kommt, sind sein Handy und sein Portemonnaie verschwunden. Beides hatte er in seiner Schwimmtasche, die auf der Badedecke lag. Ist der Schaden versichert und von welchem Versicherer kann er den Verlust ersetzt verlangen?

Antwort: Möglicherweise greift in diesem Fall seine Hausratversicherung. Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Verlust von Hausrat nämlich auch versichert, wenn sich dieser zum Zeitpunkt des Diebstahls vorübergehend nicht in dem versicherten Haus befunden hat (sog. Außenversicherung).

Im vorliegenden Fall liegt jedoch nur ein einfacher Diebstahl vor. Dieser ist über die Hausratversicherung nicht gedeckt. Die entwendete Sache war nicht vor Mitnahme geschützt und der Täter musste keine Hindernisse überwinden.

Frage: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die Hausratversicherung eintrittspflichtig ist?

Antwort: Die Hausratversicherung ist eintrittspflichtig, wenn einer der folgenden Fälle vorliegt:

• Schwerer Diebstahl oder Einbruchdiebstahl

Ein schwerer Diebstahl oder Einbruchdiebstahl setzt voraus, dass die entwendete Sache durch ein Schloss oder Ähnliches geschützt war und der Täter ein Hindernis überwinden und Gewalt anwenden bzw. eine Sachbeschädigung begehen musste.

Beispiel  Der Versicherungnehmer hatte seine Wertsachen in einem Spind oder Schließfach im Schwimmbad eingeschlossen und dieser bzw. dieses wurde aufgebrochen.

• Räuberischer Diebstahl

Ein räuberischer Diebstahl ist ein Diebstahl unter Anwendung oder Androhung von Gewalt.

Beispiel  Der Versicherungsnehmer wurde im Schwimmbad überfallen und der Dieb hat ihm sein Handy und das Geld gestohlen. Ein einfacher Taschendiebstahl fällt also nicht unter diese Fallgestaltung.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Platten / IdeeOberirdische Versorgungsleitungen für Kirmesbetriebe müssen mit möglichst geringem Stolper- und Sturzrisiko für Kirmesbesucher und Anlieger verlegt werden. Stürzt ein Besucher oder ein Anlieger über eine unzureichend gesicherte Versorgungsleitung, hat er einen Schadenersatzanspruch gegen den verantwortlichen Kirmesbetrieb.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden. In dem zugrunde liegenden Fall war eine Frau während der alljährlich stattfindenden Pflaumenkirmes in Kamen auf dem Bürgersteig vor ihrem Wohnhaus gestürzt. Für den Sturz machte sie auf dem Bürgersteig oberirdisch verlegte Kabelversorgungsleitungen verantwortlich. Diese waren u.a. auf Veranlassung des beklagten Kirmesbetriebs verlegt worden. Die lose liegenden Kabel waren nicht abgedeckt. Die Frau zog sich einen Oberschenkelhalsbruch und einen Bruch ihres rechten Arms zu. Sie musste operativ versorgt und stationär behandelt werden. Vom beklagten Betrieb hat sie Schadenersatz und ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 EUR verlangt.

Das OLG hat der Frau dem Grunde nach einen 50-prozentigen Schadenersatz zugesprochen. Dabei hat es ein Mitverschulden berücksichtigt. Die Höhe des der Frau zustehenden Schadens wird das Landgericht in dem jetzt durchzuführenden Betragsverfahren zu klären haben.

Der beklagte Betrieb hafte nach Ansicht der Richter auf Schadenersatz, weil er seine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Während einer Kirmes müssten Stände und mobile Unterkünfte der Schausteller über oberirdisch verlegte Leitungen versorgt werden. Da sich kaum vermeiden lasse, dass diese Leitungen Laufwege von Besuchern querten, müsse einem Stolper- und Sturzrisiko mit einer sorgfältigen Verlegung bzw. Abdeckung der Leitungen entgegengewirkt werden. Der Kirmesbereich mit seinen wechselnden Attraktionen ziehe die Aufmerksamkeit des Besuchers auf sich und lenke sie vom Bodenbereich ab. Das gelte auch für Leitungen außerhalb des eigentlichen Kirmesplatzes, mit denen z.B. Wohnwagen der Schausteller versorgt würden. Ohne erkennbare Streckenführung, lose und ohne Abdeckung verlegte Leitungen erhöhten das Stolper- und Sturzrisiko und begründeten eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle. Vorliegend sei die Frau über lose verlegte und unzureichend gesicherte Versorgungsleitungen gestürzt. Das hat die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme ergeben. Dabei werde zugunsten der Frau vermutet, dass die unzureichend gesicherte Gefahrenquelle ihren Sturz verursacht habe.

Ob in dem Gefahrenbereich ausschließlich Versorgungsleitungen des beklagten Betriebs oder auch anderer Schaustellerbetriebe verlegt worden seien und über welches Kabel die Frau genau gestürzt sei, bedürfe keiner Aufklärung. Auch der beklagte Betrieb sei für die unzureichende Sicherung der Kabel verantwortlich. Er habe nicht nachgewiesen, dass die Frau über das Kabel eines anderen Betriebs zu Fall gekommen sei. Daher werde zugunsten der Frau vermutet, dass die Verkehrssicherungspflichtverletzung des beklagten Betriebs den Schaden mitverursacht habe.

Die Frau müsse sich allerdings ein mit 50 Prozent zu bemessendes Mitverschulden entgegenhalten lassen. Die Kabel hätten bereits seit einigen Tagen vor ihrem Grundstück gelegen. Daher sei ihr der unzureichende Verlegungszustand bekannt gewesen (OLG Hamm, Urteil vom 24.3.2015, 9 U 114/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

ParagraphEine beantragte Hautstraffungs-Operation gilt als genehmigt, wenn die Krankenkasse nicht rechtzeitig entscheidet oder zumindest über eine Verzögerung hinreichend informiert.

So entschied es das Sozialgericht (SG) Heilbronn im Fall einer Frau, die nach einer von der BKK bezahlten Schlauchmagen-OP knapp 50 kg verloren hatte. Sie beantragte die operative Straffung von erheblichen Hautüberschüssen an verschiedenen Körperpartien. Ohne die Patientin schriftlich darüber zu informieren, dass sie den Antrag nicht binnen der gesetzlichen Fünfwochenfrist bearbeiten könne, lehnte die BKK es erst ein halbes Jahr nach Antragstellung ab, die Kosten zu übernehmen.

Das SG gab der Klage der Frau statt. Es würde den Sanktionscharakter des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V und die Genehmigungsfiktion dieser Vorschrift leerlaufen lassen, wenn die beklagte Krankenkasse nach Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorschriften im weiteren Verfahren mit Erfolg einwenden könnte, die beantragte Leistung hätte gar nicht bewilligt werden dürfen. Eine solche Auslegung würde die Genehmigungsfiktion leerlaufen lassen und widerspräche auch deren eindeutigem Wortlaut. Zudem hätte ein Versicherter auch nach Verstoß der Krankenkasse gegen die gesetzlich normierten Fristen keine Gewissheit, dass die beantragte Leistung von der Krankenkasse bezahlt oder zumindest die Kosten hierfür erstattet werden. Dies könne nicht Sinn und Zweck des Patientenrechtegesetzes gewesen sein. Dieses ziele gerade darauf ab, die Rechte des Patienten zu stärken und generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens zu verbessern (SG Heilbronn, Urteil vom 11.3.2015, S 11 KR 2425).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

PuzzleWird eine Satzungsänderung beschlossen, die verschiedene Regelungen in der Satzung betrifft, muss darüber von der Mitgliederversammlung nicht einzeln abgestimmt werden. Ein Beschluss über alle Änderungen zusammen ist nicht zu beanstanden.

So entschied es das Landgericht (LG) Düsseldorf. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die geänderte Satzung als einheitliches Regelungswerk anzusehen sei. Es könne deshalb keinen Unterschied machen, ob über eine neue Satzung als Ganzes abgestimmt werde oder über einzelne Änderungsanträge. Im Ergebnis würde in beiden Fällen nur eine neue Satzung entstehen.

Hinweis  Der Wortlaut der Änderungen kann gegenüber dem in der Einladung zur Mitgliederversammlung angegebenen Text noch verändert werden. Änderungsvorschläge gehören zu einer Diskussion über Anträge und müssen folglich in der Mitgliederversammlung berücksichtigungsfähig sein. Die Mitglieder müssen darüber – wie sonst bei Änderungen der Tagesordnung erforderlich – nicht informiert werden  (LG Düsseldorf, Urteil vom 12.8.2014, 1 O 307/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

the bankRäumen Sparkassen gegenüber Verbrauchern ein Recht zur ordentlichen Kündigung ein, ohne klarzustellen, dass eine Kündigung nur aus sachgerechten Gründen zulässig ist, ist diese Klausel unwirksam.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Geklagt hatte ein Verbraucherschutzverband. Er wollte, dass die beklagte Sparkasse die folgende Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mehr nutzen darf:

 

„Nr. 26 Kündigungsrecht

 

(1) Ordentliche Kündigung

Soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen und weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen.

 

Für die Kündigung eines Zahlungsdiensterahmenvertrags (z. B. Girovertrag oder Kartenvertrag) durch die Sparkasse beträgt die Kündigungsfrist mindestens zwei Monate.

 

[…]“

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Der BGH hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der beklagten Sparkasse zurückgewiesen, soweit die Klausel das Recht der Beklagten zur ordentlichen Kündigung gegenüber Verbrauchern betrifft. Die Klausel ist insoweit intransparent und damit nach dem AGB-Recht unwirksam. Die Beklagte ist als Sparkasse in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts organisiert. Sie ist unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Daher ist sie nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch gehindert, den Zugang zu ihren Einrichtungen ohne sachgerechten Grund willkürlich zu beschneiden. Kündigt die Sparkasse ohne sachgerechten Grund, ist die Kündigung wegen eines Gesetzesverstoßes nichtig.

Da die Klausel diesen Umstand mit der Wendung „Soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen, …“ nicht klar und verständlich zum Ausdruck bringt, verstößt sie gegen das Transparenzgebot (BGH, Urteil vom 5.5.2015, XI ZR 214/14).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

TürAuf Grundlage eines Ende 2014 entwickelten Eckpunktepapiers soll noch 2015 ein Gesetz beschlossen werden, das die Versorgung sterbenskranker Menschen verbessert. In ganz Deutschland soll ein flächendeckendes Hospiz- und Palliativangebot geschaffen werden. Die noch lückenhafte Versorgung in ländlichen, strukturschwachen Regionen, auch im Bereich der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV), soll beseitigt werden.

Ziel ist die Weiterentwicklung einer vernetzten, kooperativen Betreuung und Versorgung, bei der professionelle und ehrenamtliche Betreuung und Versorgung zusammengehen. Der Hospiz- und Palliativgedanke soll in der Regelversorgung stärker verankert werden. Die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) soll weiter gestärkt und die vertragliche Gestaltung bei SAPV-Versorgungen vereinfacht werden. Vorgesehen sind weiterhin die Verbesserung der finanziellen Ausstattung stationärer Hospize, der Krankenkassen-Zuschuss bei Hospizpflege für Erwachsene wird von 90 Prozent auf 95 Prozent angehoben (Eckpunkte im Volltext, http://www.iww.de/sl1610).

Seit 2013 unterstützt das Forum Hospiz- und Palliativversorgung des Bundesgesundheitsministeriums Ausbau und Diskussion um die Entwicklungen in Hospizkultur und Palliativversorgung sowie die Vernetzung der verschiedenen Akteure. Es tritt ca. zweimal jährlich zusammen.

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Platten / IdeeDas Amtsgericht Hannover hat einem hannoverschen Energieversorgungsunternehmen im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, trotz Zahlungsrückstand den Strom bei einem Ehepaar abzustellen. Der 59-jährige Ehemann ist an Demenz erkrankt, die 58-jährige Ehefrau leidet an einer Lungenerkrankung aufgrund derer sie ein Sauerstoffgerät benötigt, das mit Strom betrieben wird.

Das Ehepaar hat einen Zahlungsrückstand von 396 EUR für Strom und 1486,74 EUR für sonstige Nebenkosten. Das Energieversorgungsunternehmen teilte mit Schreiben vom 5.2.2015 die Sperrung der Energieversorgung zum 12.2.2015 mit. Am 11.2.2015 beantragte das Ehepaar beim Sozialgericht Hannover eine einstweilige Anordnung zur Unterbindung der Stromabschaltung. Das Ehepaar trug vor, aufgrund der Erkrankungen die Zahlungen übersehen zu haben. Die Ehefrau sei durch die Erkrankung der Lunge „komplett aus dem Leben gerissen“ worden, der Ehemann habe durch die Alzheimererkrankung die Rechnungen vergessen. Nachdem das Sozialgericht wegen eigener Unzuständigkeit das Verfahren im April an das Amtsgericht Hannover abgegeben hatte, erließ das Amtsgericht Hannover die begehrte einstweilige Verfügung.

Der erkennende Richter entschied, dass die Folgen der Unterbrechung der Stromzufuhr außer Verhältnis zu der Schwere der Zuwiderhandlung stehen. Da die Ehefrau aus medizinischen Gründen auf die Stromzufuhr angewiesen ist und ihr im Fall einer Sauerstoffunterversorgung gravierende gesundheitliche Probleme drohen, rechtfertigt in diesem speziellen Fall ein Zahlungsrückstand nicht die Sperrung. Anderes gilt für die Rückstände auf Gas, Wasser und Wärme. Hier ist eine Sperrung wegen des Zahlungsrückstands zulässig, da hier keine besonderen gesundheitlichen Belange entgegenstehen (Amtsgericht Hannover, Einstweilige Verfügung vom 8.4.2015, 561 C 3482/15).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl