Paragraph Kugeln 2Am 12. Dezember 2014 löst die neue EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV 1169/2011) nach einer zweijährigen Übergangszeit die vorherige Lebensmittelkennzeichnungsverordnung ab. Ab dann verlangt der Gesetzgeber auch für nicht vorverpackte Lebensmittel (lose Ware) eine verbindliche Kennzeichnung der 14 häufigsten Allergene. Wer Speisen und Getränke verkauft, muss neue Informations- und Kennzeichnungspflichten beachten.

Die Änderungen bei der Kennzeichnungspflicht

Künftig muss eine Allergenkennzeichnung bei allen losen Waren erfolgen. Als solche gelten unverpackte und frisch zubereitete Lebensmittel, wenn diese gegen Entgelt für den sofortigen oder alsbaldigen Verzehr abgegeben werden.

14 Allergene müssen gekennzeichnet werden
Die nachstehenden allergie- oder unverträglichkeitssensiblen Zutaten und deren Derivate müssen für den Verbraucher deutlich erkennbar gekennzeichnet werden:

  • Glutenhaltiges Getreide (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Grünkern)
  • Krebstiere
  • Eier
  • Fische
  • Erdnüsse
  • Sojabohnen
  • Milch
  • Laktose
  • Schalenfrüchte (Nüsse, Pistazien)
  • Sellerie
  • Senf
  • Sesamsamen
  • Schwefeldioxid und Sulfite in Konzentration von über 10 mg/kg bzw. 10 mg/l
  • Lupinen
  • Weichtiere (Muscheln, Schnecken)

Wer ist in der Verantwortung?

Die LMIV nimmt alle beteiligten Lebensmittelunternehmen in die Verantwortung für die Verbraucherinformation: von der Herstellung über die Weiterverarbeitung bis zum Vertrieb bzw. der Abgabe an den Endverbraucher.

Für die korrekte Information bzw. Kennzeichnung sind zwar nur die Lebensmittelunternehmer verantwortlich, deren Name auf dem Produkt steht. Es sind aber auch die Lebensmittelunternehmer aller anderen Produktions-, Verarbeitungs- und insbesondere Vertriebsstufen in der Pflicht, Lebensmittel, die den Anforderungen der LMIV nicht entsprechen, nicht in den Verkehr zu bringen.

Wie muss gekennzeichnet werden?

  • Der Angabe der Allergene ist das Wort „enthält“ voranzustellen. Zum Beispiel: „enthält Kuhmilch, Gewürze (enthält: Senf, Sellerie), …

Die Angaben müssen gemacht werden

  • in deutscher Sprache,
  • gut sichtbar, deutlich und gut lesbar,
  • auf einem Schild auf dem Lebensmittel oder in der Nähe des Lebensmittels,
  • auf Speise- und Getränkekarten oder in Preisverzeichnissen (Fußnoten sind in der Regel nicht ausreichend) oder
  • durch mündliche Auskunft eines fachkundigen Mitarbeiters spätestens bei der Abgabe des Lebensmittels.

Hinweis
Eine mündliche Auskunft reicht nur aus, wenn der Lebensmittelunternehmer eine schriftliche Aufzeichnung der verwendeten Zutaten oder Verarbeitungshilfsstoffe für die zuständige Behörde zur Einsichtnahme bereithält und zwei Wochen ab dem Tag der Herstellung aufbewahrt.

Eine davon abweichende Auszeichnung (zum Beispiel mit grafischen Formen oder Symbolen) ist nur zulässig, wenn das der zuständigen Behörde zwei Monate vorher mitgeteilt wird. Zusätzlich muss die zuständige Behörde spätestens zwei Wochen nach der erstmaligen Benutzung der Formen und Symbole informiert werden.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fotolia_41480871_XSVereine sind auch Dienstleister für ihre Mitglieder. Wenn Mitglieder die gewünschten
Leistungen nicht oder nur unzureichend erhalten, haben sie deshalb ein Sonderkündigungsrecht.

 

Frage: Wegen Baufälligkeit hat die Stadt unserem Verein den Zugang zur Sporthalle untersagt. Eine Ersatzhalle gibt es zwar. Die muss sich der Verein aber mit anderen teilen, sodass das Sportangebot stark reduziert werden musste. Eine Verbesserung ist nicht absehbar. Kann ich meine Mitgliedschaft fristlos kündigen? Die Satzung sieht eine Frist von sechs Monaten zum Jahresende vor.

 

Unsere Antwort: Grundsätzlich hat ein Mitglied ein Sonderkündigungsrecht, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Es kann dann seine Mitgliedschaft sofort – ohne Rücksicht auf die satzungs­mäßige Frist – beenden.

 

Was ist ein „wichtiger Grund“?

Für die Vereinsmitgliedschaft gilt das Gleiche wie für alle Dauerschuldverhältnisse: Unter bestimmten Umständen kann sie unabhängig von den Vorgaben der Satzung vom Mitglied mit sofortiger Wirkung gekündigt werden. Es müssen dazu aber Tatsachen vorliegen, die es dem Mitglied unzumutbar machen, die Mitgliedschaft bis zur regulären Austrittsfrist fortzusetzen. Dabei müssen alle Umstände einbezogen werden.

 

Ein Verschulden des Vereins ist nicht erforderlich. Die Gründe, die das Verbleiben im Verein unzumutbar machen, können auch objektiver Natur sein. Auch Tatsachen, auf die der Verein keinen Einfluss hat, können also ein Grund für die fristlose Kündigung sein.

 

Unzureichende Leistungen des Vereins

Kann der Verein die bisher angebotenen Leistungen nicht mehr aufrechterhalten, kann das ein objektiver Grund für eine fristlose Kündigung sein. Auf ein Verschulden des Vereins kommt es dabei nicht an. Auch wenn der Verein sich also vergeblich bemüht hat, eine weitere Halle zu finden, schließt das ein Sonderkündigungsrecht nicht aus.

 

Die Einschränkungen im Sportangebot müssen aber erheblich sein. Dabei kommt es nicht auf das Gesamtangebot an, sondern auf den Teil, der für das einzelne Mitglied künftig wegfällt. Ist das der Fall, entfällt also ein Großteil der bisher vom Mitglied genutzten Angebote, ist dem Mitglied eine Fortsetzung der Mitgliedschaft nicht zuzumuten. Es entfällt ja ein wesentlicher Grund für die Mitgliedschaft. Die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliedschaft eingegangen
wurde, haben sich also in unzumutbarer Form geändert.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

paragraphe kopfwehEin Modegeschäft verletzt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn es seine Auslagen auf
einem Warenständer präsentiert, der von einem vierjährigen Kleinkind mit geringem Kraftaufwand gekippt werden kann und der dann die Gefahr erheblicher Verletzungen begründet.

 

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines vierjährigen Kindes entschieden. Beim Einkaufen mit seinen Eltern hatte es in einem Modegeschäft zunächst in der Spielecke gespielt. In einem unbeaufsichtigten Moment begab es sich zu einem Warenständer mit
Gürteln. Das Kind zog an einem Gürtel und brachte damit den Ständer zum Kippen. Dabei zog es sich eine schwere Augenverletzung zu. Die Eltern verlangten von dem Modehaus Schadenersatz, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 EUR.

 

Die Richter am OLG verurteilten das Modehaus entsprechend. Dieses habe seine Verkehrs­sicherungspflicht verletzt. Es habe Gürtel auf einem Warenständer angeboten, der bei einer geringen Zugbelastung von nur 800 Gramm, die auch ein Kleinkind ausüben könne, zum Umstürzen gebracht werden konnte. Das habe der gerichtliche Sachverständige festgestellt. Zudem habe durch die als Haltevorrichtung für die Gürtel dienenden Zinken die Gefahr erheblicher Verletzungen bestanden. Diese Gefahrenquelle habe das Modehaus beseitigen müssen. Darauf dürften Kunden vertrauen, die das Modehaus gemeinsam mit ihren Kindern aufsuchten.

 

Der Verkehrssicherungspflicht stehe nicht entgegen, dass Kleinkinder regelmäßig ständiger Aufsicht der Eltern bedürfen. Die gebotene elterliche Aufsicht könne nur solche Sicherungsmaßnahmen entbehrlich machen, die von den Eltern unschwer zu beherrschen seien. Auf die von dem Gürtelständer ausgehende Gefahr treffe das nicht zu, weil Eltern nicht damit rechnen müssten, dass eine derartige Ladeneinrichtung bereits bei einem leichten Ziehen ihres Kindes umfalle.

 

Eine Mithaftung der Eltern komme hier nicht in Betracht. Sie hätten ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt. Das Kind habe sich ca. 5 m zu den in Sichtweite befindlichen Eltern befunden, als sich der Unfall ereignete. Im Übrigen stehe nicht fest, dass die Eltern den Unfall hätten verhindern können, weil bereits ein einmaliges kurzes Ziehen an einem Gürtel des Ständers bei ungünstiger Ausrichtung der Rollen den Ständer kippen lassen konnte (OLG Hamm, Urteil vom 6.3.2014, 6 U 186/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

stapel_paragraph_01Der Betreiber einer Waschstraße muss die Schäden an einem Pkw ersetzen, wenn dieser nach Benutzung der Waschstraße an einer Seite mehrere Kratzer im Lack aufweist und weitere Fahrzeuge nach Durchfahrt der Waschstraße die gleichen Schäden vorweisen.

 

So entschied es das Amtsgericht Mülheim. Nach Ansicht des Gerichts stelle die Gleichartigkeit der Schäden (leicht bogenförmige Kratzer in vergleichbarer Höhe) ein Indiz dafür dar, dass die Schäden in der Waschanlage durch den mechanischen Vorgang einer automatischen Bürste entstanden seien (AG Mülheim, Urteil vom 1.8.2013, 23 C 1428/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

GerichtDie Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Reiseveranstalters „Die endgültige Festlegung der Flugzeiten obliegt dem Veranstalter mit den Reiseunterlagen.“ und „Informationen über Flugzeiten durch Reisebüros sind unverbindlich.“ benachteiligen den Reisenden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sind unwirksam. |

 

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter verwiesen in ihrer Entscheidung darauf, dass der Zeitpunkt der Abreise im Reisevertrag nicht nur als nach Tag und Uhrzeit bezeichneter Zeitpunkt vereinbart werden könne. Er könne ebenso auch zum Gegenstand eines Leistungsbestimmungsrechts des Reiseveranstalters gemacht werden, das es diesem erlaubt, die genaue Leistungszeit innerhalb eines vereinbarten Rahmens festzulegen. Ein solches
Bestimmungsrecht könne dann auch durch die Vereinbarung einer als voraussichtlich bezeichneten Abreisezeit eingeräumt werden. Liege aber dem Reisevertrag eine vom Reiseveranstalter genannte voraussichtliche Abreisezeit (hier: Abflugzeit) zugrunde, müsse diese jedenfalls annähernd eingehalten werden (BGH, Urteil vom 10.12.2013, X ZR 24/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

EntlassungswelleEin Maklervertrag mit dem Kaufinteressenten entsteht nicht schon durch Übersendung des Exposés oder Besichtigung des Objekts. |

 

Dies sind nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München vielmehr nur Vor­bereitungshandlungen ohne rechtsgeschäftliche Bindungswirkung. Ein Bindungswille hinsichtlich eines Maklervertrags könne nach Ansicht der Richter erst angenommen werden, wenn der Makler sein Provisionsverlangen eindeutig zum Ausdruck gebracht habe (OLG München, Urteil vom 18.6.2014, 7 U 2697/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Platten / IdeeEiner Patientin, die ihre linke Schulter nach einer fehlerhaft gewählten und fehlerhaft durchgeführten Schulteroperation nicht mehr einsetzen kann, steht ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 EUR zu.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Frau entschieden, die an Schulterbeschwerden litt. Sie ließ sich deshalb in einem Krankenhaus an der linken Schulter operieren. Seit diesem Eingriff kann sie ihren linken Arm nicht mehr richtig heben. Nach weiteren operativen Eingriffen musste die linke Schulter versteift werden. Mit der Begründung, sie sei unter Entfernung ihres Schulterdachs fehlerhaft operiert worden, hat die Frau Schadenersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 EUR.

Mit ihrer Klage hatte sie Erfolg. Nachdem die Richter ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt hatten, waren sie der Ansicht, dass die Frau grob fehlerhaft behandelt wurde. Sowohl die Wahl einer offenen Schultergelenksoperation als auch die Durchführung dieser Operation verstießen gegen den ärztlichen Standard. Nach dem vor der Operation erhobenen MRT-Befund sei allein ein arthroskopischer Eingriff zur Entfernung des Schleimbeutels und zur Dekompression der Enge im Schultergelenk der Frau angezeigt gewesen. Der tatsächlich vorgenommene Eingriff sei zudem fehlerhaft durchgeführt worden. Es seien intraoperativ wesentliche Teile des Schulterdachs entfernt worden. Dadurch sei das Schulterdach zerstört worden. Dies habe die Versteifung der linken Schulter der Frau erfordert, sodass der linke Arm funktionsunfähig geworden sei (OLG Hamm, 26 U 4/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

auto_paragraphenzeichen_01Wer mit „TÜV neu“ ein Fahrzeug bewirbt, muss in der HU festgestellte Mängel entweder beheben oder zumindest die Nichtbeseitigung vor Vertragsabschluss beweiskräftig gegenüber dem Käufer kommunizieren. Sonst schafft er einen Grund für den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Diese käuferfreundliche Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall eines Mannes, der seinen Pickup Chevrolet Avalanche, Baujahr 2002, im August 2011 bei eBay angeboten hatte. „TÜV & AU neu (April)“, so stand es in der Beschreibung. Als er mit dem Käufer einig war, beendete er die Auktion. Abgeschlossen wurde der Kfz-Kaufvertrag auf der Basis eines ADAC-Formulars mit Ausschluss der Mängelhaftung. Während in der Rubrik „Zusatzausstattung/Zubehör“ ausdrücklich auf die Angaben in der eBay-Beschreibung Bezug genommen wurde, blieb die TÜV-Angabe unerwähnt. Mit dem Fahrzeug erhielt der Käufer einen TÜV-Bericht über eine HU aus Mai 2011. Trotz „geringer Mängel“ war die Plakette erteilt worden. Zu den festgestellten Mängeln hieß es „Korrosion sonst. tragende Teile – schwächt bei Nichtbehandlung die tragende Struktur“.

Bei Übergabe des Fahrzeugs war der Korrosionsschaden nicht behoben. Zu welchem Zeitpunkt der Käufer vom Inhalt des TÜV-Berichts Kenntnis genommen hat, ob vor Unterzeichnung des Kaufvertrags oder erst später, ließ sich nicht mehr klären. Das OLG hat den Rücktritt – im Gegensatz zur ersten Instanz – zugelassen. Es sieht den Bruch einer Beschaffenheitsvereinbarung, die es in die Klausel „TÜV & AU neu (April)“ hineinliest. Der Käufer habe erwarten dürfen, dass die vom TÜV festgestellten Korrosionsschäden behoben worden sind (OLG Karlsruhe, 9 U 233/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

PuzzleDer Versicherungsschein ist die maßgebliche Urkunde bei einem Versicherungsvertrag. Er beweist grundsätzlich den gesamten Inhalt des Versicherungsvertrags. Das gilt auch für die Bezugsberechtigung nach dem Tode des Versicherungsnehmers.

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Coburg im Fall eines Erben, der den Versicherer auf Auszahlung von Ansprüchen aus privaten Rentenversicherungen verklagt hatte. In den Verträgen war vereinbart, dass im Falle des Todes der Versicherungsnehmerin die eingezahlten Beträge abzüglich ausgezahlter Altersrenten zurückerstattet werden. Der Kläger meinte, dass er als Alleinerbe die Restbeträge aus den Lebensversicherungen erhalten müsse. Der Versicherer berief sich darauf, dass in den Begleitschreiben zu den Versicherungsurkunden vereinbart sei, dass nach dem Tod der Versicherungsnehmerin die gesetzlichen Erben die Restbeträge erhalten würden. Der Kläger sei aber nicht der gesetzliche Erbe.

Das LG gab der Klage statt und verurteilte den Versicherer zur Zahlung. Es stützte sich dabei auf zwei Argumentationsstränge:

  • Zum einen konnte nicht geklärt werden, ob die Regelung in den Begleitschreiben tatsächlich zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Versicherer vereinbart worden war. Da der Versicherer den Nachweis nicht führen konnte, konnte der Kläger als Alleinerbe die Beiträge fordern.
  • Zum anderen müsste die Regelung ausgelegt werden. Das gelte selbst für den Fall, dass sie in den Begleitschreiben vereinbart worden wäre. Ergebnis der Auslegung sei, dass in jedem Fall der Erbe Bezugsberechtigter werden muss. Es ergebe aus Sicht eines Versicherungsnehmers wenig Sinn, wenn abweichend von der von ihm beabsichtigten Erbfolge Dritte wesentliche Vermögensbestandteile erhalten würden.

(LG Coburg, 22 O 598/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Green paragraphBeauftragt eine Gemeinde ein Unternehmen mit der Instandsetzung von Wirtschaftswegen und verbringt dieses das bei der Säuberung anfallende Fräsgut auf angrenzende frisch zur Aussaat vorbereitete Felder, so muss die Gemeinde dem Grundstückseigentümer die zur Beseitigung des Fräsguts aufgewandten Kosten erstatten, wenn sie sich weigert, das Material selbst zu entfernen.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt a.d. Weinstraße entschieden. In dem Fall hatte eine Privatfirma im Auftrag der Ortsgemeinde deren Wirtschaftswege instand gesetzt. Dabei hatte sie auch Bankette und Entwässerungsgräben ausgefräst. Das anfallende Material verbrachte sie auf die angrenzenden Felder, so auch auf zwei frisch zur Aussaat vorbereitete Äcker des Klägers. Auf dessen Aufforderung hin weigerte sich die Ortsgemeinde, das Material zu beseitigen. Der Kläger beseitigte darauf das Fräsgut selbst und verlangte für seine Arbeiten einen Betrag von 238 EUR.

Zu Recht, entschied das VG. Das Ausbringen des Fräsguts sei ein nicht unerheblicher Eingriff in das Eigentum des Klägers, den dieser nicht hinnehmen müsse. Nur weil er den öffentlichen Weg als Anlieger nutze, berechtige dies die Ortsgemeinde nicht zur Inanspruchnahme seines Eigentums. Auch habe keine Vereinbarung zwischen den Grundstückseigentümern und der Gemeinde bzw. dem Bauunternehmer bestanden, das Fräsgut auf den Feldern abzulagern. Das Vorgehen mag zwar für abgeerntete Felder akzeptiert werden, die noch nicht zur Neuaussaat vorbereitet sind. Denn bei diesen Feldern sei mit dem Aufbringen von Fräsgut in aller Regel kein erheblicher Mehraufwand verbunden. Etwas anderes müsse aber bei Feldern gelten, die – wie hier – zwar bereits abgeerntet, aber schon wieder aussaatbereit hergerichtet worden seien. Dann mache das Aufbringen von Fräsgut den Aufwand an Arbeit und Material zunichte, den die Eigentümer zuvor in diese Äcker investiert hätten.

Da die Ortsgemeinde der Aufforderung des Klägers, das Fräsgut zu beseitigen, nicht nachgekommen sei, sei dieser zu eigenem Handeln gezwungen gewesen. Anderenfalls hätte er seine Felder nicht zeitnah bestellen können. Er habe daher das störende Fräsgut selbst auf Kosten der Ortsgemeinde beseitigen können. Sein Erstattungsanspruch ergebe sich aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch die Höhe des Aufwendungsersatzes sei nicht zu beanstanden (VG Neustadt, 4 K 1055/13.NW).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl