Puzzle TeamworkDer Fahrzeugbrief ist ein wichtiges Indiz für die Eigentümerstellung. Ausnahmsweise kann sich aber aus den Umständen etwas anderes ergeben.

Das ist das Ergebnis aus einem Verfahren vor dem Landgericht (LG) Coburg. Kläger und Beklagte waren bis Anfang des Jahres 2012 Lebensgefährten. Der Kläger studierte im Ausland und hielt sich nur selten in Deutschland auf. Im November 2011 unterschrieb er bei einem Autohaus einen Kaufvertrag für einen gebrauchten BMW zum Preis von 16.100 EUR. Zunächst wurde vereinbart, dass der Wagen auf den Kläger zugelassen wird, die Beklagte das Auto aber abholt. Dann gab es aber Schwierigkeiten mit der Zulassung des Fahrzeugs, weil sich der Kläger im Ausland aufhielt und in seinem Personalausweis eine veraltete Adresse eingetragen war. Schließlich wurde der BMW auf die Beklagte zugelassen, welche das Auto abholte und nutzte. Nach dem Ende der Beziehung verkaufte sie das Fahrzeug an einen Dritten weiter. Der Kläger behauptete, dass er alleiniger Eigentümer des Fahrzeugs war und es seiner damaligen Freundin lediglich zur Nutzung überlassen hatte. Er verlangte den ursprünglichen Kaufpreis als Schadenersatz von der Ex-Freundin. Die Beklagte verteidigte sich damit, dass ihr das Auto geschenkt worden sei. Ihr hätte direkt vom Autohaus Eigentum am BMW verschafft werden sollen. Die Zulassung auf den Kläger habe anfänglich nur deshalb erfolgen sollen, weil sie am Kauftag ihren Personalausweis nicht dabeigehabt habe.

Das LG gab der Klage statt. Es war davon überzeugt, dass der Kläger aufgrund des Kaufvertrags Eigentümer des BMW wurde. Zwar wurde die Beklagte als Halterin im Kraftfahrzeugbrief eingetragen. Dies erfolgte aber nur, weil die eigentlich geplante Zulassung auf den Kläger an dessen unzutreffender Anschrift in seinem Personalausweis scheiterte und er aufgrund seines Auslandsaufenthalts darauf nicht reagieren konnte. Das Gericht war auch nicht von einer Schenkung überzeugt. Wenn der Kläger – wie seine Ex-Freundin angab – ihr von vornherein das Auto schenken wollte, wäre zu erwarten gewesen, dass ihr Name in den Kaufvertrag eingefügt wird. Zudem stellte sich im Rahmen der Anhörung des Autoverkäufers als Zeuge heraus, dass eine Zulassung auf sie nicht an ihrem vergessenen Personalausweis scheitern konnte. Daher war das Gericht nicht von einer Schenkung des Klägers an die Beklagte überzeugt. Es ging davon aus, dass der Kläger seiner damaligen Lebensgefährtin das Fahrzeug lediglich zur Benutzung überlassen hatte. Diese Leihe endete mit der Beziehung und der Rückforderung des Fahrzeugs. Da die Beklagte das Fahrzeug unberechtigt weiterverkauft hatte, wurde sie zu Schadenersatz in Höhe des Kaufpreises verurteilt. (LG Coburg, 23 O 246/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

RechtWer sich bei der Verfolgung eines Taschendiebs verletzt, steht grundsätzlich unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt auch, wenn sich das Geschehen im Ausland abspielt.

Diese Klarstellung traf das Sozialgericht (SG). Die Richter machten allerdings auch deutlich, dass kein versicherter „Arbeitsunfall“ im Sinne des Gesetzes vorliege, wenn es dem Verfolger nicht in erster Linie um die Festnahme des Straftäters, sondern um die Wiedererlangung des Diebesguts geht.

Hinweis: Die Gesetzliche Unfallversicherung greift nicht nur bei Unfällen am Arbeitsplatz, sondern schützt auch Personen, die sich im Interesse der Allgemeinheit in Gefahr begeben. Versichert ist zum Beispiel, wer bei Unglücksfällen Hilfe leistet, wer Angegriffenen beisteht oder versucht, einen Straftäter festzunehmen (SG Berlin, S 163 U 279/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

RechtsbeistandDamit auch dem mittellosen Bürger der oft kostenintensive Weg zu den Gerichten nicht versperrt ist, greift ihm der Staat mit der sogenannten Prozesskostenhilfe unter die Arme, die eine Prozesspartei vorerst von Verfahrens- und Anwaltskosten freistellt. Voraussetzung: Der künftige Kläger oder Beklagte kann nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung auch unter Einsatz vorhandenen Vermögens nicht selbst aufbringen, was er anhand eines Auskunftsformulars zu seinen eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen und denen seines Ehegatten ausführlich und wahrheitsgemäß darlegen muss. Ungemach droht dem, der sich hierbei ärmer macht als er tatsächlich ist.

So geschehen in einem vom Oberlandesgericht (OLG) Bamberg entschiedenen Fall. Der Kläger, der aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau vor Gericht zog, hatte für die 1. Instanz vor dem Landgericht auf Grundlage seiner Angaben, wonach er und seine Ehefrau über kein Grundvermögen verfügten, Prozesskostenhilfe erhalten. Als das Verfahren in die Berufung ging, begehrte er diese Form der Sozialunterstützung auch für die zweite Instanz und verwies auf seine bereits gemachten Angaben. Hellhörig wurden die Richter allerdings, als der Kläger eine Terminverlegung wegen einer beabsichtigten Flugreise für einen mehrwöchigen Aufenthalt in seinem Herkunftsland Türkei beantragte. Dies nahm der erkennende Senat zum Anlass, genauer nachzufragen, aus welchen Einkünften bzw. Vermögensreserven diese Auslandreise finanziert werden sollte und über welche Einkommensquellen bzw. welches Vermögen der Kläger und seine Ehefrau in der Türkei verfügten. Heraus kam das vage Eingeständnis, dass die Ehefrau Eigentümerin einer Wohnung „in der Türkei“ sei. Dies hatte der Kläger allerdings bislang in mehreren Erklärungen unerwähnt gelassen. Die Fragen des Gerichts zu weiterem Vermögen bzw. zu Einnahmequellen der Antragstellerseite in der Türkei wurden nicht bzw. nur ausweichend beantwortet.

Das OLG Bamberg wertete dies in Anbetracht der klaren Fragestellungen im Auskunftsformular als absichtliche Täuschung durch den anwaltlich beratenen Kläger über die tatsächlichen Vermögensverhältnisse und verweigerte ihm die begehrte Prozesskostenhilfe. Hierbei stützte es sich auf die Sanktionsnorm § 124 Nr. 2 ZPO, wonach das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagen kann, wenn eine Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat. Denn es genüge bereits, so der Senat unter Hinweis auf höchstrichterliche Entscheidungen, dass die falschen Angaben generell geeignet erscheinen, die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zu beeinflussen. Dies sahen die Richter beim Verschweigen von ausländischem Grundvermögen, das nicht als Schonvermögen gilt und damit grundsätzlich zur Aufbringung von Prozesskosten eingesetzt werden muss, als gegeben an.

Nachdem der Kläger erst auf gezieltes Nachfragen des Gerichts das Auslandsvermögen seiner Ehefrau offengelegt, zudem die weitergehenden Nachfragen nicht bzw. nur ausweichend beantwortet und auch keinerlei Belege vorgelegt hatte, sah das Gericht seinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe jedenfalls für das Berufungsverfahren als verwirkt an (OLG Bamberg, 4 U 38/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Euro Recht im GleichgewichtEin Reinigungsunternehmen muss keine Warnschilder aufstellen, wenn deutlich sichtbar ist, dass eine Treppe feucht gewischt wurde.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Bamberg. Geklagt hatte eine Frau, die an ihrem Arbeitsplatz auf einer frisch gewischten Treppe gestürzt war. Sie erlitt einen Trümmerbruch des linken Handgelenks und verschiedene Prellungen. Die Frau wollte deshalb vom Reinigungsunternehmen 10.000 EUR Schmerzensgeld. Sie erklärte, dass sie erst nach dem Sturz erkannt habe, dass die Treppe feucht gewischt worden sei. Ihr Sturz sei auf fehlende Hinweisschilder zurückzuführen. Das beklagte Reinigungsunternehmen verteidigte sich damit, dass es mit Putzmitteln arbeite, die für eine besonders schnelle Trocknung sorgten. Im Übrigen sei auch ohne Warnschilder leicht erkennbar gewesen, dass die Treppe feucht gewischt worden war. Den Unfall habe die Klägerin selbst verschuldet.

Die Richter am OLG wiesen die Klage der Frau ab. Das Reinigungsunternehmen habe keine Sicherungspflichten verletzt. Es müsse nur vor Gefahren gewarnt werden, die ein sorgfältiger Benutzer nicht ohne entsprechenden Hinweis erkennen könne. Dies sei z.B. der Fall, wenn wegen der Art des Bodenbelags die Feuchtigkeit nur schwer erkennbar sei. So habe es aber im vorliegenden Fall nicht gelegen. Die Treppe werde jeden Tag zur gleichen Zeit geputzt, was der Frau auch bekannt war. Auch würden nie Hinweisschilder aufgestellt. Schließlich habe ein als Zeuge vernommener Sanitäter angegeben, dass er sofort unmittelbar vor der Treppe, wo die verletzte Frau lag, Feuchtigkeit auf dem Boden wahrgenommen habe. Stelle aber bereits ein zur eiligen medizinischen Versorgung herbeigerufener Sanitäter sofort Feuchtigkeit auf dem Boden fest, müsse dies erst recht für einen sorgfältigen Benutzer gelten (OLG Bamberg, 6 U 5/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Accident with two carsWurde ein Fahrzeug im Rahmen eines Werkstattauftrags repariert, erleidet aber vor Übergabe an den Kunden bei einem Unfall einen Totalschaden, muss der Kunde die Reparaturkosten nicht bezahlen. Allerdings hat die Werkstatt aus abgetretenem Recht einen Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger in Höhe des entgangenen Werklohns.

So entschied es das Landgericht (LG) Bonn in einem Fall, in dem das Fahrzeug bereits fertig war, als es bei der Probefahrt zu einem Unfall kam. Weil die Werkstatt damit den Werklohn beim Kunden nicht durchsetzen kann, hat sie einen Schaden. Deshalb griff das LG zum Instrument der Drittschadensliquidation. Die Konstruktion: Beim Fahrzeugeigentümer ist ein Schadenersatzanspruch entstanden, der bezogen auf die offenen Lohnkosten inhaltsleer ist, weil der Fahrzeugeigentümer diese nicht bezahlen muss. Durch die Drittschadensliquidation werden nun der „leere“ Anspruch des Eigentümers und der dem Dritten (der Werkstatt) entstandene Schaden zusammengeführt. Das ist „hohe Schule“, und daher ohne Rechtsanwalt wohl kaum zu stemmen (LG Bonn, 8 S 186/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Puzzle rotBehinderte Kinder bleiben ohne Altersbegrenzung in der Krankenversicherung ihrer Eltern familienversichert, wenn sie außerstande sind, sich selbst zu unterhalten. Dabei sind die konkreten Beschäftigungsmöglichkeiten des behinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu berücksichtigen.

Dies entschied das Sozialgericht (SG) Dortmund im Falle einer 27-jährigen geistig behinderten Frau. Die AOK Nordwest hatte es abgelehnt, sie über das 23. Lebensjahr hinaus kostenlos über ihren Vater als familienversichert zu führen. Die Tochter des Versicherten könne sich nunmehr selbst unterhalten.

Das SG verurteilte die AOK, die Familienversicherung ohne Altersbegrenzung durchzuführen. Nach medizinischer Beweisaufnahme stehe fest, dass die junge Frau aufgrund ihrer seit Geburt bestehenden geistigen Behinderung außerstande sei, sich selbst zu unterhalten. Dabei seien der erschwerte Zugang geistig behinderter Menschen zum allgemeinen Arbeitsmarkt und die Lohnstrukturen zu berücksichtigen. Realistisch erscheine allenfalls eine gering qualifizierte Tätigkeit im Niedriglohnbereich, die eine Inanspruchnahme aufstockender Grundsicherungsleistungen erforderlich mache. Dies genüge nicht, sich selbst zu unterhalten (SG Dortmund, S 39 KR 490/10).

Hinweis: Voraussetzung der Familienversicherung ohne Altersbegrenzung ist zudem, dass die Behinderung vor dem 21. Lebensjahr entstanden ist.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

AGB oranger KuliDer Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass bestimmte im Textilreinigungsgewerbe gebräuchliche Haftungsbeschränkungsklauseln unwirksam sind.

Der beklagte Textilreinigungsverband verfasste sog. „Lieferungsbedingungen des deutschen Textilreinigungsgewerbes“ (im Folgenden: Bedingungen), die eine Empfehlung an Textilreinigungsbetriebe für die Formulierung bzw. Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) darstellen. Diese Bedingungen meldete der Beklagte als sog. „Konditionenempfehlung“ beim Bundeskartellamt an, sie wurden im Amtsblatt veröffentlicht. In Nr. 5 der Bedingungen sind folgende Regelungen zur Haftungsgrenze enthalten:

„Der Textilreiniger haftet für den Verlust des Reinigungsguts unbegrenzt in Höhe des Zeitwerts. Für Bearbeitungsschäden haftet der Textilreiniger nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit unbegrenzt in Höhe des Zeitwerts. Ansonsten ist die Haftung auf das 15-fache des Bearbeitungspreises begrenzt.

Achtung: Unsere Haftung kann auf das 15-fache des Bearbeitungspreises begrenzt sein (siehe Nr. 5 AGB). Sie können aber unbegrenzte Haftung in Höhe des Zeitwerts, z.B. durch Abschluss einer Versicherung, vereinbaren.“

Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände hält diese Regelungen für unwirksam und verlangt, dass der Beklagte es künftig unterlässt, diese Bedingungen für die Einbeziehung in Verträge über die Reinigung von Textilien mit Verbrauchern zu empfehlen.

Die Unterlassungsklage war in allen Instanzen erfolgreich. Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass die ersten beiden Sätze gegen die Gesetzesregelungen verstoßen. Die Klausel sei unwirksam, weil sie die Haftung des Reinigungsbetriebs für vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden am Reinigungsgut auf den Zeitwert beschränkt. Diesem Begriff kann die Bedeutung beigemessen werden, dass der Schaden, abweichend von der gesetzlichen Regelung, nicht in voller Höhe des Wiederbeschaffungswerts ersetzt wird. Die Klausel, die bei leicht fahrlässiger Beschädigung des Reinigungsguts die Höhe der Haftung auf das 15-fache des Reinigungspreises beschränkt, benachteilige den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei daher unwirksam. Der Reinigungspreis stelle keinen tauglichen Maßstab für die Begrenzung der Haftung dar. Er stehe zu der möglichen Schadenshöhe in keinerlei Relation. Die Möglichkeit des Abschlusses einer vom Kunden zu bezahlenden Versicherung stelle keine ausreichende Kompensation dar. Die Klausel könne nicht sicherstellen, dass der Reiniger den Kunden hierauf in jedem erforderlichen Fall ausdrücklich mündlich hinweist (BGH, VII ZR 249/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Steigende KostenWenn die als Sonderausstattung vereinbarte Standheizung eines Leasingfahrzeugs dafür sorgt, dass sich die Batterie ständig entlädt, kann dies einen Sachmangel darstellen, der den Leasingnehmer bzw. Käufer zum Rücktritt berechtigt.

So hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln einen Fall zulasten des Händlers entschieden. Streitobjekt war ein 73.400-Euro-Fahrzeug (Marke und Typ leider unbekannt), das der Leasingnehmer an den Händler zurückgegeben hat. Noch während der Leasingzeit war es zum Streit über Mängel gekommen. Von Anfang an sei die Batterie zu schwach gewesen, sie habe sich ständig entladen. Das habe zu Startproblemen bis hin zum vollständigen Abschalten der Elektrik geführt. Als Stromfresser Nummer eins konnte vor Gericht die Standheizung ermittelt werden. Sie und andere Komponenten waren bei der gemeinsamen Konfiguration des Fahrzeugs im Autohaus in die Ausstattungsliste aufgenommen worden. Genau das wurde dem Autohaus zum Verhängnis: Die OLG-Richter sahen darin eine „konkludente Beschaffenheitsvereinbarung“ mit folgendem Inhalt: „Trotz der umfangreichen Sonderausstattung können Sie mit dem Wagen ohne Einschränkungen fahren“. Da dies nicht den Fakten entsprach, hatte der Wagen einen Mangel. Das Autohaus musste den Kaufpreis zurückzahlen (OLG Köln, 13 U 162/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Impressum Paragraf | Paragraph | ParagrafenzeichenEin Hund einer Verkäuferin, der sich eigenmächtig in den einzigen Eingangsbereich eines Ladengeschäfts begeben hat und dort so ruht, dass er den Zugang zum Geschäft versperrt, stellt ein gefährliches Hindernis dar. Verletzt sich ein Kunde beim Verlassen des Geschäfts, weil er über den Hund stürzt, haftet die Hundebesitzerin als Tierhalterin.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Falle einer Frau entschieden, die in einem Reitsportgeschäft eingekauft hatte. Als sie das Geschäft verlassen wollte, stürzte sie über die im Eingangsbereich liegende Schäferhündin der Verkäuferin. Diese nahm ihre Hündin mit Zustimmung des Geschäftsinhabers regelmäßig ins Ladengeschäft mit. Am Unfalltag hatte sich die Hündin eigenmächtig in den ca. 1,5 m von der Kasse entfernten Eingangsbereich begeben und ruhte dort so, dass sie den Zugang zum Geschäft so gut wie versperrte. Sie war von der Kundin, hinter deren Rücken sie lag, übersehen worden, als sich diese nach dem Bezahlen an der Kasse zum Ausgang begeben hatte. Durch den Sturz zog sich die Kundin eine schwere Knieverletzung zu. Hierfür verlangt sie Schadenersatz und ein Schmerzensgeld.

Die Richter haben die Voraussetzungen einer Tierhalterhaftung bejaht und die Verkäuferin dem Grunde nach zum umfassenden Schadenersatz verurteilt. Mit dem Sturz der Kundin habe sich eine einem Tier typischerweise anhaftende Gefahr verwirklicht, die auf der Unberechenbarkeit und Selbstständigkeit tierischen Verhaltens beruhe. Die Schäferhündin sei ein gefährliches Hindernis gewesen. Sie habe sich ohne Rücksicht auf das Publikum in den Geschäftszugang begeben und dort geruht. Ein solch unbekümmertes Verhalten entspreche der tierischen Natur. Das begründe die Tierhalterhaftung. Insoweit sei nicht darauf abzustellen, dass die Hündin schlafend und damit regungslos auf dem Boden gelegen habe, als die Kundin über sie gestürzt sei. Ein Mitverschulden der Kundin sei nicht zu berücksichtigen, weil die Hündin schwer wahrnehmbar gewesen sei. Demgegenüber habe die Verkäuferin den Unfall fahrlässig verschuldet, weil sie die Kundin weder gewarnt noch den Hund aus dem Eingangsbereich weggeschafft habe (OLG Hamm, 19 U 96/12).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Aktenregal zweiVerletzt sich der Versicherte auf dem Weg zur Arbeit beim Durchschreiten der Außentür, so ist darauf abzustellen, wo und wann der Gesundheitsschaden eintritt. Unerheblich bleibt, wo und wann die Ursache für den Sturz bzw. die Verletzung gesetzt wurde.

So entschied es das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Mannes, der beim Verlassen seines Hauses mit dem Schuh zwischen Türschwelle und Hausausgangstür hängen geblieben war. Die automatisch schließende Tür hatte ihn dann zu Boden geworfen. Bei der Frage, ob dies ein Arbeitsunfall war, komme es darauf an, wo und wann die Verletzung eingetreten sei. Der Verletzte befinde sich nämlich nur dann auf dem Weg zur Arbeit, wenn er bereits außerhalb des Wohnhauses sei. Nach Ansicht des Gerichts sei es unerheblich, dass der Sturz im häuslichen Bereich begonnen hatte, da der Versicherte sich erst beim Auffallen vor der Haustür verletzt habe. Es komme nicht darauf an, ob die Ursache des Sturzes noch im häuslichen Bereich gelegen habe.

Hinweis: Die richtige Argumentation hat dem Geschädigten hier die Anerkennung des Arbeitsunfalls gesichert. Weil die automatische Tür von innen nach außen schließt, hatte sie den Mann aus dem Haus gedrückt. Weil die Schließrichtung der Tür in diesem Fall verhinderte, dass der Mann zurück ins Haus fallen konnte, muss sich sein Knie bereits jenseits der Türschwelle befunden haben, als die Verletzung eintrat. Damit hat er seinen Unfall eindeutig nicht mehr im häuslichen Bereich, sondern auf dem Weg zur Arbeit erlitten (LSG Berlin-Brandenburg, L 2 U 3/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl