Wird der Rückflug bei einer Pauschalreise um mehr als 10 Stunden vorverlegt, ist das ein Reisemangel, der einen Schadenersatzanspruch begründet.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Ehepaars, das eine einwöchige Pauschalreise in die Türkei gebucht hatte. Einen Tag vor der Abreise verlegte der Reiseveranstalter den Rückflug von 16.40 Uhr auf 5.15 Uhr morgens vor. Die Reisenden sollten um 1.25 Uhr am Hotel abgeholt werden. Das Ehepaar bemühte sich um einen anderen Rückflug, den sie an dem vorgesehenen Rückflugtag um 14.00 Uhr antraten und selbst bezahlten. Sie verlangen nun die Erstattung der Rücktransportkosten.

Der BGH sah in der Vorverlegung des Flugs um mehr als 10 Stunden einen Reisemangel. Dieser berechtigte die Reisenden nach Ansicht der Richter grundsätzlich auch zur Selbstabhilfe. Daraus ergebe sich eine Pflicht des Reiseveranstalters zur Erstattung der mit dem selbst organisierten Rückflug entstandenen Kosten. Voraussetzung sei jedoch, dass die Reisenden zuvor dem Reiseveranstalter eine Abhilfefrist gesetzt hatten oder eine solche Fristsetzung entbehrlich war. Letzteres könne sich bereits aus den Umständen ergeben, etwa wenn der Reiseveranstalter den Reisemangel bewusst verursacht und ihn als unvermeidlich dargestellt habe. Dies müsse nun noch vom Berufungsgericht geprüft werden. Entsprechend wies der BGH den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung an die Vorinstanz zurück (BGH, X ZR 76/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Trägt ein Gebrauchtwagen die grüne Umweltplakette, obwohl er hierzu nicht berechtigt ist, liegt hierin ein Sachmangel des Fahrzeugs.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Die Richter machten deutlich, dass der Verkäufer den Käufer darüber informieren müsse, dass die grüne Plakette ohne seine Veranlassung angebracht worden ist und damit eine sachgerechte Prüfung der tatsächlichen Berechtigung des Führens jedenfalls zweifelhaft sei. Unterlasse er diesen Hinweis, habe er seine Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Kaufsache jedenfalls fahrlässig verletzt (OLG Düsseldorf, I-22 U 103/11).


Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Besteht kein Aufklärungsbedürfnis des Versicherers, können unzureichende Angaben des Versicherungsnehmers zur Schadenshöhe nicht zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Die Richter verwiesen auf den Sinn und Zweck der Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers. Danach solle der Versicherer in die Lage versetzt werden, sachgemäße Entschlüsse zu fassen. Sei der betreffende Umstand dem Versicherer jedoch bereits bekannt, bestehe gar kein Aufklärungsbedürfnis. Unzureichende Angaben des Versicherungsnehmers (z.B. zur Schadenshöhe) würden daher keine schutzwürdigen Interessen des Versicherers verletzen.

Ein fehlendes Aufklärungsbedürfnis des Versicherers ergebe sich insbesondere daraus, dass es Sache seiner innerbetrieblichen Organisation sei, bereits vorhandenes Wissen dem zuständigen Sachbearbeiter zugänglich zu machen. Ergebe sich z.B. ein verschwiegener Vorschaden aus einer früheren Akte, müsse organisatorisch sichergestellt sein, dass dies jederzeit später abrufbar sei (OLG Hamm, I-20 U 64/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Seit dem 1.1.2012 gelten bei der Verwaltungsberufsgenossenschaft geänderte Grundsätze für die Beurteilung des Versicherungsschutzes von Sportlern. Bisher waren Sportler grundsätzlich versichert, wenn sie Zahlungen ab 150 EUR monatlich (1.800 EUR jährlich) erhielten. Beträge darunter gelten als Aufwandsentschädigung. Diese Grenze ist zum 1.1.2012 in Anlehnung an den Übungsleiterfreibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG auf 175 EUR monatlich (2.100 EUR jährlich) angehoben worden.

Hintergrund: Gegen Entgelt tätige Sportler stehen zum Sportverein in einem Beschäftigungsverhältnis. Zahlungen unter 175 EUR monatlich sieht die Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) aber regelmäßig nicht als Entgelt an, weil solche Beträge nicht geeignet sind, zum Lebensunterhalt beizutragen. Sie ersetzten allenfalls einen sportbedingten Mehraufwand. Eine Ausnahme besteht bei Zahlungen, für die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden. Das gilt auch für Minijobs (pauschale Abgaben bei geringfügiger Beschäftigung).

Es kann sich also wegen des Unfallversicherungsschutzes lohnen, die Zahlungen nicht als bloßen Aufwandsersatz, sondern als Vergütung zu behandeln und bei der Knappschaft-Bahn-See anzumelden.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Maler muss sich in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung von seinem Versicherer nicht auf eine tatsächlich ausgeübte Tätigkeit eines Schulhausmeisters verweisen lassen.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe. Zur Begründung führten die Richter aus, dass eine Verweisung auf der Grundlage einer konkreten Verweisungsklausel zwar nicht bereits schon deshalb grundsätzlich ausgeschlossen sei, weil der Verweisungsberuf kein Ausbildungsberuf sei. Es müsse vielmehr ein Vergleich im Einzelfall erfolgen. Bei diesem Vergleich müsse geprüft werden, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetze. Eine Vergleichstätigkeit könne nur angenommen werden, wenn sie keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten als die Ursprungstätigkeit erfordere. Im vorliegenden Fall ging der Vergleich zugunsten des Versicherungsnehmers aus. Die Tätigkeit eines Schulhausmeisters, die keine handwerklichen Qualifikationen verlange, entspreche eben nicht derjenigen eines handwerklich ausgebildeten Malergesellen (OLG Karlsruhe, 12 U 140/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bezieht eine Schülerin Leistungen nach dem SGB II, kann sie vom Jobcenter einen eigenen Schreibtisch verlangen, wenn sie diesen zum erfolgreichen Erledigen ihrer Hausaufgaben benötigt.

Diese Klarstellung traf das Sozialgericht (SG) Berlin. Die Richter wiesen aber darauf hin, dass der Anspruch nur bestehe, wenn in der Wohnung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe und es sich – im Gegensatz zu einer Ersatzbeschaffung – um eine erstmalige Anschaffung handele. Im Übrigen könne der Anspruchstellerin auch ein gebrauchtes Möbelstück zur Verfügung gestellt werden. Es bestehe nämlich kein Anspruch auf einen neuen, ungebrauchten Schreibtisch (SG Berlin, S174 AS 28285/11 WA).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Weil ein Fehler beim Anlegemanöver eines Beibootes an die an eine Ankerboje festgemachte Segelyacht nicht festgestellt wurde, bleibt der gemeinsame Segeltörn in der Karibik, bei dem sich ein Crewmitglied verletzt hat, für den Skipper ohne Haftungsfolgen.

Im Januar 2007 stürzte ein Crewmitglied als er bei Dunkelheit von dem Beiboot (Schlauchboot mit Außenbordmotor) über dessen Bug auf die am Heck der Segelyacht befindliche Badeplattform übersteigen wollte. Er erlitt eine schwere Schulterverletzung, sah die Ursache in dem Anlegemanöver des Skippers und wollte diesen für die erlittenen materiellen und immateriellen Schäden verantwortlich machen. Seine – auf Feststellung der Ersatzpflicht gerichtete – Klage blieb schon vor dem Landgericht ohne Erfolg.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat diese Entscheidung nun bestätigt. Ein fehlerhaftes Anlegemanöver, für das der Skipper bei dem gemeinsamen Segeltörn gegenüber dem Crewmitglied aus unerlaubter Handlung haften würde, hat der Senat – sachverständig beraten – nicht festgestellt. Die von dem Skipper gewählte Art des Anlegens des Beiboots (mit dem Bug im rechten Winkel zur Badeplattform) sei zulässig, risikoarm, wegen der fehlenden Achterleine sinnvoll, den Crewmitgliedern körperlich zumutbar und geläufig gewesen. Wetter und Wellen hätten keine Probleme bereitet. Auch der Umstand, dass der Skipper den Außenbordmotor abstellte, sei bei dem angeleinten Boot nicht fehlerhaft. Der Skipper sei auch nicht verpflichtet gewesen, eine zusätzliche Achterleine zu beschaffen und sie beim Anlegen zu verwenden (OLG Hamm, I-9 U 100/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Will ein Käufer Schadenersatz mit der Begründung, die gekaufte Sache sei mangelhaft, muss er dem Verkäufer zunächst die Möglichkeit zur Nachbesserung geben. Die Nachbesserung hat dort stattzufinden, wo ursprünglich der Vertrag zu erfüllen war, also im Regelfall am Sitz des Verkäufers. Die Ware muss vom Käufer dorthin gebracht werden.

Auf diese feststehenden Regeln bei der Mängelrüge wies das Amtsgericht (AG) München in einem Rechtsstreit hin. Geklagt hatte ein Ehepaar, das in München bei einer Autofirma ein 19 Jahre altes Wohnmobil gekauft hatte. Kurze Zeit nach dem Kauf meldeten sich diese wieder bei der Firma und rügten ein Leck in der Tankleitung, eine defekte Dachluke, ein starkes Knarren an der Achse und verwitterte Reifen. Die Firma war bereit, die Mängel zu beseitigen und bat darum, dass Auto zu ihr zu bringen. Dies wollten die Käufer nicht. Sie ließen mitteilen, dass sie nicht nach München kommen würden, sondern dass das Auto bei einer von ihnen ausgesuchten Werkstätte repariert werden solle. Die Firma bot dann an, das Auto abzuholen. Daraufhin teilten die Käufer mit, dass Wohnmobil sei jetzt in Norddeutschland. Wenn die Verkäuferin es nach München bringen wolle, müsse sie ein Abschleppunternehmen beauftragen. Selbst abholen dürfe sie es nicht. Als die Verkäuferin das nicht wollte, forderten die Käufer 1507 EUR von ihr. Das seien die Kosten, die erforderlich seien, die Mängel zu beseitigen. Die Autofirma zahlte nicht, sodass Klage erhoben wurde.

Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch ab. Das Ehepaar könne die Reparaturkosten nicht verlangen, da sie der Verkäuferin keine Möglichkeit der Nachbesserung gegeben hätten. Zum einen hätten sie bereits sehr früh mitgeteilt, dass sie gar nicht wollten, dass diese, sondern eine Werkstatt bei ihnen die Reparatur durchführte. Dies stelle eine Ablehnung der Nachbesserungsmöglichkeit dar. Darüber hinaus hätten sie auch später keine wirksame Frist zur Nachbesserung gesetzt. Die Käufer seien nur unter der Bedingung mit einer Abholung durch die Firma einverstanden gewesen, dass das Auto auf Kosten der Verkäuferin durch ein Abschleppunternehmen transportiert werde. Hinzu komme, dass das Auto von Norddeutschland, also von einem ca. 1000 km vom Sitz der Firma entfernten Ort abgeholt werden sollte. Diese Bedingungen würden das Nachbesserungsrecht der Firma derart einschränken, dass von einem wirksamen Nachbesserungsverlangen nicht mehr ausgegangen werden könne. Vielmehr wären die Käufer sogar verpflichtet gewesen, das Fahrzeug selbst nach München zu bringen. Der Nachbesserungsanspruch sei ein modifizierter Erfüllungsanspruch. Der Erfüllungsort für diesen Anspruch sei daher der gleiche wie der ursprüngliche Erfüllungsort des Kaufvertrags. Dieser sei damit München, bzw. der Sitz der Verkäuferin. Dies sei auch nicht unbillig, schließlich hätten die Käufer sich freiwillig entschieden, dass Auto in München zu kaufen (AG München, 222 C 19013/10).

Hinweis: Recht haben und Recht bekommen sind vielfach unterschiedliche Paar Schuhe, wenn man sich nicht an die Formalitäten hält. Anwaltlicher Rat ist in solchen Fällen oft Goldes wert.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Öffentliche Parkplätze müssen nicht völlig schnee- und eisfrei gehalten werden. Vielmehr ist es auch auf belebten Abstellplätzen hinzunehmen, dass die Fahrzeugbenutzer kleine, gut sichtbare Eisflächen umgehen oder übersteigen müssen, ehe sie den rutschfreien Bereich erreichen.

Das musste sich der Kunde einer Sparkasse vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz sagen lassen. Er hatte seinen Pkw auf dem Kundenparkplatz geparkt und war auf dem Weg zum Gebäude auf einer ca. 50 cm großen, gut sichtbaren Eisfläche ausgerutscht. Beim Sturz zog er sich eine Verletzung des Sprunggelenks zu. Die Richter wiesen darauf hin, dass zwar grundsätzlich die Verpflichtung bestehe, einen Kundenparkplatz so von Schnee und Eis zu befreien, dass er möglichst gefahrlos benutzt werden könne. Der Parkplatz sei vorliegend aber großflächig eisfrei gewesen. Es habe nur vereinzelt vereiste Stellen gegeben, denen der Kläger hätte ausweichen können. Daher habe die Sparkasse keinen Pflichtverstoß begangen, der Kläger habe seinen Sturz selbst zu verantworten. Der Kläger hat daraufhin seine Berufung zurückgenommen (OLG Koblenz, 5 U 1418/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Versicherer darf seine Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung nicht wegen der Tätigkeit des Versicherungsnehmers in einer Beschäftigungsmaßnahme einstellen.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg. In der Begründung heißt es, dass eine von der gesetzlichen Rentenversicherung getragene, auf höchstens sechs Monate angelegte Beschäftigungsmaßnahme zur Wiedereingliederung des berufsunfähigen Versicherungsnehmers an seiner bisherigen Arbeitsstelle keine die frühere Lebensstellung wahrende Verweisungstätigkeit im Rahmen einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung darstelle. Bei der Beschäftigungsmaßnahme handele es sich nicht um eine normale Beschäftigung auf dem freien Arbeitsmarkt, die von einem Arbeitgeber vergütet werde. Das sei für eine Verweisungsmöglichkeit aber unabdingbar erforderlich.

Und noch eine zweite wichtige Aussage trifft das OLG: Sehen die Bedingungen einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung nur die Möglichkeit einer konkreten Verweisung vor, so kann der berufsunfähige Versicherungsnehmer auch dann nicht verwiesen werden, wenn er die von ihm aufgenommene andere Tätigkeit nach seinen gesundheitlichen Verhältnissen zwar vollschichtig ausüben könnte, sie tatsächlich aber nur in einem so geringen Umfang verrichtet, dass er keine die bisherige Lebensstellung wahrende Vergütung erzielt (OLG Nürnberg, 8 U 607/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl