Der Geschädigte muss auch dann nicht zum Schadengutachter fahren, um Fahrtkosten des Gutachters zu vermeiden, wenn sein Fahrzeug fahrfähig und verkehrssicher ist.

So entschied das Amtsgericht Hamburg-Altona. Das Gericht stellt darauf ab, dass der Geschädigte beim konkreten Schadenumfang ja erst nach dem Gutachten wusste, dass sein Fahrzeug noch verkehrssicher war. Er selbst konnte das nicht zuverlässig einschätzen. Außerdem: Wenn der Geschädigte selbst zum Gutachter fahren würde, wäre es für den Versicherer des Schädigers nicht billiger. Denn der Geschädigte könnte die Fahrtkosten ebenfalls mit Kilometerkosten ersetzt verlangen.

Quelle: Amtsgericht Hamburg-Altona, Urteil vom 20.4.2018, 318b C 28/18, Abruf-Nr. 201810 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Lebt der Geschädigte in so ländlicher Gegend, dass es außer bei seiner Kfz-Werkstatt weit und breit keinen Mietwagen gibt, konnte der Geschädigte unter zumutbaren Bedingungen nur bei seiner Werkstatt ein Fahrzeug anmieten. Vergleichsangebote, die der Versicherer in etwa 50 km Entfernung auftat, sind dann ohne Bedeutung.

Hierauf wies das Amtsgericht Frankfurt a. M. hin. In dem Fall hatte der Vermieter das Fahrzeug der Mietwagengruppe 5 für 11 Tage vermietet. Dafür hatte er etwas mehr als 1.400 EUR berechnet. Das ist unter Berücksichtigung der speziellen Situation von Angebot und Nachfrage, von der der Geschädigte ja abhängig ist, sicher nicht zu viel, entschied das Gericht.

Quelle: Amtsgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 14.6.2018, 30 C 643/18 [68]

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein ca. 6 Wochen zum Straßenverkehr zugelassenes Fahrzeug mit einer Laufleistung von ca. 3.300 km kann nicht mehr als Neuwagen angesehen werden.

Unter Hinweis hierauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm ein Urteil des Landgerichts Bielefeld bestätigt. Geklagt hatte eine Gesellschaft. Sie verlangte vom beklagten Versicherer weiteren Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall. An dem Unfall waren der Porsche Macan der Klägerin und ein Fiat Punto eines Versicherungsnehmers der Beklagten beteiligt. Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass die Beklagte zu 100 Prozent für den Unfallschaden aufzukommen hat. Der von der Klägerin für 92.400 EUR erworbene Porsche hatte zum Unfallzeitpunkt eine Laufleistung von 3.291 km. Auf der Grundlage eines Schadensgutachtens regulierte die Versicherung den Fahrzeugschaden ausgehend von einem Netto-Wiederbeschaffungswert zum Unfallzeitpunkt in Höhe von ca. 80.250 EUR und einem Netto-Restwert in Höhe von ca. 55.090 EUR mit einem Betrag von ca. 25.160 EUR. Die Klägerin veräußerte das Unfallfahrzeug zu dem im Gutachten ermittelten Netto-Restwert und erwarb einen neuen PKW gleichen Typs zu einem Kaufpreis von ca. 92.800 EUR.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Differenz zwischen dem bei der Regulierung zugrunde gelegten Wiederbeschaffungswert und dem von ihr für den Unfallwagen ausgegebenen Kaufpreis in Höhe von ca. 12.150 EUR als weiteren Schaden ersetzt. Dabei hat sie gemeint, dass sie ihren Schadenersatzanspruch auf Neuwagenbasis abrechnen könne. Der Porsche habe beim Unfall – abzüglich einer Überführungsfahrt – noch keine 3000 km Strecke zurückgelegt. Er sei als hochwertiges Fahrzeug aufgrund der heutigen technischen Entwicklung länger als früher als Neufahrzeug anzusehen. Der Porsche sei beim Unfall in tragenden Teilen erheblich beschädigt worden und gelte auch nach einer fachgerechten Reparatur nicht mehr als neuwertig.

Das sahen Landgericht und OLG jedoch anders und wiesen die Klage ab. Nach der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung komme ein Anspruch auf Neuwagenentschädigung in der Regel nur bei einer Fahrleistung von max. 1000 km und einer nicht länger als einen Monat zurückliegenden Erstzulassung in Betracht.

Der vorliegende Fall sei hiervon nicht auszunehmen. Auch unter Berücksichtigung der weiteren technischen Entwicklung und nach heutiger wirtschaftlicher Verkehrsanschauung sei ein Fahrzeug, das zum Unfallzeitpunkt bereits knapp 3.300 km gefahren und bereits über sechs Wochen zugelassen gewesen sei, nicht mehr als ein Neuwagen anzusehen, bei dem – im Falle einer erheblichen Beschädigung – ausnahmsweise auch ein „Schmelz der Neuwertigkeit“ eine Abrechnung auf Neuwagenbasis rechtfertige. Das bestätigten die Verhältnisse auf dem Markt von sehr jungen Gebrauchtwagen bzw. Fahrzeugen mit Tageszulassung im hochpreisigen Fahrzeugsegment.

Zu Recht habe die Klägerin im Wege des Schadenersatzes (nur) die Mittel zur Beschaffung eines mit dem beschädigten Fahrzeug vergleichbaren unfallfreien Fahrzeugs erhalten. Ein Anspruch auf Ersatz weiterer Kosten für die Anschaffung eines höherwertigen Neufahrzeugs stünden ihr nicht zu.

Quelle: OLG Hamm, Beschlüsse vom 10.4.2018 und 29.5.2018, 9 U 5/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Lässt ein Autowaschstraßenbetreiber ein Fahrzeug in die Waschanlage fahren, obwohl seine Mitarbeiter bemerkt hatten, dass dieses Fahrzeug noch entgegen den allgemeinen Anweisungen vor der Einfahrt in die Waschstraße eine Antenne auf dem Dach hat, so verletzt er damit schuldhaft seine Obhutspflicht gegenüber anderen Waschstrassenbenutzern, wenn deren Fahrzeug durch die abgerissene Antenne beschädigt wird.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Dortmund im Fall eines Autobesitzers. Dessen Fahrzeug war in einer Waschanlage verkratzt worden. Ursache war die Antenne eines Fahrzeugs, das vor ihm in der Anlage gewaschen wurde. Weil die Antenne nicht abmontiert wurde, brach sie beim Waschvorgang ab und verhakte sich in den Waschbürsten. Mehrere nachfolgende Fahrzeuge wurden so beschädigt.

Das Gericht sah die Pflichtwidrigkeit des Waschstraßenbesitzers darin, dass er ein Fahrzeug in die Waschanlage hat fahren lassen, obwohl sein Mitarbeiter bemerkt hatte, dass dieses Fahrzeug noch entgegen den allgemeinen Anweisungen eine Antenne auf dem Dach hatte. Es reiche nicht, dem Fahrer zu sagen, er müsse die Antenne beseitigen. Eine solche Weisung muss auch kontrolliert werden. Nach alledem hatte der Betreiber seinen Geschäftsbetrieb nicht so organisiert, dass die Schädigung von Kunden soweit wie möglich ausgeschlossen war. Dies ist eine Pflichtwidrigkeit für die er einstandspflichtig ist.

Quelle: Amtsgericht Dortmund, Urteil vom 29.5.2018, 425 C 9258/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Anders als bei Alkohol kann der Nachweis einer rauschmittelbedingten Fahrunsicherheit nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden.|

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Autofahrers, der Amphetamine und Cannabis konsumiert hatte. In Frage stand die Fahruntüchtigkeit wegen Drogenkonsums. Die Richter am BGH machten deutlich, dass für diesen Straftatbestand weitere aussagekräftige Beweisanzeichen vorliegen müssten. Diese müssten im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des Betroffenen soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern. Der Tatrichter kann auch bei einem Täter, der sich seiner Festnahme durch die Polizei entziehen will, in einer deutlich unsicheren, waghalsigen und fehlerhaften Fahrweise ein Beweisanzeichen für eine rauschmittelbedingte Fahruntüchtigkeit sehen.

Quelle: BGH, Beschluss vom 31.1.2017, 4 StR 597/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Liegen die Voraussetzungen eines Rotlichtverstoßes vor, unter denen ein Fahrverbot als regelmäßige Denkzettel- und Erziehungsmaßnahme angeordnet werden soll, ist grundsätzlich von einer groben Pflichtverletzung des betroffenen Kraftfahrers auszugehen. Sie ist in diesen Fällen bereits indiziert.

Hierauf wies das Kammergericht (KG) im Fall eines Autofahrers hin, der wegen eines Rotlichtverstoßes zu einem Monat Fahrverbot verurteilt worden war. Das KG wies die Rechtsbeschwerde des Autofahrers zurück. Es machte deutlich, dass die Gerichte diese Vorbewertung des Verordnungsgebers berücksichtigen müssten. Das diene der Gleichbehandlung der Verkehrsteilnehmer und der Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit der durch bestimmte Verkehrsverstöße ausgelösten Rechtsfolgen. Der Tatrichter sei in diesen Fällen gehalten, ein Fahrverbot anzuordnen. Vom Fahrverbot könne nur abgesehen werden, wenn der Erfolgs- oder Handlungsunwert weggefallen sei. Dazu müssten entweder besondere Ausnahmeumstände in der Tat (z.B. atypischer Rotlichtverstoß wegen Ausschlusses einer Gefahrenlage) oder in der Persönlichkeit des Betroffenen (z.B. Augenblicksversagen beim Rotlichtverstoß) offensichtlich gegeben sein. Dazu hatte der Betroffene jedoch nichts vorgetragen.

Quelle: KG, Beschluss vom 17.1.2018, 3 Ws 356/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Immer wieder spielt in der Rechtsprechung die Frage eine Rolle, ob ein Verstoß gegen Zeichen 270.1 (Umweltzone) vorliegt, wenn mit einem Fahrzeug ohne Umweltplakette in einer Umweltzone geparkt wird.

Das Amtsgericht Marburg hat das jetzt noch einmal verneint. Begründung des AG: Von einem parkenden Fahrzeug werden gerade keine Partikelemissionen freigesetzt. Daher wird das geschützte Rechtsgut – die Reinheit der Luft – nicht beeinträchtigt. Die Vorschrift des Verkehrszeichens 270.1 müsse restriktiv ausgelegt werden. Sie betrifft nicht (auch) den ruhenden, sondern ausschließlich den fließenden Verkehr.

Quelle: Amtsgericht Marburg, Beschluss vom 25.2.2018, 52 OWi 2/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer seinen Wagen im Halteverbot parkt, muss sich ein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn es deshalb zu einem Verkehrsunfall kommt.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. im Fall eines Fahrzeugeigentümers, der sein Fahrzeug nachts unmittelbar hinter einer die Fahrbahn verengenden Verkehrsinsel im Halteverbot am rechten Straßenrand geparkt hatte. Ein anderer Autofahrer stieß bei Dunkelheit mit seinem Fahrzeug ungebremst gegen die hintere linke Ecke des geparkten Pkw. Das Fahrzeug wurde dadurch gegen ein weiteres – bereits zuvor im Parkverbot abgestelltes – Fahrzeug geschoben und dieses wiederum gegen ein Drittes. Der Fahrzeugeigentümer verlangte Schadenersatz.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Fahrzeugeigentümers hat das OLG den Unfallfahrer verurteilt, 75 Prozent des entstandenen Schadens zu zahlen. Er habe unstreitig das geparkte Fahrzeug beschädigt, stellt das OLG klar. Der Unfall sei für ihn auch nicht unvermeidbar gewesen. Sollte durch das verbotswidrige Abstellen kein ausreichender Platz mehr zur Durchfahrt gewesen sein, hätte ein Zusammenstoß durch Umfahren der Stelle vermieden werden können. Der Umfang des Schadenersatzanspruchs richte sich jedoch nach dem Maß der beiderseitigen Verursachung und des Verschuldens.

Regelmäßig überwiege zwar der Verursachungsanteil des aktiv fahrenden Verkehrsteilnehmers. Dieser könne bei Tageslicht ein verkehrswidrig parkendes Fahrzeug in der Regel wahrnehmen und bei entsprechender Aufmerksamkeit einen Zusammenstoß leicht verhindern. Der Halter des beschädigten, verbotswidrig haltenden PKWs erhalte in diesen Fällen grundsätzlich vollen Schadensersatz.

Hier stünde dem geschädigten Fahrzeugeigentümer jedoch aufgrund der besonderen Umstände nur ein anteiliger Schadensersatzanspruch zu. Der Zusammenstoß wäre mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vermieden worden, wenn das Fahrzeug nicht an dieser Stelle im Park- und Halteverbot geparkt hätte. Das Fahrzeug sei nicht nur wegen der Dunkelheit schlecht zu sehen gewesen. Es sei zudem in einer Weise geparkt worden, die eine nicht unerhebliche Erschwerung für den fließenden Verkehr darstellte. Der Fahrzeugeigentümer habe sein Fahrzeug unmittelbar nach der Verkehrsinsel und der dadurch bedingten Fahrbahnverengung in einem gefährdeten Bereich abgestellt. Zudem habe bereits vor ihm ein ebenfalls verbotswidrig parkendes Fahrzeug gestanden. Dies habe die Gefahr begründet, dass ein an der Verkehrsinsel Vorbeifahrender es zu spät (sehe) und dann nicht rechtzeitig nach links lenke. Als Fahrer trage der Unfallfahrer allerdings die größere Verantwortung für den Unfall, sodass der geschädigte Fahrzeugeigentümer den überwiegenden Teil, nämlich 75 Prozent seines Schadens erhalte.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 15.3.2018, 16 U 212/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Allein aus einer hohen Blutalkoholkonzentration (BAK) des Täters zur Tatzeit kann nicht auf einen Vorsatz hinsichtlich der Fahruntüchtigkeit bei einer Trunkenheitsfahrt geschlossen werden.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall eines Autofahrers, der nachts mit zwei geparkten Pkw kollidiert war. Anschließend hatte er seine Fahrt fortgesetzt. Die eine Stunde später entnommene Blutprobe hatte eine BAK von 2,21 Promille ergeben. Das Landgericht war von Vorsatz hinsichtlich der Fahruntüchtigkeit ausgegangen. Das hatte es einerseits mit der Höhe der BAK und andererseits mit dem Entfernen von der Unfallstelle begründet.

Das OLG sieht zwar auch eine hohe Blutalkoholkonzentration als gewichtiges Indiz für den Vorsatz an. Allein daraus könne aber nicht auf Vorsatz geschlossen werden. Es komme auf weitere Indizien an, etwa den Trinkverlauf, das Trinkende, die Alkoholgewöhnung des Täters, von ihm wahrgenommene Fahrfehler, sein Nachtatverhalten sowie mögliche Vorstrafen. Da das – für den Angeklagten aus seiner Sicht interessengerechte – Entfernen vom Unfallort keine tragfähigen Rückschlüsse auf den Vorsatz während der vorangegangenen Fahrt zulasse und außer der BAK keine weiteren Indizien ersichtlich seien, hat das OLG nur Fahrlässigkeit angenommen.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8.6.17, 1 RVs 18/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Nicht jeder vorsätzliche Regelverstoß im Straßenverkehr, der ein Nötigungselement enthält, ist eine Nötigung im Sinne des Strafgesetzbuchs.

Das zeigt eine Entscheidung des Kammergerichts (KG) im Fall eines Autofahrers, der sich durch einen anderen, seiner Meinung nach zu langsam fahrenden Kraftfahrzeugführer behindert fühlte. Er überholte ihn rechts und setzte sich knapp vor dessen Fahrzeug auf die linke Spur. Der andere musste stark abbremsen, jedoch (noch) keine Vollbremsung durchführen.

Die Richter am KG sahen darin noch keine Nötigung. Den Straftatbestand der Nötigung würden vielmehr die Fälle erfüllen, in denen ein Kraftfahrer dicht und bedrängt auf seinen Vordermann auffährt, seinen Hintermann – aus welchen Gründen auch immer – absichtlich „ausbremst“ oder vorsätzlich einen unerwünschten Verfolger „abdrängt“. Auf den bloß rücksichtslosen Überholer treffe dies in aller Regel nicht zu. Sein Ziel sei, schnell voranzukommen. Dass dies auf Kosten anderer geschehe, sei nur die in Kauf genommene Folge seiner Fahrweise.

Quelle: KG, Urteil vom 20.12.16, (3) 161 Ss 211/16 (144/16)

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl