Erleidet der Geschädigte den Unfall kurz vor einer mit dem Auto geplanten Urlaubsreise, darf er den Mietwagen für die gesamte Urlaubszeit nutzen, auch wenn sein Fahrzeug schon während der Abwesenheit fertig repariert wurde.

So entschied das Amtsgericht (AG) Bonn im Fall eines Autofahrers, der am 16. Juni einen Unfall erlitt. Am 20. Juni startete er in den Urlaub und kehrte am 18. Juli zurück.

Hinweis: In entsprechenden Fällen ist es sinnvoll, den Versicherer entsprechend zu informieren. Dann mag der entscheiden, ob er das fertig reparierte Fahrzeug an den Urlaubsort transportieren und den Mietwagen abholen lässt. Jedenfalls kann er dann im Nachhinein keinen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht geltend machen (AG Bonn, 106 C 322/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Neun Jahre alt, 90.000 km auf der Uhr – das spricht nicht gegen eine Wertminderung bei einem unfallbeschädigtem Fahrzeug, entschied das Amtsgericht (AG) Norderstedt.

Entscheidend – so das AG – sei nicht eine formalisierte Betrachtung nach irgendwelchen Eckdaten, sondern eine Bewertung der Gesamtumstände. Die waren für den Geschädigten hier gut: Der Wagen war zum Unfallzeitpunkt in gutem Zustand und gepflegt (AG Norderstedt, 46 C 103/11).

Hinweis: Immer wieder probieren es die Versicherer mit angeblichen Alters- oder Kilometergrenzen. Das AG Norderstedt hat sich davon nicht blenden lassen. Und auch der Bundesgerichtshof hat schon 2004 schematischen Betrachtungen eine Absage erteilt (VI ZR 357/03).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der bei einem Unfall Geschädigte darf schon bei minimalen äußeren Fahrzeugschäden wie beispielsweise Schrammen auf der Lackierung des Stoßfängers ein Schadengutachten in Auftrag geben und die Versicherung des Schädigers muss die Kosten dafür erstatten.

In den meisten Fällen stecken nämlich hinter den äußerlich erkennbaren minimalen Schäden tiefer gehende Schäden, deren Reparaturkosten die Bagatellgrenze von 750 EUR überschreiten. Das zeigen zwei aktuelle Urteile.

Vor dem Amtsgericht (AG) Bautzen ging es um die Kosten für ein Schadengutachten in Höhe von 300,46 EUR, das der Geschädigte eingeholt hatte. Die Versicherung des Schädigers wollte die Kosten nicht übernehmen und behauptete bis zum Schluss, der Schaden erschöpfe sich in ein paar Schrammen auf der Lackierung des Stoßfängers. Tatsächlich aber war auch die Befestigung des Stoßfängers ausgebrochen. Das konnte der Sachverständige erst nach der Demontage feststellen. Die geschätzten Reparaturkosten lagen bei 828,64 EUR, also keiner Bagatelle. Ähnlich war es in einem Rechtsstreit am Amtsgericht (AG) Kiel. Dies sah Schäden von über 750 EUR, im konkreten Fall 1.054 EUR, grundsätzlich als Schäden jenseits der Bagatellgrenze an. Ob der Laie dies erkennen könne, sei egal. Bekanntermaßen könnten bei der aktuellen Fahrzeugtechnik auch bei äußerlich nur minimalen Schäden oftmals doch tiefer gehende Schäden entstanden sein (AG Bautzen,22 C 535/11; AG Kiel, 113 C 145/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein aus dem Zusammenhang gerissenes Urteil des Amtsgerichts (AG) München hat bei Unfallgeschädigten für Verwirrung gesorgt. Das AG hat nämlich entschieden, dass die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts in einem einfach gelagerten „Versicherungsfall“ nicht erforderlich sei. Tatsächlich ging es in dieser Entscheidung jedoch nicht um den Geschädigten bei einem Verkehrsunfall. Betroffen war vielmehr ein Versicherungsnehmer, dessen eigener Versicherer eine fällige Versicherungsleistung nicht pünktlich ausgezahlt hatte.

Das ist aber mit der Situation bei einem Verkehrsunfall nicht vergleichbar. Denn bei einem Verkehrsunfall stellen sich regelmäßig Haftungsfragen. Und das Regulierungsverhalten vieler Versicherer ist auch geeignet, berechtigte Zweifel daran zu haben, ob sich der Geschädigte ohne Unterstützung durchsetzen kann. Es bleibt also dabei, dass der bei einem Verkehrsunfall Geschädigte sofort einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen kann (AG München, 133 C 7736/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Zu den erstattungsfähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privatgrundstück abgestellten Fahrzeugs zählen nicht nur die Kosten des reinen Abschleppens.

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) kann der Eigentümer auch die Kosten erstattet verlangen, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs entstehen. Hierzu gehören z.B. die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppens entstanden sind, etwa durch die Überprüfung des unberechtigt abgestellten Fahrzeugs, um den Halter ausfindig zu machen, die Zuordnung des Fahrzeugs in eine bestimmte Fahrzeugkategorie und durch die Anforderung eines geeigneten Abschleppfahrzeugs. Dagegen sind nach Ansicht der Richter die Kosten nicht erstattungsfähig, die nicht der Beseitigung der Besitzstörung dienen, sondern im Zusammenhang mit deren Feststellung angefallen sind. Das sind z.B. die Kosten einer Parkraumüberwachung (BGH, V ZR 30/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Erteilt der Geschädigte einer Werkstatt zeitnah den Reparaturauftrag, und kommt es dort wegen nicht perfekter Arbeitsabläufe zu Verzögerungen, geht das nicht zulasten des Geschädigten.

Den erweiterten Ausfallschaden muss nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Thüringen der Haftpflichtversicherer des Schädigers zahlen. Auslöser der Verzögerung war im Urteilsfall Schlamperei. Die Werkstatt hatte die Ersatzteile nicht sofort bestellt. Dadurch hatte sich der Reparaturbeginn verzögert. Auch wenn der Geschädigte die Werkstatt selber ausgesucht hat, müsse die Schädigerseite hierfür aufkommen (OLG Thüringen, 7 U 1088/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Dass der Angeklagte „über eine Fahrstrecke von ca. 500 m mit einer Geschwindigkeit von ca. 60 km/h“ gefahren ist und bei der Kontrolle durch Polizeibeamte gerötete Augen und einen schleppenden Gang gehabt sowie zeitweilig gelallt hat, lässt (noch) keinen sicheren Schluss auf eine Beeinträchtigung seiner Gesamtleistungsfähigkeit durch Alkohol und Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Fahrt zu.

Mit dieser Begründung hat das Kammergericht (KG) die Verurteilung eines Pkw-Fahrers wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr aufgehoben. Die Richter machten deutlich, dass Fahrfehler (zu schnell, zu weit links oder rechts gefahren) die Annahme relativer Fahrunsicherheit nur dann rechtfertigen würde, wenn der Fehler nachweislich bei diesem Fahrer/Angeklagten ohne Rauschmitteleinfluss unterblieben wäre.

Hinweis: Außerdem muss es sich um alkoholtypische Fahrfehler handeln. So ist z.B. das Nichtbeachten eines Stoppschilds kein alkoholtypischer Fahrfehler, da ein solches Nichtbeachten auch bei nicht alkoholisierten Fahrzeugführern zu beobachten ist (KG, (3) 1 Ss 192/11 (73/11)).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einer Kollision mit einem Pkw trifft den Fahrradfahrer zumindest dann ein Mitverschulden, wenn er auf einem Rennrad und ohne Fahrradhelm unterwegs ist.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) München im Fall eines Rennradfahrers, der ohne Helm unterwegs war. Dabei stieß er mit hoher Geschwindigkeit ungebremst mit einem VW-Bus zusammen und verletzte sich schwer. Die Richter sahen für eine sportliche Fahrweise bereits den Beweis des ersten Anscheins und sprachen ihm ein Mitverschulden mit einer Quote von 40 Prozent zu. Dies begründeten sie zum einen mit seiner Fahrweise bei einer unklaren Vorfahrtsituation. Zum anderen sei aber auch zu berücksichtigen, dass er keinen Schutzhelm getragen habe (OLG München, 24 U 384/10).

Hinweis: Auf dem 50. Verkehrsgerichtstag in Goslar Ende Januar ist die Empfehlung ausgesprochen worden, dass Fahrradfahrer – insbesondere Kinder – unabhängig von einer gesetzlichen Verpflichtung zum Selbstschutz im Straßenverkehr einen Helm tragen sollten.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch bei einem Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h kann von dem üblicherweise gebotenen einmonatigen Fahrverbot abgesehen werden, wenn der Fahrer mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes rechnen muss.

So entschied das Amtsgericht (AG) Wuppertal in einem entsprechenden Fall. Das Gericht hielt einen solchen Ausnahmefall für gegeben, wenn der Fahrer gerade eine neue berufliche Existenz aufbaue und hierbei auf seinen Pkw angewiesen sei, um Kundenakquise zu betreiben und Kunden zu besuchen. Diese Existenzgründung müsse durch das Fahrverbot gefährdet sein. Vorliegend konnte der Betroffene nachweisen, dass er bei dem Fahrverbot nicht in der Lage gewesen wäre, seine berufliche Existenz aufzubauen und seine fünfköpfige Familie zu unterhalten (AG Wuppertal, 26 OWi 623 Js 1901/10 – 267/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch ein im Fahrzeuggeschäft tätiges Unternehmen ist nicht verpflichtet, mit der Verwertung eines Unfallfahrzeugs zu warten, bis der gegnerische Haftpflichtversicherer ein Restwertangebot unterbreitet hat.

Mit dieser Entscheidung wies das Landgericht (LG) Dresden einen Haftpflichtversicherer in die Grenzen. In dem Abrechnungsschreiben des Anwalts des Geschädigten, einer Firma aus der Kfz-Branche, war vermerkt: „keine Zustellbevollmächtigung für Restwertangebote“. Drei Tage später kam die Abrechnung des Versicherers mit Nennung eines Aufkäufers. Netto 6.890,76 EUR lautete das Angebot, während der von der Geschädigten beauftragte Sachverständige unter Auswertung von drei regionalen Angeboten einen Netto-Restwert von nur 1.386,55 EUR ermittelt hatte. Vor Eingang des Schreibens des Versicherers hatte der Geschädigte das Fahrzeug für netto 1.428,57 EUR an einen örtlichen Betrieb veräußert, also 42,02 EUR über dem vom Sachverständigen ermittelten Restwert. Das LG hat der Klage auf Zahlung des Differenzbetrags von 5.462,19 EUR (= 6.890,76 EUR Netto-Restwert lt. Angebot ./. Erlös von 1.428,57 EUR) in vollem Umfang stattgegeben. Die Vorgehensweise des Geschädigten sei unter keinem schadensrechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden (LG Dresden, 8 O 406/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl