Beiträge

Ereignet sich der Unfall an einem Feiertag und kann das verunfallte Fahrzeug daher nicht sofort zur später reparierenden Werkstatt geschleppt werden, muss der Schädiger sowohl die Kosten für den Abschleppvorgang zur Halle des Abschleppunternehmers als auch die Kosten für den Abschleppvorgang zur Werkstatt am Folgetag erstatten.

So entschied das Amtsgericht Weiden in der Oberpfalz. Es verwies darauf, dass die Abstellfläche der Werkstatt umzäunt ist. Sie ist zudem nachts verschlossen. Dem Geschädigten sei nicht zumutbar, das Fahrzeug ohne Absprache an einem Feiertag irgendwo auf dem Werkstattgelände abzustellen.

Quelle: Amtsgericht Weiden in der Oberpfalz, Urteil vom 26.2.2019, 3 C 998/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wendet sich der Fahrer eines pannenbedingt fahrunfähigen Fahrzeugs an seinen Automobilclub und schickt der dann einen Abschleppwagen, ist der Automobilclub der Auftraggeber des Abschleppunternehmers. Der Abgeschleppte kann dann vom Abschleppunternehmer keinen Schadenersatz wegen Verletzung der Pflichten aus dem Abschleppvertrag für eine angeblich beim Abschleppen entstandene Beschädigung einfordern.

So entschied es das Amtsgericht Oranienburg. In dem konkreten Fall war durch das Abschleppen tatsächlich ein Schaden entstanden. Hinsichtlich des eindeutig zurechenbaren Schadens hatte der Automobilclub auch schon Schadenersatz geleistet. Jedoch gab es weitere Schadenanteile, die danach rochen, dass bei dieser Gelegenheit auch Altschäden „untergebracht“ werden sollten. Und da ist der Abschleppunternehmer nicht gleich aus dem Schneider, nur weil er nicht der Vertragspartner ist. Da haftet er von Gesetzes wegen, wenn er den Schaden verursacht hat. Das konnte der Betroffene, dessen Fahrzeug abgeschleppt worden war, aber nicht beweisen.

Quelle: Amtsgericht Oranienburg, Urteil vom 23.3.2017, 23 C 67-17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei der Schutzbriefleistung Pannenhilfe kann es zu erheblichen Haftungsunterschieden kommen, je nachdem, ob die Leistung im In- oder aber im Ausland erbracht wird. Ist für das Ausland lediglich Kostenerstattung vereinbart, haftet die Schutzbriefversicherung des Automobilclubs nicht für Schäden, die beim Abschleppen entstanden sind.

Das ist das Ergebnis eines Klageverfahrens vor dem Amtsgericht München. Geklagt hatte eine Frau, die Mitglied eines großen deutschen Automobilclubs ist. Ihr Fahrzeug unterfällt der Schutzbrief-Gruppenversicherung. Bei einer Fahrt in Dänemark kam es zu einem Motorendefekt, sodass die Fahrt nicht fortgesetzt werden konnte. Nach telefonischer Rücksprache mit der Schutzbriefversicherung des Automobilclubs verständigten deren Mitarbeiter ein dänisches Abschleppunternehmen. Beim Abtransport fiel das Fahrzeug versehentlich vom Abschleppfahrzeug. Es entstand erheblicher Sachschaden. Diesen will die Klägerin ersetzt bekommen.

Die beklagte Schutzbriefversicherung lehnt es ab, den Schaden zu erstatten. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei zwischen eigenen Serviceleistungen und reinem Kostenersatz zu unterscheiden. Für den Fall der Pannen- und Unfallhilfe im Ausland sei im Rahmen der Gruppenversicherungsbedingungen lediglich Kostenerstattung bis zu den im Vertrag vorgesehenen Leistungsgrenzen vereinbart. Die Leistung werde gerade nicht selbst bzw. zusammen mit ihren Vertragspartnern durchgeführt. Man werde vielmehr nur als Vermittler tätig. Für den im Ausland agierenden Abschleppdienst bestehe keine Verantwortung. Dieser sei weder Erfüllungsgehilfe noch im Auftrag der Beklagten tätig.

So sah es auch der zuständige Richter und wies die auf knapp 5.000 EUR gerichtete Klage ab. Er begründete dies damit, dass die Beklagte den behaupteten Schaden unstreitig nicht selbst verursacht habe. Die Beklagte sei für einen durch das dänische Abschleppunternehmen verursachten Schaden nicht rechtlich verantwortlich. Dies folge daraus, dass es sich bei von der Beklagten vertraglich geschuldeten Leistungen lediglich um einen reinen Kostenersatz handele. Bei Pannenfällen im Ausland erbringe die Beklagte die Pannenhilfe gerade nicht selbst, sondern vermittle lediglich die Erbringung der Serviceleistung. Dies folge aus den Gruppenversicherungsbedingungen. Darin werde darauf hingewiesen, dass die Pannen- oder Unfallhilfe eine zusätzliche Serviceleistung in Deutschland sei, sowie, dass Kosten erstattet werden. Dass die Beklagte entsprechende Leistungen der Pannenhilfe vor Ort als eigene Leistungen durchführen würde, ergebe sich hieraus gerade nicht. Hieran ändere auch nichts, dass die Beklagte das Tätigwerden des Abschleppunternehmens vor Ort veranlasst hat.

Derselben Auffassung ist das Berufungsgericht. Nach dem Hinweis des Landgerichts München I liegt insbesondere kein genauer Vortrag der beweisbelasteten Klägerin dafür vor, dass die Beklagte einen eigenen Auftrag erteilt habe, oder aber sie ein Auswahlverschulden treffe. Die Frau hat daraufhin ihre Berufung zurückgenommen.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 11.1.2016, 251 C 18763/15, Abruf-Nr. 191136 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Werden mobile Halteverbotsschilder aufgestellt, genügt regelmäßig eine Vorlaufzeit von 48 Stunden zwischen dem Aufstellen und dem Abschleppen eines ursprünglich rechtmäßig abgestellten Fahrzeugs, um den Fahrzeugverantwortlichen mit den Kosten der Abschleppmaßnahme belasten zu können.

Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW im Fall einer Autofahrerin entschieden, die ihr Fahrzeug am 19.8.2013 in einer Straße in Düsseldorf geparkt hatte und dann in den Urlaub geflogen war. Am nächsten Tag richtete ein Umzugsunternehmen dort mit mobilen Halteverbotsschildern eine Halteverbotszone ein. Halteverbotsbeginn war der 23.8.2013, 7:00 Uhr. Das Fahrzeug wurde am Nachmittag des 23.8.2013 abgeschleppt. Die Kosten hierfür wurden der Frau in Rechnung gestellt. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Berufung gegen dieses Urteil hatte vor dem OVG keinen Erfolg.

Die Richter verwiesen auf ihre bisherige Rechtsprechung. Danach sei unerheblich, dass die Halteverbotsschilder erst nach dem rechtmäßigen Abstellen eines Fahrzeugs angebracht worden seien. Dies stehe der Verhältnismäßigkeit der Kostenbelastung des Fahrzeugverantwortlichen im Regelfall nicht entgegen, wenn zwischen dem Aufstellen der Schilder und dem Abschleppen eine Frist von 48 Stunden verstrichen sei. Angesichts der vielfältigen Anforderungen, die insbesondere unter den heutigen großstädtischen Bedingungen in straßenverkehrsrechtlicher und sonstiger Hinsicht an den Straßenraum gestellt würden, würde die Effizienz der Gefahrenabwehr erheblich eingeschränkt, wenn die Vorlaufzeit auf mehr als 48 Stunden bemessen würde.

Zwar gingen andere Obergerichte inzwischen von einer Mindestvorlauffrist von drei vollen Tagen aus. Sie halten eine Belastung mit den Kosten der Abschleppmaßnahme also nur für verhältnismäßig, wenn das ursprünglich rechtmäßig abgestellte Fahrzeug erst am vierten Tag nach dem Aufstellen der Halteverbotsschilder entfernt werde. Das OVG könne aber nicht erkennen, dass es einem Dauerparker regelmäßig unzumutbar sei, die Verkehrsregeln am Abstellort seines Fahrzeugs mit einer Vorlaufzeit von 48 Stunden zu kontrollieren. So könne er die Nachteile vermeiden, die mit einem Entfernen des Fahrzeugs aus einer nachträglich eingerichteten Halteverbotszone verbunden seien.

Quelle: OVG NRW, Urteil vom 13.9.16, 5 A 470/14.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Geschädigte, dessen Fahrzeug unmittelbar nach einem Unfall abgeschleppt werden muss, braucht nicht vor der Beauftragung des Abschleppunternehmers Preise zu vergleichen.

Das ist ihm nach einer Entscheidung des Amtsgerichts (AG) Stade in dieser Situation unzumutbar. Auch wenn einige Versicherer eine zu hohe Abschlepprechnung reklamieren würden, komme es schadenrechtlich darauf nicht an. Entscheidend sei, ob der Geschädigte vorwerfbar einen zu teuren Abschleppunternehmer beauftragt habe, obwohl er bei zumutbarem Rechercheaufwand hätte erkennen können, dass auch ein preiswerterer erreichbar gewesen wäre. Allerdings sei eine umfangreichere Recherche i.d.R. unzumutbar, insbesondere eine detaillierte „Marktforschung“. Im Vordergrund stehe an dieser Stelle die möglichst schnelle Räumung der Unfallstelle (AG Stade, 61 C 946/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist sichergestellt, dass die Störung durch ein verkehrsordnungswidrig geparktes Fahrzeug bald beseitigt wird, ist eine dennoch erlassene Abschleppanordnung nicht verhältnismäßig.

Mit dieser Entscheidung urteilte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg zugunsten einer Pkw-Fahrerin. Die hatte ihren Wagen auf einem Gehweg geparkt, um ihren Sohn in den Kindergarten zu bringen. Die Richter machten deutlich, dass in einem solchen Fall eine Unverhältnismäßigkeit vorliege. Durch das Abschleppen des Fahrzeugs könne nämlich die Störung und Behinderung erkennbar allenfalls um einige Minuten verkürzt werden. Unerheblich sei auch, dass der Fahrerin schon am Tag zuvor mit dem Abschleppen gedroht wurde und sie sich vorsätzlich über eine ihr gegenüber mündlich ergangene Anordnung hinweggesetzt habe. Es dürfe nämlich nicht aus Gründen der Abschreckung oder zu Erziehungszwecken abgeschleppt werden (OVG Hamburg, 5 Bf 124/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Anordnung der Beseitigung eines ohne einen gültigen und gut sichtbar ausgelegten Parkschein versehenen Fahrzeugs nach bereits 10 Minuten ist auch dann unverhältnismäßig, wenn die Höchstparkdauer an der fraglichen Stelle nur eine Stunde beträgt und es sich bei der Straße, auf der geparkt wird, um eine stark befahrene Straße mit vielen Parkplatzsuchenden handelt.

Hierauf wies das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hin. Folge der Unverhältnismäßigkeit sei, dass der Kraftfahrzeugführer nicht für ggf. entstandene Abschleppkosten hafte. Das VG begründete das Urteil damit, dass eine Missachtung der von dem Parkscheinautomaten ausgehenden Anordnung, nur mit gültigem Parkschein zu parken, zwar dessen verkehrsregelnde Funktion beeinträchtige, durch Anordnung zeitlich begrenzten Parkens knappen Parkraum möglichst vielen Kraftfahrern zur Verfügung zu stellen. Gleichwohl müsse aber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in diesen Fällen vor der Anordnung der Abschleppmaßnahme eine angemessene Wartezeit verstrichen sein. Dabei komme es nach Auffassung des VG nicht darauf an, ob von vornherein kein Parkschein gut sichtbar ausgelegt werde, oder ob die gelöste Parkzeit überschritten werde. Für die Bemessung der Wartefrist sei vielmehr eine Orientierung an der in dem jeweiligen Bereich geltenden abstrakten Höchstparkdauer angemessen. Das war im Streitfall eine Stunde (VG Hamburg, 13 K 1186/07).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl